Wie das Leben so spielt... - Teil 4

Autor: Fly
veröffentlicht am: 24.07.2012


Etwas kitzelte mich an meiner Nase. Ich versuchte es mit der Hand wegzuscheuchen. Als ich ein Kichern hörte, öffnete ich ein Auge. Meras grüne Augen blitzten mich frech an. In der Hand hielt sie einen Grashalm. Mit dem musste sie mich wohl gekitzelt haben. Ich setzte mich auf und schaute mich um, um mir wieder ins Gedächtnis zu rufen, wo wir waren. Ich kannte diesen seltsamen Ort jedoch nicht. Der Himmel war grün und man konnte zwei Monde sehen. Der eine war eine Sichel, der andere war beinahe voll. Die Wiese auf der wir lagen hatte ein sattes, unnatürliches grün und obwohl es windstill war, bewegte sich das Gras. Der Baum, der mutterseelenallein da stand hatte einen geringelten Baumstamm und komisch aussehende, violette Blätter. Ich brauchte einen Moment um zu verstehen, dass ich nicht auf der Erde sein konnte. Ich drehte meinen Kopf zu Mera um ihr einen fragenden Blick zu zuwerfen. Sie war jedoch verschwunden. Mit einem Satz war ich auf den Beinen. Was zum Teufel war hier los? Mit einem Schlag kam mir alles wieder in den Sinn was passiert war. Noch ehe ich einen klaren Gedanken fassen konnte, hörte ich dieses Kreischen wieder. Ich drehte mich um und wurde sofort zu Boden gerissen. Dieses… Vieh war direkt über mir. Die schwarze Materie, die das Gesicht darstellte, bewegte sich. Ich versuchte das Wesen von mir weg zu stossen, doch es war zu stark. Plötzlich hörte ich etwas an meinem Ohr vorbeizischen und das Biest schrie fürchterlich auf. Ich sah ein Pfeil, der in dem Körper steckte. Kurz darauf folgte der zweite Pfeil und das Wesen liess von mir ab um fürchterlich erbost zu verschwinden. Ich blieb liegen. Ich verstand nicht was soeben passiert war. Und überhaupt verstand ich nicht was hier los war. Der Bogenschütze kam auf mich zu, kniete sich neben mich hin und schaute mich an. Es war eine Frau mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Ich sah nur ihre Augen und ein Teil des Nasenrückens. Der Rest ihres Gesichts war durch eine Art Schleier verdeckt. Ihre Augen waren violette – war mir um ehrlich zu sein merkwürdig vorkam. Ihre Haare waren platinblond und zu einem hohen Zopf zusammengebunden.
„Ist dir etwas passiert?“, fragte sie mich. Ich schüttelte meinen Kopf. Sie packte meine Hand und zog mich auf die Beine. „Wir müssen sofort von hier verschwinden“, dabei schaute sie sich mit einem leicht gehetzten Blick um. Sie nahm meine Hand und rannte los. Ich bemerkte wie wir schneller wurden und wie wir plötzlich in einer unnatürlichen Geschwindigkeit liefen. Der plötzliche Stopp kam etwas unerwartet und ich fiel hin. Die Frau lachte und ich schoss ihr einen bösen Blick zu. Als ich sie genug mit meinen bösen Blicken bestraft hatte, widmete ich mich der Umgebung. Ich sass vor einem grossen Zelt, das etwa einem Zirkuszelt gleich kam. Um mich herum war sonst nur Sand, wie in einer Wüste und der Himmel hatte sich derweilen zu einem blutigen Rot verfärbt. „Komm, wir müssen rein“, sagte die Frau. Ich stand auf und folgte ihr in das grosse Zelt. Es war mit Tüchern geschmückt und schönen, alten Kerzenleuchten. In der Mitte waren Kissen und ein Tischchen. Sie zeigte auf die Kissen und sagte mir, dass ich mich setzten dürfe, sie würde sich nur schnell umziehen. Ich setzte mich hin und schaute mich um. Währenddessen kam jemand herein und brachte mir Tee. Es war eine ältere Dame mit einem netten Lächeln. Sie trug eine Art Tracht, sah aber sehr hübsch aus. Sie stellte noch Kekse hin, sagte mir jedoch, dass ich sie nicht anrühren dürfe. Ich nickte brav und sie ging wieder. Die junge Frau, die mir das Leben gerettet hatte trat wieder in die „Manege“ und setzte sich zu mir. Ihre langen Haare waren geöffnet und fielen leicht über ihre Schultern. Den Schleier hatte sie auch abgelegt. Zum Vorschein kam ein wunderschöner, voller Mund. Sie lächelte mich an. „Ich bin übrigens Linnea, und wie heisst du?“, sagte sie. „Alexa… Alexa Brightstone“. Sie nickte. Wir schwiegen uns eine Weile an bis ich das Schweigen durchbrach. „Wo bin ich hier und was war das für ein… ein Ding?“ Linnea setzte ihre Teetasse ab und betrachtete mich skeptisch. „Ich wusste, dass du nicht von hier bist. Du bist ein Lichtwandler. Das sind Wesen dessen menschliche Gestalt auf der Erde am sterben sind jedoch noch nicht gestorben sind. Das heisst, du hast jetzt noch die Chance wieder auf die Erde zurückzukehren. Wenn du es nicht schaffst, wirst du zu einer von uns und bleibst für immer in dieser Welt gefangen. Wir sind Himmelsgeister und beschützen so gut es geht die Lichtwandler. Wir sind schon tot und uns kann ja nichts mehr passieren“, sie lachte auf. Langsam nahm sie noch einen Schluck Tee und es sah so aus als würde sie nachdenken. Dann fuhr sie weiter:“ und das was dich angegriffen hat war ein Schattenwandler. Das sind Menschen die noch nicht tot sind, sich aber das Leben nehmen wollten. Sie werden bestraft und haben keine Chance mehr in ihr normales Leben zurückzukehren. Sie bleiben in dieser Welt gefangen um später, wenn ihr Körper auf der Erde gestorben ist, ins Inferno über zu treten. Für uns sind sie ungefährlich, für Lichtwandler können sie jedoch den endgültigen Tod bedeuten.“ Ich brauchte einen Moment um zu verstehen. Mera wollte sich das Leben nehmen und hätte mich um ein Haar umgebracht. Meine Gedanken wurden unterbrochen als das Zelt von einer heftigen Erschütterung erfasst wurde. Ich klammerte mich an das Tischchen. Linnea schnellte auf und zog ein Schwert aus einer Halterung. Die Zeltwand vibrierte. Linnea ging auf einen Punkt zu, bei dem man eindeutig erkennen konnte, dass etwas versuchte hinein zu gelangen. Mit einem lauten Ratschen wurde die Wand aufgeschlitzt und ein Körper fiel hinein. Sofort regenerierte sich die Wand und der Riss war verschwunden. Linnea liess das Schwert fallen und lief auf den Körper zu. Sie schien diesen… Menschen zu kennen, denn in diesem Moment fand ich heraus, dass auch Himmelsgeister weinen konnten.






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