Die vier Farben des Districts - Teil 7

Autor: Riefie
veröffentlicht am: 01.06.2012


„Ich weiß, dass das total bescheuert ist und wenn dir das zu schnell geht… Also ich weiß ja nicht, wie du das siehst. Ich will auch nicht alles komplizierter machen. Aber in letzter Zeit brauch ich irgendwie wenigstens eine Sache, die geklärt ist.“
Er strich mir liebevoll über die Wange und lächelte. Ich kam mir so blöd vor. Er hatte doch sicherlich selbst genug Probleme, immerhin ist es sein Bruder und ich machte hier so einen Aufriss, weil ich nicht wusste ob wir ein Paar sind oder nicht. Meine Güte… ich war doch sonst nicht so.
„Ach Emma… was glaubst du eigentlich, wie sehr du mein Leben durcheinander gebracht hast? Du bist so ein Wirbelwind und kamst einfach so in mein Leben. Ich wusste schon lange, dass ich diesen Kampf bestreiten sollte, deswegen hatte ich auch keine Freundin. Bis du kamst. Emma, ich kann meine Gefühle nicht beschreiben und ich kann dir auch nicht sagen, wo das mit uns hinführt, aber eins kann ich dir sagen: du bist das wichtigste und wertvollste in meinem Leben, ich lass dich so schnell nicht mehr gehen.“
Die erste Träne rollte über meine Wange und er wischte sie mit dem Daumen weg.
„Natürlich sind wir zusammen, du Dummerchen. Zumindest, wenn du es auch willst.“ Ich grinste ihn an und warf mich in seine Arme.
„Natürlich will ich.“ Wir lächelten uns an, als er seinen Kopf hinabsenkte und mich zärtlich küsste.

„Nik, Emma!“ Wir schreckten auseinander und sahen Sophie am unteren Ende der Treppe stehen.
„Kommt ihr bitte mal.“ Wir nickten, Nik nahm meine Hand und ich lief beflügelt hinter ihm her.
„Setzt euch!“ Wir befanden uns in Sophies schlichtem Büro. Eine schlichte Holztür führte wohl zu ihrem Zimmer und sie deutete auf zwei Stühle vor ihrem Schreibtisch. Ich nahm neben Nik Platz, der meine Hand noch immer nicht los ließ. Sie sah uns durch ihre Brille ernst an und gab uns ein Blatt Papier.
„Was ist das?“ Nik nahm den Zettel an sich, der nur einen kurzen Text beinhaltete.
„Das ist die neueste Information vom District. Bitte lest sie.“ Nik hielt das Blatt so, dass ich es lesen konnte. Meine Augen weiteten sich vor Entsetzen und ich drückte Niks Hand fester.

> Leutnant Saban,
ich muss ihnen leider von unseren neuesten Informationen berichten. Sie sind fatal! Jonathan Carter hat seine Armee um sich geschart. Neueste Informationen unserer Informanten bestätigen, dass wieder zahlreiche Anhänger ihren Stützpunkt verlassen haben.
Wie mir Leutnant Simmens schon berichtet hat, kommen sie gut mit den Tributen voran. Dennoch muss ich sie bitten, die Ausbildung schnellst möglich zu beenden und die Tribute in den weiteren Plan einzuweihen. Wenn Carter die Waffe gegen den District einsetzt, wird er die Macht besitzen, alles an sich zu reißen. Das muss ich ihnen ja nicht erklären.
Bitte berichten sie mir, wie weit sie mit der Ausbildung sind und wann ich mit dem Eintreffen der Tribute im District rechnen kann.

Hochachtungsvoll
Captain Price. <

Ich sah wie Nik das Blatt langsam sinken ließ.
„Wann müssen wir aufbrechen?“ Erstaunt über seine gefasste Haltung sah ich zwischen Sophie und Nik hin und her. Wow, ich musste das erstmal verdauen. Ich dachte, es würden noch einige Wochen vergehen, bevor wir in den Krieg geschickt werden würden. Nun mussten wir also direkt los.
„Nicht so schnell Nik. Ich habe den Auftrag von ganz oben bekommen, noch höher gestellt als Captain Price es ist, euch fertig auszubilden. Solange ich nicht mein OK gebe, wird euch keiner hier holen.“
Ein Stein, nein gar ein riesen Felsen fiel mir vom Herzen und schlug mit einem dumpfen Pong am Boden auf. Ich fühlte mich nämlich noch ganz und garnicht bereit, Jonathan gegenüber zu stehen. Wir hatten ja noch nicht einmal unsere Hans ausprobiert. Nik ergriff wieder das Wort und irgendwie machte mir seine Art Angst. Er war so gefasst, so als ob er schon damit gerechnet hatte. Naja, er war ja auch schon lange darauf vorbereitet gewesen, dass es soweit kommen würde.
„Wie geht es jetzt weiter?“
„Nun, ich denke, wir werden ein abschließendes Training machen, was eure Waffenstärke betrifft. Ihr habt erstaunliche Fortschritte gemacht. Doch was eure Fähigkeiten betrifft und eure Stärke, die ihr für euer Han braucht, müssen wir noch erarbeiten. Die Mädels sind noch nicht so weit. Ihr müsst ihnen in der nächsten Zeit viel zur Seite stehen und Emma,“ sie wandte sich an mich, nahm meine freie Hand in ihre und sah mich intensiv an.
„Es wird jetzt noch schwerer, aber ich bitte dich, bleib stark. Du hast es soweit geschafft und ihr gebt euch alle so viel Kraft. Ich bin stolz auf euch und das was ihr leistet. Dein Han zu kontrollieren wird schwer, aber wir werden das schaffen.“ Ich nickte und ich wusste, dass sie Recht hatte. Ich musste nur noch einmal stark sein, einmal alles geben. Nik drückte sanft meine Hand, als wollte er mich daran erinnern, dass ich ihn hatte. Ja, ich hatte Nik an meiner Seite, eine Klarheit, die mir noch mehr Stärke verleihen würde und mit der ich es, ganz sicher, meistern werde.

Der Tag ging langsam und qualvoll zu Ende. Mittlerweile hatte unsere Waffenstärke derart zu genommen, dass Martha zum Beispiel 5 Messer innerhalb weniger Sekunden in das Ziel werfen konnte, ohne auch nur eines zu verfehlen. Mein Pfeil landete immer öfter in der Mitte und auch die anderen waren unglaublich stark geworden. Ab Morgen würde der harte Teil dran kommen. Mike und Sophie hatten uns gebeten, früh ins Bett zu gehen und zu schlafen. Ich bekam von Schwester Maria eine Schlaftablette und schlief ohne Albtraum bis zum nächsten Morgen durch.
Wie neu geboren stand ich auf, ging ins Bad und erschrak, als ich den fetten Bluterguss an meinem Arm sah. Ich hatte die letzten Tage ohne den Schoner geschossen, weil ich ihn immer und immer wieder vergessen hatte. Das war wohl die Quittung dafür. Ich konnte ihn einwandfrei bewegen, aber sobald ich ihn nur berührte, schmerzte es wie die Hölle selbst. Kurzerhand zog ich meinen Anzug an und das Langarmshirt, zog die engen, schwarzen Stiefel darüber, die Sophie uns gegeben hatte und ging hinunter in die Kantine.
Ich ging den langen weg, am Foyer und den Büros vorbei und wollte gerade durch die Tür zum Innenhof gehen, als mich jemand grob am Arm packte.
„Au, sag mal spinnst…“ Erst sah ich die langen Beine, dann ihre üppige Oberweite und nun ihr blondes Haar, Melanie. Sie hatte genau auf die Stelle mit dem Bluterguss gefasst, schnell schüttelte ich ihren Arm ab und sah sie leicht säuerlich an.
„Was bildest du dir eigentlich ein?“ Nicht nur, dass diese dumme Nuss sich ständig an Nik ranmachte, obwohl sie wusste, dass ich mit ihm zusammen war. Nein, jetzt musste diese arrogante Schnepfe mir auch noch wehtun.
„Ich frag mich, was du dir hier eigentlich einbildest. Schneist hier einfach rein, schnappst dir Nik und denkst, dass dich alle dafür stumm bewundern?! Nik gehört mir und ich werde ihn mir wieder holen.“
Ach so war das. Na die konnte was erleben.
„Stumm bewundern?! Sag mal geht’s dir noch gut Melanie. Du hast Nik nie besessen und wirst es auch nie. Er hat dir doch eindeutig gezeigt, dass du für ihn zu arrogant bist. Mach hier nicht so ne Szene, du machst dich so dermaßen lächerlich.“ Sie hob drohend den Finger und ging einen Schritt auf mich zu.
„Emma, oder wie auch immer du heißt, genieß die Zeit mit ihm. Denn es wird nicht mehr lange dauern, da wird er mir gehören und in meinen Armen liegen. Sieh dich doch mal an. Du magst vielleicht ganz süß aussehen, aber du bist noch lange nicht so heiß wie ich.“
„Lieber süß, als schlampig wie du!“ Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen und dann fing sie an, hämisch zu grinsen.
„Ach so ist das. Du hast ihn also noch nicht rangelassen? Gott, bist du armselig. Denkst du, du kannst einen Typen wie Nik ewig hinhalten? Der will seinen Spaß, aber war klar, dass du ihm den nicht geben kannst.“ Zack, bumm, knall. Ich war total hinüber. Ich hatte nie ansatzweise darüber nachgedacht, dass Nik weiter gehen wollte, als das was wir jetzt hatten. Wir hatten ja erst gestern gesagt, dass wir zusammen waren. Bin ich wirklich so altmodisch, wenn ich denke, dass man nicht gleich mit jemandem ins Bett springen muss? Ich hatte nichts dagegen, wenn das jemand aus Liebe tat und ich wusste von Leo, dass sie schon vor einigen Wochen mit Dave geschlafen hatte, aber ich war nicht so und so wollte ich auch nicht sein. Aber… ich hatte nie darüber nachgedacht, dass Nik das anders sehen würde.
„Du weißt garnichts über Nik…“ Siegessicher wandte sie sich ab und rief mir noch zu:
„Doch, ich weiß was Nik will und im Gegensatz zu dir, werde ich es ihm geben.“
Ich wusste nicht, wie lange ich so da stand und ob ich weinte oder einfach nur irgendwo starr hinblickte. Mein Kopf brannte vor Schmerz, oder war es mein Herz? Ich konnte nicht mehr klar denken und war froh, dass die nächste Person, die um die Ecke kam, Pia war.
„Emma! Was ist los? Was ist passiert? Gott, wie siehst du denn aus. Als hättest du ein Gespenst gesehen.“ Sie rannte auf mich zu, nahm mich in den Arm und lotste mich hinaus, wo eine riesige Schar von Schülern auf den Beginn des Unterrichts wartete. Sie sahen uns irritiert an. Nicht gerade verwunderlich, immerhin waren wir beide neu hier und dazu noch nicht mal in den normalen Unterricht gegangen. Pia lotste mich an ihnen vorbei und ich ließ alles geschehen.
Irgendwann realisierte ich, dass wir im Wald waren und das Pia schon eine Weile neben mir auf einem Baumstamm saß.
„Was ist passiert?“ Die ersten Tränen liefen meine Wange hinab, als ich anfing ihr alles zu erzählen. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen und sie wurde sichtlich sauer.
„Diese dumme arrogante Schlampe! Wie die mich aufregt. Ich kann echt nicht verstehen, wie du bei der so ruhig bleiben konntest, ich wäre schon längst ausgerastet.“ Ich zuckte nur mit den Schultern und starrte ins Leere.
„Süße tut mir leid. Ich weiß, dass dir das nicht hilft. Aber willst du ganz ehrlich meine Meinung hören?“
Ich nickte und sah ihr direkt in die Augen.
„Ich denke nicht, dass Nik sowas machen würde. Er mag dich total und nachdem was du mir gestern von eurem Gespräch erzählt hast, war das schon eine riesige Liebeserklärung und außerdem weiß Melanie doch garnicht, was wir gerade durchmachen. Wir haben überhaupt keine Zeit über solche Dinge nachzudenken.“
„Aber wieso hat dann Leo Zeit dafür?“
„Weil Leo eben Leo ist. Überleg, wie lange sie sich schon kennen? Du und Nik ihr seid frisch verliebt und sollt noch die Welt retten. Für euch beide ist es doch schwerer als für uns. Du sollst mit uns zusammen Niks Bruder töten.“
„Aber… was wenn er es sich doch wünscht und auch von mir erwartet? Ich hab… doch garkeine Erfahrung, ich weiß garnicht wie man sowas macht.“ Pia nahm meine Hand in ihre und sah mich eindringlich an.
„Emma, jetzt hör aber auf. Nik liebt dich und ich denke nicht, dass er so einer ist und wenn du ehrlich bist, weißt du das auch.“
„Emma, Pia. Hier seit ihr.“ Nik und Jason tauchten auf der Lichtung auf und blieben abrupt stehen, als sie mein verheultes Gesicht sahen. Pia stand auf, ging auf die beiden zu und gab Jason einen Kuss. Zu Nik gewandt sagte sie: „Sie hatte einen ziemlich heftigen Zusammenstoß mit Melanie.“ Boah, man Pia! Da geht die doch direkt zu dem und sagt dem das alles. Niks Augenbrauen zogen sich zusammen und er sah verwirrt von Pia zu mir.
„Rede du mit ihr, vielleicht bringst du sie ja zu Besinnung.“ Damit drehte sich Pia um, schnappte sich Jason und ging. Ich wusste ja, dass sie es nur gut meinte. Nik setzte sich neben mich und sah mich irritiert an.
„Melanie? Was war denn los?“
Ich schluckte schwer und sah stur geradeaus.
„Sie… hat mich vorm Innenhof abgefangen und mir gedroht.“
„Sie hat was? Womit soll sie dir denn gedroht haben?“ Als ich nichts sagte, faltete er die Hände zusammen und knackste seine Finger.
„Doch nicht etwa…“
„Doch genau! Wegen dir, Nik. Diese verdammte… Sie hat mir gedroht, dass sie dich mir wegnehmen wird und nahegelegt, dass ich die Zeit mit dir genießen solle, da sie eh bald vorbei sein wird.“ Ich stand auf und lief hin und her. Nik saß einfach nur da und sah mich irritiert an.
„Emma, du weißt doch, wie wichtig du mir bist. Glaub ihr doch kein Wort. Wie soll sie mich dir denn wegnehmen? Ich will doch nichts von ihr.“
„Aber sie kann dir das geben… was ich im Moment noch nicht kann.“ Traurig sah ich ihn an und langsam, aber sicher, schien er zu verstehen.
„Was, Sex?!“ Ich nickte leicht und sah wie er aufstand. Er schien ziemlich sauer zu sein.
„Emma, verdammt nochmal! Ich hab dir so oft gezeigt, wie sehr ich dich liebe. Wie sehr du mir ans Herz gewachsen bist. Gerade gestern habe ich es dir nochmal gesagt. Ich dachte ehrlich, du würdest mir so langsam mal vertrauen. Ich versteh nicht, wie du so einer arroganten Schnepfe wie Melanie mehr Glauben schenken kannst, als mir!“
Verwirrt und wie ein Häufchen Elend stand ich da und sah ihn an. Er hatte ja Recht. Wegen jeder Kleinigkeit machte ich eine riesen Szene. Er musste ja irgendwann mal so ausrasten.
„Emma, wenn du mir nicht vertraust, wie soll das denn dann weitergehen? Ich leg dir meine ganze Welt zu Füßen, nur damit du darauf rumtrampelst. Es wird immer wieder Mädchen geben, die sich nach mir umschauen, na und?! Ich hatte die ganze Zeit nur Augen für dich und mir war es Schnuppe, ob hier wieder irgendwelche neuen Mädels aufgetaucht waren, die mich anhimmelten. Außerdem, weißt du eigentlich was du für eine Wirkung auf die Jungs hier hast? Jeder zweite schaut dir hinterher und ich glaube auch nicht direkt, dass du was mit denen hast.“
Aus irgendeinem Grund traf mich diese Aussage. Ich wusste ja, das es mein Fehler ist, aber musste er gleich so derart ausrasten? Die Tränen rannen mein Gesicht hinab und ich wusste nicht mehr ein noch aus. Ich wusste, dass ich ihm Unrecht tat. Aber diese Gefühle zu ihm… die waren so stark, das sie mir Angst machten. Ich kannte ihn erst ein paar Wochen und musste mit so vielen Dingen klar kommen. Ich bin doch auch nur ein 17-Jähriges Mädchen, was versucht, Klarheit in ihr Leben zu bekommen.
Ein Schluchzen drang meine Kehle hinauf und ich konnte auch nicht verhindern, dass man es hören konnte. Ich sah Nik durch einen Tränenschleier hinweg an und sah, wie seine Miene sich schuldbewusst verzog.
„Oh nein, Emma. Es tut mir leid. Komm her.“ Er kam einen Schritt auf mich zu und nahm mich fest in die Arme. Die Schluchzer kamen immer öfter und ich weinte den ganzen Druck, der auf mir lag, raus. Als ich mich ein wenig beruhigt hatte, löste ich meinen Kopf von seiner Schulter.
„Jetzt ist dein T-Shirt ganz nass.“ Er lachte und drückte meinen Kopf wieder an seine Schulter.
„Emma, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht so anschnauzen. Aber weißt du, mir tut es auch so weh, wenn du mir nicht vertraust.“ Ich löste mich von ihm, sah ihm in die Augen und nickte.
„Es tut mir auch leid. Ich hatte nur so Angst… weil wir über dieses Thema noch nicht geredet hatten und ich einfach nicht weiß, was du von mir erwartest.“
„Komm mal mit.“ Er nahm meine Hand in seine und ging mit mir zum Baumstamm zurück. Wir setzten uns hin und er nahm meine Hände in seine.
„Was willst du wissen?“ Huch, naja manchmal ist direkter eben besser als garnichts.
„Naja… hattest du schon mal… naja du weißt schon.“ Er lächelte.
„Deine roten Bäckchen sind echt süß. Aber ja, ich hatte schon mal.“ Na toll, das war wahrscheinlich noch obergeil. Die war bestimmt besser als ich es jemals sein könnte.
„Aber es war ein Reinfall. Sie war mit ihren Gedanken bei einem anderen und ich hab es erst gemerkt, als ich sie in flagranti mit ihm erwischt hab.“ Erschrocken sah ich ihn an.
„Naja und seitdem wusste ich, dass ich im Moment keine Freundin haben könnte, weil ich nicht ehrlich zu ihr sein könnte. Wegen Jonathan und so. Ab da schwor ich mir, kein Mädchen mehr an mich ranzulassen, auch nicht diese Melanie. Naja und dann kamst du!“
Er lächelte mich an, gab mir einen Kuss auf die Nase und strich mir sanft über die Wange.
„Was ist mit dir?“ Ich schüttelte nur den Kopf und sah schüchtern auf den Boden.
„Emma, sieh mich mal an.“ Ich hob den Kopf und Nik hockte sich vor mich.
„Es ist mir zwar nicht egal, ob wir miteinander schlafen oder nicht. Aber ich will, dass es perfekt für dich ist und wann es ist, ist mir egal und außerdem haben wir im Moment echt anderes im Kopf, Süße. Wir sind gerade mal seit ein paar Wochen zusammen und so Triebgesteuert bin ich nicht.“
Er grinste und ich konnte mir auch ein Lächeln nicht verkneifen.
„Ich weiß es ja. Ich bin nur in letzter Zeit so nah am Wasser gebaut und außerdem… bin ich so unerfahren und ich hab Angst, dass ich dich schnell langweile.“
„Ach Emma, du bist wunderschön und bitte glaub mir, ich kann warten.“
Er gab mir noch einen langen, zärtlichen Kuss und dann gingen wir langsam zurück zum Innenhof. Ich sah von weitem schon Melanies blondes Haar.
„Na die wird jetzt was erleben.“ Nik löste sich von mir und stampfte auf Melanie zu, die das natürlich direkt wieder als Aufforderung nahm, ihn anzumachen. Zu meiner Genugtuung schlug er ihre Hand weg und ich hörte nur allzu deutlich, wie viele andere auch, was er zu ihr sagte.
„Melanie, ich sag es dir nur noch einmal, ich will nichts von dir! Lass Emma in Ruhe. Du bist mit Dave ins Bett gestiegen, hast dich an Finn rangemacht, denkst du da will ich dich noch haben? Werd‘ endlich erwachsen.“
„Ach sieh dir doch mal deine heilige Emma an. Die kann dir doch niemals das bieten was ich dir bieten könnte!“
„Ach komm Melanie. An Emmas Niveau kommst du eh nicht ran. Du machst dich so dermaßen lächerlich.“
„Nik, die traut sich ja noch nicht mal, mir selbst die Meinung zu sagen. Das ist so ein kleines Mauerblümchen. Die langweilt dich doch eh gleich.“
Na warte, die konnte sich warm anziehen. Ich wird der schon zeigen, dass die alte Emma wieder da ist. Außerdem lass ich mir Nik von der nicht wegnehmen. Schnurstracks lief ich auf Nik zu, zog ihn zu mir herum und küsste ihn so leidenschaftlich ich konnte und er ging darauf ein. Unsere Lippen, ja unsere Zungen spielten miteinander und als Nik seine Hände auf meinen Hintern legte, sprang ich hoch und legte meine Beine um seine Hüfte. Der Kuss wurde heißer, als ich es beabsichtigt hatte und ich ließ mich einfach fallen. Ich vergaß die anderen Schüler, Melanie und auch das Training, zu dem wir schon längst hätten erscheinen sollen. Nein, ich konzentrierte mich voll auf Nik und vergaß alles um mich rum.

Ganz langsam und unfreiwillig, löste ich mich von ihm und sah ihn strahlend an.
„wow!“ Seine Augen strahlten ihr schönstes Blau und er küsste mich noch einmal fordernd auf die Lippen. Ich grinste ihn an, er ließ mich langsam runter ohne mich aber loszulassen. Ich sah Melanie an und lächelte ihr wissend ins Gesicht.
„Merkst dus endlich Melanie? Du hast keine Chance!“ Nach einem arroganten „pah!“ drehte sie sich auf dem Absatz um und verschwand im Schulgebäude.
„Sag mal, war das alles eben nur gespielt oder war es wirklich so heiß wie es sich angefühlt hat?“
Ich grinste ihn verlegen an und legte den Kopf schief.
„Hmm… ein bisschen von dem und ganz viel von dem anderen.“ Irritiert blickte er mich an und ich war so schadenfroh, ihm endlich auch mal eine Lektion erteilen zu dürfen.
„Wie jetzt?? Und was ist jetzt was?“
„Ja, mein Schatz. Das wirst du dich wohl immer fragen müssen.“
Er grinste wissend und ging einen Schritt auf mich zu.
„Na warte! Das krieg ich schon aus dir raus.“ Mit diesem Satz überwand er das letzte Hindernis und kitzelte mich dermaßen durch, dass ich nur noch quiekte, kreischte und lachte. Als mein Bauch schon weh tat vor Lachen, gab ich auf.
„Okay okay. Ein bisschen gespielt, weil ichs Melanie heimzahlen wollte und gaaaaaaaaaaaanz viel von…“ weiter kam ich nicht, denn da drückte er mir erneut fordernd seine Lippen auf die meinen und küsste mich. Meine Knie wurden weich und ich hielt mich haltsuchend an seinem Hals fest. Als er sich von mir löste, strich er mir mit einer Hand eine Strähne nach hinten, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte.
„…und ganz viel davon.“ Ich grinste und dann kam Mike! Puff… da war sie dahin, die schöne und gute Stimmung!
„Wenn ihr zwei nicht sofort eure jungen, knackigen Hintern in die Halle bewegt sind die mit Garantie nicht mehr knackig!“ Hui, dann wollten wir mal unsere schönen Hintern retten und in die Halle gehen. Pia grinste uns an und ihr Gesicht sagte: „Wehe du erzählst mir nachher nicht alles!“ Die anderen standen in einem Kreis, 3 Plätze waren noch frei und wir schlossen den Kreis damit. Selbst Sophie lächelte, als sie unsere grinsenden Gesichter sah.
„Nun, wir fangen heute wie gesagt mit eurem Han an. Das Han ist die Stärke die euer Körper und euren Geist beansprucht. Es zieht darauf seine Kraft – das heißt je stärker ihr seid, desto stärker ist euer Han. Wenn ihr es benutzt, entzieht es euch körperliche Kraft und ihr werdet euch danach sehr schlapp fühlen, deswegen setzt sie gewissenhaft und nur in Schüben ein.“
„Das heißt, wenn wir unser Han zu oft einsetzen…kann es uns auch so viel Kraft rauben das wir daran sterben?“ Martha war wieder diejenige, die alles analysierte und mitdachte. Für uns anderen war das erstmal eine Verdauungssache.
„Nun… ja man geht davon aus, dass man daran auch sterben, aber bisher ist noch keiner gestorben.“
„Was war denn das Schlimmste?“
Mike fing an zu lachen.
„Einer ist mal für mehrere Wochen ins Koma gefallen, was euch sicherlich auch mal gut tun würde.“ Verwirrt und leicht irritiert über die Worte Mikes, realisierte dieser wahrscheinlich gerade, dass keiner es verstanden hatte.
„Gut okay, schlechter Witz. Nun aber weiter, Sophie?“
Diese nickte und wandte sich diesmal an die Jungs.
„Das stärkste was ein Mensch verspüren kann, sind starke Empfindungen wie Hass, Liebe, Angst, Zorn und Eifersucht. Natürlich sind jegliche Glücksgefühle, vor allem die Liebe,“ sie machte eine Pause, „sehr wichtig für die mentale Kraft, die die Mädels natürlich gebrauchen können. Alles andere wird sie schwächen und je weniger man an etwas glaubt, oder je unkonzentrierter man ist, desto schneller verliert das Han an Macht und Kraft.“
Die Jungs schienen zu verstehen, worauf Sophie aus wollte und Nik sah mich entschuldigend an. Ja, ich wusste woran er dachte. Da machten wir uns Gegenseitig so viel Kummer, wegen Jonathan und Melanie, dabei war genau das das, wovor wir am meisten Angst haben mussten. Wir schwächten uns gegenseitig, wenn wir nicht einander vertrauten. Ein liebevoller Blick Niks genügte um mein Herz etwas schneller schlagen zu lassen.
Ich wandte mich wieder Sophie zu, die uns erwartungsvoll ansah.
„So, zwei von euch, nämlich Martha und Leo gehen mit Mike. Natürlich gehen auch die beiden zugehörigen Jungs auch mit. Wir müssen euch schnell ausbilden, das hab ich euch erklärt, aus dem Grund teilen wir die Gruppe für die ersten Tage.“
Gesagt getan. Sophie entschuldige sich, weil sie noch was holen wollte, nahm Nik und Jason mit und ließ mich und Pia alleine. Sie kam gleich angelaufen und grinste.
„Erzähl schon, was ist da passiert. Ihr habt ja gestrahlt wie Honigkuchenpferde.“
Ich grinste bis über beide Ohren, dass ging mir selbst schon auf die Nerven, aber ich war glücklich.
„Naja, also erstmal hab ich ihm das mit Melanie erzählt, daraufhin hat er mich total angeschnauzt, warum ich ihm nicht vertrauen würde und so.“
Pia nickte und hob den Finger.
„Ich habs dir ja gesagt. Du solltest das ernster nehmen.“
„Jaja, ich weiß das jetzt auch. Dann haben wir uns wieder vertragen und sind auf den Innenhof. Da kams. Ey Pia du glaubst nicht was ich getan hab. Wir haben Melanie getroffen…“
„Oh nein… was hast du angestellt?“
„Nik ist hin und hat ihr voll den Marsch geblasen, dass sie noch nicht mal ansatzweise mein Niveau hätte und total kindisch und lächerlich ist. Als sie dann auch noch meinte, ich würde da stehen, wie ein Häufchen Elend und mich nicht selbst wehren können, bin ich zu Nik hin und hab ihn vor ihr dermaßen geküsst.“
„uuuuuiiiiiii. Seeehr schön. Erzähl weiter.“
„Pia, ich bin so dermaßen verliebt. Er hat mich dann mitten im Kuss hochgehoben und mir an den Popo gepackt.“ Pia grinste und freute sich wie ein kleines Kind.
„Ja, ich hab mir das irgendwie voll komisch vorgestellt. Aber irgendwie wurde mir ganz heiß und ihm auch. Und das geilste, war Melanies Gesicht, als ich ihr gesagt habe: Merkst dus endlich Melanie? Du hast keine Chance!“
Wir lachten uns dermaßen schlapp und lästerten über Melanie. Pia war irgendwie in der letzten Zeit sowas wie meine beste Freundin geworden und ich war froh, sie zu haben. Natürlich mochte ich die anderen auch immer noch, das war keine Frage. Aber Pia verstand mich einfach, ohne dass ich viel erklären musste und sie war für mich da.
„Was kichert ihr beiden denn so?“ Jason kam herein und trug in der einen Hand Pias M9 und eine Zielscheibe, die extra für Pistolenkugeln ausgelegt war. Nik hielt meinen durchsichtigen Boden und meinen Köcher in der Hand, während Sophie eine weitere Zielscheibe hineintrug.
„So ihr beiden könnt euch erstmal einschießen. Hier Emma, eine neue Binde für deinen Arm.“ Sie hielt mir eine schwarze Binde hin. Nik kam zu mir und wollte mir helfen, als er direkt auf den riesigen blauen Fleck fasste.
„Au!“ Er sah erschrocken aus, aber schob bestimmend meinen Ärmel nach oben.
„Oh Gott, Emma!“ Mein kompletter Unterarm schimmerte in allen möglichen Farben. Blau, Grün, Gelb und Rot. Es tat immer noch höllisch weh, aber ich lächelte nur.
„Ist schon okay.“
„Emma, das ist nicht okay. Hast du mal deinen Arm gesehen? Sophie, sieh dir das mal an.“
Auch Sophie kam nun und riss erschrocken die Augen auf.
„Hast du deine Binde nicht getragen?“
Ich schüttelte den Kopf, leicht beschämt darüber, dass sich so viele Sorgen machten.
„Nein, ich hab sie immer wieder vergessen und dachte, dass das auch so gehen würde. Es tat auch anfangs garnicht weh.“
„Nun gut, gehe bitte schnell zu Maria und lass dir von ihr ein Kühlungspflaster geben. Nimm das mit, damit sie es dir gleich darüber machen kann.“ Sie gab mir die Binde und ich ging hinaus. Es war mir wirklich unerklärlich, warum sie alle so einen Wind darum machten. Ich mein, blaue Flecken waren in der letzten Zeit keine Seltenheit gewesen und trotz des Hämatoms konnte ich problemlos schießen.
Ein groß gewachsener Junge, blonde Haare, grüne Augen kam mir entgegen und blieb vor mir stehen.
„Du bist also die kleine Freundin vom Carter?“
„Soll ich ein Zettel aushängen, mit Foto?“ Er grinste und reichte mir die Hand.
„Hey, ich bin Chris.“
„Emma. Wieso fragen mich das alle so überrascht?“
„Naja, weil Carter eben noch nie eine Freundin hier gehabt hat. Und mindestens jedes 2. Mädchen ein Auge auf ihn geworfen hat.“
„Soll mir Recht sein, solange sie ihre Augen benutzen und nicht ihre Hände wie Melanie.“
„Ahja, Melanie. Coole Aktion vorhin übrigens.“
Irritiert grinste ich.
„Danke.“
„Wurde auch mal Zeit, dass die eine vorn Latz bekommt. Die terrorisiert hier jeden, der ihr nicht in den Kram passt.“
„Ja, das sieht ihr ähnlich. Ich…“
„Emma? Wo bleibst du denn? Oh hey Chris.“ Nik kam aus der Tür und gab ihm freundschaftlich die Hand.
“Sophie wartet schon.”
“Na dann lass ich euch mal weiter machen. Bis dann.”
“Ja, bis dann. War nett dich kennenzulernen.“
Damit verschwand Chris und Nik zog mich an der Hüfte zum Sanitätsraum.
„Beeindruckend wie ruhig du bleibst, wenn mich ein Jungs an flirtet. Ich könnte das nicht…“
Geknickt darüber, dass ich so eifersüchtig war und darüber, dass er es eben nicht war, sah ich zu Boden. Natürlich war Eifersucht in bestimmten Mengen totales Gift für eine Beziehung, aber ein wenig musste doch auch sein oder?






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