Zwischen Liebe und Verzweiflung

Autor: lissileinxDD
veröffentlicht am: 27.05.2012


Hey Leute ;)
ich hab mir gedacht, da ich bei meiner anderen Geschichte im Moment gar nicht weiterkommen, dass ich eine neue schreibe und tadaaaa ;) hier ist sie.
Bitte sagt mir ob ihr den Anfang mögt, sie ist was ganz anderes als meine andere Geschichte.
Lg, eure Lissi
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Regen. Einfach nur Wasser das aus dem Himmel kommt. Es klatscht auf den Boden, rinnt an den Glasscheiben der Fenster herunter. Es bilden sich immer größere Lacken. Und Matsch, sehr viel Matsch. Kinder spielen in diesem Dreck, suhlen sich darin, als gäbe es nichts Besseres.
Eltern stehen lächelnd daneben, freuen sich über das Lachen der Kleinen.
Ich kann nicht glücklich sein. Meine Eltern werden nie wieder mit mir lachen.
Ein roter Ball sticht mir ins Auge. Rot. Die Farbe der Liebe und der Leidenschaft. Für mich ist sie nur die Farbe des Todes. Nichts hasse ich mehr. Wer dem Tod schon einmal begegnet war, weiß was ich meine. Meine ganze Welt ist blutrot. Alle möglichen Rottöne.
Knallig und so dunkel wie das Rot der Ziegelsteine. Ich hasse alles an ihr. Regen ist auch schlimm, aber rot noch viel mehr. Ich hörte es wieder. Das Krachen, Schreien und Quietschen.
Es schreit in mir, doch äußerlich bleibe ich ruhig. Zucke nicht einmal mit der Wimper. Ich habe gelernt damit umzugehen.
Etwas regt sich hinter mir. Ich erstarrte als die Stimme ertönte. Ich legte mich zurück ins Bett, doch für mich war es dort nicht warm, sondern kalt- eiskalt. In meiner Welt existiert keine Zärtlichkeit. Keine Liebe. Ich lebe in einer kalten Welt.
Kein Lachen kommt über meine Lippen, keine Tränen rinnen aus meinen Augen, wie es die Regentropfen am Fenster machen. Das einzige was ich kann hat mit Männern zu tun. Wobei ich nicht mal wusste ob ich darin gut war. Ich nehme es mal an. Was man oft macht, kann man schließlich gut oder?
Ich musste es perfekt beherrschen. Übung macht schließlich den Meister.
Der Mann drehte sich auf meine Seite. Ich will jetzt nicht weiter üben. Aber was ich wollte zählte nicht. Mein Leben zählte nicht mehr. Es war nichts mehr wert, ich war ein hoffnungsloser Fall.
Niemand würde mich wieder so richten, dass ich so war wie früher. Dafür war Zuviel in mir zerbrochen. Ich ließ es über mich geschehen, dachte dabei an die alten Zeiten.
Als noch alles in Ordnung war. Mit mir und meiner Familie. Es waren schöne Gedanken, doch ich konnte nicht lächeln. Und ich werde es auch nie wieder können. Er war fertig und rollte sich von mir herunter, stand auf und fing an seine Kleider anzuziehen.
Ich betrachtete ihn, musste jedoch sofort wieder wegschauen.
Er war dick und alt. So wie die meisten anderen auch. Es müsste mich ekeln, doch ich war es gewohnt. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wie sehr dieser Satz stimmte. Ich hatte mich nie dagegen gewehrt, würde ich vermutlich auch nie machen. Das war nun mein Leben.
Der Mann hatte sich fertig angezogen und ging nun erhobenen Hauptes aus dem Raum. Er war wahrscheinlich glücklich und zufrieden. Ihm war es sichtlich egal wie es mir ging, aber das war ja nichts Neues. Keiner kümmerte sich um mich.
Sie gingen einfach, ließen mich zurück. Ich war von einem Moment auf den anderen komplett alleine. Keiner der mich tröstete, umarmte oder sagte, dass alles wieder gut werden würde.
Nichts wurde gut. Es wurde immer schlimmer. Und jetzt bin ich hier. Das war eindeutig schlimmer, aber ich konnte nichts machen. Ich war da nun mal drinnen und kam da nicht mehr so schnell wieder raus.
Langsam zog ich mich wieder an und wartete. Jedes Mal musste ich warten. Es war immer dasselbe. Kurz dachte ich darüber nach wie es wohl wäre, wenn ich wie eine normale Jugendliche leben würde, verwarf den Gedanken jedoch sofort wieder, da ich wusste, dass es niemals soweit kommen würde.
Es regnete noch immer. Ich raffte mich auf und trat wieder ans Fenster. Die Kinder spielten noch immer. Sie wussten nicht was in dem großen alten Haus vor sich ging.
Keiner wusste das. Wieso sollte man auch fragen?
Offiziell war es einfach nur ein Haus. Was jedoch hinter der Fassade steckte merkte keiner.
Ich hatte mich nie dagegen gewährt.
Vermutlich war ich einfach froh über ein Dach über dem Kopf und genug zu Essen. Natürlich war ich nicht glücklich, wie könnte ich hier zufrieden sein, jedoch kam ich hier sowieso nicht raus, also hatte ich mich einfach damit abgefunden.
Ich war hier einfach hinein gestolpert. Wer konnte auch ahnen, dass ein Mann einen so überzeugen konnte. Nicht das er mir sagte was hier passierte, er meinte ich könne einfach bei ihm wohnen, in einem Haus wo es vielen so ging wie mir jetzt. Ich habe nicht nachgedacht, das Ganze nicht hinterfragt. Ich war ein viel zu großes Wrack – oder bin es noch, wie auch immer.
Ich bin mitgegangen wie man sieht. In dem Moment öffnete sich die Tür und ich zuckte zusammen, fing mich jedoch sofort wieder. Er stand vor mir.
Groß, ziemlich durchtrainiert und kurz geschorenes schwarzes Haar. Sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Zufriedenheit und Wut. Ich wusste nicht, was ich falsch gemacht hatte, das war immer so. Und es war ebenfalls immer so, dass ich nicht wusste was ich nicht richtig gemacht hatte. Ich hatte ja alles getan was er von mir verlangt hatte. Ich tat immer das was er von mir verlange. Dafür hatte ich ein Dach über dem Kopf und bekam regelmäßig was zum Essen. Etwas besseres verdiente ich vermutlich auch gar nicht.
„Steh auf.“, ertönte seine tiefe, laute Stimme. Viel zu laut für meine Ohren. Ich konnte sie nicht mehr hören, wollte mir am liebsten die Ohren zuhalten, doch ich wusste was dann passieren würde, also stand ich auf, sah ihn jedoch nicht an. Ich beobachte den Boden. Er war ziemlich sauber. Nur ein paar nasse Schuhabdrücke waren darauf. Das letzte Hinterbleibsel von dem Mann.
„Was hast du dir nur dabei gedacht?!“, polterte seine Stimme los.
Ich wusste nicht was los war. Ich schaute ihn verwirrt an, bemerkte, dass er mir viel näher gekommen war. Ich konnte Hass und Zorn in seinen Augen lesen.
„Tu nicht so unschuldig!“, schrie er mich an und packte mein Kinn. Ich schloss die Augen, wollte nicht in diese tiefschwarzen kalten Augen sehen, wollte nicht sehen wie die Wut und der Zorn immer größer wurden.
„SIEH MICH GEFÄLLIGST AN!“, brüllte er weiter und ich schlug gehorsam meine Augen wieder auf. Ich wollte das nicht, aber ich wollte viel nicht. Ich zuckte vor dem Hass in seinen Augen zusammen. Ich wurde früher nie so angesehen. Niemand würde jemanden wie mich jemals wieder mit Liebe ansehen.
Ich spürte wie er eine Hand erhob und ausholte. Ich bereitete mich darauf vor. Ich wusste ja schon was jetzt kam. Ich merkte noch wie seine Faust meinen Kieferknochen traf. Mein Kopf wurde zur Seite geschleudert und mir traten Tränen in die Augen. Das war nicht gut. Tränen machten ihn noch wütender und außerdem weinte ich nie, doch dieser Schlag tat mehr weh als die letzten. Schnell blinzelte ich sie weg und wappnete mich gegen weitere Schläge, die sicherlich in den nächsten Minuten kommen würden.
„NIE WIEDER GEHST DU AUS DEM BETT WENN DU NOCH EINEN KUNDEN HAST!!! IST DAS KLAR?!“, schrie er weiter, während er wieder nach meinem Kinn griff und mich wieder mit diesem speziellen Hass in den Augen ansah.
Ich nickte und war versucht mir die Hand an den Kiefer zu halten. Es schmerzte. Er hatte genau dahin getroffen, wo der Knochen war.
„Ich hab dich nicht verstanden.“, knurrte er.
„Es tut mir leid, Sir. Es wird nie wieder vorkommen.“, antwortete ich ihm untergeben.
Kurz nickte er und ließ dann mein Kinn los. Ich war froh darüber, dachte es wäre schon vorbei. Ich hätte es besser wissen müssen.
Er zog einen etwa 30 Zentimeter langen Stock hervor und versetzte mir einen Schlag in die Seite. Innerlich krümmte ich mich vor Schmerz, als das Holz auf meine Rippen traf, doch ich wusste je eher ich auf den Boden gehen würde, desto mehr würde er mich verprügeln. So verharrte ich still und ich hatte sogar Glück - er holte nur mehr zweimal aus.
Er packte den Stock wieder ein und verließ das Zimmer. Ich war wieder alleine. Wieder mal keiner da der mich in den Arm nahm, oder mir Salbe auf meinen schmerzenden Körper schmierte, so wie es früher immer gemacht wurde. Ich ging an der Seite meines Bettes in die Knie. Er hatte fast jedes Mal meine Rippen getroffen, die seit dem Vorfall schon ziemlich kaputt waren, so wie so gut wie alles an meinem Körper. Ich hielt mich mit der einen Hand am Bettrand fest, mit der anderen hielt ich meine Rippen. Ein leises Keuchen kam über meine Lippen, doch ich wusste, dass wenn ich lauter wurde, er nochmal kommen würde, also riss ich mich zusammen und biss mir auf die Zunge. Mein Atem ging flach, sodass meine Rippen nicht unnötig gestreckt wurden, aber das kannte ich ja. Ich atmete eine sehr lange Zeit nur flach. Das war bevor ich hier her kam, jedoch nach dem Vorfall. Damals wurde mir alles genommen. Ich hatte nicht einmal die Gelegenheit mich zu verabschieden. Sie waren einfach weg. Von einem Tag auf den anderen haben sie mich alleine gelassen, so wie er und der Mann gerade eben. Sie haben mich zurück gelassen, mit all meinen Problemen und Sorgen.
Ich konnte mich soweit wieder aufrichten. Vorsichtig erhob ich mich und ging langsam zu dem einen Fenster. Es regnete noch immer. Die Kinder spielten noch immer mit diesem roten Ball. Ich musste wieder an das schreckliche Krachen und Quietschen denken. Es war Schuld daran, dass ich nun alleine war, dass ich nun hier war. Ich kniff die Augen zusammen. Sah die verdrehten Knochen vor mir und rot. So viel rot, viel zu viel für einfache Verletzungen. Sah die leblosen Augen vor mir. Fühlte die Angst die mich überkam. Instinktiv fasste ich mir an die Brust, an der sah man Male die ich durch diesen Vorfall hatte. Diese Zeichen würden ein Leben lang bleiben. Würden mich zeichnen und immer daran erinnern, an all diese furchtbaren Sachen. Daran dass ich alleine gelassen wurde. Ich öffnete die Augen. Wollte nicht mehr daran denken. Am liebsten würde ich vergessen oder die Zeit zurückdrehen. Es war schön früher. Ich hatte ein tolles Leben, ein glückliches Leben.
„Schluss jetzt Lucinda!“, schimpfte ich mit mir in Gedanken. Laut traute ich mich nicht reden.
„Das war früher. Du befindest dich im Jetzt. Finde dich damit ab. Vergiss die alten Zeiten.“
Ich hob eine Hand und traf auf kaltes Glas. Das Wasser rann noch immer daran herunter, die Kinder waren inzwischen jedoch verschwunden. Kurz beobachtete ich noch den Regen, wie er vom Himmel fiel. Eigentlich ist Wasser harmlos, doch ich wusste was alles passieren konnte. Ich schluckte schnell bevor die Erinnerungen wieder aufkamen und trat von dem Fenster zurück. Ich ging auf den Spiegel der in meinem Zimmer hing zu und schreckte fast wieder zurück. Ich sah schlimm aus. Meine Haare standen in alle Richtungen und man sah ihnen an, dass sie nicht wirklich frisch gewaschen waren. Von Natur aus waren sie eigentlich schwarz, hatten jedoch bei speziellem Licht einen leichten Rotschimmer, jedoch als ich an einem Morgen aufgewacht war waren sie blond. Richtig wasserstoffblond. Ich konnte die Farbe nicht ausstehen und freiwillig hätte ich sie mir niemals gefärbt. Früher mochte ich meine Haarfarbe, aber mich jetzt mit früher vergleichen zu wollen war unnötig. Ich mochte früher viele Sachen, auch die Farbe rot. Ich nahm die billige Plastikbürste die auf einem Tischchen lag und fuhr mir durch meine zerzausten Haare. Normalerweise waren sie immer gerade, keine einzige Welle wiesen sie auf, doch heute kringelten sie sich in alle Richtungen. Ich hatte es inzwischen aufgegeben meine Haare zu bändigen und begutachtete mein restliches Gesicht. Eigentlich war es mir nicht sonderlich wichtig wie ich aussah, jedoch ihm schon und wenn ich nicht so aussah wie er es wollte, dann gab es immer richtig Ärger. Gedankenverloren strich ich über die Narbe an meinen Handgelenk, die ich durch so einen Zwischenfall davongetragen hatte. Ich erinnere mich noch genau daran, wie er durchdrehte als ich mich nicht richtig frisiert hatte und er in seiner Wut seine Zigarette an meinem Handgelenk auslöschte. Ich erinnere mich genau an das Zischen und den Geruch von verbranntem Fleisch. Damals hatte ich geschrien. Ich war noch neu und kannte den Ablauf nicht, wusste nicht wie er war. Aufgrund meines Schreis bekam ich einen Schlag der mich damals noch in die Knie gehen ließ, ab dem Zeitpunkt hatte ich nie mehr geschrien. Ich leckte mir kurz über die Lippen und merkte, dass sie ganz spröde waren. Das ließ mich wieder in den Spiegel schauen. Ich begegnete meinen Augen, die ich nicht mehr wiedererkannte. Sie schauten mir ängstlich, traurig und abgestumpft entgegen. Das sonst vorherrschende tiefblau wich mehr einem Grauton und hatte jeglichen Glanz verloren. Rund um das rechte Auge hatte die Haut einen grün- bis gelblichen Ton. Ich hob meine Finger und strich vorsichtig über das noch nicht ganz abgeheilte Veilchen. Plötzlich kam eine Erinnerung hoch. Ich stand vor dem Spiegel genauso wie gerade und zog einen Lidstrich. Ich lächelte meinem Spiegelbild zu und drehte mich um. Ich war damals auf meinen ersten Ball gegangen und war furchtbar aufgeregt. Ich hatte ein hautenges blaues Kleid an, welches perfekt zu meinen Augen passte. Damals strahlte ich noch. Ich konnte mich noch an den Ausdruck meiner Augen im Spiegel erinnern als wäre es gestern. Ein besonderes Glitzern hatte in ihnen gelegen. Ein glitzern des Glücklich seins und der Aufregung.
Diese Erinnerung war so präsent, dass ich schlucken musste. Ich ließ die Hand wieder an meine Seite sinken und sah wieder in meine Augen. Sie waren leer, hatten nichts mit denen aus meiner Erinnerung gemeinsam. Hatten für ein junges Leben schon viel zu viel gesehen. Das gesehen, was manche Menschen niemals in ihrem Leben zu Gesicht bekommen. Ich wäre gerne ein Mensch der so etwas nie gesehen hätte, aber man konnte nicht alles haben. Zurzeit musste ich mich einfach damit zufrieden geben, dass ich ein Dach über dem Kopf hatte und etwas zu essen bekam. Das musste reichen.
Mein Blick glitt weiter über mein Gesicht. An meinem Kiefer konnte man schon eindeutig die Folgen des Schlags von ihm sehen. Der Knochen war schon violett und richtig geschwollen. Vorsichtig glitt ich mit meinen Fingern darüber und zuckte kurz zusammen. Er hatte wirklich richtig getroffen, genau den Knochen. Genau dort wo keine Polsterung von Fettgewebe oder viel Haut war. Das würde vermutlich mehrere Wochen noch weh tun, doch ich war es gewöhnt. Wunden machten mir nichts mehr aus. Die Schmerzen machten mir nichts mehr aus. Wie gesagt der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Ich fing an vorsichtig mit einem Puder, welches auf demselben Tisch lag wie die Bürste meine blauen Flecken zu bearbeiten. Ich war geübt darin und somit sah man die Flecken bald kaum mehr. Mein nächster Griff ging zu der kleine Pillenschachtel die, wie alles andere auch auf dem Tischchen lag. Sie war bald leer. Ich musste ihm Bescheid geben. Es war wichtig, dass ich diese Pillen nahm. Eine schwangere Frau würde ihm nicht viel bringen. Auch wenn ich es hasste wenn die Packung aufgebraucht war, so wollte ich erst recht nicht ein Kind bekommen. Der Mann der dann immer kam, wollte immer Extraleistungen und ich musste sie ihm geben. Die Schreie des Mädchens, dass ihm einmal nicht das geben wollte was er an Extras wollte, hörte ich noch förmlich. Sie hatte um Hilfe gerufen, gewimmert und gebettelt, doch er hatte kein Mitleid mit ihr. Sie war erst 14. Nach dem Zwischenfall hatte ich sie nie wieder gesehen. Wir wussten alles nicht genau was mit ihr passiert war, jedoch konnten wir es uns denken. Ich schüttelte all diese schlimmen Gedanken ab. Ich wollte einfach nur ein bisschen schlafen. Ich hatte meine Arbeit für heute ja getan.
Ich sah noch einmal kurz in den Spiegel und fragte mich kurz warum ich das blau in meinem Gesicht überhaupt überschminkt hatte. Vermutlich war es einfach nur Gewohnheit.
Da war es wieder: der Mensch das Gewohnheitstier.






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