Die Email

Autor: Moho
veröffentlicht am: 14.02.2004




ursprüngliche Nachricht

>hallo mein süsser,
>erinnerst Du Dich noch an mich? Wir haben vor einiger Zeit miteinander
>gechattet, ich bin die Jasmin, 18 Jahre alt, schlank und vollbusig. Du bist
>mir als sehr symphatisch in Erinnerung geblieben, und darum würde ich
>gern wieder einmal mit Dir chatten!
>Ich wollte Dir nur sagen, dass ich jetzt eine eigene Website mit
>Chatbereich und aktuellen Bildern von mir habe.
>Wenn Du Lust hast schau doch einfach mal vorbei! :-)
>Deine Jasmin
>url: http://www.*gelöscht*.de
>


Antwort


Hallo Jasmin,

ich weiß natürlich, daß Du nicht Jasmin heißt. Ich gehe nicht mal davon aus, daß Deine Mail eine Frau geschrieben hat, eher das sie von einem Computer generiert wurde. Keine wirklichen Gefühle. Die von Dir geschriebenen Sätze sind hohl, es existiert nichts dahinter.

Natürlich ist mir ebenfalls klar, daß diese Mail, wenn ich sie abschicke, höchstwahrscheinlich wieder zurückkommen wird, da der Absender, dem ich antworte, gar nicht existiert. Sollte er doch existieren wird er diese Mail wohl kaum lesen.

Ich antworte Dir trotzdem auf Deine Mail, obwohl ich das alles weiß. Und ich werde so tun, Jasmin, als hättest Du mir tatsächlich diese Mail geschickt. Selbst wenn die Realität anders aussieht - ich wünsche, ich erfinde eine Welt in der Du mir tatsächlich schreibst. In dieser meiner Welt, Jasmin, bedeute ich Dir tatsächlich etwas.
Und Du bedeutest mir etwas. Also begegne ich Dir hier und heute so, wie ich finde, das sich zwei Menschen die sich mögen und einander schreiben begegnen sollten. Jeden Tag erhalte ich aufs neue Dutzende Mails von Leuten, die ich nie im Leben gesehen oder von denen ich niemals gehört habe und die augenscheinlich freundlich zu mir sind, jedoch nur versuchen mich zu irgend etwas zu bringen, auf eine Webseite klicken, einem Verein beitreten und monatlich bezahlen, etwas abonnieren.Aber diese Freundlichkeit ist nicht mir, sondern meinem Geldbeutel gewidmet. Irgendwann in meinem Leben stellte ich für mich selbst fest, daß Menschen nur so lange freundlich zueinander sind, solange sie von Nutzen füreinander sind. Doch leider kam diese Erkenntnis zu spät, nach für meinen Geschmack zu vielen Enttäuschungen. So begann ich ab diesem Zeitpunkt die Menschen von mir fernzuhalten. Kennst Du das, Jasmin? Das Gefühl, von den Menschen, die Du liebst, bitter enttäuscht zu werden. Irgendwann möchtest Du nicht mehr enttäuscht werden und hältst sie auf Distanz. Du spürst nicht mehr den grausamen Schmerz des Verlustes. Du entwickelst zwar auch keine engen Beziehungen zu anderen Menschen, kannst nicht lieben und nicht geliebt werden, doch das erscheint Dir als geringer, als akzeptabler Preis.

Aber es scheint nur so.

Nach außen wirkst Du stark, unnahbar, uninteressiert, vielleicht eine Spur arrogant. Dein Inneres hat sich an das Alleinsein gewöhnt und lehnt routinemäßig jegliche Beziehung ab. Siehst Du, Jasmin, so geht es mir. Doch meine Seele giert wie ein ausgehungertes, kleines Kind nach jedem bißchen Zärtlichkeit, das ihr zugeworfen wird, so wie man sich an kalten, dunklen Wintertagen auf jeden Sonnenstrahl freut der zwischen den Wolken hervorkommt. Wir bleiben stehen, wenden unser Gesicht der plötzlich so angenehm warmen Sonne zu, schließen die Augen und treiben auf einer Welle des Glücks.

Für ein paar Sekunden, denn dann ist die Sonne wieder weg und es erscheint uns alles noch ein wenig dunkler und kälter als es vorher war.

Die Starken unter uns erinnern sich an den Sonnenstrahl, sehen wieder auf die Straße und gehen weiter ihren Weg.
DOCH ICH BIN NICHT STARK!! Mit jeder Faser meines Herzens, mit jedem Funken meiner Seele, jeder Bewegung und jedem Atemzug sehne ich mich nach einem Sonnenstrahl, nur ein Hauch von Wärme, Verständnis und Geborgenheit. Dabei komme ich immer weiter vom Weg ab, falle in immer tiefere Löcher und fühle die Kraft in mir schwinden, jedes Mal wieder aufzustehen.

Und darum schreibe ich Dir, Jasmin. Ich schreibe Dir in der verzweifelten Hoffnung das Du da draußen bist und meine Zeilen siehst, daß Du liest und verstehst, daß Du mir aufhilfst wenn ich am Boden liege, mein Sonnenschein, in dessen Licht ich die Augen schließen und mich auf einer nie enden wollenden Woge des Glücks treiben lassen und mich in ihr völlig auflösen kann. Wenn ich Dich gefunden habe, Jasmin, muß mein Leben keine hundert Jahre währen, denn jeder glückliche Tag mit Dir ersetzt 10 Jahre eines Lebens ohne Dich.

Und ich weiß, Du bist irgendwo da draußen. So, wie ich weiß, daß die Sonne dort irgendwo hinter den Wolken steckt. Ich weiß nicht, ob ich Dich jemals im Leben finde. Doch eine Erkenntnis beginnt langsam in mir zu reifen: der Sinn meines Lebens ist die Suche nach Dir, Jasmin.

Ich weiß natürlich, daß Du nicht Jasmin heißt. Ich gehe nicht mal davon aus, daß Deine Mail eine Frau geschrieben hat, eher das sie von einem Computer generiert wurde. Keine wirklichen Gefühle. Die von Dir geschriebenen Sätze sind hohl, es existiert nichts dahinter.

Natürlich ist mir ebenfalls klar, daß diese Mail, wenn ich sie abschicke, höchstwahrscheinlich wieder zurückkommen wird, da der Absender, dem ich antworte, gar nicht existiert. Sollte er doch existieren wird er diese Mail wohl kaum lesen.

Ich antworte Dir trotzdem auf Deine Mail...............









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