Atemzeit.. - Teil 22

Autor: Caprice
veröffentlicht am: 31.08.2012


Mein Herz schlug unnatürlich schnell in seiner Nähe. Es war ein angenehmes, flattriges Pochen, das ich so nicht kannte. Ich gucke fasziniert auf die Gestalten, die rechts und links von mir stehen. Immer noch warteten wir darauf, dass das Siegel endlich entsperrt würde. Sicherheitsvorkehrungen hin oder her, das Ungewisse machte mich nervös. Im Hintergrund tobte ein Gewitter und hatte die Luft unangenehm abgekühlt. Selbst wenn sie nicht sprachen, sich nicht bewegten, sondern einfach nur da standen, wartend, waren sie schöner, als alles, was ich bisher in meinem Leben gesehen habe.
„Arghl!“ Ich blickte hoch und erschrak, als ich den Ausdruck in Zadkiel´s Gesicht sah.
Er hielt sich krampfend die Stirn und sein Gesicht verzog sich, als verpasse ihm gerade jemand einen heftigen Stromschlag. „Irgendetwas stimmt nicht!“ Keuchte er und hielt sich mit zusammengekniffen Augen die Schläfe. „Was? Was hörst du?“ Fragte Michael und war aufgesprungen. Er klemmte seinen Arm um Zadkiel, als dieser zu taumeln begann. Sein Schrei ließ mich zusammenzucken. Zadkiel´s Knie gaben unter seinem Körper nach. Die Hände weiterhin fest an den Kopf gedrückt. Michael beugte sich über ihn und auch Raziel und Seith waren sofort zur Stelle und versuchten ihn zurück auf die Beine zuhieven. Ich schluckte und bemerkte, wie mein Körper, unkontrolliert, zu zittern begann. Zadkiel umfasste Michael´s Schulter und hielt sich daran fest. „Es tut mir leid,“ flüsterte er atemlos. Michael schien zu verstehen. „Wann?“ Fragte er. Seine Augen wurden schmal. Drei Köpfe regten sich mir entgegen. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass sie mich meinten.„Er ist schon hier.“ Hauchte Zadkiel. Ich verstand kein Wort. Kann nicht denken. Was ist los? Wer ist hier? „Sag ihnen sie sollen das Tor öffnen! Sofort!“ Schrie Michael. „Sie antworten mir nicht. Sie wissen, dass er hier ist.“

Mir schwirrte der Kopf. Er würde sie mitnehmen. Einfach so. Weil er es kann. Und es gab nichts, was wir dagegen unternehmen konnten. Drei Engel und eine Sterbliche. Ich seufzte tief. Die Ältesten wollen ihren Standort verbergen. Sie werden uns den Weg nicht frei machen - nicht solange er hier ist. Ich schürze die Lippen und lasse meinen Blick in die Umgebung schweifen. Ich wollte sicher gehen, dass wir nichts übersehen haben. Michael war so beunruhigt, dass mir sein bloßer Anblick, das Blut in den Adern gefrieren ließ. Caprice stand einfach nur da. Sieht mich an. Unwissend und verängstigt. Ich kann sie nicht ansehen. Schäme mich für alles, was kommt. Ich half Zadkiel aufzustehen und war überrascht zu sehen, dass er wieder Farbe im Gesicht hatte. „Halt! Wartet!“ Schrie er plötzlich. Ich starrte ihn ungläubig an. Er wirkte, wie in trance. „Es ist frei!“ Murmelte er dann, nach ein paar Sekunden, und riss die Augen auf, als könne er es nicht glauben. Michael sah ihn mit geöffnetem Mund an. Voller Erleichterung holte ich tief Luft. Ich sah Raziel und Caprice vor mir. „Geht es dir gut?“ Frage ich und sehe sie intensiv an. Sie wirkte immer noch beängstigt und zog die Lippen zurück. „Das kann man so nicht sagen.“ Antwortet sie gedämpft und läßt den Kopf sinken. „Schnell! Ihr zuerst.“ Michael deutete auf die runde, Platform ähnliche Fläche. Raziel nickte, legte seine Hand um Caprice´s Taille und verschwand kurze Zeit später in einem hellen, leuchtenden Lichtstrahl. „Es bleibt keine Zeit. Ich kann sie fühlen. Sie sind ganz nah.“ Stieß Zadkiel entsetzt hervor und ließ den Blick in den Wald gleiten. Michael nickte kurz und riss den Kopf hoch, dann wurde sein Gesichtsausdruck plötzlich panisch. Er schubste mich hektisch zu der Platform, wo ich, wie von selbst, in einen grellen Lichttunnel eintauchte. Das Zimmer, in dem ich landete, sah aus wie eine Kunstgalerie. Überall hingen Gemälde mit Gold verziertem Rahmen an den Wänden, die in einem fröhlichen Sonnengelb gestrichen waren. Weiße Eck- und Rundtische standen zu einer Formation geformt, in der Mitte des Raumes. Ich erstarrte vor Schreck, als die Tür schwungvoll aufflog und ein Mann, dessen Gesicht, halb, unter einer Kapuze verdeckt war, hereingeflitzt kam. Er war von schmaler Natur und trug ein wolkenweißes Gewand, das ihm bis zu den Fußspitzen reichte. An den Seiten, wo Nähte hätten sein sollen, waren feine, blau- abgesetzte Bänder in den Stoff eingesetzt. Ich schaute ihm ins Gesicht, als er die Kapuze nach hinten warf. Er war Jung. Seine Augen groß und starr, von einem intensiven Himmelblau. Ich wandte meinen Blick nicht von ihm ab. „Du musst Seith sein!?“ Sagte er höfflich und blinzelte mich an. „Ja,“ stieß ich atemlos hervor. „Wo ist Caprice und wer bist du?“ Ich schaute nicht zu ihm, sondern zu der Tür, die gerade dumpf ins Schloss fiel. „Keine Sorge,“ sagte er süffisant. „Sie ist jetzt bei uns. Du hast deine Aufgabe erfüllt und warst unserer Sache sehr dienlich. Dafür möchten wir dir danken.“ Mit einer arroganten Bewegung drehte er sich um und ging. „Halt!“ Schrie ich ihm hinterher. „Was soll das bedeuten? Ich will zu ihr. Sofort!“ Er hielt vor der Tür inne. Ich stand da, wie angewurzelt. „Es tut mir leid Bruder, aber das wird nicht möglich sein.“ Ich zwang meinen Atem ruhig zu bleiben. „Wenn du dir einbildest, dass ich das so stehen lasse, liegst du falsch!“ Knurrte ich. „Ich habe dich nach deinem Namen gefragt.“ Er hob eine Augenbraue und drehte sich zu mir. „Mein Name ist Throne.“ Antwortete er blasiert und verzog sein Gesicht zu einem häßlichen, selbstzufriedenen Grinsen. Er kommt aus der ersten Sphäre. „Ein Berater also,“ murmelte ich und funkelte ihn wütend an. „In der Tat!“
„Na schön, dann sag mir Berater, wieso willst du mich nicht zu ihr lassen?“ Er führte seine Hand zum Kinn, umfasste es und setzte einen belehrten Blick auf. „Lass es mich so erklären, dass es auch ein „Bote“ versteht.“ Sagte er und verzog das Gesicht. Sein anmaßend, arrogantes Gerede, machte mich rasend. „Du kannst nicht zu ihr...“ er hielt einen Moment inne und starrte mich beziehungslos an. Dann fuhr er langsam fort „..weil, wir sie und die Karte gleich zerstören werden.“ Seine Stimme war kühl und trocken. Ein sirenender Gong jagt mir durch den Kopf, sowie er den Satz beendet. Nur eine Sekunde war vergangen. Es war diese Sekunde, diese eine, die meine Welt aus ihrem Gleichgewicht katapolierte.






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