What we used to be - Teil 2

Autor: Ai
veröffentlicht am: 03.08.2012


Sophie:
Endlich! Endlich alles vorbei! Endlich frei! Na ja, zumiendestens die nächsten drei Monate. Jetzt wo die Schule und die Abschlussprüfungen vorbei sind, habe ich wenigstens noch ein wenig Zeit, bis der Uni-Stress anfängt. Ich werde Pädagogik und Psychologie studieren. Wahrscheinlich führt mich das wieder in die Schule oder zu psychisch kranken Menschen.
Aber jetzt sind erst einmal die Ferien an der Reihe. Keine Gedanken mehr an jegliche Art von Wissenserwerb verschwänden.
Ich liege in meinem Zimmer, in meinem Bett und starre an die schräge Decke über mir. Unser Haus ist echt groß und schon über 100 Jahre alt. Eigentlich ist es nicht unser Haus, sondern das Haus meines Stiefvaters und dessen Familie. Vermutlich würde das Haus irgendeiner meiner Brüder bekommen. Oder meine kleine Schwester. Ich jedenfalls nicht, immerhin gehörte ich nicht zu dieser Familie.
Aber diese Tatsache störte mich nicht. Nie hatte mir irgendjemand je das Gefühl gegeben, dass ich nicht erwünscht war. Weder die Eltern meines Stiefvaters noch seine Tante, die auch alle in dem Haus wohnten, behandelten mich je, als wäre ich nicht sein Kind.
Trotzdem waren sie nicht mit mir verwandt. Ich hatte einen eigenen Vater, eigene Großeltern. Meine Geschwister waren alle drei nur Halbgeschwister. Adam war der Älteste, er kam 5 Jahre nach mir zur Welt und war jetzt 13 Jahre alt. Danach kam David, 11 Jahre und zu guter Letzt Veronika, 7 Jahre.
Man muss nicht lange überlegen, um zu erkennen, dass dieses Haus, auch wenn es zwei Stöcke hatte, ziemlich voll war. Wir, also meine Mutter, ihr Mann, meine Geschwister und ich wohnten ganz Oben, weil es die größte Wohnung war. Außerdem bestand die Möglichkeit noch zwei Zimmer der unteren Etage zu nutzen, was auch dringend nötig war. Unter uns hatte die Tante meines Stiefvaters ihre Wohnung und im Erdgeschoss wohnten seine Eltern.
So hatte jeder seinen Platz und zum Glück auch sein eigenes Zimmer. Ich meine, ich liebe meine Geschwister, aber im Stress der Abschlussprüfungen waren sie nicht besonders hilfreich.
„Sophie!“ hörte ich die Stimme meiner Mutter durch die geschlossene Zimmertür. Gleich darauf kamen Schritte näher und die Tür ging auf.
„Mama!“ rief ich gleich, bevor sie auch nur einen Fuß in den Raum gesetzt hatte. „Du sollst doch anklopfen!“
„Oh, entschuldige. Was verbirgst du denn so geheimnisvolles vor mir?“
„Gar nichts!“ murrte ich schnippisch zurück. „Ich habe nur auch ein Recht auf Privatsphäre.“
„Ja, okay. Es tut mir leid.“
„Das sagst du immer und trotzdem passiert es immer wieder!“ Genervt setzte ich mich von meinem Bett auf. „Also was willst du?“
„Ach ja, ich wollte dich nur bitten noch ein paar Sachen vom Supermarkt zu holen.“
„Wofür denn?“
„Na für die Feier heute Abend. Hast du das schon wieder vergessen?“ Mein Stiefvater war Lehrer und wenn seine Klasse, also die Klasse für die er zuständig war, ihren Abschluss gemacht hatte, machte er immer eine Feier für sie. Das passierte zum Glück nur alle paar Jahre, sonst würde meine Mutter vermutlich durchdrehen.
„Die ist heute?“
„Ja, wenn du einmal einen Blick aus dem Fenster geworfen hättest, hättest du gesehen wie wir den Grill aufgebaut und die Stuhle und Tische aufgestellt haben.“
Ich kniete mich auf mein Bett, um aus dem Dachfenster schräg über mir sehen zu können. Tatsächlich. Da unten auf der Wiese neben dem Pool standen Griller, Tische und Sesseln, wie meine Mutter es gesagt hatte. Ich brachte nur ein „Oh“ heraus.
„Und da du schon beim aufbauen nicht geholfen hast, kannst du doch wenigstens jetzt noch ein paar Stakes vom Supermarkt holen.“Ich nickte resignierend und machte mich auf den Weg nach unten.
Ich hatte zwar schon den Führerschein, aber ein eigenes Auto konnte ich mir beim besten Willen nicht leisten und meine Eltern konnten mir beim besten Willen auch keines kaufen. Also hatte ich immer das Vergnügen mit der alten Rostlaube meiner Mutter zu fahren. Das Auto war schon mindestens 15 Jahre alt und damit fast so alt wie ich. Nicht sehr beruhigend. Die Bremsen funktionierten auch nicht mehr zu 100 Prozent, weshalb man mit diesem Kübel besser sehr langsam und überaus vorsichtig fahren sollte.
Als ich mich in den Wagen setzte und den Schlüsseln in die Zündung steckte, hatte ich schon so ein unguter Gefühl. Ich drehte den Schlüssel und hörte nur ein erstickendes rattern. Na toll. Ich drehte ihn noch einmal und noch einmal. Erst nach dem fünften Versuch sprang die Karre endlich an.
Unsicher für ich durch die Straßen. Es war ein ganz schön weiter Weg bis zum nächsten Supermarkt. Wir wohnten am Stadtrand. Eine vornehmere Gegend, aber kaum Geschäfte.
As ich zum ersten Kreisverkehr kam, starb mir fast er Motor ab. Ich bekam schon richtig Panik. Aber ich schaffte es noch zwei Kilometer weiter, bis zum nächsten Kreisverkehr. Dort soff die Dreckskarre dann doch noch ab und ich brauchte fast fünf Minuten, um den Motor wieder zum Laufen zu bringen. Die riesige Schlange, die sich hinter mir gebildet hatte, hupte seit etwa zwei Minuten ununterbrochen. Als das Ding dann endlich wieder ansprang, führ ich mit so einem Schwung in den Kreisverkehr, sodass mich ein Motorradfahrer zu spät gesehen hat. Fast hätte ich ihn erwischt, zum Glück konnte ich noch früh genug bremsen. Obwohl er eigentlich nicht schuld war, sondern dieser Schrotthaufen von Auto, hupfte ich ihn an. Ich konnte Motorradfahrer prinzipiell nicht leiden. Meiner Erfahrung nach waren es aufgeblasene Machos, die glaubten, sie könnten Alles. Der Typ vor mir zuckte nur mit den Schultern und gab dann Vollgas. „Arschloch“, dachte ich, während ich die Ausfahrt zum Supermarkt nahm.
Als ich dort schnurstracks zu den Fleischwaren marschierte, erkannte ich ihn sofort wieder. Er hatte seine Motorradjacke noch an, auf der in großen Buchstaben „Race-Master“ aufgestickt war. Unverkennbar, es war der Motorrad-Macho von gerade eben. Ich versuchte ihn zu ignorieren und mich stattdessen darauf zu konzentrieren, weswegen ich eigentlich hier war. Stakes. Mehr nicht. Ein paar Stakes kaufen und dann wieder ab nach Hause.
Ich beugte mich grade vor, um eine Packung ganz hinten hervor zu fischen, als Jemand plötzlich sagte: „Hey, ich kenn Sie doch!“
Erschrocken fuhr ich hoch und stieß mir Prompt den Kopf an dem darüber liegenden Regal. Der Motorrad-Macho hatte mich offensichtlich wieder erkannt.
„Sie sind doch die Lady, die mich eben im Kreisverkehr fast umgefahren hätte!“ Erwischt.
„Das ist doch gar nicht wahr. Ich hatte Vorrang! Sie hätten einfach besser schauen müssen!“ Vor diesem Typen würde ich sicher nicht zugeben, dass das Auto meiner Mutter schuld daran war.
„Wenn Sie nicht wie eine Irre gefahren wären, hätte ich Sie auch rechtzeitig sehen können.“
„Ich bin nicht gefahren wie eine Irre. Sie sind doch dann davongerast!“ So eine Frechheit mich als Irre zu beschimpfen. Ich packte mir einfach irgendein Fleisch und stürmte davon. Keine Sekunde würde ich mich mehr mit diesem Idioten unterhalten.
So schnell ich konnte ging ich zur Kassa. Auf keinen Fall rennen, das würde nur dumm aussehen.





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