Atemzeit.. - Teil 17

Autor: Caprice
veröffentlicht am: 22.08.2012


„Zadkiel, Seith!? Seid ihr okay?“ Raziel erreichte uns und starrte neugierig und abwartend drein. Er war klatschnass. Sein Gesicht tropfte in mein Bewusstsein. Das wilde, gescheiltete, kieferbraune Haar stand ihm zu allen Seiten ab. Der nasse Umhang, den er sich genervt um die Schulter legte, zeichnete eine feine Spur aus Wassertropfen in die körnige, dunkle Erde. Sein Zeitwirbel hatte sich direkt über dem See geöffnet, der sich malerisch schön vor unseren Augen präsentierte. Zadkiel´s Blick wanderte zu mir. Er schaute mich eindringlich an.

„Mehr, als okay!“ Stieß er hervor und lächelte plötzlich wieder. Raziel stöhnte erleichtert und fuhr sich mit der Hand über die perlweisse Stirn. Ich konnte die Besorgnis aus seinen Augen verschwinden sehen. Sie waren so grün, wie der Rasen unter uns. Ein helles, leuchtendes, intensives grasgrün. Mein Blick schweift suchend über die Wälder, die sich neben See und Wiesen, schimmernd vor uns erschreckten.

„Seith hat heute vollen Einsatz bewiesen.“ Entfiel es Zadkiel. Er runzelte die Stirn, als könne er es selbst nicht glauben, hätte er es nicht mit eigenen Augen gesehen. Raziel sah ihn interessiert an. Ich schluckte bei dem Gedanken an Geschehenes. War nicht stolz darauf. Denn es hatte sich nicht rein angefühlt. Nicht Engelsgleich. Nicht nach mir.

„Er ist einfach stehen geblieben. Hat beide Gefangenen erledigt, als wären sie nichts. Auf eine Weise,...“ Er schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. „...wie ich sie noch nie bei einem Engel gesehen habe.“
Raziel starrte mich ungläubig an. „Stimmt das?“ Fragte er mit unsicherer Stimme.
Ich fühlte mich nicht mehr wie betäubt. Stattdessen drehte sich mein Magen.
„Ja.“ Ich schüttelte den Kopf. „Frag nicht!“ Werfe ich hinterher und starre auf meine geröteten Handflächen. Das war wirklich ich. Ich hatte sie einfach zu Staub zerfallen lassen. Mein Magen zog sich krampfhaft zusammen. Michael´s Worte hallten in meinem Kopf, wie ein bleiender Gong. Es wird dich beeinflussen... Es wird dich verändern...
„Auf welche Weise?“ Die Stimme kam näher. Ich zog eine Augenbraue hoch und drehte mich um. Michael und Caprice kamen um die Ecke. Es war nicht ihr Anblick, der mich zusammenschauern ließ.
„Auf welche Weise?“ Widerholte Michael. Er klang verwirrt und neugierig zugleich und schaute mich prüfend über die Schulter an. „Alle beide!?“ Fragte er mit gehobenen Brauen. Er hatte Zadkiel gehört. Ich nickte zögerlich und vermied Augenkontakt. Mir war immer noch flau zu Mute.
Raziel stand schulterzuckend vor ihm, als er ihn fragend anstarrte und drehte sich zu Zadkiel, der nun wieder das Wort ergriff.
„Wie gesagt, ich habe noch nie einen Engel gesehen, der auf solche Weise kämpft.“ Sein Blick schweifte zu mir. „Du hättest sein Sky sehen sollen Michael.“ Er hielt inne und schien für einen Moment in Gedanken. „Es war rot.“ Seine Worte schlugen ein, wie eine Bombe.
„Rot?“ Stieß Raziel hervor. Der Unterton in seiner Stimme verhieß nichts gutes. Ich schluckte und konzentrierte mich darauf, die Übelkeit zu verdrängen, die mich durchfuhr.
„Ja, so etwas habe ich noch nie gesehen.“ Zadkiel´s Stimme klang immer noch zuckersüß und unmissverständlich. Raziel nickte apathisch und schaute zu Michael, dessen Blick mich förmlich ansprang. Ich hob den Kopf in seine Richtung. Wissend, dass sein Blick voller Vorwurf sein würde, starrte ich in seine schönen, stahlblauen Augen. Und ich hatte recht. Er sah mich an, als wolle er sagen: Habe ich es dir doch gesagt! Ich konnte Besorgnis hinter dem verzweifelten Zorn aufflackern sehen, die mich hoffen ließ.

„Ich weiss nicht, wie das passiert ist.“ Sage ich in dem schwachem Versuch, mich für mein Verhalten zu rechtfertigen. „Es tut mir Leid!“

„Wofür entschuldigst du dich?“ Ich hebe meinen Kopf aus der Senke und sehe Michael verwundert an. „Na, für mein abnormales Verhalten.“ Antworte ich schnell.
„Du hast zwei Anhänger von Gorron besiegt. Meinst du nicht, dass das etwas gutes war?“ Er sieht mich scharf an. „Schon... a“ antworte ich schwach, bevor er mir die Worte im Mund abschneidet.
„Still jetzt!..“ Ich schluckte laut. Auch die anderen erschraken. „Gute Arbeit, Seith.“ Sagt er dann. Seine Miene wurde hart, doch seine Worte blieben echt. Langsam erfasste ich seinen Blick. Seine Stirn lag immer noch in Falten. „Und jetzt lasst uns endlich gehen, bevor die Sonne untergeht.“ Betonte er und ging dicht gefolgt von Raziel und Zadkiel an mir vorbei, die mich im vorbei gehen kumpelhaft anstubsten. Ich verstand nicht. Wo war die Predigt? Die Strafe? Irgendetwas? Wo, dass habe ich dir doch gesagt? Meine Gedanken überschlugen sich. Vollkommen reglos stand ich da. Gute Arbeit Seith? Ernsthaft? Mehr fiel ihm nicht dazu ein? Ich konnte es nicht fassen. Mir fiel plötzlich auf, dass Caprice in der ganzen Zeit, keinen Ton gesagt hatte. Ihre Stimme fehlte mir. Meine Augen suchten ihre und fanden sie schnell. Sie lächelte und wank mich wartend zu sich.
„Komm schon du SuperEngel, die anderen sind schon vorgegangen.“ Kicherte sie fröhlich. Ich erstarrte, als ich ihre Stimme hörte. Nichts auf der Welt kam diesem feenartigen Klang gleich. Und auch jetzt, sah sie mich nicht mit anderen Augen an. Ihre Gesichtszüge gleichten der einer Elfe. Sie kam auf mich zu und drückte sich in meine Arme. „Oh!“ Entfiel es mir. Ich konnte nicht genug bekommen, von dem süßen Geruch ihrer Haut, die die Farbe von Alabaster hatte. Sie sah meiner sehr ähnlich. „Ist mit deinen Händen alles okay?“ Fragte sie besorgt, als sie sich von mir löste. „Ich habe vorhin gesehen, wie rot sie sind.“ Gab sie zu und kaute schüchtern auf ihren Lippen. „Es brennt nur ein bisschen.“ Sagte ich zögerlich und merkte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. Mein Magen hatte sich immer noch nicht vollkommen beruhigt. Ich versuchte das Gefühl zu verdrängen, was mir neben ihr nicht sonderlich schwer fiel. Wir folgten rasch den anderen. Nach einer Weile ,verschwand das flaue Gefühl und ich fühlte mich wieder stärker auf den Beinen. Der heftige Energieverlust hatte mir mehr zugesetzt, als ich dachte. Noch immer, konnte ich nicht nachvollziehen, was genau geschehen ist. Ich hoffte nur, dass ich es, sollte es ein nächstes mal geben, besser unter kontrolle haben würde. Ich sehe wieder zu Caprice.
„Du siehst müde aus.“ „Etwas.“ Sagt sie und zuckt mit den Schultern, als sei es nicht der Rede wert. Ist es, dachte ich und hebe sie kommentarlos und ohne große Mühe hoch.
„Keine widerworte,“ sagte ich sanft und trug sie den restlichen Weg, bis zum Lagerplatz. Sie nickte und umspielte ein schüchternes Lächeln, dass ich ihr am liebsten von den Lippen geküsst hätte. Mein Blick war von Finsternis getrübt. Fast wäre ich mit ihr gestolpert. Raziel erleuchtete uns den Weg. In seiner Handfläche tanzte eine gerundete, bläulich- weisse Flamme.
„Hier lang!“ Hörte ich die raue Stimme von Michael. Ich folgte ihr mechanisch. Er führte uns in eine Höhle, die sich zu allen Seiten schlängelte. „Wir werden hier die Nacht verbringen.“ Sagte die schattige Gestalt und hielt inne. Raziel und Zadkiel kamen mit hängenden Schultern auf mich zu und ließen sich müde auf die Erde fallen. „Heute müssen wir besonders auf der Hut sein.“ Sprach Michael erinnernd und ließ sich ebenfalls auf der Erde nieder. Ich nickte und sah, wie sein Blick zu Caprice schweifte. Sie war auf meinen Armen eingeschlafen und hatte sich an meinen Hals geschmiegt. Sie sah so friedlich aus, dass mein Mund, wie von selbst, ein feines Lächeln malte. Ich legte sie vorsichtig auf die weiche, körnige Erde, schob ihr meine Ledertasche unter den schönen Schopf und schwang meinen Umhang, der die Farbe von Sand hatte, von meinen Schultern, um sie damit zuzudecken. Die Höhlendecke war oberhalb geöffnet und ließ den Blick auf einen atemberaubenden, seltenen Himmel fallen, der von bunten Sternen nur so übersäht war. Ich konnte es nicht glauben. Das Dorf der Ältesten. Morgen würden wir es endlich erreichen. Die Erleichterung, die mich durchströmte, ließ mich in die Knie gehen. In Michael´s Augen lag eine seltsame Mischung aus Schmerz und Erschöpfung. Ich sah ihn nicht direkt an, als ich mich neben Caprice auf die Erde legte und die Arme hinter dem Kopf verschrenkte. Verschwommen blinzelte ich in seine Richtung. Irgendetwas schien ihn zu beschäftigen. Er richtete den Blick zur Decke, strich sich über die Schläfe und schaute apathisch in die Nacht. Ich fühlte mich für sein Verhalten verantwortlich und wandte seufzend den Blick von ihm ab. Seine Reaktion auf die Farbe meines Sky´s würde ich vermutlich nie vergessen, dachte ich. Genauso wie dass, was danach folgte. Er hatte mich tatsächlich gelobt. Es war so unwirklich, dass es mir immer noch nicht gelang es zu glauben. Ich wusste, dass es falsch war. Zu dem Zeitpunkt hatte ich mich nicht unter kontrolle. Das schlimme daran war, dass es mir spass gemacht hatte. Es machte mir spass sie zu zerstören. Ich schluckte, als mich die Erinnerung an die Art und Weise, wie ich sie getötet habe, durchzuckte. Ich hatte diese unglaubliche Kraft in mir, die mir angst einjagte und ich wollte, dass sie verschwindet.
Unruhig falle ich in einen tiefen Schlaf.






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