Mit dem letzten Atemzug - Teil 11

Autor: Raindrop
veröffentlicht am: 24.08.2012


*Elena*

Durch ein Geräusch, das ich weder meinem entgleitenden Traum noch der Realität zuordnen konnte, wurde ich geweckt. Mit all meiner Kraft versuchte ich meine Augenlieder aufzuschlagen, doch irgendwie schienen sie was dagegen zu haben.
“Oh mein Gott.” - hörte ich eine Stimme kreischen. “Sie hat die Schlaftabletten geschluckt.” - sagte die gleiche Stimme wieder. Ich brauchte einige Momente um diese Katy zuzuordnen.
“Ruf den Notarzt.” - befiel ihr eine männliche Stimme und mein Herz flatterte auf. “Elena.” - sie rief meine Stimme und mein gesamter Körper wurde geschüttelt. “Mach die Augen auf.” - verlangte er von mir.
Es war nicht Deans Stimme, musste ich enttäuscht feststellen.
“Sie sind in 5 Minuten da.” - Katy klang aufgelöst. “Atmet sie noch?” - wollte sie vorsichtig wissen.
“Ja, aber sie ist ohnmächtig, glaube ich.” - erklärte die männliche Stimme.
“Sie wird doch nicht …” - Katys Stimme brach ab und ich hörte sie weinen.
“Hör auf.” - sagte die männliche Stimme bestimmend. “Es wird alles gut.” - versicherte er. “Elena, wach auf.” - wandte er sich wieder mir zu.
“Was?” - fragte ich schwach und schluckte schmerzhaft. Mein Hals fühlte sich trocken an. “Was ist los?” - langsam öffnete ich meine Augen und sah Shanes Gesicht vor mir. Ich erschrak, weil sich unsere Nasenspitzen fast berührten. Doch bevor ich auf irgendeine Weise angemessen reagieren konnte, stieß Katy Shane bereits zur Seite.
“Sie ist wieder da.” - sagte Shane und ein erleichtertes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit.
“Gott sei Dank.” - meinte Katy bloß dazu und stürzte sich auf mich. “Dir geht es gut.” - beschloss sie dann und schluchzte laut. “Ich habe mir solche Sorgen gemacht.” - rügte sie mich und wusch sich die Tränen weg.
“Kann mir mal einer erklären, was das hier soll und wie kommt ihr in meiner Wohnung?” - wollte ich wissen, als mir die müden Augen gerieben und mich im Bett aufgesetzt hatte.
“Ich hatte mir Sorgen um dich gemacht, weil ich dich heute schon mehrmals angerufen hatte und du nicht drangegangen bist und dann habe ich Shane angerufen.” - erklärte Katy schnell und sah Bestätigung suchend zu Shane rüber. Er nickte nur.
“Ach ja, du brauchst eine neue Tür.” - teilte er mir mit und kratzte sich schuldig am Hinterkopf.
Ich verstand nur Bahnhof und Koffer klauen.
“Ich brauche erstmal einen Kaffe.” - teilte ich den beiden mit und schlug die Bettdecke bei Seite. Schlaftrunken schritt ich in den Flur und sofort fiel mir der Durchzug auf. Ich fröstelte und schlang meine Arme um meinen bebenden Körper. Als ich doch genauer hinsah, musste ich erschrocken feststellen, dass meine Wohnungstür aus den Angeln gehoben wurde und jetzt im Flur an die Wand gelehnt stand. “Was zum Teufel…” - fluchte ich und sah, dass auch der Türbogen in Mitleidenschaft gezogen wurde.
“Wir hatten keinen Schlüssel.” - meinte Shane als Entschuldigung und lächelte mich schuldbewusst an.
“Hättest du aufgemacht, wäre alles okay.” - sagte Katy zu ihrer Verteidigung. Jetzt gaben sie mir auch noch die Schuld dafür, dass sie meine Tür kaputt gemacht hatten.
“Das zahlt ihr mir.” - versicherte ich ihnen und zeigte auf die Tür. “Will einer auch einen Kaffee?” - fragte ich dann und lief in die Küche mit den beiden im Schlepptau.
“Geht es dir gut?” - fragte mich Katy vorsichtig, als die Kaffeemaschine ihren Dienst verrichtete und ich drei Tassen aus dem Regal über der Spüle rausnahm.
“Ja.” - sagte ich nur und das entsprach auch der Wahrheit. Ich fühlte mich tatsächlich besser. Natürlich war in meiner Brust noch dieses riesige Loch, doch es tat nicht mehr so weh, wie noch gestern.
“Wirklich?” - fragte mich Shane und sah mich besorgt an.
“Es geht mir gut.” - versicherte ich meinen *Leibwächern*, die links und rechts von mir standen und jede meiner Bewegungen unter die Lupe nahmen.
“Wir haben die Schlaftablettenpackung auf den Boden neben deinem Bett gefunden.” - teilte mir Katy mit.
“Und?” - wollte ich schulterzuckend wissen und schaufelte in meinen Becher zwei Teelöffel Zucker.
“Die Packung war leer.” - meinte Shane vorsichtig.
“Was?” - ich verstand seine Andeutung nicht und sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. “Leute, ihr denkt noch nicht…” - meinte ich und lachte auf. Das sie überhaupt auf diese Idee kamen, war doch lächerlich. Ober vielleicht doch nicht? Immerhin hatte ich mich in den letzten Tagen ziemlich zurückgezogen. “Nein.” - sagte ich dann und schüttelte mit dem Kopf. “Ich konnte gestern nicht einschlafen und die Pillen sind mir dann runtergefallen.” - erklärte ich ihnen, doch an ihnen einander zugeworfenen Blicken musste ich feststellen, dass sie mir kein Wort glaubten. “Ehrlich, ihr denkt doch nicht ernsthaft, dass ich mich umbringen wollte oder?” - fragte ich und ihre Blicke sagten mehr als tausend Worte.
“Du warst so verzweifelt und am Boden zerstört.” - fing Katy leise an.
“Mir wurde das Herz berochen.” - unterbrach ich sie. Eine ungeheuerliche Wut stieg in mir hoch. Dachten sie tatsächlich, dass ich in der Lage war, mir das Leben zu nehmen, nur weil Dean mit mir Schluss gemacht hatte? Erst jetzt wurde mir bewusst, für wie labil und schwach sie mich gehalten haben.
“Schatz,” - versuchte Katy mich zu besänftigen und legte mir behutsam ihre Hände auf die Schultern. “Wir haben uns doch nur Sorgen um dich gemacht.” - erklärte sie mir, doch ich funkelte sie nur wütend an.
“Ich liebe Dean, okay und es tut verdammt weh, so schnell ausgewechselt zu werden, okay. Ich brauchte einfach Zeit für mich, aber jetzt wird es besser, okay.” - bestätigte ich denn beiden und schüttelte Katys Hände ab. “Ich gehe duschen.” - verkündete ich den beiden und lief an ihnen vorbei.
Die warmen Wasserstrahlen fielen auf meinen Körper und besänftigten mich etwas, sogar ein schlechtes Gewissen überkam mich. Vielleicht war ich doch etwas zu hart zu den beiden. Sie hatten sich doch nur um mich gesorgt.
Ich trocknete mich ab und zog mir meinen Bademantel über. Als ich aus dem Bad trat, hörte ich die Beiden im Wohnzimmer miteinander sprechen. Zwar konnte ich kein Wort verstehen, doch ich wusste ganz genau, dass sie über mich sprachen. Ihr betretenden Schweigen, als ich den Raum betrat, bestätigte meine Annahme.
“Es tut mir leid, dass ich euch gerade so angefahren habe.” - entschuldigte ich mich. “Ich wollte mich wirklich nicht umbringen.” - sagte ich, jetzt schon ruhiger und die beiden nickten synchron, was recht witzig wäre, wenn das Thema nicht so ernst gewesen wäre. “Die übrigen Pillen liegen in meinem Bett, wenn ich wollt, könnt ihr ja nachsehen.” - schlug ich vor.
“Wir glauben dir.” - ergriff Katy als erste das Wort. Aber irgendwas an der Weise, wie sie es sagte, ließ mich aufhorchen und ich kam zu dem Endschluss, dass ich sie noch nicht ganz überzeugt hatte, sie mich aber mit ihrer Annahme nicht weiter aufregen wollten. Ich ging aber nicht mehr darauf ein.
“Wollen wir heute noch was machen?” - fragte ich dann. In den letzten Tagen hatte ich mehr als genug Zeit in meiner Wohnung verbracht. Ich wollte raus, mich amüsieren und vielleicht auch anfangen zu vergessen.
“Was du willst?” - meinte Katy und lächelte mich an. “Ich muss nur Clover anrufen und unsere Verabredung absagen.” - sagte sie schnell. Ich mochte ihre Lebensgefährtin zwar nicht, aber nur weil ich jetzt sozusagen von den Toden wieder auferstanden war, mussten die Leuten nicht nur um mich herum ihr Leben aufbauen.
“Das musst du nicht.” - sagte ich zu ihr. “Wir können auch morgen was zusammen unternehmen.” - versicherte ich ihr. Katy lächelte mich an und nahm mein Gesicht in ihre Hände.
“Morgen machen wir was zusammen, aber heute auch.” - sagte sie und küsste mich mütterlich auf die Stirn. “Bin gleich wieder da.” - zwitscherte sie und lief in ihre Wohnung.
“Ich hoffe, du musst keine Pläne wegen mir verwerfen.” - wandte ich mich Shane zu.
“Nein, ich bin heute frei.” - teilte er mir mit einem breiten Grinsen. “Vielleicht solltest du dich fertig machen. In diesem Bademantel, auch wenn ich diese rosa Bärchen durchaus reizend finde, kommst du nirgends rein.” - sagte er und ich musste lächeln.
“Bin gleich soweit.” - versicherte ich und schnellte in mein Zimmer.
Gegen 22:00 Uhr machten wir uns dann auf den Weg. Leider mussten wir auch Clover mitnehmen, die Katy nicht alleine mit uns losziehen lassen wollte.
“Also meine Süßen und CLOVER.” - meinte Shane, als wir die Straße ohne jegliches Ziel entlanggingen. “Was machen wir nun?” - wollte er wissen. Ich zuckte nur mit den Schultern.
“Also ich bin für einen Stripteaseclub.” - schlug Clover vor und erntete von Shane einen anerkennen Blick und von mir einen missbilligten.
“Ich habe dich schon immer gemocht.” - bemerkte Shane und wir brachen im Gelächter aus. “Also ich bin auch dafür.” - fragend sah er Katy an.
“Ich bin immer da, wo mein Darling ist.” - sagte sie und legte ihren Kopf auf Clovers Schulter.
“Bin ich die Einzige, die dagegen ist?” - fragte ich etwas beleidigt und verzog eine Schnute.
“Anscheinend bist du hier auch die Einzige, die auf Männer steht.” - bemerkte Shane.
“Vielleicht können wir dich bekehren.” - fügte Katy lächelnd ein.
“Vielleicht.” - echote ich.


*Dean*

Nachdem ich durch die ganzen 1000 Kanäle gezappt hatte und die Wiederholung von Simpsons mir als das Sehenswerteste vorkam, legte ich die Fernbedingung bei Seite. Ich wollte mir gerade das nächste Bier holen, als Shane leise die Wohnungstür aufsperrte.
“Oh.” - meinte er nur etwas irritiert, als er mich sah. “Was machst du so spät noch hier?” - fragte er und ließ sich auf die Couch fallen.
“Ich wohne hier.” - antwortete ich nur und nahm ein kühles Bier aus dem Kühlschrank. “Wo warst du denn?” - wollte ich wissen und setzte mich neben ihm. Er stand nach Zigarettenrauch und Alkohol.
“Aus.” - hielt er sich knapp und legte den Kopf in den Nacken. “Mit Katy, ihrer Freundin und …” - er brach mitten im Satz ab und sah mich aus dem Augenwinkel an. Jeder einzelne Muskel meines Körpers spannte sich an und mein Herz schlug jetzt ganz wild. “Elena. - fügte er sekundenspäter ein.
Ich wollte ihn meine Reaktion auf ihren Namen nicht anmerken lassen, doch meine Hände finden an zu zittern und mir wurde ganz warm.
“Aha.” - mehr konnte ich dazu nicht sagen.
“Ja.” - sagte er dann ohne mich aus den Augen zu lassen. “Wir waren in einem Stripteaseclub und dann in einer Disco.” - informierte er mich und ich sah mich nicht im Stand irgendwas außer einem kurzen Nicken von mir zu geben. “Aber jetzt bin ich k.o.” - teilte er mir mit und stand auf.
“Gute Nacht.” - wünschte ich ihm.
“Gute Nacht.” - sagte er und ließ zur Tür seines Zimmers. Im Türrahmen blieb er stehen und drehte sich zu mir um. Nervös fuhr er sich durch sein schwarzes Haar. “Es ist da noch was, was ich dir erzählen wollte.” - sagte er dann etwas unsicher, was ihm gar nicht ähnlich sah. “Also Katy und ich denken, dass Elena sich das Leben nehmen wollte.” - sagte er und ich fiel in ein tiefen bodenloses Loch.


Fortsetzung folgt ...





Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17 Teil 18 Teil 19 Teil 20


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz