safe. - Teil 3

Autor: himbäre.
veröffentlicht am: 07.07.2012


Ich beschloss, mich voll und ganz auf meine Aufgaben zu konzentrieren. Ich musste diese innere Blockade aufbauen, weil sonst alles aus dem Ruder geraten könnte und das wäre wirklich nicht hilfreich. Mit diesem Entschluss schlief ich schließlich ein.


8<-----------Emily------------------------------------

Eigentlich war es ein toller Tag. Ich habe Samuel die Stadt gezeigt, wir haben uns einen Eisbecher geteilt und Viola getroffen. Hach, Samuel. So ein toller Typ ist mir noch nie begegnet. Aber ich musste seufzen. Er war bestimmt nicht an jemanden Unscheinbares wie mir interessiert. Jetzt musste ich erst mal unter die Dusche. Es war noch wärmer als ich dachte und sogar das eine Top war unter meiner Tunika ein Top zu viel gewesen. Ah, das tat gut. Ich liebte es, wenn das Wasser sachte auf meinen Rücken prasselte und dann an meinem Körper hinunter lief. Ich seifte mich gründlich ein und spülte dann den Schaum ab. Ich schaute noch eine Weile zu, wie sich ein Häubchen über dem Abfluss bildete und dann stieg ich aus der Dusche. Abtrocknen, eincremen, fertig!
Ich zog schon meinen Schlafanzug an und setzte mich dann noch an den Schreibtisch um die restlichen Hausaufgaben zu erledigen. Es waren eigentlich gar nicht mehr so viele, wie ich dachte, darum war ich schnell fertig und packte meine Tasche für morgen. Dann schminkte ich mich noch schnell ab, putzte die Zähne, wusch das Gesicht und hüpfte dann - endlich - ins Bett. Es war ein schöner Tag gewesen, aber auch ein anstrengender. Ich war so müde, dass mit sofort die Augen zufielen, als mich die wohlige Wärme des Bettes umhüllte.

Ein nerviges und leider immer lauter werdendes Piepen riss mich aus dem Schlaf. Grr. Am liebsten hätte ich dieses dumme Teil von Wecker schwungvoll an die Wand geklatscht, aber dann würde ich morgens nicht mehr aufwachen. Ich schlug seufzend die Bettdecke zurück und sofort war meine wohl behütete Bettwärme dahin. Die plötzliche Kälte ließ mich kurz frösteln und ich warf einen letzten, sehnsüchtigen Blick zurück zum Bett. Verschlafen öffnete ich mein über Nacht gekipptes Fenster ganz, um zu lüften und schlurfte dann schlaftrunken ins Bad. Wie war nochmal mein Traum? Ich konnte mich schon wieder nur an Bruchstücke erinnern. Mist. Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, mir den Traum zu merken. Immer wenn ich etwas Schönes geträumt hatte, konnte ich mich kurz vorm kompletten Aufwachen noch daran erinnern, aber schon ein paar Minuten später war fast alles wieder weg. Heute auch. Ich wusste nur noch, dass Viola und Samuel darin vorkamen, doch so sehr ich mich auch anstrengte, meine Erinnerung verwehrte mir Einlass. Schade.
Wer hatte denn dieses gruselige Bild im Bad aufgehängt? Die triefende Ironie in diesem Satz begrüßte mich genauso wie mein Spiegelbild, dem dieser Gedanke gewidmet war. Ich schnitt mir im Spiegel eine Grimasse und stieg in die Dusche. Der Boden der Dusche war kalt. Ich seufzte genervt. Die Kälte hatte sich gegen mich verschworen, sie war in diese beiden Zimmer geschlichen, nur um mich früh morgens zu ärgern. So musste es sein.
Das Wasser, das ich jetzt anstellte, konnte es mir heute Morgen auch nicht recht machen. Entweder war es zu heiß oder zu kalt. Als es ihm dann auch mal genehm war die passende Temperatur zu erreichen, nämlich angenehm warm, duschte ich schnell. Leider hatte ich heute nicht so viel Zeit das Wasser zu genießen. Nach dem Duschen wickelte ich meine Haare in ein Handtuch und meinen Körper in den pinken Flausch-Bademantel, den ich letztes Jahr von meiner Oma zum Geburtstag bekommen hatte. Jetzt war ich wach und auch meine Laune hatte sich gebessert, da mit der Müdigkeit auch die Kälte verschwunden war. Ich tapste zurück in mein Zimmer, zog erst einmal Unterwäsche an und öffnete dann die Schiebetüren meines Kleiderschrankes. Die allmorgendliche Frage: Was ziehe ich an? Mit einem Blick durch das Fenster stellte ich fest, dass die Sonne schien, also würde es wahrscheinlich wieder warm werden. Ich vermutete, dass es nicht ganz so warm wie gestern werden würde, da auch einige Wolken am Himmel zu sehen waren. Ich entschied mich also für meine beige Chinos und ein schwarzes Top. Darüber zog ich eine Strickjacke mit Blümchen und ich ging noch einmal ins Bad um die Zähne zu putzen, ein wenig Make-up und Wimperntusche aufzutragen und mir meine Thomas Sabo Kette mit einer Blume als Anhänger umzuhängen.
Gestern. Ja, ich erinnerte mich. Diese Erinnerung war größtenteils schön, doch es lag ein grauer Schleier darüber. Da fiel mir etwas ein: Heute war ja…heute! Ab heute ging Samuel auf meine Schule. Ab heute würden alle Mädchen um ihn herum schwirren, das konnte ich mir denken. Ab heute würde auch Vi keine Möglichkeit auslassen, sich an ihn ranzumachen. Ich kannte sie doch, meine Freundin, meine Klasse und meine Schule. Die Tussenclique unserer Schule würde an Samuel kleben, die Jungs würden ihn lieben und ich würde nur noch eine entfernte Bekannte für ihn sein – wenn überhaupt. Die kleine Freundin von Viola, seine Nahcbarin, mehr nicht. Samuel würde zum beliebtesten Jungen der Schule aufsteigen und ich würde ihn nicht mehr interessieren.
Meine Vi. Normalerweise gönne ich ihr ihr Glück bei den Jungs. Sie ist ja auch wirklich hübsch. Nein, mehr als das, sie ist unglaublich, schlägt bei den Jungs ein, wie eine Bombe. Immer wenn sie einen Raum betritt zieht sie jegliche Aufmerksamkeit auf sich und jeder wäre gern an ihrer Seite. Doch sie ist auch sehr wählerisch, was sie sich wiederum gut leisten kann.
Aber dass es ausgerechnet Samuel sein musste. Endlich hielt es ein Junge mal mehr als 5 Minuten mit mir allein aus und schon drängte sich Viola ins Blickfeld. Ihre Blicke, die sie Samuel gestern geschenkt hatte, waren mir ein Dorn im Herzen.
Argh, was dachte ich da nur! Verärgert über mich selbst schüttelte ich den Kopf. Samuel war weder mein Freund, noch mein Eigentum. Er war ein freier Mensch in einem freien Land und nur weil er gestern den Nachmittag mit mir verbracht hatte, hieß das noch lange nicht, dass er mich mochte. Meine Gedanken hatten leider einen leichten Hang zu Übertreibungen, doch mein Verstand hat mich glücklicherweise zurück auf den Boden der Tatsachen geholt. Außer-dem sollte ich nicht schlecht über Viola denken. Sie war seit stolzen 10 Jahren meine beste Freundin und sie erkannte meine Gedanken an einem einzigen Blick. Ich konnte ihr alles erzählen und wir hatten auch viel Spaß zusammen. Das war der Grund, warum ich sie nicht verlieren wollte und auch gar nicht verlieren konnte. Ohne sie würde mir wahrscheinlich etwas fehlen.
Und doch kam mir unsere Freundschaft immer ein wenig vor, wie ein Konkurrenzkampf. Wer hatte die besseren Noten, wer hatte die hübscheren Klamotten, wer hatte das süßere Haustier. Seit der Grundschule hatte ich das ständige Gefühl, Vi wollte immer besser sein als ich. Mittlerweile hatte ich es aufgegeben nach diesem >höher, schneller, weiter< zu streben. Ich sah irgendwann ein, dass Vi besser war als ich und dass ich froh sein konnte ihre Freundin zu sein.
Doch gestern hatte sich mein Verstand ausgeschaltet, als ich sah, wie Viola sich an Samuel ranmachte. Mein Gehirn war vernebelt gewesen und dieser Nebel hatte sich zu einem Schleier verdichtet, der über der Erinnerung an den gestrigen Tag lag. Das Eisessen, Samuels Lächeln, der Spaziergang durch die Stadt… Alles war ein wenig blasser, da in meinem Hinterkopf immer noch die Blicke meines Nachbars und meiner besten Freundin schwebten. Ach verdammt. Ich sollte einfach nicht mehr daran denken und im hier und jetzt leben, den heutigen Tag auf mich zukommen lassen.
Mit dieser neugewonnenen Euphorie holte ich meine Tasche aus meinem Zimmer und ging die Treppe hinunter, welche gegenüber von meiner Zimmertür nach unten führte. Madison saß schon am Tisch aß Müsli. Meine Mutter saß daneben und las ihr etwas vor. „Guten Morgen, meine Große.“, begrüßte sie mich. „Morgen“, gab ich zurück und drückte Maddi, wie ich meine kleine Schwester nannte, einen Kuss auf die Stirn. „Guten Morgen, meine Große.“ „Emmy, gehst du heute mit mir in den Zoo?“ Maddi blickte mich mit ihren großen blauen Augen an. „Das geht leider nicht, ich treffe mich später mit Vi.“ „Au ja, ich will mit!“ Ich musste leise lachen. „Vielleicht geht Mom ja mit dir und kauft dir dieses Prinzessinenkleid, was du haben wolltest?!“ Ich guckte meine Mutter fragend an. Auch Maddi wandte ihren Kopf zu ihr und bettelte geradezu mit ihren Blicken: „Mommy, ich will auch shoppen gehen. Gehst du mit mir?“ „Ja, wir können heute Nachmittag in die Stadt gehen.“ „Kaufst du mir dann auch ein Prinzessinnenkleid?“ „Das sehen wir dann, Kleine, ja?“ „Na gut.“ Madison widmete sich wieder dem Rest ihres Frühstücks. Ich selber hatte morgens meistens keinen Appetit und darum packte ich jetzt meine Verpflegung für die Schule ein und verließ dann das Haus.
Ich holte mein Fahrrad aus der Garage und sah jemanden mit einem Fahrrad auf der Straße stehen. Komisch, sonst war ich immer allein. Ich schob meinen pinken Drahtesel Richtung Straße. Samuel, wer sonst.







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