Die vier Farben des Districts - Teil 4

Autor: Riefie
veröffentlicht am: 21.05.2012


Ich hörte, wie die Tür nebenan ins Schloss fiel und die ersten Stimmen der Jungs zu mir drangen. Ich wollte alleine sein. Irgendwie kam mir das alles so unwirklich vor. So als wollte mich jemand für total bescheuert halten und mir was vom Nikolaus erzählen. In mir war es irgendwie leer.
Abtrünnige, Silvers, Han und District? Wir Tribute? Hatten meine Eltern etwa davon gewusst? Aber ich konnte sie jetzt noch nicht darauf ansprechen, zu verworren schienen die Gedanken in meinem Kopf. Es war zum verrückt werden. Die Mädels waren komplett aus dem Häuschen gewesen. Sie stellten sich das wahrscheinlich so einfach vor. Vor allem konnten sie mit ihren Typen zusammen sein.
Ich mein, dieser Jonathan schien es Faust dick hinter den Ohren zu haben und wenn er diese Geheimorganisation District schon überfallen hatte, wie stark war er dann wohl? Immerhin waren dort weit Erfahrene Leute als wir es waren. Wir würden jetzt erst unsere Ausbildung beginnen und schon um die Welt kämpfen. Ich zweifelte nicht daran, dass sie die Welt beherrschen konnten. Im Gegenteil, ich machte mir eher darüber sorgen, einer der anderen zu verlieren. Immerhin schienen diese Silvers keine Skrupel zu haben. Ich komm mir irgendwie so dämlich vor, diesen Schwachsinn zu glauben, aber es bleibt mir ja wohl nichts anderes übrig.
Ich schnappte mir meine Laufschuhe, zog meine Jogginghose an und stopfte mir die Kopfhörer in die Ohren. Als ich in den Wohnraum kam, starrten mich 7 Augenpaare an.
„Ich geh nur raus. Bis später.“ Ohne eine Antwort abzuwarten ging ich raus. Ich wollte nichts hören von wegen, wie ich diese hammermäßig tolle Situation fand. Ich fand sie scheiße, ich finde es überhaupt nicht toll im Mittelpunkt zu stehen und so zu tun, als wäre es ein leichtes diesen Typen zur Strecke zu bringen.
Ich wusste nicht wie lang ich rannte, wohin ich rannte. Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen und zu unterscheiden, was falsch und was richtig ist. Ich stoppte erst, als ich den Brunnen des Innenhofes sah. Die Tür des Hauptgebäudes öffnete sich und Finn kam heraus.
„Hey, ist alles in Ordnung bei dir?“ Mein Puls raste und ich war außer Puste. Doch mein Kopf schien endlich wieder klarer zu werden.
„Ja, es geht schon. Ist nur alles so…keine Ahnung.“
„Ich weiß was du meinst. Es hört sich ziemlich komisch an, als ob jemand neuen Stoff für einen Film suchen würde.“ Ich nickte.
„Ich hab gehört, du bist wohl die stärkste unter den Mädels?“
Ich zuckte nur mit den Schultern. Was sollte ich denn auch schon sagen?
„Ich hab vielleicht die größte Klappe, aber von dem Rest muss mich erstmal einer überzeugen.“
Finn grinste. „Ja, die größte Klappe hast du auf jeden Fall. Lass uns erstmal schauen, wie es läuft. Sophie meinte, dass keiner von uns da mitmachen muss. Doch wenn ihr mit macht, müssen wir das auch.“
„Wie?“
„Ja, keine Ahnung. Wir würden das nächste Woche erklärt bekommen, meinte zumindest Sophie.“
„Hmm… okay. Bin mal gespannt, wie das alles läuft. Was denkst du denn darüber?“
„Naja, irgendwie find ich das schon eine krasse Geschichte, aber… auf der anderen Seite, ich würde auch nicht einfach da sitzen wollen, wenn ich wüsste, dass irgend so ein hirnloser Ochse versucht, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Ich mein, ich will mir garnicht vorstellen, was es noch für andere Fähigkeiten gibt.“
„Also du würdest da mitmachen? Aber was wenn jemand umkommt?“
„Es stirbt doch jeden Tag einer. Entweder bringt er sich um, der andere stirbt bei einem Autounfall, hunderte Sterben bei einem Flugzeugabsturz. Warum sollte einer von uns nicht dafür sterben, dass die Menschen ihre Illusion von einer halbwegs heilen Welt behalten können? Also ich habe keine Lust, dass ich irgendwann ein Sklave dieses komischen Jonathan werde. Für sowas bin ich nämlich garnicht geeignet. Ich lasse mich nicht gern rum kommadieren.“ Bei den letzten Worten machte eine ernste Miene und hob den Finger. Es sah zum Lachen aus, aber irgendwie hatte er Recht. Ich könnte mir nicht vorstellen, Menschen sterben zu sehen nur weil ich zu feige war, meine Kraft zu nutzen, die mir schon in die Wiege gelegt wurde.
„Du hast Recht. Versuchen kann man es ja mal und so ganz ohne Training werden wir ja da nicht reingeschickt.“ Er grinste und machte seine Hände zu einer Pistole.
„Warts nur ab, ich werde ein richtiger James Bond.“ Ich grinste zurück und stellte mich in eine gekonnte Pose.
„Klar und ich mache einen auf Halle Berry.“

Langsam gingen wir wieder rein. Ich mochte Finn. Mit ihm kann man reden, ohne dass er gleich einen seiner Machosprüche raushängen lässt. Leo hatte sich echt einen guten Kerl rausgesucht.
„Danke, dass du mir dabei geholfen hast, meine Gedanken zu sortieren.“
„Wenn du wüsstest, wie verwirrt ich war. Ich war selbst überrascht das bei mir auf einmal so kluge Sätze rauskamen.“
„Spinner!“ Wir grinsten uns an und stiegen die Treppen zu den Mädchenschlafsälen hinauf.
„Sag mal, hast du eigentlich um jemand bestimmten Angst? Ich mein…. Falls jemand sterben sollte… du weißt schon.“ Ich wusste nicht, ob es richtig war, ihm diese Frage zu stellen, aber irgendwie musste ich es doch rauskriegen.
„Naja, eigentlich seit ihr mir alle sehr wichtig, sogar du und Pia, obwohl wir uns erst seit kurzem kennen.“ Ich nickte.
„Geht mir genauso. Ihr macht es aber auch einem echt einfach, sich sofort wohl zu fühlen.“ Er legte den Kopf schief.
„Du machst es uns leicht, mit dir auszukommen. Wie sieht es mit dir aus, hast du bei jemand bestimmten Angst?“ Ich schwieg. Was sollte ich auch sagen? Das ich Angst hatte Nik zu verlieren, obwohl ich nicht einmal wusste, ob er meine Gefühle erwiderte? Natürlich hatte ich auch Angst um die Mädels, doch bei Nik fühlte es sich irgendwie… schlimmer an. Als ob mir jemand sagen würde, dass ich nicht mehr atmen kann.
„Nik?“ Ich hatte wohl meinen Kopf zu schnell hochgezogen, denn er nickte nur. Wir sagten kein Wort mehr, ehe wir die Tür zu unserem Zimmer öffneten.
„Mach dir nicht so viele Gedanken. Nik hat mehr drauf als du glaubst und er zeigt nicht gerne, was er fühlt. Also sieh nicht alles als Abweisung, manchmal stößt er die Leute einfach von sich weg, auch wenn er sie sehr mag.“
Es war schon spät in der Nacht, als ich immer noch wach dalag und darüber nachdachte, was Finn mir dazu gesagt hatte. Aber Nik hatte mich den ganzen Abend nicht beachtet, als wäre ich Luft. Als wäre er sauer über die Situation und ich hätte Schuld daran. Die anderen hatten viel darüber geredet, doch ich hatte mich nur auf einen Sessel gesetzt und zugehört.
Ich konnte immer noch nicht glauben, dass das alles an uns 8 hing. Die Tribute… ich würde schon sehen, was passiert. Aber es wurde wieder eine Nacht, in der ich nicht schlief. Erst in den frühen Morgenstunden schloss ich die Augen und schließ erschöpft und voller Kopfschmerzen ein.
Es musste schon 11:00 Uhr sein, als ich endlich aufstand, duschen ging und mich fertig fürs Frühstück machte. Ich hatte zwar nicht wirklich hunger, aber irgendwas musste ich ja zu mir nehmen – und wenn es nur ein trockenes Brötchen wäre.
Als ich in die Kantine kam, war ich froh, dass mich unser Tisch nicht gleich wahrnahm. Ich ging gezielt zur Theke, nahm mir ein Brötchen und eine Tasse Kaffee und setzte mich an den Tisch. Erst da sahen alle kurz auf, lächelten ein „Guten Morgen“ und vertieften sich wieder in ihr Gespräch. Ich wusste immer noch nicht, was ich dazu sagen sollte. Es schien, als würden alle darauf warten, dass ich mich entscheide. Dabei hatte ich das doch schon…oder?
„Ich werde es versuchen.“ Als hätte ich mich gerade als Mann geoutet sahen mich alle an. Ich sah hilfesuchend zu Finn der mir zunickte.
„Ich auch.“ Als hätte ich es geahnt, stimmte auch Leo kurz darauf zu. Auch Martha schien lange darüber nachgedacht zu haben, denn sie sagte auch zu und ihr traute ich das nicht zu, dass sie das unüberlegt tat. Dave meldete sich zu Wort.
„Bist du dir sicher Martha?“
„Ja, wieso?“
„Na, da muss ich ja dann wohl auch mit. Ohne mich würdest du… also ihr ja total alt aussehen.“
Ich musste aus irgendeinem Grund grinsen. War das jetzt wirklich wegen uns oder nur wegen Martha? Auch Jason und Pia sagten zu. Wir würden es also alle versuchen… obwohl, Nik hatte noch nichts gesagt. Als hätte nicht nur ich das bemerkt starrten alle Nik an.
„Ihr lasst mir doch sowieso keine Wahl als da mitzumachen.“ Er lächelte schaute an nur nicht mich. War ich jetzt irgendwie schrecklich anzusehen? Hatte ich irgendwo eine riesige Warze im Gesicht oder was? Das geht mir so dermaßen auf die Nerven. Gott, warum musste ich mich ausgerechnet in so einen verlieben?
Den Tag über taten wir nicht viel. Die Jungs trainierten ihr ach-so-geil-aussehenden-Körper während wir Mädchen auf der Tribüne saßen und ihnen zusahen. Martha hatte ihren Kopf wieder in ein Buch gesteckt, Leo feilte ihre Nägel und Pia lag in der Sonne und hatte die Augen geschlossen.
Ich hatte mal wieder meinen iPod an und versuchte alles um mich herum zu vergessen. Was ganz und garnicht leicht war.
Egal welches Lied ich anmachte, keines der Lieder schien zu mir zu passen, zu meiner Situation. Ich aß nicht viel an dem Tag und hatte auch generell zu wenig Lust. Die Sache mit diesem District machte mich fertig. Hinzu kam noch diese komische abweisende Haltung von Nik, die mir den Rest gab.
Am Abend saßen wir wieder bei uns im Wohnzimmer, unschlüssig was wir tun sollten.
„Also… ich würde sagen, wir spielen Singstar.“ Als alle zustimmten baute ich mit Pia die Playstation samt Zubehör auf, die selbstverständlich auch in unserem Luxus vorhanden war.
„Ich schlage vor, wir machen vier Teams und losen aus.“ Jeder schrieb seinen Namen auf einen Zettel und wir mischten. Leo zog das erste Team.
„Pia mit … meiner Wenigkeit.“ Die beiden grinsten sich an und Pia zog das nächste paar.
„Emma, du bist mit Finn.“ Hui, zum Glück nicht mit Nik, das konnte ich nun wirklich garnicht gebrauchen. Vorsichtig sah ich zu Nik hinüber. Seine braunen Haare fielen ihm in die Stirn und er sah irgendwie… naja nicht glücklich aus. Natürlich musste sich Miss Emma Watson gleich wieder einbilden, dass es ja nur wegen ihr sein konnte, weil er nicht mit ihr in einem Team war. Naja, man konnte sich ja viel einbilden. Egal, ich beschloss den heutigen Abend zu genießen und mich so dermaßen auszupowern, dass ich abends wenigstens einigermaßen gut schlafen konnte.
Jason war mit Martha in einem Team und Nik und Dave bildeten wohl das interessanteste Team. Wir alberten ziemlich viel herum. Sangen schiefe Töne und ich war froh, dass ich bis jetzt in keinem Duett singen musste. Und schon machte mir dieses blöde Spiel einen Strich durch die Rechnung. Es war die letzte Runde und Finn und ich hatten ziemlich gute Chancen das Ding zu gewinnen. Aber… die einzigen die uns noch einholen konnten waren Nik und Dave. Keine Ahnung wie die das geschafft haben aber um ehrlich zu sein, habe ich mich versucht mit was anderem zu beschäftigen, damit ich ja Niks Blick nicht begegnete, diesem unglaublichen Blick der mich sowieso nur aus der Fassung bringen würde.
„Emma? Du und Nik müsst gegeneinander singen. Aber nacheinander. Erst du und dann Nik.“
„Alles klar. Was muss ich singen?“
„Ehm… warte ich schau mal. Adele – Set Fire to the Rain.“
„Uff nicht gerade leicht.“ Finn grinste mich von der Seite an und machte eine Kopfbewegung zu Nik, als er leise flüsterte: „Zeig’s ihm. Hau ihn weg. Ich hab deine Stimme gehört, sie ist klasse.“ Ich nickte schwach und sah, wie das Intro anfing zu spielen.
I let it fall, my heart
And as it fell you rose to claim it
It was dark and I was over
Until you kissed me lips and you saved me
My hands, they were strong
But my knees were far too weak
To stand in your arms
Without falling to your feet
But there's a side to you
That I never knew, never knew
All the things you'd say
They were never true, never true
And the games you'd play
You would always win, always win
But I set fire to the rain
Watched it pour as I touched your face
Let it burn while I cry
'Cause I heard it screaming out your name
When laying with you
I could stay there, close my eyes
Feel you here forever
You and me, together, nothing gets better
'Cause there's a side to you
That I never knew, never knew
All the things you'd say
They were never true, never true
And the games you'd play
You would always win, always win
But I set fire to the rain
Watched it pour as I touched your face
Let it burn while I cry
'Cause I heard it screaming out your name
I set fire to the rain
And I threw us into the flames
I felt something die
'Cause I knew that that was the last time
The last time
Sometimes, I wake up by the door
And heard you calling, must be waiting for you
Even now when we're already over
I can't help myself from looking for you
I set fire to the rain
Watched it pour as I touched your face
Let it burn while I cry
'Cause I heard it screaming out your name
I set fire to the rain
And I threw us into the flames
I felt something die
'Cause I knew that that was the last time
The last time
Let it burn
Let it burn
Die letzten Töne verstummten als Finn mich umarmte. Ich hatte die ganze Zeit die Augen geschlossen, aus Angst die Blicke von Nik zu sehen.
„Das hast du perfekt gemacht. Du hättest dir mal Niks Blick ansehen sollen. Wenn der sich jetzt nicht in dich verliebt hat, dann weiß ich auch nicht mehr.“ Ich grinste und schaute auf meinen Punktestand.
„Oh!“ Ich hatte satte 9990 Punkte. Ich sah Nik an, dessen Augen auf mir ruhten. Knall! Da war es wieder. Dieser Moment, ihm Stunden in die Augen zu sehen, dabei waren es nur Sekunden. Mein Körper war mit einer Gänsehaut überseht und mein Herz pochte, als ob es kein Morgen mehr gäbe.
„Ich denke, da brauch ich garnicht mehr antreten.“ Er lächelte mich so zuckersüß an und ich konnte nicht anders, als zurück zu lächeln. Ich hatte das Gefühl, auf Wolke 7 zu schweben. Es machte mich unsagbar glücklich, aber die Angst, ihn zu verlieren, stieg weiter. Dabei besaß ich ihn noch nicht einmal und ich wusste nicht, ob ich ihn überhaupt jemals für mich gewinnen würde.

5 Tage später…
Ein dunkelhaariger, ziemlich durchtrainierter junger Mann stand vor uns. Sophie stand neben ihm und lächelte uns an. Sie schien froh darüber zu sein, dass wir uns alle entschieden haben zu kämpfen. Auch wenn keiner von uns wusste, worauf er sich da eingelassen hatte.
In den letzten Tagen war das Internat immer voller geworden. Die Klassenzusammensetzungen wurden veröffentlicht und viele schienen verwundert, dass keiner von uns einer Klasse zugeordnet war. Wir wussten nicht, was Sophie ihnen erzählt hatte, aber sie ließen uns in Ruhe. Während der Schulalltag für die meisten begann, so begann für uns das Training. Ich hatte in den letzten Tagen viel Zeit alleine und mit Finn verbracht, was mir viele bösen Blicke von Leo einbrachte. Mittlerweile hatten wir die Situation geklärt und sie konnte nur zu gut verstehen, wieso ich gerade mit Finn über Nik redete. Nik… er spukte mir schon eine ganze Weile im Kopf herum. Ich konnte seine Launen nicht deuten. Mal sah er mich so liebevoll an, mal war ich wie Luft. Ich musste mich nun auf das Training konzentrieren und Nik ein für alle Mal aus meinem Kopf verbannen.
Eine Hand legte sich auf meinen Rücken und schubste mich nach vorn. Ich taumelte und konnte mich gerade noch mit einer Hand am Boden abstützen um nicht den Boden zu küssen.
„Keine Spannung. Das soll also die Legendäre Besitzern des mächtigsten Hans sein?“ Der Mann ging um mich herum, stellte sich wieder vor uns und schüttelte den Kopf. Zu Sophie gewandt sagte er:
„Wir haben eine Menge Arbeit vor uns“
Dieser Depp spinnte ja mal so dermaßen. Was bildete der sich eigentlich ein, mich zu schubsen? Nur weil er sich für etwas Besseres hielt. Dem würde ich schon die Suppe versalzen. Von wegen Schwach und keine Spannung.
„Ich bin Mike. In Zukunft werdet ihr darauf hören, was ich euch sage. Wenn ihr müde seid und schlafen wollt, werde ich euch weiter trainieren lassen, bis ihr umfallt. Je mehr ihr rummault, desto härter wird das Training. Ich werde jeden von euch schuften lassen, ich werde keine Rücksicht auf einen einzelnen von euch nehmen. Jonathan würde das auch nicht tun.“
Achso, ich war hier also beim Militär gelandet. Was war denn bei dem für eine Schraube locker? Anscheinend alle, der hatte wohl seinen Schraubenzieher verloren oder noch besser, der Akkuschrauber schien irgendwann keinen Bock mehr auf ihn zu haben und hatte gestreikt. Mistkerl!
„Gerade du, Emma. Du solltest nun gut zu hören und aufhören in deinem Kopf mir sonst was an den Kopf zu werfen. Es bringt sowieso nichts.“ Brr… dieser verdammte… Ich schwör dir, du wirst mich noch kennenlernen, wenn ich stärker bin als du.
„Bis du erstmal stärker bist als ich, werden Wochen, wenn nicht sogar Monate vergehen. Aber du kannst es gerne versuchen. Nimm es als Ansporn dazu, gut mitzuarbeiten.“ Wie… sag mal konnte der Depp mal aufhören in meinem Kopf rumzueiern. Das war immer noch meine Privatsphäre.
„Noch etwas…“ Ich sah ihm direkt in die Augen. Meine Wut stieg und ich wusste, würde er noch eine Sache sagen, würde er mal meine Kraft zu spüren bekommen. Genau wie Sophie. Ich spürte die Hitze in meinen Händen aufsteigen. Er grinste.
„Hör auf ständig an Nik zu denken und daran was du für ihn fühlst. Ich weiß zwar, was er über dich denkt, aber Gefühle machen dich schwach und lenken dich ab.“ Ich spürte die Druckwelle noch bevor ich zu Boden knallte. Er hatte einfach meine Angriffswelle zu Nichte gemacht und auf mich zurück geschleudert. Wie…
„Siehst du. Du bist zu schwach, weil du nicht an dich glaubst.“ Ich stand auf, mein Kopf war feuerrot und ich schwor mir, so gut zu mitzuarbeiten, dass ich ihm schon bald dermaßen meine Kräfte entgegen schleudern würde, dass ihm hören und sehen vergehen würde.
„Ihr alle glaubt noch nicht genug an euch. Ich weiß, dass es schwer ist, dass alles zu glauben. Aber ihr habt euch dafür entschieden, somit hört auf Zweifel an der Sache zu hegen.“ Er sah Sophie an und sie nickte.
„Zu allererst müsst ihr anfangen, keine Skrupel vor euren Gefühlen zu haben. Entweder ihr steht dazu, oder ihr lasst es bleiben. Da ich schon weiß, dass keiner von euch auf Gefühle verzichten wird, werdet ihr lernen, sie offen auszutragen.“ Bahnhof! Ja genau, ich verstand nur Bahnhof.
„Jeder von euch nimmt sich jetzt den Partner, für den die Gefühle am stärksten sind.“ Ich schaute in die Gesichter der Mädels die rot angelaufen waren. Na das würde ja was werden. Als sich keiner von uns bewegte, riss anscheinend Mikes Geduldsfaden.
„Pia geh zu Jason, stell dich in Angriffsposition hin.“ Pia schien das überhaupt nicht zu freuen, dass so ihre Gefühle rauskamen, aber… dieses Schicksal schien uns allen bevorzustehen. Mike stellte sich hinter Pia, die sich Jason gegenüber gestellt hatte.
„Ich möchte jetzt, dass du ihn schlägst.“ Pia schien total überfordert und starrte nur Sophie an, die wieder nur nickte. Mike ging zu Jason und flüsterte ihm was ins Ohr.
„Los. Tu es.“ Pias erster Schlag schien irgendwie nicht gerade… überzeugend. Es war mehr eine Streicheleinheit als ein Schlag.
„Fester!“ Wieder nichts.
„Ich sagte, fester!“ Sie schlug ihm mit der Faust mitten in den Bauch und schrie auf. Sie umklammerte ihre Hand mit der anderen und verzog schmerzlich das Gesicht. Jason grinste nur und ich verstand. Er hatte alles über sich ergehen lassen, weil er jetweige Muskeln angespannt hatte.
„Nochmal!“ Sie schlug ihn mehrere Male in den Bauch und verzog jedes Mal das Gesicht. Mike musste garnichts mehr sagen, denn Pia schlug immer weiter, als wäre sie in einem Rausch. Als Jason anfing zu lachen, schien der Damm gebrochen. Um ihre Hände loderte ein blaues Licht, welches sich zu einem Wasserring formte, der sich um ihre Handgelenke zog. Sie schien nicht mehr sie selbst zu sein, sie würde gleich ihre komplette Wut auf Jason entladen. Irgendwie wurde mir mulmig zu Mute.
„Hör auf.“ Pia schien Mike nicht zu hören, der hinter ihr stand. „Wenn du ihn liebst und zu deinen Gefühlen stehst, hörst du jetzt auf.“ Pias Arme sanken und ihre Knie knallten auf den harten Hallenboden. Sie schien am Ende ihrer Kräfte. Als ich ihr erstes Schluchzen hörte, wollte ich zu ihr, doch Mike versperrte mir den Weg.
„Das ist nicht deine Aufgabe, Emma.“ Jason ging zu Pia, nahm sie in den Arm und redete beruhigend auf sie ein. Sophie nahm die beiden und ging mit ihnen in die angrenzende Halle. Das gleiche Spiel spielte sich auch noch bei Leo und Finn ab, die auch im Nebenzimmer verschwanden.
„Martha und Dave. Kommt ihr bitte zu mir.“ Daves Gesicht war zum schreien. Er sah ungefähr so aus, wie ein Mann der gerade von seinem Therapeuten erfahren hatte, dass er homosexuell ist. Sie stellten sich gegenüber. Mike stellte sich neben die beiden und sah Dave an.
„Schlag sie“ Wie bitte? Der wollte, das Dave Martha schlug?! Was war denn bei dem schief gelaufen.
„Was?!“
„Ich will das du Martha schlägst.“
„Was wieso?“
„Hegst du Gefühle für sie?“
„Nein, also ich weiß es nicht. Ich hab mir darüber keine Gedanken gemacht.“
„Das ist schlecht. Liebst du sie?“
„Ich weiß es nicht.“
„Dann schlag sie!“ Ich sah wie Dave die Hand hob und… Knall! Martha hatte ihm dermaßen eine um die Ohren gepfeffert, dass Daves Wange leicht rot wurde. Entsetzt starrte Dave sie an.
„Was…?!“ Mike entfernte sich langsam und sah ziemlich zufrieden aus.
„Mir geht das sowas von auf die Nerven mit dir. Ich hab dich immer in Schutz genommen, vor jedem! Deine blöden Weibergeschichten, immer musste ich mir im Nachhinein anhören, wie scheiße dich alle fanden und deinen Ruf wiederherstellen, nur damit du deine nächste Tusse aufreißen konntest.“
„Martha, ich…“
„Nein nichts Martha ich! Immer geht es nur um dich und wenn du meine Hilfe brauchtest, dann war ich gut genug. Ich hab dir immer zur Seite gestanden und du wagst es, die Hand gegen mich zu erheben?! Ich verlange nicht von dir, dass du meine Gefühle erwiderst, aber dass du deswegen gleich das tust, was er dir sagt… damit bist du bei mir unten durch.“ Martha drehte sich auf dem Absatz um und ich sah ihr wutentbranntes Gesicht, aber auch ihre Tränen die verräterisch in ihren Augen glitzerten. Ich wusste, dass ich ihr nicht hinterhergehen durfte, aber eins durfte ich.
„Martha, ich versuche schnell bei dir zu sein. Lass den Kopf nicht hängen, du bist ein starkes Mädchen.“ Sie nickte dankbar und ging dann schnellen Schrittes raus. Dave stand da wie ein begossener Pudel. Seine Hände hingen an seinen Seiten herunter und er sah mich an. Ich setzte meinen Todesblick auf und als hätte es irgendwas in ihm geweckt, schrie er los und rannte hinter Martha her. „Scheiße!“ Dann war er verschwunden.
Ich realisierte sofort, dass ich nun mit Nik alleine war. Ich sah zu ihm, aber sein Blick war starr auf Mike gerichtet.
„Ich werde sie nicht schlagen!“ Huch, da war aber jemand sauer.
„Das will ich auch garnicht.“ Sein Blick wanderte zu mir. „Es wird viel härter.“ Auf seine Anweisung hin, stellten wir uns vor die große Spiegelwand.
„Ich möchte, dass ihr euch 1 Minute lang durch die Spiegel in die Augen schaut.“
Na, wenns weiter nichts ist. Komischerweise fiel es uns beiden nicht schwer, die eine Minute ohne ein Blinzeln oder weggucken zu überstehen.
„Nun, stellt euch gegenüber. Ich möchte, dass ihr euch jetzt anguckt. Solange es euch möglich ist.“ Mein Blick traf Niks und wir sahen uns in die Augen. Es verging keine Minute als Nik seinen Blick senkte und seine Hände zu Fäusten ballte. Boah, mir ging das sowas von auf die Nerven. Ständig die selbe Scheiße. Erst wirft er mir diese intensiven Blicke zu, bei denen ich dahin schmolz und im nächsten Moment schien es, als widere mein Anblick ihn an. In mir stieg eine Wut hoch, die ich in den letzten Tagen versucht hatte zu zügeln. Ich wusste nicht, ob es von Mike beabsichtigt war oder nicht, aber ich hatte die Schnauze gestrichen voll. Von ihm, von Sophie und von Nik. Ja, der Nik der mir eigentlich irgendwie mein Herz genommen hatte, der mich hatte schwach aussehen lassen indem ich ihm hinterher heulte.
Doch so schnell wie die Wut gekommen war, verflog sie auch wieder. Ich fühlte mich, wie ein verletztes Reh, was von seiner Herde verlassen wurde. Was zurück gelassen wurde, aus Angst, ich könnte die komplette Gruppe schwächen. Ich hatte meinen Stolz verloren, mein Selbstvertrauen. Wie konnte ich auch nur eine Minute daran glauben, dass so ein Typ wie Nik es war, es wagen würde, sich in mich zu verlieben? Noch bevor mein Kopf den Satz zu Ende gedacht hatte, waren die Worte schon über meine Lippen gekommen.
„So sehr widere ich dich also an, dass du mir nicht einmal eine Minute persönlich in die Augen schauen kannst?“ Niks Blick hob sich und blickte direkt in meine Augen. Seine Augen waren weit aufgerissen und er schien ziemlich geschockt darüber zu sein, was ich gerade gesagt hatte.
„Ich… nein, das… so ist es nicht.“
„Was dann?“






Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz