Neumond - Teil 9

Autor: Eisfeuer
veröffentlicht am: 12.12.2011


Nach einer Weile löste sich Marek wieder von mir und er sah mir fest in die Augen: „Ich konnte euch vorhin hören, dich und István.“. Ich wich beschämt seinem Blick aus. Er fuhr fort: „Wir haben zwar nur ein paar Küsse geteilt, aber sie haben mir viel bedeutet. Ich habe dir vertraut, und hatte das Gefühl dass auch du eine Art innere Barriere überwunden hast. Stimmt das?“
Ich schluckte und vermied weiterhin jeden Blickkontakt. Marek schnaubte enttäuscht und erst da wagte ich einen vorsichtigen Blick. Seine Augen waren voller Schmerz und Schuldgefühle durchzuckten mich. Mein Mund war trocken und meine Lippen klebten aneinander als ich sie öffnete: „Ja. Sie haben mir auch etwas bedeutet. Sehr viel sogar. Marek, du hast den Schutzwall um meine Gefühle eingerissen. Als du mich gefunden hattest, war ich mehr Wolf als Mensch. Ich bin nur als Tier durch die Welt gegangen, um nicht noch einmal verletzt zu werden. Und innerhalb von ein paar Stunden hast du mich wie eine Frau fühlen lassen. Aber ich bin nicht nur Frau, und ich bin nicht nur Tier. Ich bestehe aus beiden Hälften und ich brauche meine beiden Hälften, sonst zerbreche ich.“
Mareks Gesichtsausdruck wurde weicher als er mir zuhörte. Dann antwortete er: „Ich verstehe. Und nur István kann dir beide Seiten geben?“. Er zog fragend eine Augenbraue hoch. Ich zögerte mit meiner Antwort, denn ich wusste um ihre Bedeutung: „Ich weiß es nicht. István und sein Rudel passen zwar eigentlich perfekt zu mir, aber ich vertraue ihnen nicht vollständig. Na ja, eigentlich vertraue ich hauptsächlich István nicht. Er macht mich nervös und verwirrt mich. Ich werde nicht so ganz schlau aus ihm, und irgendwie wirkt er gefährlich. Aber Espen ist in Ordnung, auch wenn ich nicht so genau weiß wie die Beziehung zwischen István und dem Rest des Rudels ist. István scheint ganz klar das Sagen zu haben.“ So unauffällig wie möglich versuchte ich von dem Thema abzulenken, aber Marek ließ sich nicht täuschen: „Vertraust du mir?“. Ich wusste dass mehr hinter der Frage steckte, und so ließ ich mir Zeit um nichts Unüberlegtes zu sagen: „Bis du mich beschimpft hast- Warte! Sag jetzt nichts. Ich weiß dass ich dich betrogen habe, indem ich dir nicht gesagt habe was ich wirklich bin. Aber hättest du es an meiner Stelle getan?“. Er zögerte nicht eine Sekunde: „Nein. Ich verstehe was du getan hast und wieso du es getan hast. Sogar die Anziehung zwischen dir und István kann ich irgendwie nachvollziehen- was nicht bedeutet dass sie mir gefällt!“
Ich seufzte. Vor einem Tag hätte ich nie gedacht dass ich hier so belagert werde. Den meisten Mädchen würde es sicherlich nichts ausmachen von Marek und István eindeutige Angebote zu bekommen, aber ich wollte nur noch meine Ruhe. Beide faszinierten mich auf ihre Art, doch in letzter Zeit wurde ich so von meinen Hormonen durchgeschüttelt dass ich eine Pause brauchte.
„Marek, können wir das Ganze für eine Zeit beiseitelassen? Lass uns einfach zu den Anderen gehen und dir etwas zu essen besorgen, dann sehen wir weiter.“
Er schien zu bemerken was in mir vorging, denn er stand auf, klopfte sich Erde von seiner Hose und streckte mir eine Hand entgegen: „Du hast recht. Gehen wir.“. Ich ergriff seine Hand und wir machten uns auf den Weg in die Haupthöhle. Während wir liefen hielt er meine Finger weiterhin fest umschlossen, aber ich sträubte mich nicht dagegen. Marek war warm und ich hatte das Gefühl es ihm schuldig zu sein. Viel zu schnell waren wir zurück und ich hörte wie ihre Stimmen verstummten, bevor ich Einzelheiten erfahren konnte. Erdrückendes Schweigen empfing uns als wir ins Licht der weitläufigen Höhle traten. Marek drückte beruhigend meine Hand, doch ich musste mich beherrschen ihm nicht meine zu entziehen, als ich Istváns stechenden Blick bemerkte. Seine Augen wurden hart und auch sein Mund verzog sich zu einer spöttischen Linie. Innerlich zitternd erwiderte ich so ausdruckslos wie möglich seinen Blick und eine unangenehme Spannung lag drohend in der Luft. Da trat Espen vor und klatschte einmal laut in die Hände, sodass wir erschrocken zusammenfuhren: „So, nach dieser freundlichen und überschwänglichen Begrüßung hast du bestimmt Hunger, Marek! Komm mit, wir werden schon noch was für dich auftreiben!“. Marek sah mich zweifelnd an, aber ich nickte ihm ermutigend zu: „Schon okay, ich komm mit.“. Erst jetzt lösten sich unsere Hände und Espen führte uns zu dem Höhlenteil, in dem ich heute Morgen schon gegessen hatte. Er deutete einladend auf den Tisch auf dem noch Brot lag: „Hau rein!“. Marek ließ sich das nicht zweimal sagen, setzte sich auf die breite Bank und fing hungrig an zu essen. Ich glitt neben ihn und auch Espen setzte sich hin: „Also, was hast du jetzt vor? Du wartest bis Marek gegessen hast, und dann? Wie geht dein Leben weiter Nika?“. Schockiert sprang ich auf. Ich hatte ihn niemandem verraten, selbst Marek nicht! „Woher weißt du meinen Namen?!“, stieß ich hervor.
Espen kratzte sich unangenehm berührt im Nacken: „Oh...ähm...also hat István es dir noch nicht erzählt...“






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