Wir lieben die Sterne zu sehr, um uns vor der Nacht zu fürchten - Teil 2

Autor: MusicJunkie91
veröffentlicht am: 30.07.2011


Oh Gott, dass euch die Geschichte gefällt freut mich voll! Hab das einfach spontan angefangen ohne vorher drüber nachzudenken, also .. :*
Das ist jetzt meine Hauptgeschichte, Music is the Key schreib ich "nebenbei", darum ist diese eher oberflächlich, während ich bei der hier versuche, tiefgründiger zu werden =P Hoffentlich gelingt mir das ;D
Nun denn, viel Spaß!
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Er hält mir die Hand hin, erwartet, dass ich sie ergreife. Aber ich will nicht, mir kommt die Sache hier ziemlich suspekt vor. Woher kennt er meinen Namen und was soll das heißen – endlich? Er bemerkt, dass ich seine Hand nicht nehmen will und lässt sie sinken. „Valerie Oliver. Oder?“ Ich nicke. „Na also. Wie gesagt, mein Name ist Ted. Ich dachte, deine Eltern hätten dir von mir erzählt, aber anscheinend.“ „Meine Eltern? Woher kennen meine Eltern dich?“ „Wir sind Nachbarn.“ Nachbarn? Ich hatte nicht mitbekommen, dass jemand nebenan eingezogen ist. Ich werde rot, das ist mir unangenehm. Ted lachte. „Ach, ist doch nicht schlimm. Ich hab nur schon ziemlich viel von dir gehört.“ Ich drücke meine Tasche an meine Brust und lächle verlegen. „Tut mir leid. Ich muss in den Unterricht, ich bin spät.“ Ich dränge mich an ihm vorbei, renne in die Klasse, murmele eine Entschuldigung und setze mich auf meinen Platz. Von dem anderen Ende der Klasse sieht Viola mich fragend an, will wissen, ob ich wieder eine Vision habe. Diesen Blick kann ich inzwischen gut deuten. Ich nicke und senke meinen Blick auf den Tisch. Die ganze Stunde über kann ich nur an diese Vision denken. Ich hab noch nie erlebt, dass eine Vision abgebrochen wurde und das macht mir noch mehr Angst, als wenn ich die vollständige Vision gesehen hätte. Jetzt weiß ich ja nicht, was passiert.
In der Mittagspause kaut Kristina mir ein Ohr ab. Ich mag sie, ich mag sie wirklich, aber sie redet so viel. Ich bin eher der ruhige Typ. Ich rede nicht so gerne, was einfach daran liegt, dass mir sonst irgendwas rausrutschen könnte, was von meiner Unnormalität zeugt. Nun ja, jedenfalls redet sie so vor sich her, als sich Ted zu uns setzt. Kristina erschreckt und verschluckt sich an ihrem Wasser. Halbherzig klopfe ich auf ihren Rücken und schaue Ted böse an. Aber er ignoriert meinen Blick und lässt sich auf den leeren Platz gegenüber von mir fallen. „Gehts dir besser?“ Ich schaue kurz zu Kristina und nicke dann unauffällig. Er schaut auch zu ihr und versteht, dass ich vor ihr nicht drüber reden will. Aber zu meinem Pech hat Kristina seine Frage mitbekommen, sie ist einfach viel zu aufmerksam. „Was war los?“ Ich überlege, wie ich mich aus der Misere bringen kann, als Ted schon für mich antwortet. „Val war gefallen.“ Er greift zu meinem Tablett, schnappt sich den Apfel und beißt rein. Empört will ich ihn ihm wieder wegnehmen, aber Kristina hält meine Hand fest und deutet mir mit einem Blick, dass ich diesen Jungen, den, nachdem er erst seinen vierten Tag an der Schule hat, alle Mädchen daten wollen. Bald steht der Herbstball an und ich wette, die meisten reißen sich schon jetzt um ihn. Kristina denkt das anscheinend auch, denn sie spricht genau dieses Thema an. „Und, wie viele Mädchen haben dich schon gefragt, ob du mit ihnen zum Ball gehst?“ Er grinst und dreht den Apfel in seinen Händen. „Ein paar.“ „Hast du einer zugesagt?“ „Ich halt mir einige offen .. man muss ja immer was vorrätig haben.“ Ein arrogantes Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus und ich hab genug. Ich stehe auf, nehme mein Tablett und bringe es zur Geschirrabgabe. Ich spüre seinen Blick im Rücken, aber ich drehe mich nicht um. Mein Weg führt mich in die Bibliothek. Dort findet man mich oft, ich bin gerne da. Meistens schnapp ich mir irgendein Buch, lese den Anfang und schließe dann die Augen um mir vorzustellen, wie die Geschichte wohl ausgeht. Manchmal kriege ich eine Vision von dem Ende. Das spart eine Menge Zeit und hat mir schon oft beim Lesen von Lektüren für die Schule geholfen. Außerdem ist es eine Art Übung für mich, Visionen hervorzurufen, wann ich will. Aber gegen die, die plötzlich kommen, kann ich trotzdem nichts tun.
Heute setze ich mich bloß auf einen Sessel, der noch in einem einigermaßen guten Zustand ist. Ich hole meinen Ipod aus meiner karierten Umhängetasche und setze mir die Kopfhörer auf. Aus der Playlist suche ich mir einen ruhigen Song raus, lehne mich zurück und schließe die Augen. Die Vision, bei der Ted mich erwischt hat, geht mir nicht mehr aus dem Kopf, genauso wenig wie die, die ich heute Nacht hatte. Es war das gleiche Mädchen gewesen und jetzt stelle ich mir die Frage, ob ich ihr irgendwie helfen kann. Sowas war mir noch nie passiert. Meistens sah ich nur eine Zukunft pro Person. Bedeutet das was, dass es bei ihr anders war? Was soll mir das sagen? Auf all diese Fragen habe ich keine Antworten und das macht mich fertig. Ich lausche weiter meiner Musik, versuche mich abzulenken.
Vi versteht nicht, weshalb ich oftmals still und in mich gekehrt bin. Sie sagt, dass ich das nicht an mich ranlassen soll. Aber wenn man so oft dem Tod begegnet, geht es einem irgendwann nicht mehr gut. Ich schaffe es nicht, diese Gedanken aus meinem Kopf herauszubekommen. Mein einziger Wunsch ist es, normal zu sein. Auch wenn es nur für einen Tag wäre. Ich fühle mich immer als Freak, wenn ich irgendwo bin. Nehmen wir zum Beispiel diese Bälle, die meine Schule so gerne veranstaltet. Es gibt einen Herbstball, Winterball, Zwischenzeugnisball, Frühjahrsball, Sommerball, Abschlussball, die-Footballspieler-haben-die-Meisterschaft-gewonnen-Ball .. und so weiter. Echt, die geben für jeden Anlass einen. Ich glaube ja, dass unser Direktor ursprünglich eine Karriere als Tänzer machen wollte .. aber naja, zurück zum Thema. Letztes Jahr, mein erstes Jahr auf der Highschool, war ich bei diesen Bällen. Ich bin mit Kristina hingegangen, sie hatte niemand gefragt, mich hatte niemand gefragt, aber sie wollte diese Bälle nicht verpassen. Ich hatte immer in der Ecke gestanden, wurde nur schräg angeschaut. Beim Abschlussball hatte ich einen Partner, er hieß Bertie. Ich hatte nur zugesagt, damit ich da nicht wieder alleine auftauche und er hatte mich gefragt, damit ihm das auch nicht geschieht. Wir haben einmal getanzt, dann hat er mit einem Freund eine halbe Flasche Korn geleert und anschließend in den Punsch gekotzt. Darum hatte ich mir fest vorgenommen, mich dieses Jahr nicht darauf einzulassen. Weder auf einen Partner, mit dem ich eigentlich nicht gehen will, noch darauf mit Kristina dort aufzukreuzen. Es wurde schon gemunkelt, dass was zwischen mir und ihr lief, hatte Vi mir erzählt, und diese Gerüchte will ich nicht noch vertiefen. Irgendwann will ich ja vielleicht doch mal einen coolen Jungen kennenlernen. Falls es sowas gibt. Was ich ja eher nicht glaube. Und eigentlich will ich auch keinen Freund. Das wäre mir glaube zu kompliziert. Was, wenn ich zusammenbreche, Visionen habe und er nicht weiß, was los ist? Sich erschreckt, einen Krankenwagen ruft? Ich kann ihm ja nicht von Anfang an sagen, dass ich dieses „Talent“ habe. Ach, ich mach mir wieder viel zu viele Gedanken über Dinge, die eh nie eintreffen. Ist auch komisch, dass ich nur die Zukunft anderer sehe, aber nie meine eigene. Das wäre doch mal interessant, zu wissen, was einem passiert. Wenn ich wüsste, wie ich sterbe, wann ich sterbe, könnte ich mir einen schmerzloseren Weg suchen, zu einem Zeitpunkt, der mir gefällt. Das bringt mich wieder auf einen anderen Gedanken. Mache ich einen Fehler, wenn ich meine Visionen für mich behalte? Sollten die Betroffenen nicht von ihrem Schicksal erfahren? Doch das beantworte ich mir sofort selbst. Eigentlich will ich ja gar nicht wissen, wann, wie, wo ich sterbe. Dann würde ich nur noch auf diesen Moment hinleben ..
Ich erschrecke, als ich eine Hand an meiner Schulter spüre, quietsche kurz und reiße meine Kopfhörer aus den Ohren. Die Bibliothekarin lächelt mich an. „Valerie, der Unterricht hat bereit wieder begonnen. Ich gebe dir einen Zettel mit, dass du mir bei etwas geholfen hast.“ „Oh Gott.“ Ich stehe auf und schaue Mrs. Chapman dankbar an. „Das ist nett. Ich hoffe, das fällt nicht irgendwann auf.“ Sie lacht, geht zu ihrem Schreibtisch und beginnt zu schreiben. Ich mag diese Frau. Sie ist so nett zu mir. Sie hat mir schon oft Entschuldigungen geschrieben, wenn ich hier mal wieder meinen Gedanken nachgehangen habe. Manchmal frage ich mich, ob sie mein Geheimnis erahnt.
Fünf Minuten später stolpere ich mit einem Zettel in der Hand in meinen Kunstkurs. Die Lehrerin akzeptiert die Entschuldigung und schickt mich zu einer Leinwand. Zuerst wickle ich ein Haargummi um meine dunkelblonden Haare, dann nehme ich den Pinsel in die Hand und starre die weiße Fläche an. Da kichert es neben mir. Ich drehe den Kopf und sehe Ted. Verfolgt der mich etwa!? Schnell wende ich den Kopf der Farbpalette zu. Wieder spüre ich seinen Blick und mir läuft ein Schauer über den Rücken. Ich mag seine Blicke nicht. Für einen Moment schließ ich die Augen, versuche ihn abzuschütteln, aber es klappt nicht. Also öffne ich die Augen wieder, schaue vorsichtig zu ihm. „Was willst du, Ted? Was hab ich dir getan?“ „Getan? Was sollst du mir den getan haben?“ „Das frag ich dich! Warum verfolgst du mich?“ Er lacht auf. „Ich verfolge dich nicht! Du bist einfach da, wo ich hingehe. Ich kann ja nichts dafür, dass du im gleichen Kunstkurs bist wie ich.“ Ich werde rot und schaue irritiert in der Klasse umher. Viele Mädchen schauen zu uns, nicht auf ihre Leinwände und ich bin sicher, dass das an Ted liegt. Verstehen tue ich das nicht wirklich, so gut sieht er nicht aus. Okay, er ist groß, trainiert. Seine dunkelbraunen Haare locken sich bis zu seinen Ohren. Hört sich komisch an, aber es sieht eigentlich ziemlich gut aus .. und passt zu seinen Augen .. seine .. wunderschönen .. Augen .. in denen man .. so gut .. VAL! NEIN! Abrupt wende ich mich erneut ab und beginne mein Bild zu malen. Ich darf nicht zugeben, dass ich Ted anziehend finde.
Die Stunde ist irgendwann um und ich beeile mich Teds Blicken zu entkommen. Auf dem Flur treffe ich Kristina. Sie lächelte mich an und zieht mich in eine Ecke. „Ted ist an dir interessiert.“ Ich zucke zurück und schüttele heftig den Kopf. „Nein, das stimmt nicht.“ Kristina lacht. „Und ob das stimmt! Er hat mich nach deiner Handynummer gefragt!“ Ich reiße die Augen auf. „Du hast sie ihm doch nicht gegeben?“ Sie runzelt die Stirn. „Natürlich habe ich!“ Als sie meinen Blick sieht, weicht sie zurück. „Das war ein Fehler, oder?“ Ich erwidere nichts, ich wende mich ab und gehe zu meinem Spind. Gerade will ich meine Tasche ausleeren, als jemand die Tür zuschlägt. Ich blicke hoch und schaue in das wütende Gesicht von Piper. „Lass die Finger von Ted, Schlampe.“





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