Witch Birth - Teil 3

Autor: yuna151
veröffentlicht am: 01.03.2013


Am nächsten Morgen war sie unausgeglichen, da sie keinen weiteren Schlaf bekommen hatte. Nicht dass sie es gewollt hätte. Ein solcher Traum genügte ihr vollkommen.
Schwungvoll landeten ihre Füße auf dem Boden und sie saß im Bett. Kerzengrade, aufmerksam.
Etwas rief sie!
Tief in sich spürte sie den starken Drang, wieder in den Wald zu gehen. Doch sie tat es nicht. Versuchte zu widerstehen, dem Bedürfnis sich zu vergewissern, dass nichts im Wald war. Weder gestern noch jetzt.
"MEEEERRRRRRRRRRR!" Meredith zuckte schreckhaft zusammen, als sie die Stimme von Ann unten aus der Küche hörte. Sie hatte das Gefühl, ihr Trommelfell müsste platzen. Was für ein Organ ihre Freundin doch hatte...
"Komme gleich", rief sie zurück, in einer Lautstärke, die man wohl schon eher als angenehm empfand.
Die Wahl der Kleidung fiel ihr nicht sehr schwer, da es fast alles das Gleiche war. Und auch ihr langes rabenschwarzes Haar, kämmte sie nur einmal durch, ließ es dann sanft über ihre schmalen Schultern fallen.
Innerhalb von nur knappen zehn Minuten befand sie sich bereits in der Küche.
"Guten Morgen, Ann! Ich hoffe du hast besser geschlafen als ich." Sie setzte sich mit einem mürrischen Gesichtsausdruck an den schon fertig gedeckten Tisch.
"Wenn ich dich so ansehe, würde ich behauten, ein Toter hätte besser geschlafen! Das würde ich zumindest bei deiner Aussage sagen wollen. Aber das wäre zu krass." Wie nett sich so aus zu drücken!
"Vielen Dank auch!", erwiderte sie etwas bissig und seufzte gleich darauf. Sah sie wirklich so schrecklich aus oder machte sich Ann nur einen Spaß?
"Himmel nochmal! Was ist denn mit dir passiert?", hörte sie plötzlich Finn neben sich.
Meredith stand abrupt auf.
"Ihr seid echt nette Freunde. Anstatt einfach nur zu sagen, dass ich fertig aussehe! Aber nein, ihr müsst mich ja gleich so darstellen, als sehe ich wie eine Leiche aus!"
Finn hob abwehrend die Hände und legte sie sogleich auf die Schultern der Schwarzhaarigen.
"Mach mal halblang, Sweety. Ich meinte kein Stück das du Scheiße aussiehst oder dergleichen. Aber hast du schon mal in den Spiegel geguckt?"
Was wollte er denn jetzt damit sagen? Hatte sie vielleicht nur nen großen Pickel oder so bekommen?

Sie machte sich von Finn los und stürmte ins untere Badezimmer, ging dann jedoch langsamer zum Spiegel.
Als sie einen vorsichtigen Blick hinein warf, taumelte sie benommen zurück, musste sich an der Wand fest halten, um mich um zu fallen.
Das konnte unmöglich sein!
Nein!!
Das war doch nicht wirklich sie...
Ihre Hände legten sich an das blasse Gesicht, zogen die Konturen nach und zitterten so heftig, das Meredith das Gefühl hatte, sie würden gleich zerbrechen.
Ihre Nase, von einen Unfall eigentlich schräg gewachsen, wies keinerlei Unebenheiten mehr auf, war grade und glatt.
Ihre Augen reflektierten das Licht um ein vielfaches mehr als zuvor, waren auch heller. Dieses Blau strahlte etwas unheimliches aus, wenn sie den Kopf leicht senkte und ihr Gesicht ein wenig von den Haaren verdeckt wurde. Es war als wären es kleine Lämpchen, die bedrohlich in der Dunkelheit hervor stachen.
"Siehst du jetzt, was ich meine? Es ist als hättest du eine mehr als effektive Schönheitskur hinter dir. Und das in nur einen Nacht!" Lautlos, beängstigend leise, war Finn neben sie getreten und starrte durch den Spiegel in ihre Augen.
"Gott Finn! Musst du mich so erschrecken?" Tief ein und aus atmend, legte sie eine Hand auf ihr wild schlagendes Herz und versuchte sich von den Schreck zu erholen. In diesem Moment durchzuckte ein Blitz ihren Körper. Sie drängte sich an ihrem besten Freund vorbei und lief wieder in die Küche, wobei sie peinlichst genau darauf achtete, sich nichts anmerken zu lassen.
Dementsprechend verlief das Essen in einen, mehr oder weniger, unangenehmen Schweigen, was Meredith den Appetit verdarb. Den anderen schien es ebenso zu gehen.
"Ich werde ein wenig an meinem Buch schreiben"; meinte Finn und verschwand aus der Küche.
"Und ich wollte noch mal in die Stadt"." Ann erhob sich ebenfalls und begann den Tisch ab zu räumen.
"Dann werde ich spazieren gehen. Ich will mich ja nicht noch einmal verlaufen", scherzte sie Schwarzhaarige.
Ohne Erfolg.
"Mach das. Wir sehen uns dann später." Ann gab ihr einen Kuss auf die Wange und war dann ebenfalls verschwunden. Meredith machte sich daran, die von ihr gestern selbst auferlegte Aufgabe zu erledigen: der Abwasch.

Im Haus war es still.
Zu still für die ohnehin schon sehr angespannten Nerven von Meredith. Bei dem kleinsten Geräusch zuckte sie fast schon schmerzhaft zusammen und sah sich nach allen Seiten um. Doch jedes Mal war nichts und niemand zu sehen.
Als es mittags wurde, Finn noch immer in seinem Zimmer und Ann noch nicht zurück, war ihr einfach zu langweilig. Seufzend zog sie sich etwas anderes an und ging dann hinaus in den Wald.
Sie schlug ganz wie von selbst, den gleiche Weg wie am Vortag ein. Immer weiter trugen ihre Füße sie in das dichte Geäst, steuerten sie augenscheinlich zu einem bestimmten Punkt.

Meredith setzte ihre Erkundungstour durch den unheimlichen Wald weiter fort. Jedes noch so leise Geräusch erweckte ihre Neugier und so lief sie immer weiter hinein. Langsam wurde es später und später. Die Sonne versank am Firmament und hinterließ dunkle Schatten auf dem Waldboden. Ein kräftiger Wind hatte eingesetzt und trieb ihr ab und zu, Tränen in die blauen Augen.
Und ganz plötzlich kam sie auf einen kleinen Friedhof an. Ein Schauer rann über ihren Körper als sie die vielen Grabsteine sah. Mitten im Wald wirkte es richtig unheimlich.
Langsam, mit einer gehörigen Portion an Angst und Respekt, lief sie zwischen den Steinen hindurch, las sich die Namen und Inschriften durch und bemerkte nicht einmal, dass es nicht in ihrer Sprache war.
Diese Schrift sah aus, wie kleine Schriftzeichen, der Runen ähnlich, worüber sie einst in der Schule einen Vortrag gehalten hatte.
Die meisten Geburtsdaten ließen darauf schließen, dass es sich um Kinder und, wie man heute sagen würde, Teenies handelte. Die meisten waren kaum älter als zwölf, oder dreizehn.
In welch einer Welt hatten diese Kinder leben müssen, um sich schon so früh von der Welt zu verabschieden?
War denn so etwas gerecht? Nein! Auf keinen Fall...
So tief in ihren Gedanken versunken, mit den tiefen Schmerz über die Verluste, obwohl sie niemanden davon kannte, bemerkte Meredith nicht, das sie nicht mehr alleine war.


Auf leisen samtenen Pfoten, schlich er sich weiter an sie heran, beobachtete jede ihrer Bewegungen, war komplett angespannt. Was machte sie hier? Und wer war sie?
So viele Fragen gingen durch seinen Kopf, während sie weiter vor sich hin zu träumen schien. Von ihr wehte ein merkwürdig vertrauter Duft zu ihm, kitzelte seine empfindliche Nase.
Sie drehte sich ein Stück, nicht weit genug um ihn sehen zu können.
Selbst ging er noch dichter zu ihr, berührte sie nun fast und wurde von ihrem Geruch mitgerissen. Eine Energie ging von ihr aus, die seiner sehr ähnlich und doch so grundverschieden war.
Wieder drehte sie sich ein Stück und hätte er seine Menschengestalt, hätte er jetzt die Luft angehalten, nur um sie noch einen Augenblick, einen Wimpernschlag, länger betrachten zu können.
Eigentlich rechnete er nun mit einen Schrei, vielleicht spitz, vielleicht nur ängstlich, doch das sie nichts tat und stumm in seine gelb leuchtenden Augen sah, irritierte ihn zu sehr, als das er es hätte weiter beschreiben können.
Minuten verstrichen...endlos erscheinende, stille Minuten, in denen die Geräusche, die Gerüche, einfach alles, verstummt zu sein schien.
Ihre Blicke waren ineinander verknotet, wollten sich nicht lösen, bis...

Ruckartig wich sie zurück, vor dem Tier, mit den unfassbar leuchtenden Augen. Die Schnauze ragte mit der schwarzen Nase hervor. Er musterte sie!
Die Ohren waren lauernd aufgerichtet, zuckten bei ihrer Bewegung nur ganz leicht.
Doch weiter machte er keine Anstalten sich zu rühren.
Meredith war sich so sicher, dass er ihr nichts tun würde, wie bei noch keiner Sache in ihren jungen Leben.
Er sah sie nur unverwandt an, wie sie es selbst bei ihm tat. Ihm? Woher wollte sie wissen, dass es keine Wölfin war? Warum war sie sich so scher, das er ihr nichts tun würde?
Es war so wenig klug, hier stehen zu bleiben, wie wenn man auf den Gleisen stand und ein Zug kam. Oder wenn das Haus brannte und man einfach still sitzen bleiben, vielleicht sogar noch die Flammen, beobachten würde.
Feuer...
Warum dachte sie plötzlich an Feuer? Und warum, verdammt nochmal, hatte sie den Geruch von Qualm in der Nase?
Plötzlich war der Wolf, dieses wunderschöne Tier, wie vergessen.
Wie eine Wilde, rannte sie durch Bäume hindurch, störte sich nicht an Büschen, die ihre Beine zerkratzten. Sie hatte nur ein Ziel!
Das Haus!!

Schwer atmend, mit zittrigen Knien und wild pochenden Herzen, kam sie an dem alten Gebäude an. Nichts!
Kein Rauch, kein Qualm, kein Feuer...
Meredith rannte zur Tür, riss sie ruckartig auf, taumelte leicht und atmete erleichtert aus. Auch hier war nichts und der Geruch war vollkommen verschwunden, doch nicht dieses schreckliche Gefühl, das bald etwas Furchtbares passieren würde. Oder war es schon geschehen?
Die Vergangenheit! Ihre Träume! Das war eine gute Verbindung.
In der Tür stehend, sich schon im Haus befindend, drehte sie sich noch einmal zur Nacht herum.
Die Augen starrten sie an. Selbst auf diese Entfernung hin, konnte sie es erkennen, was ihr Blut noch schneller brodeln ließ.





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