Wenn die Erde atmet - Teil 3

Autor: Caprice
veröffentlicht am: 25.11.2012


Die Sonne über mir war orange und kalt und schwang hin und her. Erst jetzt registrierte ich, dass ich in meinem Bett lag. Erst jetzt registrierte ich, dass es nur ein Traum war. Und nicht nur ein Traum, der Traum. Der Traum, der mich Nacht für Nacht schweißgebadet aufwachen läßt und das seit ich Phoenix verlassen hatte und zu meinem Onkel in das kleine alpina Städtchen Banff, östlich der Rocky Mountains im kanadischen Alberta gezogen war.

Dass er dabei von mal zu mal plastischer wurde, zerrte an meinen Nerven.
Schlaftrunken richtete ich mich auf und griff nach der Wasserflasche neben meinem Bett. Ich brauchte zwei Züge, bis ich sie vollkommen geleert hatte und warf sie anschließend zu den anderen Flaschen in den Korb, der bereits halb gefüllt auf dem Boden vor sich hin schimmelte. 7.00 Uhr morgens. Ich stöhnte und ließ meinen Kopf zurück in die Kissen fallen.
Nachdem ich die Sonne durch mein Zimmerfenster schimmern sehen konnte, zwang ich mich aufzustehen. Ich schlürfte zu meinem Koffer, zog einen alten Kapuzenpulli und eine passende Jeans hinaus, Unterwäsche und dicke Socken und ging ins Bad. Frisch geduscht und angezogen fühlte ich mich gleich besser.
Joes Haus, typisch kanadisch, grenzte an einen hellen Wald. Banff war verhalten und hatte nichts von einer Großstadt. Ich liebte es! Denn wenn man der Natur am nächsten sein wollte, war man hier genau am richtigen Ort dafür. Keine Hektik, kein Stress. Nur kühle, klare Luft und viel viel Ruhe. So scheint es.

Schon während meiner Ankunft zog mich dieser Ort, der etwas weltfremdes hatte, in einen Bann. Ich fuhr damals vom Flughafen in Calgary mit dem Bus nach Banff. Die fahrt dauerte etwa eine Stunde, erinnerte ich mich. Es gab nur eine Zufahrtsstraßen, die sich quer durch die traumhafte Berglandschaft schlängelte. Endlos erscheinende Wälder, Bäume, so hoch und von der Haupstraße aus konnte man mehrere, gekerbte Berggipfel sehen. Der Größte darunter war der Cascada Mountain, von dem hatte Joe die ganze Zeit geschwärmt, weil man mit einer speziellen Gondel bis hinauf zur Spitze fahren konnte. Die Aussicht soll wundervoll sein.

Wie jeden Tag dieser Woche, war Joe auch heute bereits aus dem Haus, in seiner Werkstatt. Weil ich Ferien hatte nahm ich mir deshalb vor einen Spaziergang im Wald zu machen. Doch erst mal wollte ich das Chaos in meinem Zimmer beseitigen. Gepäck verstauen und so. Ging allerdings schneller als ich dachte. Nach einer lächerlichen Halbenstunde war auch diese Thema vom Tisch, oder eher vom Parkett.
Der Boden war frei, gesaugt und sogar gewischt hatte ich. Viel musste ich nicht aufräumen, oder einräumen. Ich hatte lediglich eine kleine Tasche mit Klamotten, deren Inhalt ich zu den Gästelaken in die einzige Kommode legte und eine Tasche mit Büchern, aus alten Zeiten. Ich stopfte sie samt meines Tagebuchs in die untere Nachttischschublade und verstaute anschließend den leeren Koffer unterm Bett.
Zufrieden mit meinem Ergebnis, klopfte ich in die Hände und huschte schnell die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. Ehe ich in der Küche angelangt war, war ich auch schon mit meinen Gedanken bei Wald und Wiesen.

Ich hatte keinen Hunger, also machte ich mir nur einen Tee und füllte ihn in eine große Thermoskanne ab. Danach schnappte ich mir den Rucksack vom Kleiderhaken, verstaute die Kanne und für alle Fälle noch eine Banane und zwei Apfel darin und machte mich auf den Weg. Joes Wohnzimmer lag gleich neben der Küche. Es hatte einen leicht indianischen Touch und viele kleine, interessante Einrichtungsgegenstände, die nur darauf warteten genauer betrachtet zu werden. Auch Joe sah etwas indianisch angehaucht aus. Er trug sein Haar, das sehr lang und dunkel war, meist zu einem Pferdeschwanz, manchmal sogar geflochten. Seine Haut war im Gegensatz zu meiner sonnen geküsst. Das wollte ich jetzt ändern.
Mit einem KLACK fiel die Haustür ins Schloß. Die Sonne schien von einem blauen Himmel. Ich musste einen Slalom laufen, ehe ich in den Garten stolperte. Charlie, die Nachbars Katze, lag ausgestreckt auf der Fußmatte und schlief und auch Neville, der Hund von Mrs. Darold war in der Nähe und begrüßte mich beim Verlassen durch das Tor. Ich freute mich auf einen schönen Tag. Noch ahnte ich ja auch nichts.






Teil 1 Teil 2 Teil 3


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz