Dark Paradise - Teil 6

Autor: Euphoria
veröffentlicht am: 19.02.2013


Hier ist Teil 6! Da ich im Moment krank im Bett liege-.-, kann ich mich, wenn ich in halbwegs guter Verfassung bin, jetzt intensiver dem schreiben widmen. Allerdings fiel es mir in diesem Teil manchmal schwer die richtigen Worte zu finden und außerdem weiß ich nicht so recht, was als nächstes geschehen soll... :/ Natürlich habe ich eine Idee, was für einen Verlauf das Ganze nehmen wird, aber ich bin mir noch nicht sicher, wie ich das Umsetzten soll (Handlungen, Geschehnisse etc.) Naja, jetzt beende ich mal meine laaange Einleitung und lasse euch meinen (hoffentlich spannenden) nächsten Teil lesen und hoffe auf gaaaaaaaaanz viele Rückmeldungen!!!!

„Es ist nicht so, dass ich mich nicht gerne mit dir unterhalten würde, aber ich musste gerade über etwas wichtiges nachdenken. Kaete, du solltest etwas wissen.“ Jeder Muskel in mir spannte sich an und ich fühlte mich so ,als würde ich mich gleich nach und nach auflösen. Das Einzige, was ich noch denken konnte war, dass ich hoffte, dass ich das auch wirklich wissen wollte. Ich versuchte mich mit aller Kraft auf das, was jetzt kommen würde, vorzubereiten. Zu allem Übel, erwartete Can wohl auch erst noch eine Antwort. „Ich höre?“ Ich sah wie er schluckte. Wohl um Zeit zu gewinnen, riss er einen weiteren Zweig von der Hecke und rupfte ihm seine Blätter ab. Er musterte jedes einzelnes ziemlich genau. Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck und er führte ein kleines schwarzes Teil näher vor seine Augen. Er blickte sehr besorgt und kritisch. Dann schloss er ruckartig die Faust um das Teil, schleuderte es auf den Boden um es dort gewaltsam zu zertrampeln. Ich fragte: „Was…?“ Doch er presste ruckartig seine Hand auf meinen Mund und ich war wie gelähmt, als er mich unsanft mitten durch das Buschwerk zog. Dornen bohrten sich schmerzhaft durch meine Kleidung und Zweige peitschten mir ins Gesicht. Ich hörte Can immer wieder leise fluchen. Ich kam nicht dazu, darüber nachzudenken, was das alles sollte. Ich hatte genug damit zu tun irgendwie Luft zu bekommen, denn Can hatte seine Hand immer noch auf meinem Mund liegen und so langsam reichte mir meine Nase nicht mehr zum Atmen aus. Wollte er mich ersticken? Ich versuchte durch wimmern auf mich aufmerksam zu machen. Aber der Wald trotzte nur so von plötzlichem Lärm. Wir hatten unzählige Tiere aufgeschreckt und überall knackten Zweige und raschelte Laub. Unsere Schritte bildeten ein Echo. Oder liefen etwa noch andere im Wald umher? Plötzlich sprengte ein mächtiger Knall die spannungsgeladene Luft zur Seite und dann war fürs Erste alles ruhig. Ich realisierte, dass das ein Schuss war und ich bekam fürchterliche Angst. Ich wusste nicht, wer ihn abgegeben hatte oder wer getroffen wurde. Es hätte ich sein können und ich hätte es in dem Augenblick nicht gemerkt. Mit dem Schuss schleuderte Can uns beide zu Boden und ich prallte auf eine harte Wurzel auf. Vor Schmerz rührte ich mich nicht. Ich konnte gerade noch sehen, wie eine dunkle Gestalt auf uns zu geschlichen kam, da stellte sich Can in mein Blickfeld. Die Gestalt schlug ihn mit einem schweren Ast auf den Hinterkopf und ich schrie, aber zu meinem Erstaunen stürzte Can nicht zu Boden, sondern drehte sich zu dem Angreifer um und packte ihn. Die beiden verstrickten sich in einen komplizierten Kampf, dessen Ende ich nicht mitbekam, denn eine Nadel pikste in meinen Oberarm und sofort wurde mir schwarz vor Augen. Ich nahm gerade noch wahr, wie jemand mich hochnahm und wegtrug, dann versank ich in der Dunkelheit.
Er
Wir wurden angegriffen. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als an diese Tatsache. Noch dazu, war Kaete dabei gewesen. So hatte ich mir ihre ersten Tage hier nicht vorgestellt. Vielleicht hatte sie nicht viel mitbekommen und sie würde die Bedeutung des Geschehenden natürlich auch noch nicht verstehen können, aber es würde sie sicherlich ziemlich verwirren. Selbst ich konnte das alles immer noch nicht glauben und verstehen. Mir fiel einfach kein Grund ein, warum uns jemand angreifen sollte. Auch war ich ratlos, wie man die kleinen, schwarzen Kameras unbemerkt auf dem Gelände installieren konnte. Tom hat sofort den Befehl dazu erteilt, das gesamte Gelände danach zu durchsuchen und nun selbst Videoüberwachungen aufzustellen. Bisher gab es nie einen Grund dazu. Wir hatten uns alle keinen sichereren Ort auf der Welt vorstellen können. Ich bewundere Tom dafür, dass er sich selbst von so Etwas nicht aus der Ruhe bringen lässt. Aber es beängstigt mich auch ein bisschen. Tom sagt, solche Einzelfälle würden immer mal wieder vorkommen. Sie hätten keine große Bedeutung. Trotzdem aber wäre es Kaete und mir fast zum Verhängnis geworden, wäre nicht ein Wunder geschehen und unsere gute alte Hündin „Friendly“ hätte nicht angeschlagen und Tom geweckt. Ich klopfte ihr kräftig in die Seite und sie schleckte über den Verband meines rechten Arms. Ich holte ihr noch schnell einen großen Rinderknochen aus der Speisekammer und beschloss dann, nach Kaete zu sehen und mir eine Meinung zu bilden, ob sie heute in der Lage sein würde, wenigstens am Nachmittagsunterricht teilnehmen zu können. Sie war mit ein paar Kratzern und Beulen davon gekommen und musste nicht auf die Medizinstation. Ich hatte eine ordentliche Beule am Hinterkopf und dazu war mein rechter Arm angebrochen. Die Schmerzen waren aber zu ertragen. Auf dem Weg zu Kaetes Apartment kam ich an der Tür vorbei, durch die ich Schreie und lautes Fluchen hörte. Allein schon beim Klang seiner Stimme krampfte sich alles in mir zusammen und ich musste mich zügeln, die aufkeimende Wut zu unterdrücken. Einer der Angreifer wurde erschossen, ein anderer konnte entkommen und wird nun gefahndet. Der dritte liegt hinter dieser Tür und bildet einen neuen Schützling von Tom. Wir hatten lange darüber diskutiert, was man mit ihm anstellen sollte. Ich verstand nicht, warum Tom es sich so schwer machte. Schnell schüttelte ich den Kopf und ging weiter. Ich klopfte ein paar Mal an Kaetes Tür, bis sie sie einen Spalt breit öffnete. Ich konnte gerade so sehen, dass sie die zerrissene Kleidung von heute Nacht gegen die saubere graue Leggins und das gleichfarbige Langarmshirt aus dem spärlich gefülltem Kleiderschrank eingetauscht hatte. Mir fiel wieder ein, dass sie dringend mehr Kleidung brauchte. „Oh ähm Guten Morgen!“ Sie schaute mich verlegen an und holte mich aus meinen Gedanken. Ich schaute ihr jetzt auch ins Gesicht. Dank einer Spritze hatte die Nacht ihr doch noch ein wenig ruhigen Schlaf geschenkt und nun sah sie gar nicht mal so unausgeschlafen aus. „Guten Morgen. Ich wollte mich mal nach deinem Befinden erkundigen. Meinst du, du bist trotz der gestrigen Nacht in der Lage, ein paar Einheiten in Geschichte und Krafttraining mitzumachen?“ Sie schaute mich keck und mit großen Augen an. „Ich wurde zum Glück ja noch rechtzeitig aus dem Verkehr gezogen. Dich hat es wie es aussieht ja etwas stärker erwischt.“ Ich zuckte schmunzelnd mit den Schultern. „Sieht schlimmer aus als es ist. Du meinst also, es würde gehen?“ Sie grinst und ich fand es höchst merkwürdig, dass sie nach dieser Nacht so verdammt gut gelaunt war. Aber das steckte an. „Wenn ich ein ordentliches Frühstück bekomme, stehen die Chancen nicht schlecht!“ Ich lachte. „Wollen wir mal sehen, ob man uns abenteuerlichen Langschläfern noch was übrig gelassen hat!“ Sie schlüpfte aus dem Zimmer und gemeinsam gingen wir zur Frühstückstafel. Rosy hatte für uns natürlich noch einmal extra aufgedeckt. Wir setzten uns zu zweit gegenüber in die Mitte des langen Tischs und bedienten uns. Wobei ich nur einen starken Kaffee trank. Kaete war begeistert von den Smoothies und den Schokoladencroissants. „Wann habe ich denn genau Unterricht?“, fragte sie nachdem sie sich fürs Erste gesättigt hatte. Ich nahm einen Schluck vom frisch aufgebrühten Kaffee. „Vor dem Mittagessen hast du zusammen mit den anderen Kraftraining und am Nachmittag wirst du voraussichtlich eine Einzelstunde in Geschichte haben.“ „Und was mache ich heute Morgen?“ „Vielleicht hast du Lust mit mir in die Stadt zu fahren und dir ein bisschen was zum Anziehen auszusuchen. Also vorausgesetzt du findest diese Anzüge auch ein bisschen langweilig…“ Sie kicherte. „Ein bisschen? Was gibt es schlimmeres für eine modebewusste Frau?“ Ich schmunzele. Eine dreiviertel Stunde später sitze ich neben ihr im Auto. Sie trägt wieder eine viel zu große Jacke wie gestern Nacht aus der Leihgeraderobe. Ihr dunkles Haar hat sie sich künstlerisch zu einem wilden Zopf zusammengeflochten. Sie sah wunderschön aus und vor allem sehr zufrieden und selbstbewusst. Wir fuhren nach Bloomburgh, die nächstliegende Kleinstadt mit ein paar hübschen alten Läden. Ich hatte mich für Bloomburgh entschieden, weil Toms Ehefrau Elena dort immer sehr gerne eingekauft hat. Auch ihr Hochzeitskleid stammte von dort. Ich konnte mich gut daran erinnern wie sie von den kleinen Boutiquen geschwärmt hatte. Sie war eine wunderbare Frau. Es war ein Jammer für alle, dass sie so früh von uns gegangen war. In manchen Dingen ähnelte sie Kaete unglaublich. Vielleicht war das auch der Grund, warum Tom sie von Anfang an so sympathisch fand. Tom verhielt sich zwar jedem aufgeschlossen und freundlich, aber ich hatte schon bemerkt, dass er sie sehr schnell in sein großes Herz geschlossen hatte. Ich lächelte vor mich hin. „Wie lange fahren wir denn?“, fragte mich Kaete. „Nicht allzu lange. Vielleicht eine halbe Stunde. Schwebt dir denn schon irgendetwas Besonderes vor?“ Sie grinste. „Also ich bin mir sicher,dass ich mich an keinen Mann erinnere mich, der einmal freiwillig mit mir shoppen gegangen ist und der sich dafür interessiert hat, was ich so für Kleidungswünsche hätte.“ Ich musste auch grinsen. Auch, weil sie anscheinend so gut gelaunt war, dass sie sogar Scherze über ihre Erinnerungen machen konnte. Sie fuhr fort: „Aber wenn du es wirklich wissen willst: Ich lasse mich mal überraschen, was man hier so trägt.“ „Ich habe ja auch noch etwas mitzureden, immerhin bin ich der Sponsor“, scherze ich. Sie lachte und wechselte dann das Thema. „Sag mal…Julai war heute Morgen noch kurz bei mir und meinte, es wäre ein neuer da…es ist einer von heute Nacht, oder?“ Meine Miene versteinerte sich augenblicklich und ich umfasste fest das Lenkrad. „Ja.“ Sie nickte langsam und schaute aus dem Fenster. Den Rest der Fahrt schwiegen wir.
Sie
Bloomburgh war ein bezauberndes Städtchen. Heute war nicht besonders viel hier los und Can und Ich waren meist die einzigen Kunden der niedlichen Boutiquen. Wie hatten den Wagen auf dem Parkplatz eines kleinen Parks geparkt und schlenderten schmale Gassen entlang. Links und rechts standen alte, reich verzierte Stadtvillen mit hochmoderner Architektur in Kontrast. Und überall rankten sich Efeu und andere Kletterpflanzen entlang. Ich stellte mir vor, wie schön es hier im Sommer, wenn alles blüht und die niedlichen Cafes an der Ecke oder im Hinterhof geöffnet hatten, sein musste. Can erzählte mir, dass Bloomburgh heute oft auch unter Summer Village bekannt ist, weil viele der Bewohner hier nur den Sommer verbringen. „Im Herbst herrscht hier Aufbruchszeit und ab Frühjahr trudeln dann die Ersten wieder ein. Aber im Winter ist es dann ziemlich verlassen. Eigentlich traurig, nicht?“ Ein Ausdruck von Träumerei und Sehnsucht hing in seinem Gesicht. „Jaa stimmt…“, pflichtete ich ihm bei. „Wenn du irgendwo reingehen möchtest, sag einfach Bescheid!“ Der veträumte Gesichtsausdruck verschwand und ich meinte ein wenig Gespanntheit aufblitzen zu sehen. „Wie wäre es mit dem Geschäft dort vorne links an der Ecke? Ich finde, dass sieht ganz nett aus!“ Er schaute in die beschriebene Richtung. „Okay, wie du willst!“ Die Boutique hieß Juwella. Neugierig sah ich mich um. Wow, hier hingen vor allem feine Kleider. Sie waren wunderschön, aber ich suchte eigentlich nach Alltagskleidung. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Can die Augenbrauen hochzog. Ich wollte ihn gerade wieder zur Tür winken, aber zu spät: Schon kam eine kleine, schon etwas ältere, aber immer noch zierliche, adrett gekleidete Frau überrascht auf uns zu. „Oh Guten Tag, entschuldige, ich hatte heute mit keinem Kunden mehr gerechnet! Wie kann ich ihnen denn helfen? Haben sie genaue Vorstellungen..?“ „Ehm, ich fürchte, wir sind hier nicht ganz richtig…Wir suchen eigentlich gar keine Fest Mode, wissen sie…“ Doch Can fällt mir ins Wort: „Doch doch, vielleicht können Sie dieser jungen Dame ein schönes Kleid raussuchen?“ Ich schaue ihn verwundert an. Er beugt sich zu mir herunter und meint: „Etwas festliches kann man immer mal gebrauchen. Probier einfach mal ein paar Kleider an.“ Ich zog die Brauen hoch. „Na wenn du meinst…aber guck doch mal die Preisschilder an….für immer mal gebrauchen ist das ja wohl ein bisschen..“ „Der Preis spielt keine Rolle. Jetzt schau dich doch einfach mal bitte um!“ Verdutzt folgte ich der Verkäuferin, die voller Eifer durch ihren Laden schwebte. „Magst du mir mal deine Lieblingsfarbe nennen, meine Süße?“ „Ehhhmm…hmm.“ Tja, was war meine Lieblingsfarbe? „Blau magst du doch gerne“, antwortete Can für mich und ich war leicht verärgert. „Rot mag ich viel lieber.“ „Die Farbe der Liebe…“, trällerte die Verkäuferin. Und die Farbe von Cans Kopf, dachte ich belustigt. Die alte Dame fuchtelte mit einem weinroten Samtkleid vor meiner Nase herum. „Wie findest du das, Süße?“ Ich wog den Kopf hin und her. „Also nicht so das Wahre, sehen wir mal weiter…“ „Ich finde, sie sollte das hier mal anziehen!“, mischte sich Can ein und deutete auf ein hell korallenfarbiges Cocktailkleid. Es war eigentlich recht einfach geschnitten, erzielte aber trotzdem eine besondere Wirkung. Die Verkäuferin war bereits dabei, es der Schaufensterpuppe auszuziehen und reichte es mir dann schließlich so, als wäre es ein roher Diamant. Ich schlüpfte schnell in die Umkleidekabine. Als ich schließlich den Vorhang aufzog, legte die Verkäuferin gleich damit los, an mir herum zu zupfen und zu schwärmen: „Mamma Mia! Dieses Kleid ist für dich gemacht, Süße! Der junge Herr kennt dich aber gut, Schätzchen! Dieser dunkle Teint und dazu das korallenfarbige Satin! Ein Traum, ein Juwel!!!“ Ich schaute hinüber zu Can. Ich konnte keine Reaktion in seiner Mimik erkennen. Lachend rollte ich mit den Augen. Diese Frau übertrieb maßlos, wahrscheinlich machte sie das bei jedem Kunden so. „Dreh dich mal!“, befahl er mir dann. Ich tat es und das Kleid flog ein wenig hoch und bildete einen Ring um mich. „Das oder keins!“, meinte Can. „Er sagt es!“, jubelte die Verkäuferin. „Na dann“, meinte ich. „Schau doch mal in den Spiegel“, sagte Can. Ich sah mich suchend um und stellte mich dann vor einen ziemlich verstaubten Spiegel. Ich betrachtete mich genauer. Meine Frisur von heute Morgen war durch das sitzen im Auto ziemlich verwüstet. Ich machte den Zopf auf und steckte mir stattdessen einfach einige Strähnen zusammen nach hinten. Meine langen, kastanienbraunen Haare fielen in leichten Wellen noch ein ziemliches Stück über meine Schultern. Diese ließ das Kleid frei. Die Träger lagen stattdessen seitlich auf meinem Oberarm. Unter meiner Brust war das Kleid zusammengeschürt, danach fiel es locker wie ein Sommerkleid bis zu den Knien hinab. Hinten auf dem Rücken hatte es noch einen Ausschnitt. Nachdem ich bisher immer nur diese öden Garnituren getragen hatte, war das ein echtes Schmuckstück. Ich stolzierte zurück zu der Kabine. „Du nimmst es doch, oder?“, fragte Can. Ich nickte eifrig. „Das würde ich sehr gerne.“ Er kaufte es mir. Vermutlich war es gut, dass ich die Währung hier nicht kannte und somit nicht wusste, ob es sehr teuer war. Ich bedankte mich ausführlich. Can schmunzelte. „ Schon gut, Kaete. Es reicht. Mit diesem Kleid mache ich ja nicht nur dir eine Freude, sondern auch allen die dich darin anschauen.“ Er zwinkerte mir zu. Ich konnte nicht anders, ich drückte ihm ganz schnell einen Kuss auf die blasse Wange. Es war so verdammt lieb von ihm mir das Kleid zu kaufen und überhaupt mit mir shoppen zu gehen, ich war ihm einfach nur dankbar. Seine Augen blitzten und seine Mimik konnte ich wieder nicht deuten. Augenblicklich bereute ich es. Was war in mich gefahren? Ich wollte mich gerade entschuldigen, da meinte er wieder gefasst. „Hauptsache du trägst es!“ „Das werde ich!“, versprach ich. „Und wo willst du jetzt noch hin?“ Eigentlich hätte mir das Kleid schon mehr als genügt, aber natürlich brauchte ich auch ein paar Hose, Oberteile, Jacken und Schuhe. Wir gingen also noch in ein paar Läden und letztlich war ich dann erst einmal ziemlich gut ausgerüstet mit schöner Kleidung. Meine neue Trenchcoat Jacke, schwarze Glitzerballerina, eine dunkelblaue Jeans und eine goldbraune Bluse behielt ich gleich an. Jeder von uns beiden schleppte zwei große Tüten zum Auto. Ich war überaus zufrieden nach diesem erfolgreichen Vormittag, aber auch ein bisschen erschöpft bei dem Gedanken daran, dass ich gleich noch Krafttraining haben würde. „Erledigt?“, fragte mich Can, als er die Tüten sorgfältig in den Kofferraum stellte. „Shopping ist Sport!“, meinte ich. „Ich muss aber sagen, du hast ganz schöne Ausdauer und ein großzügiger Sponsor bist du auch.“ Ich lächelte verschmitzt. „Ich weiß, ich weiß, hoffentlich hast du dir ein bisschen Kraft für nachher aufbewahrt…“ Ich seufzte. „Ich glaube, ich nutze die Autofahrt für ein kurzes Schläfchen…“ „Okay kluge Idee, schlaf gut.“ Er zwinkerte mir zu und wir ließen uns auf unsere Sitze fallen.
Er
Wie sie sich verändert hatte, in den letzten 24 Stunden! Ich sehe wieder Bilder aus dem Krankenhaus von ihr und dann denke ich daran, wie sie in diesem traumhaften Kleid ausgesehen hatte! Das war unglaublich! Und es hatte mir etwas klar gemacht: Sie hatte immer ein Ich, egal wie schwach oder jung sie auch war, mit diesem Ich hatte sie auch ein Recht auf Wissen, auf sich selbst und auf Selbstbestimmung! Ich hatte kein Recht darauf, sie in irgendeiner Weise davon einzuschränken. Im Gegenteil: Ich sollte es sein, der ihr alle Türen öffnet und Freiheit schenkt. Aber das war natürlich schwerer als sie zu behüten. Ich schaute vorsichtig zu ihr hinüber. Ihr Kopf lag leicht zur Seite gekippt und sie schlief friedlich auf ihrer Jacke, die sie zwischen Fenster und Sitz als Kissen geklemmt hatte. Ich dachte mir, dass das hier aber auch eine besondere Situation war, welche besonderen Regeln bedurfte. Ich würde es mir sowieso niemals ausreden können, sie nicht mehr zu beschützen. Dafür hatte sie schon einen zu großen Platz in meinem Herzen. Aber sie sollte sich auch nicht eingeengt fühlen! Ich schaute wieder zu ihr hinüber. Sie war so vollkommen, so perfekt! Niemand anderes würde je ihren Platz in meinem Herzen einnehmen, da war ich mir mehr als sicher. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie ohne Alpträume schlief, was bisher doch nie so war, außer mit Schmerzmitteln. Aber jetzt schlief sie die ganze Fahrt ruhig durch und als wir da waren wusste ich nicht ob und wie ich sie wecken sollte. Ich versuchte es im sanften Flüsterton: „Kaete? Kaete wir sind da!“ Ich ging ums Auto herum und öffnete die Beifahrertür. „Hey aufwachen!“ Ich streichelte sanft ihren Oberarm, aber sie räkelte sich nur und schlief weiter. Ich seufzte. Mir würde wohl nichts anderes übrig bleiben, als sie ins Haus zu tragen! Sanft nahm ich sie hoch und sie murmelte etwas Unverständliches im Schlaf. Mit der Hüfte schloss ich die Tür und steuerte die große massive Haustür an. Auf der Treppe räkelte sie sich plötzlich in meinen Armen und als sie die Augen öffnete fühlte ich mich höchst unwohl. Sie starrte mich an und stotterte: „Ähmm, würdest du mich eventuell mal… runter lassen?“ Ich meinte verlegen: „Oh selbstverständlich! Entschuldige, du hast geschlafen und ich konnte dich nicht wecken…“ Ich setzte sie vorsichtig ab und sie stütze sich erst noch an meinem Arm ab, bis sie sicher stehen konnte, dann legte sie ihre Hand aufs Treppengeländer und sie wäre ein tolles Motiv für einen Maler gewesen. Die zweite Mona Lisa. Kaete Hellen. Sie lächelte ein höfliches, verschlafenes Lächeln: „Dafür musst du dich nicht entschuldigen. Ich danke dir.“ „Du kannst noch bis um halb zwölf weiterschlafen, dann beginnt erst das Training.“ Sie nickt. „Jaa vielleicht werde ich das tun, weißt du, ich hatte eben soweit ich weiß gar keine Alpträume.“ „Das ist doch schön. Dann schlaf ruhig noch ein wenig. Bis nachher.“ Sie wand sich lächelnd zum Gehen und ich sah ihrem schönen Gang nach. Ich überlegte, was ich mit meiner freien Zeit bis zum Training anstellen sollte. Ich würde dort nämlich auch anwesend sein, da geplant war, Toms neuen Schützling gleich mit einzuweisen. Ich war strikt dagegen gewesen, weil das meiner Meinung nach viel zu rasch war, aber dieses Mal hatte Tom nicht auf meinen psychologischen Rat gehört. Er meinte, dass ein wenig Bewegung den Jungen vielleicht beruhigen würde. Aber er hatte mich trotzdem darum gebeten, beim Training anwesend zu sein. Er würde es mir gleich tun. Nun gut, dann wäre es wohl am besten, wenn ich mich schon ein wenig darauf vorbereiten würde. Kurzfristig beschloss ich mir ein wenig passende Lektüre zu besorgen und mir die Videoaufnahmen von dem Neuling anzusehen. Tom war nämlich so schlau gewesen, dass er den Kerl nun Tag und Nacht überwachte. Das würde mir schon einmal einen Einblick in sein Verhalten gewähren. Vielleicht konnte ich ihn dann besser einschätzen.
Sie
Für das Training band ich mir meine Haare zu einem Zopf zusammen und zog mir eine dunkelgraue Leggins und das passende Shirt dazu an. Schnell quetschte ich meine Füße noch in alte Turnschuhe, die wohl schon ein paar mehr vor mir getragen hatte. Ich rümpfte die Nase. Auf dem Weg zum Sportsaal lief ich Julai und Zennek über den Weg und wir gingen gemeinsam weiter. „Ich habe gehört, du warst heute Morgen in Bloomburgh! Du nimmst ja gleich alles mit! Warst du denn erfolgreich?“ „Ich denke vier Tüten darf man erfolgreich nennen!“ Wir lachten alle drei. Zennek meinte: „Ich hoffe, du bist nicht jetzt schon k.o., gleich geht’s erst richtig los!“ „Na super!“, sagte ich. Vor dem Sportsaal trafen wir auch auf Anice, die bereits Dehnübungen machte. Ich zog die Brauen hoch. Julai bestätigte meinen Eindruck, den ich von Anfang an von Anice hatte. „Sie will einfach immer die Beste sein. Es ist ihr dabei egal, wie sie ihr Ziel erreicht. Man kann nur empfehlen, sich nicht mit ihr anzulegen“, zischte sie mir zu. Ich nickte weise. Der Sportsaal verschlug mir die Sprache! Die Bezeichnung Saal war keineswegs untertrieben! Die Decke erschien unendlich hoch und hatte sogar Stuck. Die Wände waren abwechselnd verspiegelt und mit Holz vertäfelt. Plötzlich schob sich jemand in mein Blickfeld. Dieser jemand trug eine schwarze Trainingshose und eine weite Sportjacke. An den Knien und um den Brustkorb trug er Schutzpolster. Seine asiatischen Gesichtszüge verrieten mir eindeutig seine Herkunft. Er reichte mir seine große, schmale Hand und stellte sich vor: „Hi, du musst Kaete sein! Ich bin Nikk, dein Trainer. Vielleicht werden wir nicht immer nur Spaß zusammen haben, aber eine gute körperliche Ausbildung ist enorm wichtig, verstehst du?“ Sein Händedruck war ziemlich kräftig und ich fand es unangenehm, dass er mir so direkt in die Augen schaute. „Okay verstanden.“ „Sehr gut. Im Sport ist es auch wichtig, dass man Befehle befolgt. Wir haben so ein paar Regeln, du wirst sie mit der Zeit lernen. Das gilt auch für unseren zweiten Neuzugang: Thilo, kommst du bitte hierher!“ Ich schaute in die Richtung, an die sich Nikk gewandt hatte und erblickte einen Jungen, der nicht viel älter als ich sein konnte. Er hatte rotes Haar und lies nun von einem Box Sack ab und kam auf unsere Gruppe zu und ich bemerkte, dass sein Blick auf mich gerichtet war. Ich wollte keine Schwäche zeigen, also starrte ich zurück. Er hatte einen merkwürdigen Gang und war gut durchtrainiert. „Bin da!“, knurrte er, ohne Nikk anzusehen. Ich schaute kurz zur Seite und fing Cans Blick auf. Er runzelte besorgt die Stirn und stand neben Tom. Nikk packte Thilo kraftvoll am Arm und zog ihn zu sich. „Man begrüßt seine Teamkameraden!“ Thilo riss sich frei und begrüßte uns mit einem schlichte „Hallo!“ „So“, begann Nikk. „Mit einem kleinen Parcours macht ihr euch warm. In der Zeit baue ich verschiedene Fitnessstationen auf, an denen ihr jeweils eine Minute verharren werdet, alles klar?“ Zennek und Anice stürmten sofort los. „Oh man die beiden“, stöhnte Julai „Zennek ist so eine Sportskanone, weißt du!“ „Das merkt man!“, lachte ich. „Na dann wollen wir mal!“, rief Julai und lief los. Ich wollte ihr gerade folgen, als eine Hand meinen Arm festhielt. „Warte mal!“ Ich drehte mich um und sah Thilo vor mir stehen. Ein komisches Gefühl breitete sich in mir aus. „Was ist?“, fragte ich. „Du wurdest auch entführt.“ Ich bekam gerade so ein ja heraus. „Lass uns mal reden!“ „Okay“, presste ich hervor und machte mich dann unkonzentriert an den Parcours






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