Deep Obscurity

Autor: Noa
veröffentlicht am: 04.03.2013


Ist mal eine neue :D Also wer nicht meine Geschichte auf BookRix verfolgt, dann schon, wer ja, dann nicht :DDD

Noa


Deep Obscurity

An den Fensterscheiben flossen vereinzelte Wassertropfen hinunter. Draußen erhellte ein Blitz in sekündlichen Abständen den Nachthimmel. Das Donnern des tobenden Gewitters versetzte mir eine Gänsehaut. Es waren schon einige Jahre vergangen, seitdem ich Snow das letzte Mal sah. Er zog für mich in den Vampirkrieg. Wir hatten zunächst eine Flucht geplant, aber er wollte nicht weglaufen. Seine Worte waren: Egal wie weit wir laufen, egal wie schnell wir fliehen, egal wie gut wir uns verstecken, sie würden uns eines Tages finden und töten.
Meine Lider schlugen schmerzhaft zu. Ich wäre doch gern mit dir davon geeilt, wäre gern geflohen, wäre gern in alle Verstecke gelaufen, nur um mit dir zusammen zu sein. Das hätten meine Worte seien müssen, aber ich hatte geschwiegen und musste mitansehen wie er mich losließ. Denn die Sehnsucht zu ertragen, zu befürchten dass er gefallen sein könnte oder dass dieser Krieg niemals enden würde, war tausend Mal schlimmer als vor einer Horde Vampire davon zu laufen. Ich fühlte mich all die Jahre einsam. Am Anfang waren es bittere Tränen, tausende Ängste und schlaflose Nächte. Das ein Vampir wie ich, jemals solche Gefühle für einen meines Gleichen empfinden würde, war undenkbar. Aber nach ganzen vier finsteren Jahren, in denen man dachte die Zeit wäre stehen geblieben, verlor ich mich selbst. Nichts war es wert, mich meine Einsamkeit vergessen zu lassen. Snow befand sich noch immer in diesem Krieg, wobei jeder Tag seine Rückkehr hätte sein können.
Enttäuscht blickte ich aus dem Fenster, schaute in die Finsternis, die dieses alte dunkle Schloss umgab und rief vor meinem geistigen Auge eine Vorstellung hervor, wie Snow den kiesigen Pfad entlang kam. Sogar sein wunderschönes Lächeln würde zu meinem Fenster, im dritten Stockwerk, leuchten, sodass es meine Sehnsucht einfach davon zaubern könnte. Dieses warme, angenehme Kribbeln erschiene in meinem Bauch, auf meinem eisigen Gesicht streckten sich meine Grübchen empor und meine hellblauen Augen funkelten wie bei unserem ersten Treffen. Seine glänzenden hellbraunen Haare glitzerten im Laternenlicht und die Haut sähe wie Schnee aus.
Ich zupfte an meinen langen braunen Haaren, drehte eine Locke um meinen Zeigefinger und wedelte sie anschließend hinter meinen Rücken.
Da hörte ich die Schritte einer Person, die im Flur über die Steine schlitterten. An meiner massiven Tür, die nur aus ein paar dicken Holzlatten bestand, klopfte schließlich jemand an. Ich schwieg, da ich mir vorstellen konnte, wer mich besuchte. Der Griff wurde bestätigt. Zwei Füße betraten den Raum und ein Räuspern erklang hinter mir.
„Du sitzt schon wieder am Fenster, Ice?“, fragte eine vertraute Stimme. Es war mein Bruder Stone. Jeder Mensch, der jemals zu einem Vampir werden würde, musste seinen Namen vergessen und sich einen neuen geben, der seine eigene Person auszeichnete. Mein Bruder nannte sich Stone, weil sich seine Haut dementsprechend anfühlte. Snow gab mir damals meinen Namen. Er sagte, meine Augen glänzten so wunderschön wie Eis.
Seine Schritte näherten sich mir und ich spürte wie er auf meinem Bett Platz nahm. Er fuhr mit seinen Finger behutsam über meinen nackten Rücken. An meinem Körper trug ich nicht mehr als ein schwarzes Korsett und einem gleichfarbigen Rock mit dazugehöriger Strumpfhose. Das wichtigste Accessoire war jedoch die kreisförmige Kette von Snow in der ein goldenes Pentagramm eingraviert war. Sie befand sich schon seit ganzen vier Jahren an mir. Niemals würde ich auf die Idee kommen sie loszulassen. Meine Finger umfassten den Anhänger.
„Ich mache mir Sorgen. Wie lange möchtest du noch ständig den ganzen Tag vor dem Fenster sitzen und nach ihm Ausschau halten? Du kannst froh sein, das die Scheiben tagsüber deine Haut vor einer Verbrennung schützen“, sprach er in einer so sanften und vertraulichen Stimme, das ich meinen Kopf zu ihm drehte. Lange ist es her, das ich meinem Bruder in die dunklen Augen schaute. Sein blondes langes Haar, das an seinen Ohren stufig endete, wurde durch einen Luftzug vom Flur beweglich. Er war einer der Leute, die sich um mich sorgten und versuchten meine Einsamkeit zu streichen. Aber niemand konnte sie mir nehmen. Niemand, außer Snow.
„Du brauchst Blut. Unten im Kühlschrank haben wir endlich den Vorrat wieder aufgefüllt. Bediene dich doch.“ Es war nichts anderes als eine weitere Verlockung von Stone mich aus diesem Zimmer zu bekommen, das nicht einmal mein eigenes war. Welches Vampirmädchen mit einem gebrochenen Herz und einer unendlichen Sehnsucht würde nicht jahrelang im Zimmer seines Geliebten auf die Rückkehr von ihm warten? Ja, ich war unsterblich und bedingungslos in ihn verliebt. Selbst der Tod würde mir nichts ausmachen. Aber ich wollte am Leben bleiben, denn die Hoffnung Snow noch einmal wiederzusehen, sodass sein Lächeln mein eisiges Gesicht erglühen ließe, war tausend Mal stärker als jede andere Verlockung.
„Kannst du es mir bitte bringen?“, fragte ich höflich und Stone hob seine Augenbrauen nach oben. Er war darüber verwundert, dass ich ihm überhaupt eine Antwort gab.
Er lächelte zufrieden. „Dafür, dass du endlich ein Wort mit mir redest, tue ich das gern für dich. Warte einen Augenblick.“ Er ging gemütlich aus dem Zimmer, ließ aber die Tür offen stehen, als mein engster und treuester Freund durchs Zimmer flog. Er war eine Fledermaus, was nicht ungewöhnlich für Vampirfamilien waren. Menschen hörten die hohen Töne ihrer Schreie nicht, Vampire hingegen schon.
„Ice! Du sitzt wieder an diesem blöden Fenster? Vampir, komm mal endlich auf die Beine!“, forderte er mich auf. Aber selbst er brachte mich nicht vom Fleck weg.
„Bat, du tauchst auch so selten auf wie Snows Rückkehr“, neckte ich und er umklammerte mit seinen Krallen meine Netzstrumpfhose am Bein.
„Witzig“, piepste er in einer tieferen Oktave und sträubte seine wunderschönen schwarzen Flügel. Sein plüschiges Fell am Hals war nass und tropfte.
„Warst du wieder jagen?“, fragte ich und kraulte ihn mit meiner Fingerspitze am Hals. Er genoss es und wollte nicht antworten. Erst als ich von ihm ließ, warf er mir einen gespannten Blick zu.
„Du siehst nicht gut aus, Ice. Ich spüre wie du innerlich immer mehr zusammen brichst. Stone macht sich furchtbare Sorgen um dich und du sitzt nur Tag und Nacht hier. Deine Augen sind auf den kiesigen Pfad gerichtet und ich kann deinen Schmerz verstehen.“ Er machte eine kleine Pause, um auf die Fensterbank zu kriechen. „Aber das rechtfertigt noch immer nicht, das du denkst, du wärst einsam. Ständig kommen irgendwelche Freunde um nach dir zu sehen und einer davon bin ich. Du bemerkst mich nur nie, schweigst meistens und starrst ständig aus dem Fenster. Wie lange willst du noch so weiter machen? Wie lange willst du auf Snow warten? Vielleicht wird er auch nie wieder zurückkommen, denn es könnte ja sein, das-“, sprach er, aber ich unterbrach ihn, da ich ahnen konnte, was er damit sagen wollte. Doch ich glaubte nicht daran. Snow lebte. „Sei still, Bat. Ohne eine Ahnung zu haben, wie es ihm im Krieg ergehen könnte, hast du noch lange kein Recht über ihn so zu urteilen“, zischte ich.
Er senkte seinen Kopf, breitete seine Flügel von sich und hob sich mit einem kräftigen Schlag in die Höhe. „Wie du willst, Ice. Wir sehen uns.“ „Gerade in dem Moment, als Bat verschwand, tauchte Stone wieder auf mit zwei Blutbeuteln mit dazugehörigem Schlauch. Er legte sie mir gekühlt auf die Beine.
„Danke“, sagte ich kurz und saugte an einem. Ich hatte tatsächlich seit einigen Wochen kein Blut mehr zu mir genommen. Es fühlte sich grausam an, wie getrocknete Haut, die zu reißen drohte, sobald man sich hastig bewegte. Trotzdem starb kein Vampir, sondern verfaulte jämmerlich auf seinem Platz. Stone lächelte mir zufrieden zu.
„Siehst du, du kannst immer Blut zu dir nehmen und trotzdem für einige Sekunden deine Augen von dem Fenster lösen.“ Mein Kopf drehte sich wieder zur Dunkelheit nach draußen und Stone verließ mein Zimmer. „Ich wünsche dir eine gute Nacht.“ Dieser Abschied war nie im Sinne von Schlafen gemeint. Es hatte lediglich den gleichen Ausdruck wie guten Tag. Denn Vampire konnten auch nächtelang aufbleiben, nur wenn der Wille zum Schlafen da war, kam man auch zur Ruhe. Aber ich hatte schon seit Jahren kein Auge mehr zu gemacht. Meine Gedanken und Sinne waren alle bei ihm. Ich liebte ihn so sehr und jedes Mal, wenn der Satz in meinem Kopf ertönte, stürzte eine Träne ungewollt aus meinem Auge.
„Snow...“, hauchte ich schmerzverzerrt und fuhr mit meinen Fingern über die Scheibe. „...komm zurück, bitte.“ Die Nacht hielt noch lange an, das Gewitter brauste weiter, die Finsternis erschlich sich zu den Mauern des Schlosses hoch und nur der kiesige Pfad blieb erleuchtet. Mein Kopf lehnte gegen die Wand und meine Augen beobachteten das große metallische Eingangstor. Kurz bevor meine Lider vor unerklärlicher Müdigkeit zuschlugen, entdeckte ich eine Gestalt am Tor stehen. Ihre Hände umfassten das Gatter und die Person schien sehr erschöpft zu sein. Die komplette Hose war zerrissen und es fehlte ein Ärmel von seinem weißen Hemd. Snow trug einen Smoking als er mich verließ. Der Blutbeutel glitt aus meinen Händen und ein unbeschreibliches Gefühl der Freude und gleichzeitigem Erschrecken breitete sich in mir aus. Snow?








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