Neumond - Teil 13

Autor: Eisfeuer
veröffentlicht am: 15.12.2011


„Du kriegst also öfters nicht mit, dass du unschuldige Mädchen bedrohst?“, fragte ich mit einem zaghaften Lächeln, um mein Unbehagen zu vertreiben. István stieg nicht darauf ein: „Nein. Vor ungefähr vier Monaten hat es angefangen. Der erste war Pál. Bei ihm ist es uns erst nicht aufgefallen, da er sowieso sehr dunkle Augen hat. Aber sein Verhalten war merkwürdig. Er war, wie du sagtest, berechnend und kalt. Er hat die ganze Zeit komische Dinge gestammelt, von wegen ‚wir müssen sie kriegen‘ und ‚bald ist der Tag gekommen‘. Das sah ihm gar nicht ähnlich, und als wir ihn beruhigen wollten, schien irgendeine Sicherung durchzubrennen und er ging auf uns los. Erst als er blutend auf dem Boden lag, kam er wieder zur Besinnung. Er konnte sich, wie ich jetzt, an nichts erinnern. Nach ein paar Wochen hatten wir den Vorfall vergessen und dann war Jaki an der Reihe. Es war absolut unheimlich und auch ihn mussten wir überwältigen. Bis jetzt waren schon alle außer Espen und mir dran.“. Er zögerte, dann verbesserte er sich mit unruhigem Gesichtsausdruck: „Alle außer Espen.“
Ich merkte wie ich immer noch auf das ‚und mir‘ wartete, obwohl ich mich nur zu gut an die letzten Minuten erinnern konnte. Ich ließ meine Gedanken über die letzten Tage schweifen. Mir wurde bewusst dass ich mich, trotz des überwältigenden Kusses, innerlich von ihm entfernte. Ich sah ihn an. Er schaute zurück, und fragte ungewohnt poetisch mit rauer Stimme: „Woran denkst du? Deine Augen sind wie Fenster zu deiner Seele, aber ich kann nicht in ihnen lesen. Hilf mir.“. Ich schlug meine Augen nieder, um meine Gefühle zu verbergen: „Du machst mir Angst. Ich habe Angst vor dem was du mit mir vorhast, vor deiner Kraft und vor dieser Transformation mit den schwarzen Augen. Aber am meisten beunruhigt mich, dass du selbst davor Angst hast.“ Bei meinem letzten Satz hob ich meinen Kopf wieder und bohrte meinen Blick in seinen. Jetzt war es an ihm zurückzuweichen, bis er zum Gegenangriff überging: „Und trotzdem lagst du gerade mit mir hier im Schnee...“. Ich schluckte als mir klar wurde, dass er Recht hatte. „Was wäre so schlimm daran, dein Leben mit mir und dem Rudel zu verbringen?“, forschte er weiter. Ich rutschte noch ein wenig zurück um mehr Abstand zwischen uns zu bringen. Dann verschränkte ich meine Arme: „Ich mag dich und ich mag das Rudel. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, den Rest meines Lebens als Gebärmaschine zu verbringen.“ Er widersprach mir: „Du würdest nicht einfach wie ein Huhn ein Kind nach dem anderen ausbrüten. Ich würde dich lieben. Wir würden dich lieben.“. Ich griff seine letzte Bemerkung auf: „Wir würden dich lieben? Plural?“. Meine Haare stellten sich auf und ich rieb mir unbehaglich über die Arme. Die Jungs schienen ja bis jetzt ganz okay zu sein, und bei Gott, sie waren echt heiß, aber alle?!
István lachte schallend über meinen Gesichtsausdruck, und ich erschrak bei dem lauten Geräusch. Als er sich schließlich einigermaßen beruhigt hatte und nur noch seine Augen belustigt funkelten, entgegnete er: „Das ist nicht so wie du denkst. Der Stärkste und somit der Alpha, bekommt dich. Für den Rest bist du ein ganz normales Rudelmitglied, wie eine Schwester.“
Er hatte ‚der Stärkste‘ gesagt. War das nicht István? Ich war bis jetzt davon ausgegangen dass er der Anführer war. Ich hakte nach: „Und der Alpha ist...?“. István biss knirschend die Zähne zusammen. Anscheinend hatte ich einen wunden Punkt getroffen. „Das wissen wir nicht.“. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hob erstaunt meine Augenbrauen und setzte an um erneut eine Frage zu stellen, doch er unterbrach mich: „Momentan habe ich das Sagen, weil mein Vater ein Alpha war und wir es nicht für nötig hielten etwas daran zu ändern. Aber nur der Stärkste und der Kräftigste von uns darf sich mit dir...“, er suchte anzüglich grinsend nach einem geeigneten Wort, „ ...vergnügen. Und wir müssen erst noch herausfinden, wer der Glückliche sein wird.“
Ich funkelte ihn finster an: „Also kämpft ihr erst bis aufs Blut darum mich zu besitzen, und danach bin ich für die Verlierer wie eine Schwester?! Erscheint mir nicht sehr wahrscheinlich.“
István lächelte überheblich, und ich hatte nicht wenig Lust ihm eine reinzuhauen: „Glaub mir. Wenn du erst richtig berührt worden bist,“, er sah mir unmissverständlich in die Augen und ich errötete als mir klar wurde was er meinte, „wirst du für den Rest uninteressant.“. Ein Gedanke schoss mir ins Bewusstsein, und ich starrte angestrengt meine Finger an. Er schien meinen abrupten Stimmungswechsel zu bemerken und sein Lächeln verblasste: „Was ist los?“. Ich antwortete leise, so dass er sich trotz der guten Wolfsohren zu mir beugen musste:
„Ich bin nicht unberührt...“






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