Seelenleser - Teil 5

Autor: Anna :)
veröffentlicht am: 14.02.2012


Hey Leute, sorry dass ich so lange nichts geschrieben habe, hatte ein bisschen Stress in letzter Zeit. Aber jetzt bin ich wieder da :) Hoffe der Teil gefällt euch, auch wenn er etwas kurz ist.
________________________


„Wer war denn der Mann, mit dem du geredet hast?“, fragte Thomas, als sie wieder im Auto saßen. Moira war nach ihrer sprichwörtlichen Flucht aus der Toilette unter dem Vorwand, ihr sei schlecht, nach draußen gegangen. Bald darauf kam Thomas ebenfalls hinzu. Sie hatte ihn gebeten, nach Hause zu fahren. Ihr ginge es nicht gut und das stimmte sogar. Sämtlichen Glücksgefühle waren zerschlagen, obwohl sie selbst nicht verstand, wie sie sich von einem Menschen, der ihr völlig fremd war, so beeinflussen lassen konnte.
Thomas’ Stimme klang weder eifersüchtig noch annähernd misstrauisch, als er den Wagen jetzt zielsicher über die Straße lenkte. Solche Gefühle waren ihm sowieso fremd. Er war ein bisschen wie ein treuherziger Hund, der seinem Herrchen oder Frauchen blind vertraute. Deswegen dachte er noch nicht einmal daran, dass Moira etwas mit einem anderen Mann haben könnte.
„Anne Johnsons Bruder“, erwiderte Moira und war überrascht, wie überzeugt ihre Stimme klang.
„Scheint ein netter Kerl zu sein.“
Moira verkniff sich eine Antwort. Ja, sehr netter Kerl, dachte sie sarkastisch. Ein netter Kerl, der mein Leben innerhalb von drei Tagen völlig durcheinander gebracht hat.

Der nächste Tag, Mittwoch, war ein gewöhnlicher Arbeitstag und morgens um halb sieben saß Moira an der Bushaltestelle direkt vor ihrem Haus und wartete auf den Bus. Sie fuhr nur selten mit dem Auto zur Arbeit, da sie dort kaum einen Parkplatz fand und der Bus sowieso direkt vor dem riesigen Gebäudekomplex hielt. Außerdem war der Verkehr in den frühen Stunden, wenn alle Normalsterblichen zur Arbeit fuhren, unerträglich, und Stress am Morgen konnte Moira nie gebrauchen.
Heute war sie die einzige Wartende. Normalerweise sah sie morgens immer die verschiedensten und nicht selten auch seltsamsten Leute. Unausgeschlafene Sekretäre mit schief hängendem Schlips, die eigentlich gar keine Lust auf ihren Job hatten. Noch angetrunkene Jugendliche, die von irgendeinem der beliebten Nachtclubs in Brooklyn Mühe hatten, nach Hause zu finden. Diese Kandidaten wurden immer mehr, je näher das Wochenende näher rückte. Verständlich.
Manchmal fiel ihr auch der ein oder andere Silberstreif am Horizont auf. Ein junger Mann, vielleicht ein frisch gebackener Akademiker, dem der Enthusiasmus und Tatendrang schon um sechs Uhr morgens ins Gesicht geschrieben stand. Oder eine Frau in der Blüte ihrer Jahre, die sich im Gegensatz zu Moira auf ihre Arbeit freute.
Wie auch immer. An diesem Morgen hatte Moira nicht einen Hauch von Lust, den stickigen Bus zu betreten, um danach in dem riesigen Bürogebäude ihrem Job nachzugehen. Sie saß sowieso den ganzen Tag nur am Schreibtisch, nahm Anrufe an, sagte Feiern ab und organisierte Termine und Gespräche. Deswegen empfand sie diesmal eine nicht ganz so starke Abneigung gegen Aidan Adams, als sie ihn beim Einsteigen in den Bus im hinteren Teil sitzen sah. Natürlich setzte sie sich nicht zu ihm, sonders weiter vorne im Bus. Dafür kam er nach kurzer Zeit zu ihr.
„Wie geht’s uns denn heute?“
„Gut“, erwiderte Moira zu ihrem eigenen Erstaunen.
„Ich dachte nur, nachdem du letztens so stürmisch das Weite gesucht hast-“
„Mir geht’s gut.“
Aidan runzelte die Stirn, die Falten glätteten sich aber sofort wieder. „Na das ist ja prima. Dann kann ich dich doch sicher für heute Nachmittag auf einen Kaffee einladen.“
„Wie bitte?“ Sie sah ihn entsetzt von der Seite an und er erwiderte den Blick, lächelte dabei aber.
„Na ja, Kaffee kennst du doch oder? Das ist dieses schwarze Getränk, das man mit Zucker oder-“
„Ich weiß was Kaffee ist!“, fuhr Moira ihn an und sah sich kurz um, ob sie jemand im Bus gehört hatte. „Ich kann nur nicht glauben, wie Sie darauf kommen, dass ich mit Ihnen Kaffee trinken gehe, nachdem, was Sie mir angetan haben!“
„Jetzt übertreib mal nicht, ich hab dir lediglich die Augen geöffnet. Ich habe nur das gesagt, was du die ganze Zeit über gedacht hast.“ Er lächelte sie immer noch an, und in dem Moment fiel die Sonne durchs Fenster direkt in sein Gesicht. Für einen kurzen Moment konnte Moira sich selbst in seinen schwarzen Augen sehen. Das Bild war so klar als wenn sie in einen Spiegel schauen würde. Sie senkte den Blick, da war die Sonne schon wieder vorbei und der übliche düstere Schatten des Busses senkte sich wieder über die beiden.
Sie schaute wieder auf. „Lassen Sie mich dann in Ruhe? Wenn ich mitkomme?“
Aidan hob beide Hände. „Versprechen kann ich nichts, man sieht sich immer wieder im Leben. Aber du hast mein Ehrenwort, dass ich nie wieder auftauchen werde, wenn du mich nicht sehen willst.“
Eine junge Frau vor ihnen stand auf, und ging zur Tür nach hinten. Als sie an Aidan vorbeikam, schenkte sie ihm ein hinreißendes Lächeln. Er reagierte nicht, sein Blick war auf Moira geheftet. Und wieder einmal fragte sie sich: Warum gerade sie? Ein Mann wie er konnte jede haben. Wirklich jede. Also warum gerade…
Die Bustür öffnete sich, Moira stand auf. Es war ihre Haltestelle.
„In Ordnung“, sagte sie. „Um fünf in meinem Café.“ Ohne eine Antwort abzuwarten ging sie zur Tür und verließ den Bus.






Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz