Before the first teardrop falls - Teil 6

Autor: Riefie
veröffentlicht am: 11.05.2012


Danke für die lieben Kommentare. Das hat mich so angespornt, dass ich die Geschichte fertig habe. Das heißt, ihr bekommt jetzt jeden Tag einen neuen Teil, bis das Ende da ist.
Ganz besonders möchte ich Talia danken, du hast mir echt immer Mut gemacht und immer alles so lieb kommentiert - vielen Dank dafür!
Viel Spaß mit dem nächsten Teil von Charlett und Phil.



„Du wirst auf sie achten. Ich vertraue dir, du warst von Anfang wie ein Sohn für mich. Ich habe dich in diesem Beruf großgezogen. Dich von der Ausbildung hierher begleitet. Ich möchte, dass wenn ich nicht zurückkomme, du auf sie aufpasst. Sie ist mein ein und alles. Sie soll nicht leiden und ihren Lebensmut verlieren. Sie wird vor dem Meer Angst haben, leite sie dorthin. Bring sie zum Meer, egal wo und ich werde ihr zeigen, dass ich immer noch da bin. Begleite sie bis dahin, sodass sie Halt hat. Ich hätte dich gern als Schwiegersohn gehabt. Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann. Gib ihr dies, wenn sie ihre Angst überwunden hat. Sie wird es verstehen. Charlett, ich hatte wirklich keine Chance. Du müsstest doch deinen Vater kennen.“ Sie sah ihn ausdruckslos an. „Sprich weiter.“
„Ich blieb also auf Station und war nonstop mit deinem Vater in Verbindung. Es lief auch alles super. Der Einsatz lief nach Plan und dein Vater hatte die beiden Kinder in den Korb gelegt und war auf dem Weg zurück in den Hubschrauber. Ich war schon erleichtert, dass alles gut gegangen war. Als ich auf einmal seine Stimme vernahm. Es waren die letzten Worte, die ich von ihm hörte.“ Er stand auf und ging zu der kleinen Kommode, auf der die zartrosa Muschel lag. Er gab sie ihr und blickte sie an.
„Öffne sie.“ Ihre Hände zitterten und sie schloss ihre Finger darum. Langsam, Millimeter für Millimeter öffnete sie sie. Ihre Hand griff hinein und er sah, wie sich ihr Gesicht sich schmerzhaft verzerrte. Er meinte ein kurzes Lächeln über ihr Gesicht huschen zu sehen, als sie die Uhr ihres Vaters in den Händen hielt. Er wusste, dass sie nun alleine sein musste. Langsam stand er auf, als er seine Hand auf den goldenen Knauf legte, hörte er ihre zarte, zitternde Stimme.
„Phil?“ Er drehte sich zu ihr um, sie hob ihren Blick und er sah ihre glitzernden Augen, die in seine blauen schauten. „Was waren seine letzten Worte?“ Er lächelte leicht und schaute sie so liebevoll an, wie es nur ging.
„Sie hat einen furchtbaren Sturkopf. Phil, du wirst dich in sie verlieben, glaub mir und sag ihr, wenn es Zeit ist, dass sie meinen Segen hat. Ich werde ihr von oben zu sehen und sie immer lieben.“
Seine Hand öffnete die Tür und er verschwand dahinter.

Charlett wusste nicht, ob sie lag oder saß. Ob sie stand oder schon umgefallen war. Die Uhr in ihrer Hand war die ihres Vaters. Es konnte nicht anders sein. Sie hatte sie ihm zu seinem Geburtstag geschenkt, der letzte Geburtstag. Das Lederarmband hatte schon seine Spuren davongetragen und das kalte Metall der Breitling lag in ihren Hände. Langsam drehte sie die Uhr um und las die Zeilen, die sachte auf die Rückseite eingraviert waren.
Immer dein, immer mein, immer uns.
Erst jetzt realisierte sie, dass Phil die Wahrheit gesagt hatte. Die Mauer in ihr fiel. Lautlos, wie von selbst brach sie zusammen und in ihrem Kopf tauchten unendlich viele Bilder auf. Sie, als Kind mit ihren Eltern am Meer. Die Bilder, die unter Wasser von ihnen beim Tauchen gemacht wurden. Die Trauerfeier, wo hoch angesehene Leute da waren. Die schwarzgekleideten Menschen, die alle eine ernste Miene zu machen schienen, aber lächelten sobald sie Charlett sahen. Ihre Mutter, die sich abmühte, zu überleben, ihr das bestmögliche Leben zu geben. Wie sie jede Nacht ein Hemd ihres Vaters trug und sich in den Schlaf weinte. Wie jede noch so kleine Hoffnung sie aufwachen ließ, nur um sie enttäuscht wieder einschlafen zu lassen. Und Phil. Der ihr gezeigt hatte, wie glücklich sie sein konnte. Der das Versprechen ihres Vaters gehalten hatte und sie wirklich gerettet hatte.
Sie zog die Uhr ihres Vaters an und langsam, aber sicher schaukelte sie sich in den Schlaf.

Phil hatte die ganze Nacht kein Auge zu gemacht. Er konnte ihr keinen Brief darüber schreiben. Es wäre feige gewesen und er war es ihr schuldig, es persönlich zu sagen. Er wusste nicht, ob sie sauer auf ihn war. Doch es war ein Vertrauensbruch. Aber er hatte es ihrem Vater versprochen, zu warten bis sie es verkraftet hatte.
„Sie hat einen furchtbaren Sturkopf. Phil, du wirst dich in sie verlieben, glaub mir und sag ihr, wenn es Zeit ist, dass sie meinen Segen hat.“ Thomas hatte mal wieder Recht. Er hatte sich wirklich in Charlett verliebt, ohne dass er es wirklich gewollt hatte. Es war einfach passiert. Doch was nun? Sie würden in wenigen Stunden zwar in dieselbe Richtung fliegen. Doch er würde über New York fliegen und sie über Miami. Aber er wollte sie nicht bedrängen. Das konnte er einfach nicht. Er war erleichtert, dass er gegenüber Thomas sein Versprechen einlösen konnte, aber die Angst und Sorge um Charlett, dass sie ihn nie wieder sehen wollte, erdrückte ihn fast. Er stand auf, nahm sich Papier und Stift und lief runter zum Strand. Die Sonne streckte gerade ihre ersten Fühler dem Horizont entgegen. Es wirkte fast unwirklich, so einen schönen Sonnenaufgang zu sehen, obwohl alles andere zu zerbrechen schien. Er schrieb die ersten Zeilen, als sein Herz die ersten Schläge ohne sie tat.

Sie hatte ihn nicht mehr gesehen. Sie wusste auch garnicht mehr, was sie ihm hätte sagen können. Ivy hatte sie besorgt angesehen, aber sie wusste, dass Charlett nicht dazu in der Lage war, darüber zu reden. Johnny schien es schon zu wissen. Beide nahmen sie lange in die Arme, bevor sie sich in ihre Wagen setzten und wegfuhren. Charlett ging durch das Haus, in jedes Zimmer und stand mit zitternden Händen vor Phils Tür. Langsam drückte sie die Klinke runter. Das Zimmer war sauber, unberührt, als wäre nie etwas geschehen. Langsam ging sie auf das Bett zu, streifte mit ihren Fingerspitzen über die kühle Bettdecke. Ihre Hand berührte ein Stück Papier, das sich als Brief auf einem von Phils T-Shirts erwies. Langsam setzte sie sich hin, nahm zuerst den Brief, dann das T-Shirt in die Hand. Fast automatisch zog sie das T-Shirt zu sich, roch daran und drückte es an ihre Brust. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob sie sauer oder verletzt war. In ihr war eine komische Leere. Sie nahm beide Sachen und ging ein letztes Mal Richtung Strand. Beides fest an sich gedrückt, schaute sie auf die Weiten des Meeres.
„Hast du es gewusst? Hast du gewusst, dass es so kommen würde? Hast du das so gewollt? Was hattest du geplant? Wieso er und wieso gerade jetzt?“
Irgendwas in ihr, ließ ihren Blick zu der Uhr wandern, welche sie sich um das Handgelenk gebunden hatte. Ihre Zeiger waren stehen geblieben. Die letzte Uhrzeit, die es anzeigte, war 21:21 Uhr. Fast schon mechanisch griffen ihre Finger an das Lederarmband und lösten es von ihrem schmalen Handgelenk. Sie drehte sie um, öffnete die Rückklappe und ein kleiner, zusammengefalteter Zettel fiel heraus. Langsam ließ sie sich auf den Liegestuhl sinken und hob es auf.

Mein allerliebster Schatz, du wirst dich wahrscheinlich fragen, warum er und warum gerade jetzt. Nenn es väterliche Intuition. Er ist der Richtige für dich, lass ihn nicht einfach so gehen und warum gerade jetzt. Tja, Maus, weil du mich endlich wieder spüren kannst. In Liebe, dein Vater.
Sie blickte aufs Meer und spürte es. Ja, ihr Vater war endlich wieder da. In ihr, in ihrem Herzen.
„Ich liebe dich, Dad.“ Dann drehte sie sich um und kehrte dem Meer den Rücken.

Es waren nun mehr 8 Monate vergangen. Charlett saß in ihrem neuen Zimmer und schaute durch ihre große Fensterfront. Sie öffnete die große Glastür und trat auf ihren großen Balkon. Die ihr vertraute, warme Salzluft drang in ihre Nase und Poren. Ihre Mutter war damals aus allen Wolken gefallen, als sie die Uhr ihres Mannes sah. Charlett hatte ihr alles erzählt. Eine Weile hatten sie gebraucht um das alles zu verarbeiten.
Doch nun waren sie umgezogen. Sie hatten ihre große Villa in Hamburg verkauft und waren auf die Malediven gezogen, um genau zu sein auf Kanuhura. Es war ein neu gebautes Haus, nicht so groß, wie ihre Villa davor, aber es verdiente trotzdem diese Bezeichnung. Ihre Mutter hatte schnell in ihrem Maklerberuf Anschluss gefunden. Sie waren glücklich hier. Hier wo das Meer war, wo sie ihrem Vater so nah sein konnte, wie noch nie zuvor.
Es klingelte an der Tür und Charlett ging die gebogene Treppe ins Foyer runter. Sie öffnete die große Glastür, durch die sie schon das bekannte Gesicht von Ivy erkannte. Sie hatte ihr Studium beendet und war nun eine waschechte Meeresbiologin. Sie hatten sich in den 8 Monaten sehr häufig getroffen und den Kontakt nicht abreißen lassen. Ivy war mit Johnny zusammen, auch eine Neuigkeit die sie in den letzten Monaten aufheiterte. Als Johnny in die USA ging, schenkte Charlett ihr 4 Tickets in die USA, damit sie ihn jederzeit besuchen konnte. Nicht, dass sie es sich nicht selbst leisten konnte, aber sie wollte ihr eine Freude machen. Als Charlett und ihre Mutter damals beschlossen, hierherzuziehen, nahmen sie Ivy mit. Wo sonst, konnte sie so gut ihren Job ausüben?
„Na, hast du deinen Schlüssel vergessen?“
„Jaaaaha, erwischt. Habe heute Morgen wieder verschlafen. Zu lange mit Johnny über Skype gequatscht.“
„Wird Zeit, dass du mal wieder rüber fliegst, oder?“
Ivy schloss hinter sich die Tür und sah sie an.
„Ja, du weißt nicht wie gern ich das machen würde. Aber ich kann ja nicht gleich Urlaub nehmen, nachdem ich die Probezeit überstanden hab.“ Auch wieder wahr.
Ivy schleppte die großen Einkaufstüten in die Küche und Charlett ging hinter ihr her. Während sie die Lebensmittel in die jeweiligen Schränke räumten, fing Ivy nur mit einem allzu bekannten Thema an.
„Hat deine Mutter eigentlich endlich eure Adresse im Internet ändern lassen? Immerhin seid ihr ja überstürzt umgezogen. Falls euch j e m a n d sucht.“ Oh ja, Charlett wusste worauf dieses ungewöhnlich betonte j e m a n d bezogen war. Sie hatte sich Phils Brief den ganzen Flug über durchgelesen und jedes Mal fingen die Tränen von neuem an zu laufen. Wie von Geisterhand fielen sie immer auf den Brief, als würden sie von ihm angezogen werden. In der Hinsicht hatte Phil sein Versprechen gehalten. Es war keine Träne auf den Boden gefallen. Nach 3 Monaten hatte sie sich endlich gewagt, seine Nummer zu wählen, die er ihr noch in den Brief geschrieben hatte.
Doch als wäre es ein Zeichen, bekam sie nur die quäkende Antwort, dass diese Nummer nicht mehr existierte. Damals war eine Welt für sie zusammen gebrochen. Doch der Umzug half ihr, einen Schlussstrich zu ziehen. Auch wenn seither kein Tag vergangen war, an dem sie nicht an Phil gedacht hatte. An seine kobaltblauen Augen, sein süßes Lächeln und den liebevollen Blick, der immer nur gegolten hat.
„Ja, sie hat es gestern ändern lassen. Aber ich denke, er hat mich schon lange vergessen.“
„Du musst mir nur sagen, wenn du wissen willst, wo er wohnt. Er steht immer noch in engem Kontakt mit Johnny und außerdem… meinst du nicht er sollte es erfahren? Immerhin bist du…“
„Und was soll das bringen? Soll er nur deswegen zu mir zurückkehren?“
„Ich glaube nicht, dass er nur deshalb zurückkehren würde. Johnny meinte, das Phil…“
„Ich will es nicht hören Ivy. Ich darf mich nicht aufregen und das ganze tut schon so weh genug. Jeder von uns sollte seinen eigenen Weg gehen. Das Schicksal wollte nicht, dass wir zusammen kommen. Wahrscheinlich habe ich einfach zu lange gewartet.“
Ivy senkte den Blick. „Ich werde jetzt auf die Arbeit fahren. Wenn etwas ist, ich habe mein Handy dabei, wir fahren heute zum Glück nicht aufs Meer raus. So kannst du mich jederzeit erreichen.“ Charlett nickte ihr dankbar entgegen.
„Pass auf euch auf. Bis später.“ Ivy ging und Charlett ging zurück auf den Balkon und starrte aufs Meer.
Charlett sah an sich herunter, berührte ihren mittlerweile prallen Bauch und flüsterte:
„Ich werde immer auf dich aufpassen. Solange es mir möglich ist.“

Phil war auf Station, als das Telefon von Johnny klingelte. Er angelte es aus seiner Jacke und schaute darauf. Es war Ivy.
„Hey Ivy.“
„Oh hey Phil. Ist Johnny im Einsatz?“
„Nein nein, der Junge musste sich nur mal wieder was zu essen holen.“ Beide lachten.
„Ja das kennen wir ja schon. Sag ihm einfach, er soll mich zurück rufen.“
„Alles klar. Bis demnächst. Hoffe du kommst uns mal wieder in unserer bescheidenen Junggesellenbude besuchen.“
„Bescheiden ist gut. Ihr wohnt in einem riesigen Penthouse. Untertreib mal nicht so.“
„Alles klar. Bis dann.“
„Ja, mach’s gut Phil.“
Ein Klicken war zu hören und die Leitung war weg. Phil saß unschlüssig im Aufenthaltsraum und starrte den Laptop vor sich an. Kurzerhand ging er ins Internet um wieder zum Millionsten Mal zu schauen, ob sich die Adresse von Charlett geändert hatte. Er hatte sie nicht vergessen. Wie auch? Jedes Mal wenn er die Augen schloss, sah er sie genau vor sich. Ihre schönen, grünen Augen mit den langen Wimpern. Ihre süßen Grübchen die sich immer bildeten, wenn sie glücklich war. Ja, er hatte kein Detail vergessen.
Ach was war das auch für eine Scheiße gewesen. Er hatte mehrere Wochen, wenn nicht gar Monate auf ihren Anruf gewartet, als er Vollspacken sein Handy verlieren musste. Er hatte tagelang danach gesucht und wütend festgestellt, dass es wohl einen Abgang gemacht hatte. Charlett konnte… oder wollte ihn nicht erreichen. Ob sie ihn schon vergessen hatte? Ob sie vielleicht geheiratet hatte?
Achwas, geheiratet? Nach 8 Monaten? So eine war Charlett nicht.
Die Seite öffnete sich und er gab ihren Namen ein. Er erwartete schon das schon so bekannte Signal, welches ihm zeigte, dass zwar eine Charlett Kenter eingetragen war, doch es war ihre alte Adresse aus Hamburg. Ja sogar das hatte er getan. Nach ca. 4 Monaten war er zu ihrer Adresse gefahren, nur um festzustellen, dass neue Besitzer das Haus bezogen. Diese wussten nur, dass die Familie ins Ausland gezogen war. Irgendwo ans Meer. Ja, das war ja echt informativ. Es lagen ja nur geschätzte 110 Länder am Meer. Er selbst war wegen seines Berufes wieder in die USA gezogen, wo er mit Johnny zusammen in einem Team arbeitete. Johnny war zwar noch Auszubildender aber konnte dennoch schon an dem einen oder anderen Einsatz teilnehmen. Er flog sie mit dem Hubschrauber oder fuhr sie mit dem Boot zu den jeweiligen Einsätzen.
Eben genannter kam in den Raum und setzte sich ihm gegenüber. Phil schaute auf und deutete auf sein Handy.
„Ivy hat gerade angerufen.“
„oh scheiße! Hat sie was gesagt?“
„Nur, dass du sie bei Gelegenheit zurück rufen sollst.“
„Alles klar. Ich bin dermaßen erledigt. War ein langer Tag. Hast du dir mal die See angeguckt. Ganz schön unruhig heute.“ Phil nickte.
„Ja, ist fast wie damals.“
Johnny nickte unsicher. Er merkte in letzter Zeit oft, dass Phil nicht mehr der alte war. Er war viel zurückhaltender geworden, so ruhig.
Phil starrte auf den Bildschirm. Der ihm bekannte Ping-Ton erklang und als er das Suchergebnis sah, musste er es noch 5 Mal durchlesen, bis ihm klar wurde, was da stand.
Johnny merkte seinen Zustand und hakte direkt nach.
„Alter, was‘n los?“
Phil drehte seinen Laptop, so dass Johnny die Nachricht lesen konnte.
„Du hast sie also gefunden.“
„Malediven? Wieso ausgerechnet die Malediven?“
„Naja, überleg mal. Was gibt es da?“
„Sonne, Strand, Palmen und das…Meer. Natürlich!“ Er schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn.
„Genau. Sie ist schon seit einigen Monaten…“ Johnny schwieg, doch Phil hatte es schon längst gehört.
„Woher weißt du, dass sie dort schon seit einigen Monaten dort ist?“
Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Johnny sah ihn entschuldigend an.
„Ey Alter, sei nicht sauer. Ivy ist mit ihr umgezogen. Sie, ihre Mom und Charlett. Was meinst du, warum Ivy solange nicht mehr hier war?!“
Phil war aufgestanden und stützte sich mit Fäusten auf dem Tisch ab, der ihn davon abhielt, Johnny eine rein zu hauen. Was bildete der sich eigentlich ein? Was bildeten die sich eigentlich alle ein, über sein Leben zu entscheiden?
„Willst du mir damit sagen, dass du seit Monaten davon wusstest und mir NICHTS gesagt hast? Du hast einfach zugesehen, wie ich mich zurückziehe und fast sterbe, weil ich sie so vermisse?!“
Auch Johnny war aufgestanden.
„Krieg dich wieder ein. Charlett wusste davon. Sie wusste, das Ivy deinen derzeitigen Wohnort kannte. Aber sie wollte es nicht wissen. Sie wollte dich vergessen. Ich weiß von Ivy, dass es ihr schwer fällt und dass sie auch heute noch den Brief liest, den du ihr geschrieben hast. Sie liest ihn jeden Tag laut vor, damit euer…“
Eine laute Sirene riss beide aus dem Gespräch und die wohlbekannte Stimme ihres Teamleiters dröhnte in voller Lautstärke auf der kompletten Station.
„Coleman, Carter, Fergisson, Miller, James und Johnson! Alle Mann in den Einsatz! Hubschrauber 535. Ziel ist eine Motoryacht, welche in Seenot geraten ist. An Bord eine hochschwangere Frau, ihre Ehemann und 3 kleine Kinder.“
Phil und Johnny sahen sich an. Johnny lief los, Phil ihm hinterher. Phil rannte in die Kabine um sich seine Taucherausrüstung anzuziehen, Johnny ging zum Hubschrauber um alles vorzubereiten. Nicht mal 10 Minuten später waren sie in der Luft und besprachen den Einsatz. Johnny Miller, so hieß er vollständig und ein Teammitglied namens James flogen den Hubschrauber auf direktem Weg ins Einsatzgebiet. Die anderen vier saßen sich jeweils gegenüber und besprachen lautstark den Einsatz. Coleman hatte heute die Einsatzleitung und teilte die Leute ein. Er wandte sich Miller und Johnson zu. „Jungs, ihr nehmt euch die Kinder vor. Ihr geht mit dem Korb runter, holt sie direkt und geht wieder nach oben. Ich versuche den Mann bei mir einzuhaken und komme mit dem einen Seil wieder hoch. Carter,“ er drehte sich zu Phil. „Du wirst dir die Frau vornehmen. Nimm den Gurt mit, es wird ihr leichter fallen, immerhin ist sie hochschwanger. Kette sie an dich und dann ab nach Hause. Klar soweit?“ Alle nickten ihm zu. „Miller, Johnson ihr zuerst. Danach geht Carter und als letztes komme ich.“ Kaum hatten sie die Besprechung abgeschlossen, rief James schon nach hinten, dass es losgehen konnte. Phil kannte die Prozedur. Auf Zeichen des Piloten ließ er sich mit dem Seil nach unten führen. Die Motoryacht hatte keine Chance gegen die hohen Wellen, die der Pazifik hoch schleuderte. Laut Information befanden sich die Passagiere unter Deck. Er sah seine Kollegen mit den drei Kindern rauskommen. Sie hatten sie an sich gehakt, damit eine Welle sie nicht wegreißen konnte. Der Korb hing vor ihnen in der Luft. Sie verfrachteten die Kinder rein und sahen Phil, der auf die Yacht zu hielt. Sie hoben die Finger und ließen sich hochziehen. Phil kämpfte gegen die hohen Wellen an. Es war jedes Mal ein Kraftaufwand, sich gegen die Wellen zu wehren. Das Wasser war eiskalt und wurde nur von dem Neoprenanzug abgehalten. Er wartete den perfekten Moment ab und ließ sich mit der nächsten Welle an die Yacht ran spülen. Sein Funkgerät im Ohr sendete ihm die Stimme von Johnny.
„Alter, beeil dich. Fergisson ist schon draußen und wir haben gerade die Nachricht bekommen, dass sich eine Meterhohe Welle dem Boot nähert. Das wird es nicht aushalten. Hol die Leute da raus.“ Phil stürmte in das Innere der Yacht. Die Frau kauerte neben dem Mann. Ein Teil des Bootes stand schon unter Wasser.
„Madame, ich bin Phil Carter. Geben sie mir jetzt bitte ihre Hand und kommen sie zu mir.“ Seine Stimme war ganz ruhig. Er musste die Ruhe bewahren. Fergisson erschien hinter ihm. „Sehr schön. Bring die Frau nach draußen. Sir, würden sie mir bitte folgen.“ Phil hatte die Frau in den Gurt steigen lassen und ihn an sich festgehakt. Der Karabiner war eingerastet und er ging raus. Das Schiff schien sich drohend zur Seite zu kippen. Er packte die Frau von hinten und ließ sich mit ihr gegen die Wand sinken, damit sie ja nicht mit dem Bauch irgendwo dran stoßen konnte.
Also das Schiff sich wieder einigermaßen gerichtet hatte, nahm er die Frau bei der Hand und ging mit ihr nach draußen. Fergisson hatte sich schon mit dem Mann eingehakt und wurde nach oben gezogen. Kurz darauf, kam das Seil mit dem Karabiner und er klemmte sich und den Mann daran. Langsam wurden sie hoch gehoben.
„Phil, pass auf. Die Welle kommt. Wir ziehen den Hubschrauber hoch.“
Sie wurden weiter mit dem Seil hochgezogen, doch irgendwas stimmte nicht. Sie waren zu langsam. Das Seil war schien irgendwie das Gewicht nicht ragen zu können. Sie waren zu schwer, die Welle würde sie voll erwischen.
„Ich würde mein Leben aufgeben, um ein einziges zu retten.“ Er sah die Frau an, die ängstlich ihren kugelrunden Bauch festhielt und dachte an die Wörter von Thomas. Seine Hand wanderte zum Karabiner.
„Johnny, ich schnall mich ab. Wir würden es nicht schaffen zusammen.“
„Phil, nein warte. Verdammte scheiße. Wir ziehen ihn doch schon hoch.“
„Mach keine scheiße. Wir gefährden alle. Sie ist hochschwanger! Ich werde das schon überleben, du kennst mich doch.“
„Nein…!“
„Doch! Sie erwartet ein Kind. Der Mann da oben wird Vater.“
„Ja zur Hölle. Du aber auch.“ Phil hielt in seiner Bewegung inne und sah zum Hubschrauber über sich. Er…wurde Vater? Ein Glücksgefühl durchströmte ihn. Er wusste was er zu tun hatte.
„Sag ihr, dass ich niemals aufgehört habe sie zu lieben. Dass ich sie beide liebe und dass sie nicht aufgeben soll. Ich werde immer bei ihr sein.“ Mit diesen Worten löste er den Karabiner und seine blauen Augen verschmolzen mit dem bläulichen Meer.

Sometimes at the edge of sight
Something moves which isn't there
You turn to look but it’s gone, it's gone
Was it ever really there
Yet it touches you
softly touches you
and then begins again
that scent of roses
the sound of sea
A breath of wind on your face

They take you back
they take you there
to that place long ago
and you want so much
to hear those words
to feel that touch
But you can't go back
No you can't go back

Living in the moment
is dangerous and blind
but if you look back, too many times
the shapes distort, and unwind

But they touched you
softly touched you
and then it begins again
That scent of roses
The sound of the sea
A breath of wind on your face

They take you back
they take you there
to that place long ago
and you want so much
to hear those words
to feel that touch
But you can't go back
No you can't go back
sometimes...






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