Haben Sie sonst noch Wünsche?

Autor: Valenzia
veröffentlicht am: 13.02.2013


Hallöchen Leute :o)
Ich komme mit dem Erziehungsheim momentan nicht weiter, hab keine Idee mehr und bevor ich irgendeinen Müll schreibe, lass ich es lieber.
Aber dafür ist mir was Neues eingefallen, als ich mal wieder von einer Kreuzfahrt geträumt habe :P Der Anfang ist nur für den Einstieg, also a bissle langweilig. Aber ich hoffe, es gefällt euch! Enjoy ;)
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Der Schulhof lag in eiskalter Stille da. Vereinzelt fielen kleine Schneeflocken, der Boden war stellenweise vereist und zu rutschigen Flächen gefroren. Außer dem Hausmeister, der, tief in seiner Jacke versunken, Salz streute, war der Hof menschenleer.
Aber das war nur die Ruhe vor dem Sturm, denn im nächsten Moment schellte die Glocke der Grundschule zur großen Pause und noch einen Moment später stürmten die Kinder raus in die winterliche Kälte. Einige setzten sich auf die frostigen Wippen und Schaukeln und aßen ihr Pausenbrot, andere rannten lachend und schreiend auf dem Schulhof herum. Kurz: Es war ein Wintertag an einer ganz normalen Grundschule.
Auch Eva, das Mädchen, um das es in dieser Geschichte geht, trat in die Kälte hinaus und setzte sich auf eine Bank. Sie fühlte sich heute besonders mies. Der Grund dafür liegt zunächst darin, dass es in jeder Klasse immer mindestens einen Außenseiter geben muss. Das ist wie ein Dogma für Schüler, wie eine Regel. Und in der vierten Klasse der Karl- Friedrich Schinkel- Grundschule war nun mal Eva die Ausgeschlossene.
Aber die Achtjährige bot auch die perfekten Voraussetzungen dafür: ein bisschen zu dick, ein bisschen zu altbackene Klamotten, ein bisschen zu sehr am schielen.
Mies fühlte sie sich heute aber besonders wegen der Klamotten. Ihre Mutter schneiderte die unförmigen Hosen und die hässlichen T- Shirts meist selbst. Ebenso die Winterjacke mit den kotzenden Elchen, die sie an diesem Tag anhatte.
Eva schaute an sich herunter. Auf dem tannengrünen Mantel war tatsächlich ein sich ständig wiederholendes Muster aus kleinen, kotzenden Elchen abgebildet. Was sollte der braune Haufen unter deren Schnauze sonst sein?
Sie seufzte, biss in ihr Käsebrot und wünschte sich nichts sehnlicher als ein paar Freunde.
Sie ließ den Blick über den Schulhof gleiten, und wie so oft blieb er an Louis hängen, der gerade mit seinen Freunden auf den Schulhof trat. Eva war zu jung, um auch nur annäherungsweise verliebt zu sein, aber jedes Mal, wenn sie Louis sah, durchfuhr sie ein Schauer der Ehrfurcht und Faszination.
Er war ebenfalls acht Jahre alt, ein außergewöhnlich hübscher und schlauer Junge, mit blauen, vertrauenerweckenden Augen und einem gewinnenden Lächeln. Er war der Liebling der Lehrer, der Star der Grundschüler. Kurz: er war all das, was Eva gern gewesen wäre. Jedoch blieb auch Louis vor etwas nicht bewahrt, was immer von Beliebtheit und Zuwendung mitgeführt wird: Arroganz.
Er war ein furchtbar eingebildeter und von sich überzeugter Junge und er liebte es, sich über Mitschüler wie Eva lustig zu machen, die nicht annähernd so viel Selbstbewusstsein hatten, wie er.
Das Mädchen hasste ihn abgrundtief.
Als sie gerade wieder von seinem Anblick gefesselt war, wandte sich Louis in ihre Richtung, als hätte er ihren Blick bemerkt. Eva schaute schnell weg, ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken. Hoffentlich hat er mich nicht gesehen, dachte sie. Bitte, bitte, lass ihn mich nicht sehen.
Sie hatte zu viel Angst, er könnte direkt vor ihr stehen, wenn sie den Blick hob, also starrte sie mit heißen Wangen starr auf ihre Schuhspitzen. Eine Sekunde verging, zwei Sekunden, drei, vier. Endlich wollte das Mädchen glauben, die Gefahr sei vorüber, als eine ihr nur allzu gut bekannte Stimme erklang: „Wer sitzt denn da schon wieder alleine?“
Eine Stimme wie Samt, voller Verachtung und Hohn.
Und sie kam von keinem Geringeren als Louis selbst. Er hatte sich vor ihr aufgebaut, die Hände in die Hüften gestemmt und sah sie mit einer Mischung aus Geringschätzung und Vorfreude auf den bevorstehenden Spaß an. Neben ihm tauchten ein paar von seinen Klassenkameraden auf, seine Freunde. Sie waren „cool“, hoben sich von Kindern wie Eva ab. Sie alle hatten sich neben Louis gestellt, in respektvollem Abstand, und taxierten die Gefragte verachtend und auch etwas unsicher. Als Eva jedoch nur hochrote Wangen bekam und nicht antwortete, schauten sie sich grinsend an. Von der hatten sie keinen Gegenangriff zu erwarten.
„Hat dir das deine Mutti gemacht?“, fragte Louis weiter in spöttischem Ton und deutete auf die grässliche Winterjacke. Evas Wangen wurden noch röter, sie hätte die kotzenden Elche auf den Mond schießen können.
„He, Louis, das Schielauge sagt ja gar nichts“, rief einer der Jungen unheilvoll. „Vielleicht ist sie ja noch gar nicht richtig wach!“
Louis war natürlich schlau genug, diesen Hinweis richtig zu verstehen.
Grinsend wandte er sich wieder an Eva und tat einen Schritt auf sie zu.
„Vielleicht macht sie ein kleines Tänzchen wieder wach“, spekulierte er, packte blitzschnell ihren Arm und zog sie von der sicheren Bank mitten in den Kreis ihrer Mitschüler. Sie alle lachten, klopften Louis auf die Schulter, als hätte er eine weltbewegende Tat vollbracht. Dann geschah das, was das Mädchen am meisten befürchtet hatte. Einer fing damit an. Er packte ihre Schultern und gab ihr einen kräftigen Schubs von sich. Der nächste fing sie auf, schubste sie ebenfalls weg, und so ging es weiter in dem Mobbingkreis. Unter lautem Gelächter verlor Eva irgendwann die Orientierung, während sie hin und her geschubst wurde.
Kinder können wirklich grausam sein. Aber diese Bande war mit ihrem Opfer noch nicht fertig. Als Eva irgendwann zum Stehen kam, griff Louis nach dem Ärmel ihrer Jacke und musterte sie mit Abscheu.
„Aus welcher Tonne hat deine Mutti das denn gezogen?“
Die Elche waren also ihr Verderben!
Eva lief vor Scham rot an und blickte in die lachenden Gesichter ihrer Peiniger. Louis hatte sein übliches selbstgefälliges Grinsen drauf. Natürlich. Sie alle trugen Markensachen, besonders in Mode war dieses Jahr Hollister und Abercrombie, selbst für Grundschüler. Teure Sachen, schöne Sachen, moderne Sachen. In Eva keimte Wut auf. Aber nicht auf diese Kinder, die einfach mehr verwöhnt wurden als sie, sondern auf ihre Eltern. Auf ihre Mutter, die ihr immer diese hässlichen Klamotten schneiderte, nur um kein Geld ausgeben zu müssen, auf ihren Vater, der jeden Cent knauserte, obwohl sie es gar nicht so schlecht hatten. Diese Wut entlud sich nun in einem Satz, der ihr allzu vorschnell über die Lippen kam.
„Geht doch alle zum Teufel!“, schrie sie und merkte gleichzeitig, wie ihre Augen anfingen, zu brennen. Die Reaktion war nur noch mehr Gelächter. Ein Opfer, das die Beherrschung verlor, war ja noch witziger als ein Eingeschüchtertes!
Besonders Louis konnte sich nicht mehr halten vor Lachen. Als er ihre glasigen Augen bemerkte, hielt er kurz inne und für einen Moment glaubte Eva, er würde aufhören, sie alle würden aufhören.
Aber der Junge sah ihr nur in die Augen und fing an zu grinsen.
„Fängt das Schielauge jetzt an zu heulen?“, fragte er mitleidlos, was noch mehr Gelächter seitens der anderen hervorrief.
Dann gab er ihr einen unerwarteten Schubs, sie stolperte nach hinten über einen Stein und fiel- durch die dicke, grässliche Jacke etwas gedämpft- auf den vereisten Boden.
Das Gelächter der Kinder schwoll an, und Eva wünschte sich nur noch Meilen weit weg.

Zwölf Jahre später

„Ich versteh das nicht.“
„Was?“
„Ich sehe nur verliebte Pärchen um mich herum. Ich komme mir vor wie eine Distel im Rosengarten.“
Eva seufzte und warf ihrer Freundin Elena einen leidenden Blick zu.
Diese wollte schon zu einer Antwort anheben, da kam den beiden ein weiteres Paar entgegen. Ein Mädchen, vielleicht vierzehn Jahre alt, ging in inniger Umarmung mit ihrem wesentlich älter aussehenden Freund die Straße entlang. Im Vorbeigehen inspizierte Eva blitzschnell das Pärchen und stellte fest, dass das Mädchen ausgesprochen abschreckend aussah, der Junge hingegen schöne Gesichtszüge hatte.
Verzweifelt schaute sie Elena an, als wollte sie ihren Satz bestätigen.
„Sogar die hässlichsten haben jemanden!“
Erneut wollte ihre Freundin etwas sagen, aber Eva blieb nur stehen und blickte wehleidig in ein Schaufenster, in dem sie sich spiegelte.
„Bin ich denn so reizlos?“ Ihre Stimme klang fast anklagend, als erwartete sie, dass sich augenblicklich sämtliche Männerblicke auf sie zu richten hatten, sobald sie ihr Haus verließ.
Elena verdrehte die Augen. „Das Thema hatten wir doch schon so oft!“
Sie trat zu ihrer Freundin ans Schaufenster und deutete auf Evas Spiegelbild.
„Du bist ganz und gar nicht reizlos, ganz im Gegenteil.“
„Doch. Ich bin hässlich, sag’s ruhig.“
Elena seufzte wieder, sie merkte, dass das Aufbauen im Moment nichts helfen würde. Eva war wieder mal in eine ihrer eigentlich seltenen depressiven Phasen verfallen, in denen sie einfach alles an sich bemäkelte.
Sie hatte aber auch keine Lust, mit einer selbstmitleidigen Freundin ins Café zu gehen.
„Hör zu.“ Sie drehte Eva zu sich herum und sah ihr tief in die Augen. „Du leidest eindeutig an Dysmorphophobie.“
„An was?“
„Kommt aus dem Griechischen-“ ein selbstzufriedener Ausdruck huschte über ihr Gesicht, sie war eine Patriotin „-und heißt, dass du eine falsche Wahrnehmung deines Körpers hast.“
Eva sah sie misstrauisch an. „Sowas gibt es bestimmt nicht. Da sagst du nur um mich aufzubauen.“
Elena lachte kurz. „Du kannst mir ruhig glauben, ich studiere solche Dinge.“
„Du studierst Psychologie.“
Elena verdrehte die Augen. „Ja, und das gehört dazu.“
Sie liefen weiter, während Eva immer wieder irgendwelchen Paaren hinterherschaute.
„Du kannst solche Sachen ja sagen“, meinte Eva irgendwann. „Du siehst ja auch toll aus.“
Ein leichtes Lächeln erschien auf Elenas südländischem Gesicht, und verschwand genauso schnell wieder.
„Du auch, Eva. Du willst es nur nicht einsehen.“
„Ach ja? Was ist denn bitte schön an mir?“
„Du bist groß und hast eine gute Figur, schöne Augen, ein hübsches Gesicht. Und wenn du rot wirst, ist das absolut süß.“
Genau das geschah nun mit Evas Wangen und sie lächelte ihre Freundin widerwillig an. „Ach, du...“
„Mit deinen langen Beinen könntest du glatt Model werden und deine Sommersprossen machen dich irgendwie besonders. Da hat sich seit der Schule einiges verändert, was?“
Eva schauderte. „Bitte erinnere mich nicht an diese schreckliche Zeit.“
Aber dann lächelte sie doch. „Danke, Eli. Auch wenn ich dir immer noch nicht glaube.“
Mittlerweile waren sie an ihrem Stammcafé im Hamburger Zentrum angekommen. Elena sah sich um. „Hm, Jonas ist wohl noch nicht da.“
Eva grinste. „Dein Freund kommt auch immer zu spät.“
Elena erwiderte das Grinsen. „Der kommt schon noch, die Sehnsucht nach mir wird ihn hier hertreiben.“
Das stimme allerdings.
Elena und Jonas waren schlichtweg DAS Traumpaar.
Als sie Jonas nach einer Weile auf die beiden zukommen sah, sackte ihr Herz wieder einen Meter nach unten. Er sah so gut aus und Elena war so schön… sie fühlte sich wie das fünfte Rad am Wagen, während Elena ihren Freund mit einem filmreifen Kuss begrüßte. Was für eine innige Liebe den beiden doch im Gesicht geschrieben stand.
Aber sie wollte den Nachmittag nicht verderben, also setzte sie ein etwas gekünsteltes Lächeln auf.
„Hey Evi, wie geht’s?“ So nannte nur Jonas sie, und es gefiel ihr.
Sie setzten sich an einen Tisch, Jonas und Elena auf der einen Seite und Eva allein auf der anderen. Jonas hatte einen Arm besitzergreifend um seine Freundin gelegt, während ihr Kopf auf seiner Brust ruhte.
Eva seufzte tief. „Hach, eure Tochter wird mal eine wunderschöne Halbgriechin.“
Dieser spontane Ausbruch brachte beide zum Lachen.
Der Kaffee kam, und für Eva gab es noch ein Fruststück von der hausgemachten Sachertorte. Sie schmeckte sagenhaft.
„Und?“, sagte Elena irgendwann und sah sie über den Tisch hinweg erwartungsvoll an.
„Was und?“
„Bald geht’s los, oder?“






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