Das ist das Leben - Teil 4

Autor: Lil
veröffentlicht am: 17.04.2012


Mit aufeinander gepressten Lippen stand ich mitten im langen Flur der Familie Milbert, eine Einkaustüte in der rechten Hand und einen Schlafsack unter dem linken Arm. Verkrampft lächelte ich Frau Milbert an, als ich ihr die Hand reichte, nachdem ich den Plastikbeutel abgestellt hatte. Herr Milbert grunzte mir nur kurz zu, als er mir schon die Tüte abgenommen und Richtung Küche wandelte. Es hatte sich hier nichts verändert. SIE hatten sich nicht verändert. Die Hausherrin hatte noch immer ihre aschblonde, kurzhaarige Dauerwelle. Dieselben gelben SpongeBob-Schwammkopf-Hausschuhe. Noch immer eine rundliche, vielleicht etwas zu runde Figur. Die Kleidung war anders - klar. Heute trug sie eine marineblaue, kurzärmlige Bluse und dazu eine beige, steif gebügelte Hose. Der Mann war auch rundlich, definitiv zu rundlich. Die Frisur ließ sich nur schwer ändern mit Glatze. Kleidung - wie immer die FlipFlops und einen Jogginganzug. Jogginganzug...aber nur zum Fernsehen gucken, alles andere wäre zu anstrengend. Jonathan berührte mich am Ellbogen und schob mich sanft vorwärts. Ich schaute zu ihm hoch. Er lächelte mich an. „Keine Angst. Alles ist okay.“ Ich wollte gerade zu einem 'Ich habe keine Angst.' ansetzen, als mir bewusst wurde, dass ich Jonathan neben mir hatte, Lügen also sinnlos wäre und ich...Tommy sah. Er war das Einzige hier, was sich in diesem Haushalt verändert hatte. Seine hellblonden Haare waren jetzt kürzer. Er war noch ein Stück gewachsen, aber noch immer drahtig-muskulös. Seine Augen funkelten mich schelmisch an. Diese verdammten blau-grünen Augen mit den hellbraunen Sprenkeln. Scheiße! Ich wandte den Blick ab. Genau davor hatte ich mich gefürchtet. Vor meinen Gefühlen. Ich blinzelte leicht und riskierte einen weiteren Blick. „Hey, meine Hübsche.“ Er grinste mich großspurig an. Jedem anderem Kerl wäre ich ohne weitere Bedenken übers Maul gefahren. Aber das hier war nicht irgendein Kerl – das war Tommy. Ich sagte nichts. Sein Grinsen entblößte die schmale Lücke zwischen seinem linken Schneidezahn und einem der Frontzähne. „Und was ist nun mit uns beiden? Wie wär's mal mit 'nem Essen, oder so?“ Ich verliebte mich verdammt selten. Und noch nie war ich in jemanden so verschossen gewesen wie in Tommy...allerdings hatte mir die Vergangenheit mit wenigen Beispielen zur Genüge gezeigt, dass ich mich noch immer in die Falschen verknallt hatte. „Och komm schon. Du willst mich doch immer noch. Gib mir noch eine Chance.“ Und Tommy war die falscheste Person, in die ich mich je verlieben konnte.




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