In meinem Herzen - Teil 9

Autor: Joy
veröffentlicht am: 04.11.2011


~~Olivers Sicht~~

Ich liebte es, sie schlafen zu sehen. Wir fuhren eine Landstraße entlang und meine Blicke huschten immer wieder zu ihr herüber. Ob sie es wohl wusste, dass ich sie immer so anschaue? Immer wieder, gab sie leise Geräusche von sich, was ich wirklich sehr entzückend fand.
Wie konnte eine Frau nur so wunderschön sein? Nicht nur ihr Aussehen. Nein. Ihr Charakter war wunderschön. Einfach diese Kleinigkeiten. Zum Beispiel wenn sie verlegen ist, dann dreht senkt sie ihren Kopf leicht zur linken Seite und schaut auf den Boden. Dann sieht man richtig, wie sie nachdenkt. Oder ich liebe es auch, wenn sie aus tiefsten Herzen lacht. Es hört sich wie eine wunderschöne Melodie an. Man hört es einfach gerne. Zu mindestens ich. Dabei legt sie leicht ihren Kopf in den Nacken und ihre wunderschönen, dunkel-braunen Haare fallen zurück. Wirklich egal was sie macht, ich könnte sie den ganzen Tag über betrachten. Sie küssen, sie lieben, sie umarmen, sie anzufassen, sie an mich zu schmiegen, sie zu spüren. Zu spüren, dass sie bei mir ist.
Ich kenne sie auswendig. Ihren Charakter, ihre Schwächen, ihre Stärken, ihr Gesicht, ihren Körper.
Unten links am Kinn, schon fast am Hals, hat sie zwei winzige Muttermale, die sie hasst. Aber ich liebe sie. Oder auf der Nase, zeigen sich ein paar kleine, nur schwach zu sehende Sommersprossen, was sie besonders macht. Ihre Augen und ihre Lippen sind das schönste in ihrem Gesicht. Ihre Augen sind riesig und haben die Farben braun-grün. Wenn sie zwinkert, hört man schon fast den Schlag ihrer Wimpern, weil sie so extrem lang und voluminös sind. Und ihre Lippen, sie sind so voll und haben eine entzückende Form. Man könnte denken, dass sie Lippenstift trägt, doch das tut sie nicht. Sie haben von Natur aus eine wunderschöne Farbe. Sie brauch sich auch gar nicht zu schminken, was sie leider immer wieder tut. Ihre Wimpern sind sehr schwarz und sie hat eine unglaublich reine Haut. Auch wenn sie manchmal ein paar Pickel hat, fällt es fasst überhaupt nicht auf. Und wenn doch, ihr restliches Gesicht überdeckt es. Denn darauf achtet man gar nicht.
Ich löste meine rechte Hand vom Lenker und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht, welche in der Kurve nach vorne fiel.
Was träumt sie wohl gerade? Oder denkt sie nur nach? Ich frage mich immer wieder, wie sie im Moment denkt. Wie sie über die Situation denkt. Sie sieht immer so traurig aus. So unglücklich. Als wenn jemand...
Aber ich möchte nicht, dass es ihr schlecht geht. Sie soll glücklich sein. Ich möchte sie glücklich machen! Ich kann es einfach immer noch nicht fassen. Ich habe mir damals immer wieder vorgestellt, wie es wäre, wenn wir und irgendwann mal ein größeres Haus kaufen, wenn wir ein Kind bekommen haben. Wie wir ein Eheleben führen und wie wir unser Kinder benennen.
Wie wir in unserem Beruf vorankommen und allgemein einfach wie wir leben.
Wieso ist uns diese Glück denn nicht gegönnt? Wieso ich? Das frage ich mich immer wieder. Und immer wieder, wenn mir diese Frage durch den Kopf geht, zerfalle ich ein Stücken mehr.
Ich muss immer daran denken, was danach ist. Ist es so, wie vor der Geburt? Werde ich wiedergeboren? Wache ich an einem wunderschönen oder einen schrecklichen Ort auf? Wie wird es sein, wenn ich wieder aufwache, irgendwo? Wie könnte dieser wunderschöne Ort aussehen? Wie könnte dieser schreckliche Ort aussehen? Werde ich Jenncy irgendwann wieder treffen?
Aber nicht nur das. Was wird mit Jenncy passieren? Wie soll sie unser Haus halten? Wie wird sie denken und was wird sie fühlen? Wird sie irgendwann mal einen anderen kennen lernen? Und wenn ja, wer und wie wird er sein? Wie wird sie alt? Wird sie krank oder baut einen Unfall? Wird sie Schmerzen haben?
Ich weiß es nicht. Und diese Ungewissheit plagt mich. Ich kann das nicht. Wenn ich wenigstens wüsste, dass ich diese ganzen Dinge irgendwann erfahre, aber ich weiß, dass ich es nicht werde.
Man denkt, ich bewahre die Ruhe. Man denkt, ich plage mich nicht mit etlichen Gedanken. Man denkt, er ist traurig, aber nicht mehr. Und das, was alle denken, ist falsch.
Ich bewahre nicht die Ruhe, ich bin kurz davor, völlig durch zu drehe. Ich denke daran, was werde ich gleich essen oder was mache ich gleich. Nein, jede Stunde, jede Minute und jede verdammte Sekunde meines Lebens, plage ich mich mit Fragen, Gedanken und Antworten.
Niemand, kein Mensch, außer jemand der in der gleichen Lage ist wie ich, kann sich vorstellen, was in mir vor geht. Und das möchte auch niemand. Jenncy sagt, sie würde gerne wissen was ich denke. Doch nein, das möchte sie gewiss nicht. Und das würde ich ihr auch niemals antun.
Was soll ich jetzt machen? Soll ich anhalten und weg laufen? In die Ferne und versuchen, alles zu vergessen, was aber niemals gehen wird? Soll ich gleich gegen einen Baum fahren, damit gleich alles vorbei ist? Oder soll ich jetzt in ein Krankenhaus fahren?
Nein.Nein.Nein. So etwas darf ich einfach nicht denken. Ich darf Jenncy niemals in Gefahr bringen und das werde ich auch nicht tun.
Oh mein lieber Herr Gott, ich habe solche Schmerzen. Nein, nicht nur im Kopf.
In meinem Herzen...





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