The eyes of love are blind - Teil 5

Autor: josie
veröffentlicht am: 05.11.2011


Man, man , man! Diese Geschichte erweckt den lange verloren geglaubten Perfektionismus in mir :D Ich bin irgendwie mit allem unzufrieden und ändere es tausendmal um, bevor ich es als "gut" befinden kann. Deshalb dauert es momentan auch immer etwas länger, bis wieder ein Teil kommt. Tut mir leid, ich versuche schneller zu werden ;)
Ich hoffe dieser etwas kurze Teil gefällt euch. Und nicht vergessen Anregungen, Kritik oder Verbesserungsvorschläge in Form eines Kommentars dazulassen. Es werden alle freudig empfangen, bevor sie mehrmals gründlich durchgelesen werden xD
Also ich wünsche euch allen ein wunderschönes Wochenende und nun viel Spaß beim Lesen :)


Da stand sie. Vollkommen erstarrt. Sie blickte etwas entsetzt drein. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet. Ihre Freundin umarmte sie stürmisch, die Jungs jubelten, ihr Hund bellte, doch sie blieb einfach nur stehen und starrte fassungslos vor sich hin. Dann, endlich regte sie sich. Sie blickte zu ihrer Freundin und sah uns dann der Reihe nach an. Und dann lächelte sie. Ihr Gesicht strahlte. Sie war glücklich. Und ich war es auch.
„Nun… Wollen wir mit proben anfangen?“ Fabi blickte uns fragend an. Sofort erstarrten Julias Gesichtszüge und sie wurde wieder unsicher. Das Mädel hat eindeutig zu wenig Selbstbewusstsein!
„Na klar. Julia? Bereit?“ Dani blickte sie prüfend an. „Was? Ich… Äh… Also wie sieht das denn mit den Texten aus? Also ich mein, ich kenn eure Lieder ja gar nicht.“
„Ja, das ist ein Problem…“
„Also, wenn ihr mir ein Lied mal vorspielen würdet, dann kann ich es mir mal anhören. Ich hab ein relativ gutes Gedächtnis, also kann ich mir den Text, denke ich merken.“
„Alles klar.“ Fabi zählte ein und wir begannen zu spielen.
Da ich der einzige bin, der ansatzweiße die Stimme dazu hat, bin ich dazu verdonnert worden unsere Lieder zu singen. Jetzt hatten wir dafür ja Julia, aber damit sie den Text hörte, musste ich es ihr einmal vorsingen. Meine Stimme zitterte leicht. Es war ein deutscher Text, wie fast all unsere Lieder und handelte von einem Mann, der von seiner großen Liebe verlassen wurde. Ich schreibe fast alle unsere Songs, dieser Text war also auch von mir.
Es war ein seltsames Gefühl hier zu stehen und zu singen. Vor den Jungs war ich es gewöhnt, und auch vor Publikum hatte ich schon des Öfteren gesungen. Doch dies hier war etwas anderes. Vor fremden Leuten fällt es mir leicht aufzutreten. Diese Leute würde ich nie wieder sehen. Aber Julia würde ich wieder sehen. Sehr oft sogar. Mit diesem Lied gab ich etwas von mir preis, meine Gedanken, meine Gefühle.
Und das war mir vor Julia unangenehm. Dafür kannte ich sie noch zu wenig. Ich wusste nicht, was sie von mir hielt. Und dazu kam noch, dass sie einfach verdammt gut singen konnte. Und dann komm ich da her mit meinem lächerlichen Stimmchen und krächze irgendwas zusammen.
Das Lied war vorbei. Es war still. Ich wagte es nicht sie anzusehen. Irgendjemanden anzusehen. Als sie ihre Stimme erhob, tat ich es dann doch. „Ein schönes Lied. Gefällt mir. Und ich denke, den Text hab ich drauf.“
„Na dann… Hier hast du ein Mikro. Und komm doch etwas näher. Keine Angst wir beißen nicht.“ Dani drückte ihr ein Mikrofon in die Hand. Julias Wangen färbten sich zart rosa, sie lachte jedoch und trat näher. Fabi zählte wieder ein und ihre Stimme erfüllte den Raum.

Ich sah ihr nach, wie sie gemeinsam mit Mara die Straße entlang lief. Die Probe war vorbei, wir alle waren erschöpft aber auch überglücklich. Mit Julia hatten wir die Richtige Wahl getroffen. Sie war unglaublich. In diesen wenigen Stunden konnte sie schon fast alle Lieder perfekt singen, und nicht nur das. Sie brachte ihre eigene Note mithinein. Hier und da veränderte sie Kleinigkeiten, brachte ihre Stimme voll zur Geltung.
„Sie passt zu uns, oder?“ Daniels Stimme schreckte mich aus meinen Gedanken. Er schloss gerade die Tür zur Fabrikhalle zu. Ich nickte, wandte endlich den Blick von Julia ab und sah ihn an. Er grinste. „Ihre Freundin hat aber auch was, findest du nicht?“ Ich konnte sehen, wie seine Augen glänzten. Ich musste lächeln. „Sie scheint nett zu sein. Und offenbar genauso hoffnungslos optimistische wie du.“ Er lachte, sagte aber nichts weiter dazu.
„Wollen wir dann?“ Ich holte meinen Roller und schob ihn neben mir her. Dani folgte mir. Wir hingen beide unseren Gedanken nach. Mir schwebte immer noch Julia durch den Kopf, nach seinem Grinsen nach zu urteilen, dachte Dani wohl an Mara. Sie schien ihm ernsthaft zu gefallen und soweit ich das beurteilen konnte, schien das auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Ich hoffte es inständig, er hätte es verdient. Wir waren seit dem Kindergarten die besten Freunde. Damals teilten wir die Liebe zum Sandburgen bauen, heute war es die Liebe zur Musik. Ich musste grinsen. Das waren noch Zeiten, da war die Welt noch in Ordnung!

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Ich betrat den Friedhof. Wie immer war es angenehm still. Nur von weitem konnte ich Geräusche ausmachen. Leises Vogelgezwitscher, das Rascheln der Bäume, Wassergeplätscher, Stimmengewirr, Lillys tapsende Pfoten… Ich blieb einen Moment stehen und ließ alles auf mich wirken. Dann machte ich mich auf den Weg. Einen kleinen Hügel hinauf, dann nach rechts und schon stand ich vor dem Grab meiner Mutter. Die Blumen, die ich mitgebracht hatte, legte ich behutsam auf die Erde. Es waren Margeriten, ihre Lieblingsblumen.
Wie immer setzte ich mich auf den steinigen Weg, vor dem Grab. Lilly nahm neben mir Platz.
„Hey Mum.“ Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Ich kam fast jeden Tag her und doch wurde es nicht zur Gewohnheit. Ich erzählte ihr jedes Mal eine andere Geschichte. Manchmal handelte sie von mir, manchmal von vollkommen fremden Personen und manchmal auch nur von Geräuschen oder Gerüchen, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind.
Heute erzählte ich von mir. In den letzten Tagen war viel passiert. Ich war jetzt die Sängerin der tollsten Band, die ich jemals getroffen habe. Na gut, es war die einzige Band, die ich jemals getroffen habe.
Ich grinste. Mein Humor war mir geblieben. Zum Glück.
Ich seufzte tief. „Ach, Mum. Was soll ich nur tun? Wenn Dad herausfindet, dass ich singe, wird er ausflippen. Aber es macht mir einfach so wahnsinnig viel Spaß. Wenn ich singe, fühle ich mich ein Stück weit normal. Dann vergesse ich, dass ich blind bin. Ich vergesse, dass ich anders bin. Ich vergesse, dass ich ich bin. Und das ist mir einfach zu viel Wert, als dass ich es hergeben wöllte.“
„Julia! Was machst du denn hier?“ Ich zuckte zusammen. Ich kannte diese viel zu laute und hohe Stimme nur allzu gut. Ich spürte, wie jemand neben mich trat, wand mich jedoch nicht vom Grab ab. „Hallo Laura.“ Meine Stimme klang deutlich genervt. Ich hatte absolut keine Lust mich mit ihr zu unterhalten. Wir waren seit 2 Jahren in derselben Klasse und vom ersten Tag an konnte ich sie schon nicht leiden. Allein ihre Stimme verschaffte mir jedes Mal Höllenqualen. Sie war einfach zu laut und unnatürlich für so sensible Ohren, wie die meinen.
Ich stand auf, verabschiedete mich in Gedanken von meiner Mutter und drehte mich dann um. Lilly stand dicht neben mir, ich konnte ihr leises Knurren hören. Wir hatten den gleichen Geschmack, was Laura angeht. Ich nahm ihre Leine in die Hand und machte mich auf den Weg zurück. „Hey, warte doch“, Laura kam hinterher. „Wo willst du denn hin? Wer war das denn, in dem Grab?“ Ich verdrehte die Augen. War ja klar, dass sie nicht einfach so aufgibt. Ich wolle gerade zu einer Antwort ansetzten, als sie schon weiterredete. „Ach egal, wenn du es mir nicht sagen willst. Ich weiß es sowieso schon. Leo hat es mir erzählt. Das tut mir wirklich leid. Es muss schwer sein, damit zu Recht zu kommen.“ Ihre Stimme triefte vor falschem Mitleid. Ich antwortete, ohne stehen zu bleiben: „Ich würde nicht alles glauben, was Leo sagt.“ „Das heißt es stimmt gar nicht, dass du einen Autounfall hattest, bei dem deine Mutter starb und du dein Augenlicht verloren hast?“ Ich konnte ihr hämisch grinsendes Gesicht vor mir sehen, auch wenn ich sie in Wirklichkeit noch nie gesehen habe. Es war nicht schwer, mir ihr Solarium gebräuntes und vor Schminke triefendes Gesicht vorzustellen, dazu noch lange, blonde Haare und blaue Augen und schon war sie perfekt.
„Das heißt, dass Leo ein gottverdammter Lügner ist. Nicht mehr und nicht weniger.“
Ich konnte ein amüsiertes Kichern hören. „Nur weil er dich angelogen hat, heißt das noch lange nicht, dass er dasselbe auch bei mir tun wird.“ „Wenn du dem Glauben schenken möchtest – Bitte! Aber hör endlich auf mich zu nerven.“ Ich beschleunigte meine Schritte und war am Ausgang angelangt, bevor Laura auch nur einen Ton sagen konnte.





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