Romeo und Julia - Teil 2

Autor: Spatzl
veröffentlicht am: 10.03.2012


2. Traummann in Farbe
Als ich mich am nächsten Morgen mit Nath vor der Schule traf, musste ich ihr natürlich haargenau über Jonas Auskunft geben. Meine Halluzination mit dem Typen in der Stadt behielt ich vorerst mal lieber für mich.
„Das klingt ja gar nicht schlecht. Und du bist dir ganz sicher, dass er auch auf unsere Schule geht?“, fragte sie noch einmal leicht skeptisch. Ich konnte sie allerdings damit zufrieden stellen, dass ich ihr den genauen Wortlaut von Jonas herunter ratterte. „Komm, lass uns reingehen. Es ist bereits 7.45 Uhr“ Ich packte Nath am Ärmel und zog sie mit mir in Richtung der Chemiesäle. „Hey warte mal kurz“ Sie blieb mit einem Ruck stehen und öffnete ihren Rucksack. „Ich glaube, ich hab mein Chemiebuch oben im Spind gelassen. Geh du ruhig schon mal vor, ich fetz nur eben hoch und hol es“ Und schwupp war sie auch schon weg.
Etwas neben der Spur ging ich langsam weiter zu den Sälen. Heute war ich irgendwie mit dem falschen Fuß aufgestanden und dementsprechend etwas von der Rolle und nicht so ganz da wie sonst. Deswegen kam mir auch gar nicht in den Sinn, darauf zu achten wo ich hinging und so war ich umso mehr überrascht, als ich plötzlich auf Widerstand stieß. Und dieser Widerstand war so stark, dass ich davon abprallte und rückwärts auf den Boden fiel. Zuerst dachte ich, ich wäre gegen eine Wand gelaufen, was hier mitten in der Aula natürlich mega peinlich gewesen wäre. Die Wahrheit entpuppte sich allerdings auch nicht als besser: Als ich nämlich an dem Typ, mit dem ich zusammengestoßen war, hochblickte, blieb mir fast die Spucke im Hals stecken. Es war echt derselbe Junge wie der, den ich gestern so fasziniert in der Stadt beobachtet hatte. Genau dieser Junge war eben schon aufgestanden und blickte nun zu mir hinunter, und das ziemlich wütend.
„Mensch Mädel, pass halt auf, wo du hinrennst! Du hast mich einfach umgewalzt!“, motzte er mich an und verschwand einen Augenblick später ohne auch nur ein weiteres Wort zu sagen, während ich noch immer sprachlos am Boden saß und ihm hinterher glotzte. Ich realisierte nicht einmal wirklich, als Nath mich am Arm packte und hochzog, so fasziniert war ich von diesem Traumtypen, der also doch keine Halluzination sondern Wirklichkeit war. „Sag mal Sam, was war denn eben mit dir los? Warum um alles in der Welt sitzt du am Boden und glotzt blöd durch die Gegend?!?“ Nath packte mich und rüttelte mich, sodass ich allmählich wieder einigermaßen zu mir kam.
„Häh, was hast du eben gesagt??“
„Ich hab dich gefragt, warum du am Boden gesessen hast und doof durch die Gegend gestarrt hast“
„Oh, also…“ Schließlich erzählte ich Nath, wie ich IHN gestern in der Stadt gesehen hatte und dass ich zuerst dachte, dass er nur eine Halluzination sei und, und, und,…
„Oh Gott! Dann hast du dich gerade voll zum Affen gemacht!!!“, meinte Nath mitfühlend.
„Ich weiß…Ich muss mich in Zukunft einfach am Riemen reißen, wenn ich ihn sehe.“ Ich schlug mir die Hände vors Gesicht. „Wie dumm kann man eigentlich sein?“
„Nun ja, du hast es eben bestens vorgemacht“, meinte Nath und ein Grinsen huschte ihr übers Gesicht. „Jetzt komm, wir müssen zu Chemie. Lass uns in der Pause weiterreden. Außerdem war es gar nicht soooo schlimm, nur etwas peinlich halt.“
Etwas mürrisch setzte ich mich auf meinen Platz und packte mein Zeug aus. Es war natürlich ganz klar, dass ich in dieser Stunde nicht so besonders gut bei der Sache war, bis mich Happy (eigentlich hieß unser Bio- und Chemielehrer Herr Fröhlich, doch er wurde von uns allen nur ,Happy‘ genannt) ermahnte: „Jasmine, was ist denn heute mit dir los? So unaufmerksam kenne ich dich gar nicht“
Mir war klar, dass meine gute Unterrichtsnote bald im Eimer sein würde, wenn ich nicht noch ein paar brauchbare Beiträge lieferte und so strengte ich mich für den Rest des Unterrichts mächtig an und verdrängte IHN einfach aus meinen Gedanken. Zum Schluss wirkte Happy wieder recht zufrieden und als Nath und ich den Raum verließen sagte er: „Na also Jasmine. Ich wusste doch, dass du etwas kannst! Deine Beteiligung am Unterricht heute wird natürlich positiv in deine ohnehin schon gute Note einfließen.“
Nach diesem Kompliment war für mich die Welt wieder in Ordnung und ich sah die Sache mit dem Zusammenstoß auch nicht mehr so schlimm. Wenigstens war ich IHM dadurch in bleibender Erinnerung geblieben…Als wir dann oben vor unserem Klassenzimmer standen und auf den Lehrer warteten, vernahm ich plötzlich eine Stimme, die meinen Namen rief. Ich drehte mich um und sah wie Jonas auf uns zu kam. Aufgeregt stupste ich Nath, die neben mir stand, in die Seite und flüsterte: „Hey schau mal, das ist er“ Das Einzigste was ich daraufhin von Nath hören konnte, war ein leises „Wow…“
„Hi Sam“, meinte er, als er vor uns stand und grinste.
„Hey Jonas“ Ich lächelte ihn an. „Ich hatte dir doch von meiner Freundin Nath erzählt. Das hier ist sie“
„Hi…ähm…Jonas“, stotterte Nath, als er sie anblickte. Ich merkte sofort, wie der Funken übersprang, als sich die beiden in die Augen sahen. Auch Jonas schien es die Sprache verschlagen zu haben, denn er brachte nur ein krächzendes „Hallo“ zustande. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach in mich hinein grinsen, weil es total süß aussah, wie die beiden sich gegenüberstanden und sich gegenseitig anstarrten. Plötzlich erwachte Nath aus ihrer Erstarrung und sie stürzte unter dem Vorwand, sie müsse aufs Klo, davon. In Wirklichkeit dachte sie wahrscheinlich, sie habe sich vor Jonas total lächerlich gemacht, weil sie mit Sicherheit nicht gemerkt hatte, dass er ebenso fasziniert von ihr wie sie von ihm gewesen war. Innerlich freute ich mich wie ein Honigkuchenpferd, denn ich hatte mit den beiden mal wieder den richtigen Riecher gehabt! Ich sollte wohl einmal ernsthaft überlegen, eine Partnervermittlung aufzumachen, dachte ich leicht vor mich hin grinsend.
„Was ist mit ihr?“, fragte Jonas verwirrt, „Habe ich ihr etwas getan?“
„Nein genau das Gegenteil“, antwortete ich, immer noch grinsend.
„Oh man, ich hab mich total blöd benommen. Wahrscheinlich hält sie mich für einen kompletten Vollidioten…“, stöhnte er und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.
„Das glaub ich mal eher nicht“, wandte ich ein. Zwei Minuten später stand Nath wieder bei uns und sie und Jonas vermieden es entschieden, sich gegenseitig anzuschauen. So kam es den beiden wohl ganz recht, als irgendjemand aus dem Hintergrund ihre beiden Namen rief. „Hey Nath, hi Jonas! Ihr kennt euch ja bereits, wie ich sehe.“ Die Stimme, die das rief, musste wohl zu Jonas Kumpel gehören, der auch mit hierher gezogen war. Auf jeden Fall hatte diese tiefe Stimme einen außergewöhnlich anziehenden Klang, wie mir auffiel. Oh mein Gott, was dachte ich denn da schon wieder?!?






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