Das Licht meiner Nacht - Teil 16

Autor: Janine
veröffentlicht am: 24.01.2013


Das ist der vorletzte Teil. Hoffe er ist so halbwegs okay für euch geworden. Bitte schreibt mir was ihr davon haltet.
Lg Janine

KAPITEL FÜNFZEHN
Ein einziger Schuss reicht

***Luna***
„Nein, nein, nein, verdammt! Das kann sie doch nicht machen! Wie kann sie nur so blöd sein und sich freiwillig ausliefern?“, schluchzte ich verzweifelt auf, nachdem wir das ganze Internat und Umgebung abgesucht hatten und wir uns wieder in Mels und meinem Zimmer befanden.
„Sie läuft in ihren Tod! Und niemand wird sie jetzt noch aufhalten können!“, verfiel ich noch weiter in meiner Panik.
„Bleib ruhig, Luna. Wir dürfen jetzt nicht ausflippen. Jay überleg doch mal, hat sie noch etwas gesagt? Eventuell welche Hütte das war? Oder wo sie ungefähr hinwollte?“, fragte Collin beinahe wie die Ruhe selbst nach.
„Ich weiß es nicht! Verdammt, mein Kätzchen liefert sich aus! Sie wird sterben und es ist meine Schuld!“, begann nun auch Jays Angst um Mel die Überhand zu bekommen.
Collin packte seinen kleineren Bruder an den Schultern und schüttelte ihn einmal kräftig durch.
„Reiß dich zusammen! Hat Mel noch etwas gesagt oder nicht? Denk nach, Bruder!“, befahl Col beinahe schon, doch anscheinend half sein barscher Ton, denn Jay nickte und wirkte wieder etwas klarer, als er antwortete: „Ja, sie hat Jägerhütte gesagt.“
„Jägerhütte? Damit kann sie nur dieses kleine Holzhaus im Wald hinter dem Haus meiner Mutter meinen!“, brachte nun ich mich in das Gespräch ein.
„Wir müssen sofort los, sonst kommen wir zu spät!“, meinte nun Jay und wollte sich bereits auf den Weg machen, doch da fiel mir Mels Handy in den Blick, welches immer wieder aufblinkte.
„Warte kurz“, sagte ich und nahm es an mich. Am Display erschien, nachdem ich die Tastensperre gelöst hatte, ein rot eingerahmtes Feld. In diesem stand: Sonntag - Vollmond!
Und da begann es in meinem Kopf zu rattern.
„Mel wird erst am Sonntag zu der Holzhütte gehen! Sonntagabend um genau zu sein, da dies ein Vollmond ist. Und Keyan Tracon tötete ihr Mutter und ihre Schwester jeweils an einem Vollmondtag!“
„Das nenne ich mal Ironie“, warf Col ein.
„Nicht komisch! Überhaupt nicht komisch!“, fuhr Jay seinen Bruder an und sprach etwas freundlicher weiter: „Wo wird sie bis dahin bleiben? Im Haus deiner Mutter?“
„Vermutlich, denn dieses ist ungefähr acht bis zehn Stunden von uns jetzt entfernt“, gab ich zurück und auf die fragenden Mienen der beiden Brüder antwortete ich schlicht: „Meine Mutter wollte nie Kinder und schon gar keine Nichte, welche sie auch noch durchfüttern darf. Somit meinte sie, dass sie uns einfach hierher, ganz weit weg von sich, abschieben kann.“
„Krass“, war die einzige Antwort die ich dazu erhielt, aber ich konnte es verstehen. Was sollte man auf so etwas antworten.
„Aber ist ja jetzt auch egal. Wichtig ist jetzt wie wir verhindern das Mel auf ihren Vater trifft“, durchbrach ich die Stille und blickte von Col zu Jay und wieder zurück.

***Melea-Rosalie***
Ich beobachtete wie die Welt wurde ins Dunkel getaucht und der Mond inmitten des Sternenzeltes immer mehr an Leuchtkraft zunahm. Mit einem kleinen Seufzen stand ich inmitten des Waldes hinter dem Haus meiner Tante und ließ meine Gedanken schweifen. Ein allerletztes Mal. Während ich nun langsam begann einen Fuß vor den anderen zu setzten Blickte ich auf mein Leben zurück und wusste nicht genau ob ich lachen oder weinen sollte. Mein Schicksal hasste mich eindeutig und schließlich hatte es das geschafft, was ich solange hatte verhindern können. Mich brechen.
-Wie viel und wie wenig ein Mensch aushielt, lag allein daran wie stark er innerlich war.
Manche Leute meinten zu mir, dass ich in meinem Innern stark war. Doch ich war zu dieser Zeit nicht stark. Das war ich zuvor auch nie. Niemals.
Immer brauchte ich jemanden, der mich stützte. Der mir aufhalf, wenn ich fiel. Stets versteckte ich mich hinter dem Rücken anderer. Nur um nicht selbst verletzt zu werden. Ich flüchtete vor meinen Problemen, die mich früher oder später sowieso wieder einholten. Und dies alles und noch mehr tat ich seit ich klein war.
Doch nun, ja, nun war alles anders. Ich weigerte mich weiterhin so schwach zu sein. Verkroch mich nicht in irgendeiner Ecke und heulte mir die Augen aus dem Kopf, so wie ich es früher in so einer Situation getan hätte. Nein, diese Zeiten waren nun endgültig vorbei. Nun war ich stark. Nun musste ich stark sein. Für meine Mutter, für meine Schwester und vor allem für meine Freunde.
Einst machte ich auch viele Fehler. Sehr viele, und ich bereute sie alle. Jeden einzelnen von ihnen. Wenn ich die Macht hätte die Zeit zurück zu drehen und alles zu ändern, würde ich es tun. Nur leider besaß ich sie nicht, dennoch hatte ich aus all meinen Fehltritten gelernt und ergriff nun die Chance sie wieder gut zu machen.
Ich hatte mich von Grund auf verändert und auch wenn ich nun an einen Punkt angelangt war, an dem ich nicht mehr weiter konnte, bereute ich diese Entscheidung nicht. Denn es war gegen meine Prinzipien einen anderen Menschen ans Messer zu liefern, wenn dieser nichts mit der gesamten Sache zu tun hatte.
Und überhaupt fiel mir diese Entscheidung mehr als nur leicht. Mein Leben war ein einziger, riesengroßer Trümmerhaufen, somit sollte es für mich kein allzu großer Verlust sein, wenn ich diesen letzten Schritt jetzt tat. Einzig und allein um meine Freunde tat es mir leid, doch sie kamen auch ohne mich aus und ich konnte sie mit dem Gedanken verlassen, dass sie in Sicherheit waren.
Doch dies war nur einer der Gründe, mich für diesen Weg zu entscheiden. Der viel Ausschlaggebendere für diese Entscheidung war: Weil ich nun endgültig tot war.
Wortwörtlich. Mein letzter Lebensfunke war erloschen, meine Kräfte bis zum letzten Tropfen verbraucht und mein Wille war nun endgültig gebrochen, ebenso wie mein Herz zertrümmert in meiner Brust lag.
Ein letztes Mal blickte ich zu meinem geliebten Sternenhimmel auf, der mir schon so oft Trost gespendet hatte und es auch jetzt noch tat.
Ich betrachtete den weißen Vollmond, der kühl sein Licht auf die Erde warf. Blickte zu den funkelnden Lichtern, welche nicht von den schwarzen Wolken verdeckt waren. Danach sah ich zu den mächtigen Regenwolken.
Lange würde es wohl nicht mehr dauern bis der Regen einsetzte und die Erde mit Wasser tränkte.
Inzwischen befand ich mich tief im Inneren des Waldes nahe der Stelle an der sich alles in meinem Leben verändert hatte.
Kurz zögerte ich. Meine Vergangenheit drohte mich ein weiteres Mal einzuholen, doch ließ ich dies nun nicht mehr zu. Die Vergangenheit lag hinter mir. Es zählte nur noch das Hier und Jetzt.
Somit riss ich mich zusammen und ging zielgerichtet weiter, trat aus dem Wald heraus auf die Lichtung. Und kaum das ich den letzten Baum hinter mir gelassen hatte, erblickte ich sie. Die kleine Holzhütte meiner Familie. Rauchwölkchen kamen aus dem Kamin und ein schwacher Lichtschein drang aus den Fenstern. Ich wurde bereits erwartet.
Meine Schritte waren sicher und fest. Ich verspürte keine Angst mehr. Nur noch Friede, da ich fühlte, dass meine Mutter und meine Schwester bei mir waren und mir bei standen.
Vor der Eingangstür blieb ich stehen. Ein letztes Mal atmete ich tief ein und wieder aus. Doch als ich eintreten wollte, spürte ich sie.
Eine einzelne Träne hatte sich aus meinem Auge geschlichen. Rann mir über die Wange. Sie setzte ihren Weg hinab über meine Lippen und das Kinn fort. Bis sie letzten Endes von meinem Gesicht tropfte. Wie in Zeitlupe konnte ich ihren Fall beobachten. Sie fiel. Fiel immer tiefer und tiefer. Und dann schlug sie lautlos am Boden auf. Einzig und alleine blieb nur die salzige Spur zurück. Und keine Sekunde später begann der Himmel die Tränen zu weinen, die ich nicht mehr weinen konnte. Ich blickte traurig gen Himmel und seufzte tonlos. Ein letztes Mal wünschte ich jedem der mir etwas bedeutete ein >Leb wohl<, dann wandte ich mich vom weinenden Himmel ab und trat ohne anzuklopfen in die Hütte ein. Mein letzter Schritt war getan.-
***Luna***
Endlich kamen wir an meinem Elternhaus an. Doch es war bereits zu spät. Mel war weg. Und mit Cols Auto konnten wir auch nicht durch den Wald fahren, da die Bäume zu dicht an einander standen und der Boden zu weich und uneben war. Das hieß wohl laufen und zwar schnell. Wären wir nicht in diesen verfluchten Stau gekommen, wären wir bereits seit Stunden hier.
„Vielleicht schaffen wir es noch sie einzuholen, wenn wir uns beeilen. Ich kenne den Weg blind“, meinte ich und wollte bereits los. Doch Collin hielt mich am Arm fest und schüttelte den Kopf. „Wir müssen auf die Polizei warten. Dieser Mann ist gemeingefährlich Lu, wir können Mel nicht mehr helfen.“
„Aber vielleicht können wir sie ja noch einholen?“, setzte ich hoffnungslos nach.
„Nein, wir warten. Wenn wir tot sind, können wir gar nichts mehr tun“, antwortete er nur und ich gab nach. Er hatte Recht. Wären wir früher auf die Idee gekommen die Polizei zu rufen, hätten wir dieses Problem der Warterei nun nicht und könnten Mel gleich helfen. Hätten noch Chancen sie zu retten. Doch nun schwanden diese in den Nullprozentigen Bereich. Und dies zu wissen war zermalmend. Ich blickte Jay an und er schien genauso zu fühlen wie ich. Er war ziemlich bleich im Gesicht und auch wirkte er, als wäre er einem Nervenzusammenbruch nahe. Seine Hände zitterten ziemlich und mit den Füßen tippte er unruhig am Boden umher. Collin und mir ging es so ähnlich, wobei Col immer noch der Ruhigste von uns war. Ungeduldig warteten wir weiter und schließlich hörten und sahen wir die Polizei anrücken.

***Melea-Rosalie***
„Endlich bist du da! Pünktlichkeit hast du wohl keine gelernt was, Tochter? Sei froh, dass ich meinen guten Tag habe, sonst wären deine beiden Lieben bereits im Nirwana“, erschall Keyans Stimme sobald ich die Tür geschlossen hatte.
Ruhig sah ich ihn an. Weder Angst noch Wut kamen hoch. Einzig und allein spürte ich durch die Kälte meines Innersten den Ekel, welchen ich ihm gegenüber empfand.
Ich konnte den Alkohol so intensiv riechen, dass es mir den Magen beinahe umdrehte. Musternd glitt mein Blick über seine Gestalt. Mein Vater hatte an Muskelmasse zugelegt und auch sonst hatte er sein Aussehen verändert. Er hatte sich die Haare komplett abrasieren lassen und seinen Schädel zierten nun Tätowierungen. Ein Tattoo hässlicher als das andere. Seine Nase wies eine kleine Ecke auf, vermutlich war sie mal gebrochen und nicht mehr richtig verheilt. Auch prangte eine Platzwunde ober seiner rechten Schläfe. Die Kleidung welche er trug wirkte abgenutzt und ausgeleiert. Doch das was mir gleich zu Anfang aufgefallen war, waren seine Augen. Sie waren glasig vom Alkohol und rot umrandet. Als hätte er Drogen zu sich genommen.
Erst das schmerzhafte Aufstöhnen in der Ecke des Raumes lenkte mich von Keyan ab.
„Rose, verschwinde! Bitte, er wird dich umbringen!“, keuchte Ray und blickte mich an.
Seine rechte Gesichtshälfte war geschwollen, seine Lippe aufgeplatzt und Blut rann immer noch aus seiner angeschlagenen Nase. Weiter konnte ich jedoch nicht erkennen ob er verletzt war, da seine Kleidung seinen restlichen Körper bedeckte. Er war gefesselt an den Armen und Beinen und sein bloßer Anblick wirkte wie Öl welches man auf Feuer goss für mich. Die Wut schoss explosionsartig durch meinen Körper und erfüllte meinen Verstand.
„Lauf weg, Kind. Du kannst uns nicht helfen!“, redete meine Tante mit fester und eindringlicher Stimme auf mich ein. Wonach sie einen Tritt von meinem Vater in die Rippen kassierte. Sie nahm ihn hin und ging ohne einen Laut von sich zu geben zu Boden.
„Halt die Klappe, Miststück!“, donnerte er und richtete die Waffe auf sie.
Und dann tat ich das einzige was mir einfiel. Mit einem einzigen Satz stand ich vor ihm und Schlug ihn mit der Faust in den Magen, um anschließend, als er sich reflexartig nach vorne beugte, mein Knie in seine Visage zu donnern. Mein Ziel war es seine Waffe in die Finger zu bekommen.
Ich nahm sie ihm in dem Moment ab, in welchem er durch den Schmerz abgelenkt losließ.
Jedoch hatte ich nicht damit gerechnet, dass er sich so schnell wieder fangen würde. Kaum dass ich die Waffe gegen ihn richtete, stand er auch schon knapp vor mir. Schnell genug hatte ich die Pistole direkt auf seine Stirn gerichtet und einen Schritt zurück gemacht.
„Komm näher und ich knall dich ab!“, drohte ich mit eisiger und vor Wut verzerrter Stimme.
Er lachte kehlig auf: „Dazu bist du zu weich. Du könntest niemanden töten und weißt du auch warum?“
Das Zittern meiner Hände unterdrückend stand ich mit leicht gespreizten Beinen vor ihm. Antwortete nicht und wartete ab, was er noch sagen würde.
„Weil du dann genauso werden würdest wie ich. Wer einmal Blut geleckt hat will mehr. Also übergib mir die Waffe und es wird dir nichts passieren“, redete er weiter und ließ seine Stimme sanfter und beinahe liebevoll werden.
Das Adrenalin schoss durch meinen Körper und kalter Schweiß lief meinen Rücken hinab, als ich fauchte: „Vergiss es.“
Langsam schob ich mich auf meine Tante zu und versuchte einhändig die Knoten ihrer Fesseln zu lösen und gleichzeitig hielt ich die Waffe auf meinen Vater gerichtet und ließ ihn nicht aus den Augen.
Ich fummelte ziemlich lange umeinander, doch schließlich hatte ich es geschafft und sie konnte ihre Arme befreien. Ich richtete mich wieder auf und sagte leise: „Befrei Raymond und lauf. Ich habe alles unter Kontrolle.“
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie meine Tante tat, was ich ihr angeschafft hatte und mit einem sich sträubenden Ray ohne Kommentar die Hütte verließ.
Zu spät bemerkte ich meinen Fehler, von Keyan wegzusehen und schon hatte ich seine Faust im Genick. Mit einem Keuchen ging ich zu Boden und kurzzeitig wurde mir Schwarz vor den Augen. Erst als ich den Schmerz fühlte, wie ich an den Haaren hochgezogen wurde, begann ich wieder meine Umgebung wahr zu nehmen.
Leicht entwand er mir die Waffe aus der Hand und stieß mich wieder von sich. Von der Wucht des Stoßes und immer noch leicht betäubt durch den Schlag, stürzte ich wieder zu Boden. Hart schlug ich mit dem Kopf auf und nahm nur am Rande wahr, wie mein Samenspender irre zu lachen begann.
Schwankend erhob ich mich wieder und sagte gehässig und vor Wut bebend: „Du bist erbärmlich, Keyan Tracon! Kannst nicht einmal deine ach so schwache Tochter töten ohne sich anzusaufen. Wiederlich,…“
Seine Faust krachte auf mein Auge und schleuderte mich an die Wand. Die Luft wurde aus meinen Lungen gepresst, und für einen Augenblick glaubte ich zu ersticken. Keuchend rutschte ich an der Wand hinab und erst als ich am Boden saß, konnte ich wieder richtig einatmen.
„Los bring es schon hinter dich oder hast du etwa Angst, Feigling? Schiss davor, dass ich wieder überlebe und die Bullen dich wieder einlochen, aber diesmal für immer, Bastard?“, höhnte ich kalt, die Schmerzen ignorierend, weiter.
Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, als er antwortete und endlich sein wahres Gesicht, das eines Monsters zeigte: „Oh, diesmal wirst du sterben und zwar jetzt gleich. Sag leb wohl, Tochter!“
Ich sah wie er die Waffe entsicherte und schloss die Augen. Dachte an die gemeinsame Zeit mit Jay, um Lächelnd in den Tod zu gehen, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und mit einem Wirbel die Hütte gestürmt wurde. „Hände hoch und Waffe fallen lassen!“, hörte ich es von weit entfernt rufen, doch es war bereits zu spät. Keyan hatte geschossen. Die Schwärze umfing mich kaum Sekunden später und zog mich hinab in die Tiefe.





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