Wider der Vernunft - Teil 5

Autor: Caramille
veröffentlicht am: 29.08.2012


Nach einem unruhigen Schlaf und einem seltsamen Traum, dessen Geschehnisse mehr und mehr verblassten je heftiger ich mich zu erinnern versuchte, wachte ich von einem unerträglichen Geräusch auf. Sekunden der Orientierungslosigkeit streckten sich zu Ewigkeiten und als ich endlich erkannte, dass es die Klingel war, die mich geweckt hatte, stand ich auf und fühlte mich halbwegs klar. Keine Spur von Isa ... oder meinem Bruder, also musste ich wohl oder übel zur Tür. 'Hoffentlich nur die Post!'
Ich schlich am Spiegel vorbei und vermied hinein zuschauen. Nach dem Aufstehen hatte ich gerade mal geschafft meine Zähne zu putzen. Alles andere verweilte noch, in dem vom Bett und der Party entstandenen Chaos, dass ich meist erst nach einer heißen Dusche los wurde.
Ich öffnete die Tür. David stand vor mir beinahe wie eine Statur sah er aus und anscheinend ohne jegliche Anzeichen die letzte Nacht anders verbracht zu haben als sonst.
"Hey ...ich hoffe ich stör nicht."
"Hey"
Er streckte mir ein Buch entgegen, ich nahm es und starte es an ohne zu begreifen was es war. Ich machte mir immer noch Gedanken darüber warum er so gut aussah. Aber zum Glück dachte ich dadurch nicht mehr an mein Aussehen andernfalls wäre ich wohl im Erdboden versunken.
"Eigentlich wollte ich es dir gestern schon geben."
Und erst jetzt bemerkte ich, dass es mein Werther war.
"Nein. Du hättest doch nicht extra vorbeikommen brauchen. Montag hätte vollkommen ausgereicht." Ich schaute ihn an, sein Gesicht hatte etwas unergründliches, geheimnissvolles und mir kam es vor als hätte er noch mehr auf dem Herzen. Wir standen eine Weile nur so da, wie schon ein paar Stunden zuvor in meinem Zimmer. Jedoch zögerte David dieses Mal nicht, als er sich mir näherte und ich wich nicht aus. Er schmiegte behutsam seine Lippen an meine und als er merkte, dass ich mich nicht wehrte, legte er seine Hände an meinen Hals und streichelte mein Haar. Mich durchfuhr ein Kribbeln und ich konnte nicht anders, als seinen Kuss zu erwidern.
Wer weiß schon wie lang der Kuss gedauert hatte. Ich kann es nicht sagen, mir fehlte jedes Gefühl für Zeit. Danach arbeiteten die Endorphine immer noch auf Hochtouren und ließen mich keinen klaren Gedanken fassen. Als er gegangen war, nicht ohne mir noch einen kurzen Kuss auf die Lippen zu drücken und mir ein umwerfendes Lächeln zuzuwerfen, kehrte mein Bewusstsein für andere Dinge wieder zurück. 'War ich jemals so geküsst wurden? ...Wow!'
Ich kam auf dem Weg eigentlich zurück zum Sofa erneut am Spiegel vorbei und erschrak mich etwas über mein Aussehen. Also änderte ich meine Richtung und huschte unter die Dusche. Das warme Prasseln des Wassers nahm mir alle Gedanken ab und ich konnte entspannen.
Als ich etwas später auf meinem Bett lag und die Geschehnisse mit David revue passieren ließ, war ich mir gar nicht mehr so sicher ob nicht doch alles ein Traum gewesen war. Doch da war wieder dieses Kribbeln auf meinen Lippen, dass ich mir sicher war, mir so einen Kuss nicht nur eingebilden zu haben.
Heute wollte ich weiter nichts mehr tun und ignorierte mein Handy und ließ es einfach klingeln. Ebenso verbrachte ich den Sonntag Morgen. Bis mein Bruder zur Tür hereinkam und mich aus meinen Gedanken riss.
"Hey. Isa und die anderen haben gestern nach dir gefragt. Wo warst du denn?" fragte er teils besorgt teils neugierig.
"Ach ...ich war den ganzen Abend hier."
"Ist etwas passiert? Du wirkst so abwesend."
"Nein eigentlich nicht." Es ist nicht so, dass ich Jon nichts erzählte, aber ich wollte es für mich behalten.
"Unten steht nämlich jemand vor der Tür."
"Wer?" sagte ich wohl etwas zu erregt.
"Aha. Also willst du es nicht erzählen."
"Also wer steht an der Tür?"
"Son Typ. Ich glaub er war auf deiner Party."
Ich zog mir schnell etwas an und wagte noch einen Blick in den Spiegel. Es ging.
Unten traff ich auf ihn. Auf David. Und ich konnte mir mein Lächeln nicht verkneifen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, aber er anscheinend auch nicht. David entgegnete mir sein mir wohlbekanntes Lächeln.
"Hey!"
"Hey!"
"Hast du heute schon etwas vor?"
Ich schüttelte nur leicht meinen Kopf und erntete ein breites Grinsen von ihm.
"Kann ich dich dann heute entführen?"
"Ähm ...klar. Ich muss mich nur schnell fertig machen."
Ungefähr eine viertel Stunde später gingen wir nebeneinander her und sprachen immer noch nicht viel miteinander. In seiner Gegenwart fühlte ich mich etwas befangen.
Es war eine vollkommen neue Situation für mich. Nicht dass ich noch nie ein Date hatte, aber sonst war ich nie nervös und hatte immer die Oberhand.
"Und wo gehen wir hin?" Es kam nur sehr zögerlich heraus.
"Es wird dir bestimmt gefallen."
"Also ist es eine Überraschung?"
"Das kann man so sagen." und er lächelte in sich hinein.
Wir gingen durch die Innenstadt und ich überlegte krampfhaft, wo er hin wollte, aber da Sonntag war, war die Auswahl nicht allzu groß. Plötzlich zog er mich in eine Ecke und stand nun direkt vor mir.
Mein Atem stockte kurz, während er mir in die Augen sah und mich küsste. Hätte ich nicht schon an der Hauswand gelehnt wäre ich ganz sicher umgefallen, weil ich das Gleichgewicht verlor.
Im Hintergrund nahm ich ein Rascheln wahr und als er sich langsam von mir löste und mich durch die geöffnete Tür zog, erschrak ich mich ungeheuerlich.
"Huch ... Wo sind wir hier?"
Er küsste mich erneut und antwortete mir "Im Paradis, schätze ich."
Ich war verwirrt, konnte aber noch nichts sehen, weil er mich immer noch küsste. Aber ich wollte mich auch noch nicht von ihm lösen. 'Hoffentlich hat er mich nicht in seine Bude geschleift um mich zu vernaschen oder schlimmer noch er plant mit mir n Überfall. Oder ich soll neben ihm sitzen während er sein Motorrad repariert. Aber was könnte schon Paradis für ihn bedeuten?'
Dann gab er mich frei und ich glaubte meinen Augen kaum. Er hatte eindeutig mein Paradis aufgetan. Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.





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