Gefangen in meinem eigenen Leben - Teil 2

Autor: Regentanz<3
veröffentlicht am: 01.02.2013


Soo ich hoffe euch gefällt der teil, das ist die erste erinnerung die ich klar habe und von der ich fast jede Nacht träume, wenn ich überhaupt einmal schlafe (: Freue mich sehr über Kommentare und Kritik.
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Ich war wohl von Anfang an nicht einfach, weil ich krank war. Es war nichts Weltbewegendes. Neurodermitis und Wasser im Kopf und eine Mittelohrentzündung. Daher weinte ich sehr viel. Es tat eben weh. Doch ich raubte meinen Eltern wohl den letzten Nerv. Aber ich wurde gesund und entwickelte mich bis zu meinem dritten Lebensjahr prächtig. Mein Vater trank immer mehr Alkohol und schlug meine Mutter öfters. Ich sah die blauen Flecken, ich kannte sie selbst. Wenn er wütend war, dann hatte ich am nächsten Tag die gleichen blauen Flecken. Doch einen Tag, werde ich wohl nie vergessen können.
Es war ein Wochenende im Herbst. Es hatte den Tag über geregnet und mir war schon die ganze Zeit übel gewesen. Irgendetwas würde heute schlimmes passieren, das wusste ich und ich hatte große Angst davor. Als ich aus meinem Zimmer kam um die Treppe runterzugehen, roch ich schon den Geruch von Leber. Mir wird noch heute übel davon. Ich ging die Treppe runter und ging in die Küche. Mama stand am Herd und sah, wie ich mein Gesicht verzogen hatte. Ich konnte Leber nicht ausstehen, das wusste sie. Aber Papa hatte es sich gewünscht. Sie selbst mochte Leber auch, aber sie hätte für uns Kinder darauf verzichtet.
„Wir essen im Wohnzimmer. Dein Papa will heute ein Fußballspiel schauen.“, sagte sie nur und wandte sich wieder dem Herd zu. Also ging ich ins Wohnzimmer. Ich liebte es im Wohnzimmer zu essen und das auch noch abends, wenn ein Fußballspiel lief. Trotz der Leber freute ich mich. Als ich sah, dass Jana und Franzi noch nicht da waren, rannte ich die Treppe wieder hoch und rief nach den beiden. Papi würde böse auf uns sein, wenn wir nicht rechtzeitig da wären und er war gemein, wenn er meckerte, vor allem, wenn das Wohnzimmer so komisch roch wie heute. So bitter. Es roch nach den 10 Bierflaschen die neben seinem Sessel standen. Wir hatten nur einen Sessel und der gehörte meinem Papa. Es war eine Ehre, wenn man auf ihm sitzen durfte. Das passierte aber selten. Papa stand noch auf unserer Terrasse.
Ich stürmte in Franzis Zimmer rein und sagte ihr, dass es Essen gab.
„Was gibt es?“, fragte sie und ihre großen tollen blauen Augen sahen mich fragend an. Sie saß gerade über ihrem Schreibtisch und lernte wieder einmal. Wenn ich groß war, wollte ich wie sie werden. Und genauso hübsch.
„Leber.“, sagte ich und verzog das Gesicht, genauso wie sie.
„Aber dafür dürfen wir heute im Wohnzimmer essen.“, strahlte ich sie an.
„Mh.“, machte sie nur und stand auf.
„Ich geh Jana Bescheid sagen.“, sagte ich und ging zu Janas Tür und rief durch sie hindurch, dass es Essen gab und wir heute im Wohnzimmer aßen. Auch ihr sagte ich, dass es Leber gab.

Als das Essen dann auf dem Tisch stand, roch das Wohnzimmer nur noch nach Leber und nicht mehr nach Papis komisches Getränk. Ich hatte es einmal probiert, vor eine Jahr, als ich klein war. Papi hatte es mir erlaubt. Heute saß ich zwischen Mama, die neben Papa saß und Franzi. An der anderen Ecke des Sofas saß Jana mit angeekeltem Gesichtsausdruck. Nach einiger Zeit würgten wir das Essen hinunter. Es schmeckte wirklich scheußlich. Aber wir sollten wenigstens die Hälfte der Leber essen, hatte Mama gesagt. Plötzlich rannte Jana aus dem Zimmer ins Bad. Sie musste sich übergeben und ich machte mir große Sorgen, denn Papa guckte schon wieder so wütend und brüllte dann plötzlich los, sie solle sich beherrschen und das teure Essen im Magen lassen. Mein Magen krampfte sich zusammen. Ich mochte es gar nicht, wenn Papa so böse zu Jana war. Aber ich sagte nichts, aber essen konnte ich nichts mehr. Keinen einzigen Bissen. Nachdem Jana dann wiederkam, erlaubte ihr Mama, dass sie gehen durfte. Doch kaum war sie aus der Tür, schrie Papi los, warum Mama ihr das erlaubt hat und was ihr einfiele, denn so etwas hatte er zu bestimmen und er sagte, wann jemand gehen und wann jemand zu bleiben hatte. Mama stand auf und wollte Jana helfen, weil sie schon wieder im Bad war. Aber Papa sprang auf und schrie Mama an, dass sie gefälligst bleiben sollte. Ich hatte schreckliche Angst und ich zitterte am ganzen Körper. Ich hatte Recht gehabt, dass heute etwas Schlimmes passieren würde. Mama und Papa würden sich schon wieder streiten und ganz böse Dinge sagen, die wir nicht sagen durften. Aber vielleicht würde Franzi dann wieder mit mir Memoire spielen. Das lenkt dich ab, sagte sie immer. Aber manchmal half es nichts und ich kroch in ihren Schoß und weinte, weil ich es doof fand, wenn Mami und Papi sich so stritten und dann legte sie immer ihre Hände schützend über meine Ohren und summte eine Melodie und manchmal weinte sie auch mit mir. Dann knallten die Türen immer laut zu und Mama schrie und Papa würde gegen die verschlossene Badezimmertür hämmern und Mami würde am nächsten Tag wieder blaue Flecken haben. Ich wusste, wie weh das tat, wenn er böse war. Und böse war er vor allem immer dann, wenn er so komisch roch. Aber heute rochen sie beide so komisch.
Plötzlich fasste ich meinen Mut zusammen und ging auf Mama und Papa zu. Ich wollte nicht, dass sie sich stritten. Aber plötzlich sah ich, wie Papa Mami packte und mit voller Wucht gegen die Schrankwand schmiss. Ihr Gesicht wurde ganz weiß und mein Herz pochte ganz schnell, wie immer wenn ich aufgeregt war. Mein Bauch tat ganz dolle weh und ich sah, wie Mamas Kopf auf ihre Schultern sackte. Ich rannte zu ihr hin und schüttelte sie ganz dolle, aber sie machte ihre Augen einfach nicht auf. Ich weite und versuchte sie hoch zu ziehen, aber sie war zu schwer. Ich war ganz dolle wütend auf Papa, weil er so böse heute war! Mein Bauch wurde ganz schwer und dann öffnete Mama wieder die Augen. Ich versuchte ihr hochzuhelfen, aber sie schaffte es dann doch alleine. Sie wankte ganz dolle, wie Papa immer, wenn er so viel von diesem gelben Zeug getrunken hatte, dass so lustigen Schaum hatte und aussah wie Brause.
Ich ging zu Papa und schupste ihn mit aller meiner Kraft, auch wenn ich mich nur gegen seinen gro-ßen Bauch presste, aber er war so verdattert, dass er einige Schritte nach hinten taumelte.
„Wie gefällt dir das?! Warum hast du Mami geschupst? DU darfst das nicht!“, schrie ich und trom-melte mit meinen kleinen Händen auf seinen Bauch.
„Sie hat mich gebissen.“, schrie er und zeigte auf seinen Arm.
„Aber nur um mich zu wehren!“, schrie Mama plötzlich. Die beiden wollten sich schonwieder schupsen und ich bekam kaum Luft zwischen ihnen.
„Hört auf! Alle Beide!“, schrie ich so laut ich konnte und sie waren still.
„Du hattest kein Recht ihn zu beißen, und du Papa hättest nicht so böse zu Jana sein dürfen und auf keinen Fall Mama so weh tun!“ schrie ich. Dann war Jana da und zog mich zwischen den Beiden heraus.
„Komm Wiebke, wir gehen Memoire spielen.“, sagte sie und zog mich aus dem Zimmer und die Treppe hoch in Franzis Zimmer, wo das Memoire war.
„Weißt du wo das ist?“, fragte sie mich und schaute sich um. Ab jedem anderen Tag hätte ich mich gefreut, weil Jana und ich nicht so oft zusammen spielten, aber ich machte mir Sorgen um Franzi.
„Was ist mit Franzi? Jana ich hab Angst!“, sagte ich leise und merkte, dass ich weinte. Sie nahm mich ganz fest und lieb in den Arm und sagte mir, dass es Franzi gut ginge und Mama und Papa ja auch schon leiser sein würden. Dann spielten wir Memoire und danach Karten und dann nochmal Me-moire und dann durfte ich endlich nach unten und nach Franzi sehen. Es war dunkel geworden und im Flur unten war das Licht an. Mama und Papa waren zwar noch böse aufeinander, aber sie stritten sich nicht mehr so laut und sagten auch nicht mehr so böse Dinge. Ich warf mich um Franzis Hals und weinte vor Freude, dass sie sich nicht wehgetan hatte, denn immer wenn ich versuchte zu helfen, haute Papa mich ganz dolle, sodass ich am nächsten Tag gar nicht zum Kindergarten wollte, weil ich seine Handabdrücke hatte und mein ganzer Arm blau war. Meistens tat ich dann so, als ob ich krank wäre.
Als ich fragte, ob wir noch Fernsehen wollten, meinte Franzi, dass es schon halb zehn wäre und wir morgen früh raus mussten. Und dann gingen wir ins Bett.







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