Sommermelodien - Teil 2

Autor: biene6
veröffentlicht am: 17.10.2012


Kapitel 2
Dean stieg ins Auto. Sunny und Sami warteten schon auf ihn. Er ließ den Motor an und Dean konnte fast gar nicht mehr aufhören zu grinsen. Sami bemerkte währenddessen, dass sein Lächeln sie nicht mehr störte. Ganz im Gegenteil, sie fand es eigentlich wunderschön. Seine blau-grünen Augen funkelten wie Sterne und er hatte wunderschöne Haut. Soweit Haut schön sein kann. Der Wagen setzte sich in Bewegung und Dean meinte: „Erzähl etwas über dich!“ Samantha überlegte. Was gab es denn spannendes zu erzählen? Er schien ihr zögern zu bemerken und hakte nach: „Was sind deine Hobbys?“ Sie musste plötzlich lachen. „Was ist so lustig?“ „Am liebsten tanze ich in Unterwäsche in meinem Zimmer, aber das ist ein Geheimnis, also psst.“ Jetzt konnte auch Dean sich sein Lachen nicht mehr verkneifen. Er prustete los und das Auto schwenkte gefährlich dabei. Zum Glück war die Straße nicht so stark befahren. Sie zog ein schmollendes Gesicht und schaute aus dem Fenster. Dean fühlte sich plötzlich mies, weil er sie ausgelacht hat. „Tut mir leid“, meinte er, „Aber du musst zugeben, dass das ein sehr außergewöhnliches Hobby ist.“ Sie boxte ihm leicht auf die Schulter und meinte: „Meinst du? Ich glaube das machen viele.“ „Ich kenne keinen der in Unterwäsche tanzt. Gut, jetzt eine.“ Sie lachte plötzlich los. Fragend schaute Dean Sami an. „Ich hab dich verarscht!“ „Ohhh, du tanzt normalerweise nicht in Unterwäsche, sondern nackt? Da muss ich ja mal vorbei kommen!“ „Nein du Schwachkopf! Ich tanzte in einer Tanzschule Hip Hop, aber damit ist jetzt Schluss. In Troy gibt es keine Tanzschule.“ Sein Lachen verstummte und er wurde wieder ernst. „Was liegt dir an kleinen Dörfern? Ich meine, du ziehst von Prince Albert, einer Kleinstadt, nach Troy, das kleinste Kuff in Montana. Nein, das kleinste Kuff in den ganz USA.“ „Ich weiß nicht genau. Entweder ist es die Ruhe, die man dort hat oder vielleicht bin ich auch einfach gerne alleine.“ „Das glaub ich dir nicht. Kein Mensch ist gern alleine.“ „Doch, ich schon.“ Nach einer kurzen Pause des Schweigens fragte Sami: „Wo wohnst du?“ „Ebenfalls in Troy.“ „Tatsächlich? Und wieso lebst du in einem kleinen Dorf?“ „Ich weiß nicht genau. Wegen den netten Menschen und der Gemeinschaft.“ „Ich glaube, dass du das Gegenteil von mir bist.“ „Wieso?“ „Naja, ich bin gern alleine und denke viel und du lebst gern unter Leuten…“ Er unterbrach sie: „Und ich denke etwa nicht viel?“ „Naja, anscheinend nicht. Wieso bist du sonst nicht irgendein Arzt, sondern Umzugshelfer?“ Er wusste, dass sie nur Witze machte, aber trotzdem stieß er sie leicht in die Rippen um ein wenig Körperkontakt zu suchen. Er fühlte sich zu ihr hingezogen und dass seit dem Moment an, seit sie die Tür halbnackt geöffnet hat. Es entstand eine längere Schweigepause. Es war aber ein angenehmes Schweigen. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Sunny ließ ein leises Grunzen oder Schnarchen oder irgendein undefinierbares Geräusch von sich und Samantha kicherte leise darüber. Sie fuhren an einem Ortsschild mit der Aufschrift Troy vorbei. „Wir sind da!“, sagte Dean. Sami lächelte.
Der Umzugswagen fuhr auf die enge Schotterstraße, die zu ihrem Haus führte. Die Steinchen knirschten unter den Reifen. Man konnte am Waldrand drei Häuser im amerikanisch gebauten Stil erkennen. Im ersten Haus stand eine junge Frau mit roten Haaren und sie hatte einen kleinen Jungen, vermutlich ihr Sohn, an der Hand. Das zweite Haus stand leer, das sah man sofort. Im dritten Haus wohnte zwar jemand, aber man konnte niemanden sehen. „Welches ist mein Haus?“, fragte Sami. „Das mittlere. Es sieht vielleicht nicht ganz ordentlich von außen aus, aber von innen ist es total schön.“ „Na gut. Wenn du das sagst, dann glaube ich dir mal.“ Sie stiegen aus dem Wagen aus und Sunny erforschte sofort ihre neue Heimat. Hier konnte sie in den Wald rennen oder auf den leeren Feldern herumspringen. Hier war es viel freundlicher als in Prince Albert und Sami fühlte sich sofort wohl. Sie betrat die Veranda aus Holz und öffnete die Tür mit dem Fliegengitter davor. Sie wurde von leeren, weißen Wänden empfangen. Am Holzboden lag ein hübscher Teppich, der allerdings ein wenig dreckig war. Insgesamt wirkte das Haus sehr staubig und dreckig. Es muss schon lange her sein, seit die Vorbesitzer ausgezogen sind. Plötzlich stieß sie etwas zur Seite. Dean trug den ersten Karton ins Haus und drängte sich durch die Tür, in der Sami stehengeblieben war. „Entschuldige…“, murmelte sie geistesabwesend. Sie blickte sich um. Sofort gefiel ihr das Haus, obwohl es leer war. Plötzlich kam Sunny herein und inspizierte das Haus nun auch von innen. Ihr Schwanz wedelte und sie war sichtlich sehr neugierig. Sie warf einen Blick aus dem Fenster und sah die Frau mit den roten Haaren. Sie goss ihre Blumen, warf aber zwischendurch einen interessierten Blick zu Samis Haus. Nun erkannte sie auch Dean, der über die Schotterstraße hinüber zum anderen Haus lief. Der kleine Junge an der Hand der Frau kletterte über den Zaun und fiel Dean in die Arme. Die beiden schienen sich sehr zu mögen. Jetzt huschte auch ein Lächeln über das Gesicht der rothaarigen Frau und sie umarmte Dean ebenfalls. Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und hielt dabei ihr Gesicht in den Händen. Schnell schaute Sami weg, denn sie wollte andere Leute nicht ausspionieren. Sie lief durch die Küche und betrachtete die weiße Wand. War Dean etwa mit dieser Frau zusammen? Waren sie verheiratet? Sie konnte sich nicht erinnern einen Ehering an seinem Finger gesehen zu haben. Hatte er etwa einen Sohn? „Na, warum ist die leere Wand so interessant?“, hörte sie plötzlich die Stimme von Dean. Leicht gerötet drehte sie sich zu ihm um. Was sie nicht erwartet hatte, war, dass er ganz nah bei ihr stand. Reflexartig wich sie einen Schritt zurück. „Komm, ich stell dich deinen Nachbarn vor!“, sagte er und legte eine Hand auf ihren Rücken und schob sie aus der Tür zur Schotterstraße. Schweigend liefen sie mit knirschenden Schritten zu dem Haus der rothaarigen Frau. Sie bemerkte die beiden und kam aus ihrem Vorgarten heraus. „Jessica, das ist Sami, deine neue Nachbarin. Sami, das ist Jessica.“ Höflich hielt Samantha ihrer neuen Nachbarin die Hand entgegen, aber Jessica beäugte sie erst einmal von oben bis unten mit einem leicht arroganten Blick. Zögernd ließ Sami ihre Hand sinken und Dean zog die Augenbrauen nach oben. Ihre neue Nachbarin war also nicht nur hübsch, sondern dazu auch noch arrogant.
Sie packte die nötigsten Dinge aus ihren Kartons aus. Dean baute mittlerweile das Bett zusammen. In einem kleinen Karton, der die Aufschrift ‚Erinnerungen‘ trug, fand sie einen kleine Bilderrahmen, in dem ein Foto war, welches sie mit einem kleinen Jungen zeigte. Beide saßen auf Dreirädern und grinsten frech in die Kamera. „Hübsches Bild!“, vernahm sie plötzlich die Stimme von Dean. Schnell packte sie das Foto zurück in den Karton und ging aus dem Zimmer.
Diese Nacht konnte sie nicht gut schlafen. Der Gedanke, dass Dean das Foto von ihr und ihrem Bruder gesehen hat, ließ sie zusammenzucken. Schon bald würde er fragen: ‚Wer war das auf dem Foto?‘ Sie würde antworten, dass sie nicht wüsste, von welchem Foto er sprach, aber eigentlich wusste sie es ganz genau. Sie vermisste ihren Bruder, der Jayden hieß. Wo er jetzt wohl war? Mit dieser Frage beschäftigte sie sich noch lange, glitt dann aber in einen unruhigen Schlaf.






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