Teufelskreis - Teil 4

Autor: Sahraa.
veröffentlicht am: 23.06.2012


Zu Hause wurde der Tag aber auch nicht besser.
Normalerweise ging ich immer sofort in mein Zimmer machte Hausaufgaben und aß danach irgendetwas. Heute war der Ablauf jedoch anders,wie ich feststellen musste.
„Katie?“,rief meine Mutter als ich die Tür hinter mir zuwarf.
„Ja?“,rief ich zurück.
„Ich muss gleich weg also bist du heute Mittag alleine,okay?“,kam ihre Stimme aus Richtung Bad.
Seit wann informierte sich mich darüber wenn sie wegging?
Ich ging langsam in Richtung Badezimmer.
„Mama?“,sagte ich verwirrt.
Meine Mutter stand vor dem Spiegel und hielt sich ein großes Handtuch an dem Kopf. Das Waschbecken war voller Blut genauso wie ihre Hände.
Ich stieß einen erschrockenen Schrei aus.
„Ach du scheiße! Was hast du gemacht?!“,schrie ich.
Meine Mutter sah mich böse an.
„Schrei nicht so. Willst du das uns die Nachbarn hören?“,fuhr sie mich an.
Ich ließ mich nicht einschüchtern.
„Was hast du gemacht?“,wiederholte ich, diesmal jedoch leiser.
Sie sah mich zerknirscht an. „Dein Vater und ich hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit“,presste sie aus ihren Zähnen hervor.
„Eine was?! Es sieht so aus als hätte er sich voll mit irgendwas geschlagen!“,entgegnete ich.
„Nein,wir hatten einen kleinen Streit. Das ist alles. Es ist nicht so schlimm wie es aussieht. Ich werde heute noch ins Krankenhaus fahren. Aber als erstes muss ich deinen Vater suchen,bevor er sich vielleicht noch etwas antut. Ihm tut das bestimmt alles schrecklich Leid“
Ich sah sie mit offenem Mund an. Das konnte doch nicht ihr ernst sein! Der sollte bloß weg bleiben! Was konnte der uns schon geben?
Aber das durfte ich natürlich nicht sagen. Sonst würde sie wieder schrecklich wütend werden. Sie liebte meinen Vater einfach zu sehr. Mehr als mich,das war ich zwar schon gewohnt,trotzdem tat es immer noch weh das zu wissen.
„Mit was hat er dich geschlagen?“,wollte ich stattdessen wissen.
„Mit einer Weinflasche. Aber nicht fest. Er war wieder in seinem Rausch,dafür kann er nichts“,verteidigte sie ihn.
Gleich musste ich kotzen. Ich konnte diesen Mann nicht leiden. Und ich wusste auch das er mich nicht leiden konnte. Das Wort Vater brachte ich nur schwer mit ihm in Zusammenhang. Er war nicht das was man eigentlich darunter verstand.
Also für mich nicht.
Ich war Einzelkind.
Ich hatte ein mal gehört wie mein Vater;wieder im Rausch,zu meiner mutter gesagt hatte das er froh sein sich nur mit einem Bastard durchschlagen zu müssen. Und das wäre ihm schon zu viel. Sie hatte natürlich geweint und ihn angebrüllt das er so etwas nie wieder sagen sollte,was er aber trotzdem immer wieder tat. Am liebsten wenn ich dabei war.
Sie betrachtete ihre Wunde im Spiegel,ein langer Schnitt der sich von ihrer Schläfe bis zu ihrer Backe zog.
Hier konnte ich nicht tun,also drehte ich mich ohne ein weiteres Wort um und ging.
Mein Zimmer war nicht sehr groß. Das Wort klein wäre ein Kompliment für es.
Geld hatten wir nicht. Es reichte gerade so um über die Runden zu kommen.
Jona hatte mich trotzdem geliebt,schoss es mir durch den Kopf. Mir stiegen wieder Tränen in die Augen. Nicht schon wieder. Ich heulte eindeutig zu oft. Okay,es gab nichts zu lachen,aber trotzdem.
Musste ja nicht sein.
Ich drehte mich vor dem kleinen Spiegel in meinem Zimmer und betrachtete mich. Die vier hatten Recht. Ich war zu dünn,aber nicht weil wir nichts zu essen hatten sondern weil ich einfach nie Lust hatte zu essen. Von Magersucht konnte man jedoch noch nicht sprechen. Zum Glück! Das würde mir jetzt noch fehlen.
Die Haare waren lang und ein bisschen rot. Die Farbe hatte ich von meiner Mutter. Hässlich war ich nicht. Das konnte man sagen. Aber wenn man jeden Tag gesagt bekam das man nicht Wert war... naja da glaubt man eben daran.
Ich ließ mich auf das Bett fallen das neben der kleinen Kommode stand.
Unter meinem Kopfkissen lag ein Zeichenblock auf dem ich immer herum kritzelte. Ich liebte es zu malen. Das war der einzige Grund warum ich noch nicht ausgerastet bin. Meistens malte ich Bilder von Jona. Manchmal auch von Joan und mir aber auf allen war er zu sehen. Wie er lachte, wie er aß oder sein Gesicht wenn er sich konzentrierte. Das hatte dann so einen besonderen Ausdruck. Ich weiß ihn zu vergessen wäre das schlauste ,aber so etwas konnte ich nicht. Ich meinte wer konnte das schon? Wer hat jemals seine erste Liebe vergessen? Ich atmete tief ein um nicht zu weinen. Ich musste mit irgendjemandem reden. Sofort! Sonst würde ich platzen.
Aber mit wem? Ich nahm mein Hans und rief meine beste Freundin an. Wenn man sie so überhaupt nennen konnte. Sie wusste von fast nichts. Sie dachte es nur. Sie wusste nichts von meinen Eltern der von Jona oder von den Drogendealern. Sie würde sauer sein wenn sie wüsste das ich ihr nichts sagte.
Als niemand abnahm musste ich wieder weinen. Nie war jemand für mich da.
Ich legte mein Kopf in das Kissen und heulte bestimmt eine Stunde lang durch.
Das tat gut. So lange hatte ich die Tränen zurückgehalten. Ich stand auf und bekam einen riesigen Schrecken als ich am Spiegel vorbei kam. Ich beschreiben mal besser nicht wie ich ausgesehen hatte.
Als ich nach einer halben Stunde wieder halbwegs normal aussah schnappte ich mir das Handy und rannte aus dem Haus um den nächsten Bus zu Delia zu nehmen. Sie wohnte eine Stunde entfernt. Im Bus überlegte ich mir was ich ihr als erstes sagen sollte... am besten alles auf einmal. Oder sollte ich etwas für mich behalten? Wohl besser nicht. Ich versuchte sie noch ein paar mal an zu rufen,aber niemand nahm ab. Das war komisch weil sie immer abnahm... ich ahnte schon böses. Dieser Tag war doch total für die Katz\'.





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