Haben Sie sonst noch Wünsche? - Teil 5

Autor: Valenzia
veröffentlicht am: 28.02.2013


Woow, Leute ich hab mir mal die schiffe von MSC angeschaut und genau so: http://mscpodcast-http.weebo.it/podcast/VirtualTourMusica/de_de/index.html
stelle ich mir "meins" vor :D Hab mit der aida total fehlgegriffen! Egal, jetzt wisst ihr ja, wie das Schiff in meiner story von innen so aussehen soll :o) Hier ist auch schon der 5. Teil, etwas länger als sonst :) .....................

Der Rest des Tages verlief recht unspektakulär. Nachdem Eva ihre erste (recht außergewöhnliche) Kundin bedient hatte, sank auch ihre Nervosität. Das Body & Soul Spa war an diesem ersten Tag sehr gut besucht. Vor allem von dem Swimmingpool machten die Gäste gebrauch, aber auch die Masseure hatten gut zu tun.
Die Passagiere waren überwiegend jung bis mittelalt, vereinzelt gab es auch ein paar ältere Pärchen, die sich über die Neureichen heutzutage ungeniert ausließen. Aber das war für Eva dank der angenehmen Atmosphäre, dem Rauschen des Wassers von draußen und der beruhigenden Musik, die leise und einlullend aus den raffiniert versteckten Lautsprechern klang, erträglich. Zwar hätte sie sich mehr Passagiere wie Roxanne Ambro gewünscht, aber nach einigen Stunden Arbeit, während der sie den höchst stumpfen Gesprächsthemen besagter Neureicher lauschen musste, wurde ihr klar, dass sie wahrscheinlich in niemandem außer der ruppigen alten Dame eine Seelenverwandtschaft finden würde.
Um neun Uhr wurde das Body & Soul Spa, die Entspannung, geschlossen, und das Casino, der Spaß und das Spiel, eröffnet. Dies war eine äußerst logische Ordnung, denn es lag in der Natur des Menschen, sich am Abend zu amüsieren. Auch die Eventhalle, die gleichzeitig auch das größte der Restaurants war, hatte an diesem Abend Hochbetrieb. Tara würde mit ihrer Truppe Tänzer allerdings erst am nächsten Tag zum Einsatz kommen, denn für diese Nacht war ein Konzert geplant.
Als Eva im Bett lag und sich anstrengte, die wundervollen Klänge des Steinway-Klaviers durch drei Etagenböden hindurchzuhören, wünschte sich nichts sehnlicher, als selbst Gast zu sein.

Sechs Uhr, Aufstehzeit. Eva quälte sich aus dem Bett, nahm mit den anderen ein schnelles Frühstück zu sich und stieg um sieben Uhr die mörderischen drei Decks zur Arbeit hoch. Sascha und Joe waren auch schon da und eine der zahlreichen Putzfrauen kam gerade raus und sagte im Vorbeigehen: „Bin grad fertig geworden, muss aber noch trocknen.“ Als Eva dann die blitzblank geputzten Armaturen und den gebohnerten Boden sah, wurde ihr klar, dass Putzfrauen mit Abstand den- mit Verlaub- beschissensten Job hatten. Also Kopf hoch, dachte sie, ich bin nicht am schlechtesten dran.
„Guten Morgen“, strahlte sie denn auch gut gelaunt ihre beiden Mitarbeiter an. Joe war wieder dabei, den Ofen in Gang zu bringen und Sascha saß auf seinem Chefsessel und trank eine Tasse Kaffee.
„Morgen, Kleine“, sagte Joe und schenkte ihr ein Lächeln.
„Brüll doch nicht so, Mädchen“, kam es brummend von Sascha. Erst jetzt bemerkte Eva, dass er nicht seinen Kopf in die Hände stützte, sondern sich einen Eisbeutel an die Stirn presste.
„Zu viel getrunken, was?“, konnte sie sich nicht verkneifen. Hach, war das schön, ihren überheblichen Boss so zu sehen.
Sascha hielt es nicht für nötig, zu antworten, also bestätigte Joe: „Ja, unser kleiner Saufkumpane hier hat sich gestern Abend einen zu viel hinter die Binde gekippt. Ein fauchender Kater ist die Strafe.“ „Ich hasse Katzen“, sagte Eva mitfühlend, aber völlig unpassend. Erst als Joe in Gelächter ausbrach, wurde ihr bewusst, dass er keineswegs ein haariges kleines Tier mit Krallen gemeint hatte, sondern die Art Kater, die einem am Tag danach den Kopf förmlich platzen ließ.
„Oh, äh- ach ich meinte…also ich dachte-“ „Denk am besten gar nicht“, schnitt Sascha ihr das Wort ab, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
„Du bist echt ‘ne Bombe“, sagte Joe kopfschüttelnd und zog grinsend ab.

An diesem Tag hatten wohl viele Gäste ein fauchendes Pelztierchen im Kopf, denn der große Ansturm blieb aus. So konnte sich Eva, während ihre momentan einzige Kundin, ein sechzehnjähriges Mädchen, im beliebten Fangobad relaxte, ein Glas Eistee gönnen.
Joe und Sascha hatten in ihrer kleinen Abteilung alle Hände voll zu tun. Anstatt sich Evas heilenden Künsten anzuvertrauen, bevorzugten die Passagiere heute scheinbar eher eine Saunarunde und ein Swimmingpool-Bad.
Die schöne Ruhe, die Eva gerade genoss, wurde abrupt gestört.
„Geh mal runter in den Lagerraum und hol ein paar frische Handtücher“, kommandierte Sascha kurz, während er-ganz der Boss- gestresst durch den Raum ging. Dabei hielt er es wieder nicht für nötig, seine Kollegin anzugucken. Kaum hatte diese zu einer Antwort angehoben, war er auch schon wieder weg.
Eva brummte eine Verwünschung und sah sich gezwungen, ihren geliebten Eistee stehen zu lassen.
Der Lagerraum lag direkt neben dem Versammlungszimmer der Angestellten. Die junge Frau schnappte sich ein paar Frotteehandtücher und stieg die schier endlose Personaltreppe hinauf. Im D-Deck jedoch wurde ihr klar, dass sie wirklich nicht die trainierteste Sportlerin war.
„Ich halt das auf Dauer nicht aus“, keuchte sie und beschloss, den Gästeaufzug zu nehmen. Wenn sie das einmal tat, war das wohl nicht allzu schlimm.
Auf dem Gang war gerade kein Gast zu sehen und auch in dem verschwenderisch ausgestatteten Aufzug befanden sich nur zwei Bonsaibäumchen. Während der Aufzug Richtung E-Deck strebte, erklang aus den Lautsprechern dezent leise irgendwas von Mozart oder Hayden.
In dem C-Deck hielt der Aufzug und ein junger Mann stieg ein.
Eva rasten zwei Gedanken durch den Kopf. Hoffentlich falle ich nicht auf- dabei versuchte sie, die unübersehbaren Handtücher so übersehbar wie möglich zu machen-, und: Warum können nicht alle Männer so wahnsinnig gut aussehen?
Sie traute sich gar nicht erst, diesem schönen, blonden Kerl auch nur einen Blick zuzuwerfen. Aber das schien auch nicht nötig, denn sein Blick haftete peinlich eindringlich auf ihr und Eva wurde plötzlich wahnsinnig heiß. Sie war unverkennbar eine Angestellte, wie hatte sie sich auch denken können, dass so etwas nicht auffallen wür- „Schielauge?“ Die samtweiche Stimme des schönen Kerls durchschnitt die Stille wie ein japanisches Messer und gleichzeitig durchfuhr die junge Frau ein Schock.
Als sie die zusammengekniffenen Augen und die wunderschönen Gesichtszüge des Fremden musterte, lief ein eiskalter Schauer über ihren Rücken.
„W-was?“ Ihre Stimme klang heiser und trocken. Wie als Antwort erklang das aufzugtypische ‚Ping‘ und die Tür öffnete sich. Glücklicherweise war auch der Flur der B-Etage leer.
„Aber klar doch!“ Jetzt verzogen sich die wohlgeformten Lippen des jungen Mannes zu einem wissenden Lächeln. „Du bist Schielauge. Eva Schreiber!“ Evas Beine hatten sie wie von selbst auf den Gang hinausgetragen, aber jetzt wollten sie nicht mehr gehorchen und gefroren regelrecht auf der Stelle.
Schielauge?? Diesen Namen aus ihrer furchtbaren Grundschulzeit kannte doch nur sie selbst und- „Louis?!“ Ihre Stimme klang schrill und laut durch den leeren Flur.
„Ja genau!“
Er war es tatsächlich. Evas Kinnlade klappte filmreif runter, als sich der Schönling vor ihr in den furchtbaren kleinen Jungen verwandelte, der er gewesen war. Dieser Mensch war daran schuld, dass ihr die schreckliche Grundschulzeit wie zähflüssiger Teer im Kopf haften geblieben war. Vier Jahre reinste Qual, die ihr einen wahrscheinlich lebenslangen Minderwertigkeitskomplex beschert hatten.
Eva brachte immer noch kein Wort heraus, stattdessen krampfte sie ihre Finger in die Handtücher.
„Ich glaub’s nicht, fast hätte ich dich nicht erkannt!“ In Louis Engelsgesicht stand maßlose Verwunderung geschrieben. Sein Blick fiel auf Evas Kleidung. „Sag bloß, du arbeitest hier!“ Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, bei dessen Anblick sämtliche Frauen der Welt dahingeschmolzen wären. „Masseurin bist du also geworden, was?“ „Ah-ich-“ Mehr brachte Eva nicht heraus. Stattdessen spürte sie, wie in ihrem Inneren irgendetwas zu kochen anfing.
„Lass dich mal ansehen“, redete Louis munter weiter und hielt die fast ebenso große Eva prüfend auf Armeslänge von sich.
„Wo ist denn bloß dein ganzer Speck geblieben? Also so, wie ich dich in Erinnerung habe, warst du ein ganz schön fettes Klößchen! Und schielen tust du ja auch gar nicht mehr, fällt mir gerade auf. Ach, und sieh an: dein Modegeschmack ist scheinbar auch mit der Zeit gegangen, oder tragen das alle Lakaien hier?“ Da brannte in Eva eine Sicherung durch. Wie in Trance sah sie ihren Arm, der wie ein defektes Teil bei einer Maschine nicht mehr funktionierte, ausholen, und ihrem alten Peiniger eine saftige Ohrfeige geben, die ihm das Grinsen aus dem Gesicht fegte.
Dann trugen sie ihre Beine, die wohl auch auf Autopilot umgeschaltet hatten, den Flur entlang um die Ecke. Louis göttlichen Gesichtsausdruck bekam sie leider nicht mehr mit.
Im Body & Soul Spa angekommen, ignorierte sie Saschas ungeduldiges „Wie lange brauchst du denn bitte?“, drückte ihm die Handtücher in die Hand und ging zielstrebig in die leere Personaltoilette. Sie schloss sich in eine der Kabinen ein, nahm eine Rolle Klopapier und warf sie mit voller Kraft gegen die Wand. Als sie jemanden schreien hörte, brauchte sie erst einige Zeit um zu registrieren, dass sie es selbst war. Jetzt merkte sie auch, dass das, was vorhin in ihr zu kochen anfing, die Wut der letzten zwölf Jahre war. Gleichzeitig spürte sie, dass sie irgendwem wehtun würde, wenn diese maßlose Wut sich nicht an irgendetwas abreagieren konnte.
Also mussten die unschuldigen Klopapierrollen dran glauben. Eva schmiss eine nach der anderen gegen die Wand und trampelte sie anschließend auf dem Boden platt. Die kläglichen Produkte warf sie in den Mülleimer, holte ein paar Mal tief Luft und öffnete die Tür.
Glücklicherweise war ihr kleiner Wutausbruch unbemerkt geblieben. Als sie zwei wartende Kunden an der Rezeption sah, beschloss die junge Frau, auf der Arbeit zunächst nicht weiter an diese verstörende Begegnung zu denken. Mit geübtem Lächeln, welches nicht ahnen ließ, was in Wirklichkeit in ihr vorging, fragte sie, was sie für die Gäste tun könne.
Die mittelalte Frau zog eine Augenbraue hoch.
„Also zunächst könnten Sie sofort kommen, wenn man nach Ihnen ruft. Wir haben fast zwei Minuten hier gewartet.“ Sie hatte braune Haare, die eindeutig von einem Profifriseur geschnitten wurden. Das kleine Mädchen neben ihr, vermutlich die Tochter, war eine Miniaturausgabe ihrer selbst. Eva fand, dass Kinder nicht behandelt werden sollten, wie kleine Erwachsene. Und Schminke bei einem vielleicht zehnjährigen Mädchen ging überhaupt nicht.
Aber sie blieb freundlich. „Verzeihen Sie bitte, aber ich war hinten in den Kabinen, da konnte ich Sie nicht hören. Passiert nicht noch einmal.“ Die Frau schien etwas besänftigt. „Na gut, belassen wir es dabei. Ich möchte von Ihrer Fußmassage Gebrauch machen und für meine Tochter hier habe ich an Camouflage und Permanent Make-up gedacht.“ Sie wandte sich an das kleine Mädchen, das den Eine-Augenbraue-hoch-Ausdruck fast genauso gut beherrschte. „Immerhin musst du für heute Abend hübsch aussehen, richtig?“ Ein ernstes Kopfnicken war die Antwort.
Eva glaubte, sie hörte nicht richtig und räusperte sich. „Entschuldigen Sie, aber für die Kleine kommt weder das Camouflage noch das Make-up infrage.“ Mit einem Gesichtsausdruck, der selbst Shrek den Oger in die Flucht geschlagen hätte, sagte die Frau: „Wie bitte?“ Eva verstand nicht, warum ihr Einwand nicht selbstverständlich klang.
„Ich sagt: Für Kinder gibt es kein Make-up.“ Gerade, als die Frau empört zu einer Antwort anhob, kam Sascha.
„Gibt es ein Problem?“, fragte er Eva. Es klang wie ‚Was hast du jetzt schon wieder falsch gemacht?‘ „Ja, und ob es das gibt“, ereiferte sich die Frau. „Diese unverschämte Person hier weigert sich, uns zu bedienen!“ „Ich habe lediglich gesagt, dass es für kleine Kinder hier kein Make-up gibt“, verteidigte sich Eva. Langsam brach die Wut von vorhin wieder durch. „Das müsste doch selbst für Leute wie Sie logisch klingen!“ Im nächsten Moment hätte Eva alles getan, um den letzten Satz ungesagt zu machen. Die Frau öffnete entgeistert den Mund und auch Sascha schien nicht gerade erfreut über diese Unverschämtheit.
Eva verstand, dass sie etwas Falsches gesagt hatte und setzte hinterher: „Entschuldigung, das zu sagen stand mir nicht zu, aber Sie müssten doch selbst wissen, dass Kinderhaut noch viel zu empfindlich für Schminke ist. Kinder haben keine Pickel oder Feuermale, also braucht Ihre Tochter auch kein Make-up. Wenn ihre Poren jetzt schon mit Rouge, Puder und dem anderen Zeug zugekleistert werden, kann das später zu ernsten Hautproblemen führen. Ich sage Ihnen das als Exper-“ „Sei still!“, herrschte Sascha sie unvermittelt an. Sein Blick war so mörderisch, dass Eva innehielt. Als hätte sie gar nichts gesagt und als wäre der soeben laufende Konflikt nie dagewesen, wandte sich Sascha an die Frau. „Bitte verzeihen Sie, meine Kollegin hier ist noch unerfahren und sie hat-“ dabei schaute er Eva böse an „-leider ein sehr großes Mundwerk. Kommen Sie, ich werde Sie beide bedienen.“ Mit einem gewinnenden Lächeln und in völliger Ignoranz von Evas gutem Rat stolzierten Mutter und Tochter an ihr vorbei.
Als wieder Stille eingekehrt war, ließ sich die junge Frau ungläubig auf einen Stuhl sinken. Sie spürte etwas Feuchtes auf der Wange und wurde sauer. Nicht heulen, Eva!, dachte sie. Bloß nicht heulen, sonst ist es mit der Beherrschung vorbei.
Aber das war es sowieso, denn als Joe kurz reinkam und zu den Regalen ging, sprang sie auf und warf sich an seine breite Brust, was sehr komisch aussah, da sie ihn um einen halben Kopf überragte.
„Er ist so ein Arschloch!“, entfuhr es ihr. Der völlig überrumpelte Joe schloss reflexartig die Arme um sie.
„Na, da will man ahnungslos eine Creme holen, und dann passiert sowas. Was ist los, Kleine?“ „Sascha. So ein Mistkerl!“ Und sie erzählte Joe, was vorgefallen war. „Egal, was du dazu jetzt sagst, ich werde ihn auf jeden Fall zur Rede stellen“, schloss sie ab.
Joe stieß geräuschvoll die Luft aus. „Weißt du, ich habe mir schon längst abgewöhnt, mich aufzuregen. Es bringt ja sowieso nichts. Aber rede ruhig mit ihm, vielleicht bekommt er ja einen Geistesblitz.“










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