Haben Sie sonst noch Wünsche? - Teil 3

Autor: Valenzia
veröffentlicht am: 19.02.2013


Schade, dass nicht mehr Leute meine Geschichte lesen, hätte gerne mehr kritik :o)
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„Da ist ja unser Spätankömmling“, grinste besagter Mann und entblößte dabei eine Reihe weißer Zähne. „Willkommen im schwimmenden Gefängnis.“
Eva erwiderte das Lächeln. „Viel Bewegungsfreiheit hat man hier wirklich nicht“, bestätigte sie und schüttelte den drein nacheinander die Hand.
„Ich bin Eva.“
„Tom“, stellte er sich vor.
„Eliza“, sagte eine kleine Blonde mit Brille.
„Tara“, kam es von der rothaarigen. Sie hatte einen markanten irischen Akzent, welcher jedoch sehr wohlklingend war.
„Freut mich“, sagte Eva ehrlich.
„Du siehst aber noch ziemlich jung aus für so einen Job“, bemerkte Eliza. „Machst du das zum ersten Mal?“
Eva war für einen Moment verwirrt. Sie hatte erwartet, dass die drei ebenfalls Neueinsteiger waren.
„Ja, ich bin zwanzig und gerade fertig geworden mit meinen Ausbildungen.“
Die Reaktion war Verwunderung.
„So jung noch!“, staunte Tara, was sehr irisch aussah, Eliza zog eine Augenbraue hoch und Tom stieß vielsagend die Luft aus.
„Wieso?“, sagte Eva nun völlig verwirrt. „Wie alt seid ihr denn?“
Tara: „Vierundzwanzig.“
Eliza: „Sechsundzwanzig.“
Tom: „Siebenundzwanzig.“
„Oh.“ Die drei schienen wohl schon öfter dabei gewesen zu sein.
„Ist es denn schlimm, dass ich so jung bin?“, fragte sie verunsichert.
„Nein, das nicht“, antwortete Tara. „Wir hätten nur nicht gedacht, dass die hier Leute unter einundzwanzig anstellen. Einen wirklich schönen Job gibt es hier immerhin nicht wirklich.“
Eliza und Tom nickten zustimmend.
„Das ist die reinste Sklavenarbeit“, setzte die Blondine noch einen oben drauf und rückte ihre Brille zurecht. „Wir drei waren schon vor einigen Jahren zusammen hier und kommen eigentlich nur wieder, weil es im Moment einfach keine anderen Stellenangebote gibt.“
Eva schluckte, was Tom wohl bemerkt hatte, denn er sagte: „Aber es ist natürlich nicht alles schlecht. Das Essen zum Beispiel lässt nichts zu wünschen übrig.“
Er grinste, woraufhin Tara mit den Augen rollte. „Ja Tom, du bist ein toller Koch.“
„Hilfskoch“, verbesserte Eliza lakonisch, woraufhin Tom ihr ein Kissen an den Kopf warf.
Eva lächelte. Mit so einer netten Truppe würde sie die Zeit auf dem Schiff schon überstehen.
„Eine Erfahrung ist es bestimmt wert“, beendete sie das Thema und wandte sich an die beiden Mädchen. „Was macht ihr denn?“
„Ich bin eigentlich Restaurantmanagerin, aber werd wahrscheinlich wieder nur zum Kellnern kommen“, sagte Eliza mit einem Schulterzucken á la was soll’s?
Taras grüne Augen blitzten. „Ich bin leidenschaftliche Tänzerin, so wie alle Iren“, sagte sie stolz. Eva grinste. Wenigstens sie schien ihren Job zu mögen.
„Vielleicht sehe ich euch ja mal, wenn wir rein zufällig an demselben Abend am selben Ort sind.“
„Wenn du mal bei einem Event dabei bist, bestimmt.“
Unvermittelt sprang Tom aus dem Bett über ihr. „Dann lasst uns mal zur Versammlung aufbrechen.“
Eliza und Tara brummten mussmutig und gingen vor.
„Dort können wir uns wieder schön anhören, wie wir den reichen, verwöhnten Gästen am besten in den Arsch kriechen“, sagte Tom zu Eva und grinste sie mit einem Augenzwinkern an, woraufhin sie lachte. Seinen Humor hatte er scheinbar noch nicht verloren.
Das Versammlungszimmer stellte sich als ein riesiger Abstellraum heraus, in dem die über dreihundert Angestellten problemlos Platz fanden.
Auf einem improvisierten Podest, welches aus ein paar aufeinandergestapelten Kisten bestand, bat gerade der Mann von vorhin mit lauter Stimme um Ruhe.
„Das ist der Chefmanager, der oberste Boss“, raunte Eliza Eva zu. Für die drei war das Ganze offensichtlich Routine.
Besagter Chefmanager, der sich als Herr Ehrenberg herausstellte- aber alle nannten ihn nur Chef- verkündete in den folgenden fünfzehn Minuten Pflichten und Tabus, die unbedingt einzuhalten waren. Dazu gehörte unter anderem, sich niemals am Büffet der Gäste zu bedienen, ihren Wünschen immer und überall nachzukommen, und für das Personal, das nicht an Deck arbeitete, galt: Absolutes „Deck-Verbot“, außer in den Betriebspausen und nach Mitternacht. Im Klartext wurde allen, auch Eva- die im Spa unter Deck arbeiten sollte- verboten, sich oben blicken zu lassen. Nur in der einstündigen Mittagspause des Body & Soul Spa durfte sie frische Luft schnappen.
Ansonsten war die Benutzung des Swimmingpools, des Basket- und Volleyballfeldes, sowie des Kasinos natürlich strengstens verboten.
„Verstehst du jetzt, was wir mit Sklavenarbeit meinten?“, murmelte Tara rhetorisch.
Eva verstand, aber ihr Optimismus war nach wie vor da. Sie liebte ihren Job, es machte ihr Spaß, den Leuten eine körperliche Freude zu bereiten. Bei der Arbeit vergaß sie in der Regel die Zeit, vielleicht würde es hier auch so sein. Außerdem konnte sie bestimmt auch mal ein Bullauge öffnen und den Kopf rausstecken. Das war doch fast genauso wie an Deck.
Allerdings staunte sie nicht schlecht, wie viele verschiedene Jobs es gab. Vom Concierge über den Barmann, Tellerwäscher, Schiffsservicemanager, Zahnarzt, Fotograf, Friseur, Discjockey und Elektriker war wirklich alles vertreten. Sogar eine Konzertpianistin war dabei. Die hatte allerdings einen Einzelraum in der D-Etage.
„Wenn es Fragen, Probleme oder Anmerkungen gibt, melden Sie sich bitte umgehend bei mir im Büro“, beendete der Chef gerade seine Ansage. „In Raum E40.“
Das übliche, allgemeine Gemurmel fing an, als sich das Personal zu dem Ausgang bewegte, und Eva fragte, ob das alles gewesen sei.
„Klar“ antwortete Tom. „Das waren die üblichen Regeln.“
„Die Arbeit beginnt immer dann, wenn das Schiff ablegt, also in ungefähr einer Stunde“, informierte Tara sie. „Aber an deiner Stelle würde ich früher da sein, um dich einzugewöhnen. Right?“
„Ach ja“, sagte Eliza leicht ironisch, „und merk dir den Satz ‚Haben Sie sonst noch Wünsche‘, der kommt immer gut an und ist unser Standartsatz.“
Eva nickte, die kleine Blondine musste es ja wissen.
Sie freute sich schon und war gespannt, ob ihr Arbeitsumfeld genauso schön und einladend war, wie das in ihrer Ausbildung.

Es übertraf all ihre Vorstellungen, was bei einem Luxusdampfer wohl nicht ganz unerwartet war. Das Body & Soul Spa lag in der B-Etage, also zwei Stockwerke unter Deck. Ebenso das Kasino, die große Eventhalle, das Restaurant, der Fitnessraum und überhaupt alle Unterhaltungs- und Entspannungseinrichtungen. Das war für die Passagiere, die übrigens ausschließlich in der A-Etage wohnhaft waren, praktisch, denn so lag alles- außer der Basket- und Volleyballplatz, die waren logischerweise an Deck- eine Etage tiefer und war mit dem Aufzug direkt ansteuerbar.
Eva hatte die drei Etagen zu ihrer Arbeitsstelle allerdings über die Personaltreppen bewältigen müssen, da der Aufzug nur für die Passagiere da war.
In ihrer Uniform, die sich durch eine edle weiße Satinbluse und eine luftige Caprihose von den steifen Hemden der Köche abhob- immerhin hatte Eva direkten Kontakt mit Passagieren- fühlte sie sich sehr wohl. Die AIDAcruises hatten nicht am Material gespart, um einen möglichst guten Eindruck bei allen Gästen zu machen.
Als die junge Frau durch den geschickt versteckten Personalausgang auf den Korridor der B-Etage trat, war sie überwältigt. Der Gang war etwa doppelt so breit und hoch wie die Gänge in der E-Etage. Das Holz, mit dem der Boden und die Wände verkleidet waren, sah sehr teuer aus und auch der rote, weiche Teppich, der Eva an Hollywood-Stars erinnerte, machte auf sie keinen preiswerten Eindruck. Die Details nahmen sie so sehr gefangen, dass sie einen Moment regungslos dastand und angesichts dieses Luxus nur staunen konnte.
In der B-Etage sahen alle Korridore so aus und auch die verschiedenen Entspannungsräume, in die Eva im Vorbeigehen einen kurzen Blick erhaschen konnte, standen ihnen in Sachen Extravaganz und Luxus in nichts nach.
Durch die gut erklärten Wegweiser und Schilder fand sie ihren Arbeitsplatz relativ schnell. Das Body & Soul Spa lag ein wenig eingesenkt, sodass man einige Stufen zu der gläsernen Eingangstür hinabsteigen musste. Dies und die angenehmen Düfte, die dem Spa entströmten, verbreitete eine einladende Atmosphäre.
Das Innere des Spas jedoch übertraf erst ihre Vorstellungen und stellte alles bisher Gesehene in den Schatten. Eliza hatte ihr erzählt, dass diese Reise der AIDAcara für die ganz besonders Reichen gedacht war. Eine zweiundzwanzigtägige Reise an der Küste Nordamerikas wie diese war im Schnitt ab 1800 Euro zu haben. Und selbst dann bekam man „nur“ ein Innenzimmer ohne Meerblick.
Das erklärte auch die schicken Klamotten, die Eva gegeben wurden. Teilweise machten wirklich bedeutende Leute und sogar Schauspieler von dem Luxusangebot Gebrauch.
Jedoch hatte sie nicht erwartet, dass das Spa dermaßen luxuriös und verschwenderisch eingerichtet war.
Als sie eintrat, wurde ihr Blick zuallererst von dem riesigen offenen Swimmingpool gefangen genommen. Sie erkannte beim ersten Hinsehen, dass er komplett aus braunem Marmor bestand und die Skulptur in der Mitte, aus der ein stetiger Wasserstrahl schoss, war mit echtem Gold verkleidet. Um den Pool herum trugen einige Säulen im Stil der griechischen Tempel die Decke und eine lebensgroße Aphrodite, ebenfalls mit Gold überzogen, begrüßte Eva am Eingang mit einem zauberhaften Lächeln.
„Wow.“
Mit großen Augen sah sie sich um. Das Rauschen des Swimmingpools, die angenehme Wärme und der leichte Geruch nach Ölen und Chlor ließ sie sich sofort willkommen fühlen.
Eva steuerte auf den durch eine weitere Glastür abgetrennten Massagebereich zu.
Vier Kabinen, wie sie sie auch aus der Ausbildung kannte, lagen vor ihr. In jeder einzelnen stand eine bequem aussehende Liege, die aus wertvollem Mahagoniholz war.
Am Anfang vor der Tür stand ein kleiner Anmeldetresen für die Rezeption und auf einem Regal standen in Reih und Glied die verschiedensten Erden, Hot Stones und Öle. Kurz: Die Massageabteilung war klein, aber verdammt fein.
Eva schaute sich um. Es schien noch niemand da zu sein. Sie fragte sich, ob es im Spabereich überhaupt sowas wie einen Chef gab, oder ob jeder Angestellte genau wusste, was er oder sie zu tun hatte.
Sie griff nach einer Tube mit Öl und betrachtete sie. Die kleine Karaffe war aus Stein, sehr stilvoll mit einem Deckel aus dunkel getöntem Glas.
„Rücken & Schulter Öl, rote Rosen“ stand auf dem Etikett.
Eva öffnete den Behälter, woraufhin ein betörender Duft herausströmte. Sie ließ einen Tropfen auf die Hand tropfen und zerrieb ihn prüfend zwischen Zeigefinger und Daumen. Mit Kennerblick stellte sie fest, dass das Öl eine wahnsinnig gute Qualität hatte.
„Pass bloß auf, dass du nichts verschüttest“, erklang eine Stimme hinter ihr. Hastig stellte Eva die Karaffe wieder ab und drehte sich um.






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