Sag einmal noch

Autor: Lucy
veröffentlicht am: 21.02.2006




Zurückgedacht; war wohl alles nur ein Traum. Zurückgedacht; will ich auch, dass dieser Traum ohne Fortsetzung bleibt. Zurückgedacht; verlor ich an diesen Traum das, was ich jetzt so vergeblich such...

Ich bin ohne Vater aufgewachsen, es war nicht unbedingt leicht für mich - für meine Familie. Damals flohen wir vor dem Krieg aus Kroatien und hatten geplant nach Amerika auszuwandern, doch alles kam anders. So landete ich hier - in Österreich. Wie ich später noch zu meinem Entsetzen selber entdecken musste, zu weit weg von der Liebe meines jungen Lebens. Zu weit weg von einer Person die mich noch lehren sollte, was Begehren, Sehnsucht, Vertrauen, Leidenschaft, Anziehungskraft, körperliche Nähe und ... Liebe heißt. Doch dazu werde ich im Laufe meiner Erzählung kommen. Als das alles damals geschah, war ich gerade mal drei oder vier Jahre alt. Auf jeden Fall begann der erste Tag meines Lebens erst diesen Sommer mit Beginn meines achtzehnten Lebenstages. Um genau zu sein war es der dreiundzwanzigste Juli. Mein richtiges Leben begann am dreiundzwanzigsten Juli. Man könnte meinen, dass ich erst an diesem Tag zur Welt kam; geboren wurde. Von einem Gefühl zur Welt gebracht worden bin, dass so unglaublich verwirrend Schön ist, um es zu erklären. Worte würden diesem Gefühl nicht genügen. Sie wären eine Beleidigung... Aber vielleicht gab es einen Begriff für das was ich fühlte. Ich bin mir nicht so sicher ob dieser allumfassende Begriff auch nur annähernd erklärt was ich empfand, aber ja, hm, ich glaube, wir Menschen bezeichnen das als: LIEBE. Ein Sammelbegriff für all das, was ich aus meiner Erinnerung nun zu Papier bringen werde. Ein Leben das sich jeder wünscht, besonders wenn die Liebe dich mit einem ungeahnten Schwung in die Höhe zieht und du für eine kurze Zeit auf den Wolken schwebst, mit der Sonne um die Wette lachst und dir dabei die Sonnenstrahlen in die Augen scheinen, dich zum Zwinkern zwingen, beinahe zum Weinen bringen und das Gefühl, dass in dir erwacht ist, dir die Kraft gibt, alles zu tun und zu schaffen was du dir je erträumt hast. So in etwa war es bei mir. So in etwa fühlt sich für mich - da ich nur für mich sprechen kann - die Liebe an. So in etwa fühlt sich das Gefühl an das ich suche, um die Leere tief in meinem Inneren zu füllen.

Ich lehne mich zurück, denke nach, mir kommen die Tränen. Wäre er da, was würde er sagen? Er würde nichts sagen, er würde mich anlächeln, mich an sich ziehen, mich küssen. Wie würde ich reagieren? Ich würde mich fallen lassen, mich noch fester an ihn schmiegen, seine Küsse erwidern. Wenn ich ihn dann zurückschupse aus Gewohnheit, weil meine Angst vor Nähe wieder die Oberhand gewinnt, was würde er sagen, was würde er tun? Ich weiß es nur zu gut! Er würde wieder lächeln, mir zärtlich über die Wange streicheln, mich mit seinen unwiderstehlichen schwarz-blauen Augen mustern und meinen Nacken liebkosen. Sanft mir durch die braunen gewellten Haare greifen und darauf warten meinen Seufzer zu hören. Einen Seufzer der ihm zeigte wie sehr mir gefiel was er tat. Einen Seufzer der Erleichterung aber auch Verzweiflung ausdrückte. Erleichterung, mich ohne Angst fallen zu lassen und gehalten zu werden und andererseits Verzweiflung, weil ich fürchtete es zu verlieren und meine Sucht danach aber stetig wuchs. Wie bei einer Blume die anfing zu gedeihen und zu blühen, weil man sie goss und ihr Sonne gab und die, wenn man sie zurück in den Schatten stellte und ihr kein Wasser mehr gab, verwelkte, starb, da die Essenzen zum Leben ihr fehlten und verweigert wurden. Daran erinnere ich mich. An jede Berührung, an jeden Hautkontakt, an jeden noch so unbedeutenden Blick. Und wenn ich mich an die Wärme seiner Handflächen erinnere, während er mich streichelte, wenn ich mich an all die schönen und ermunternden Worte erinnere, die er mir jemals ins Ohr geflüstert hat oder die er mir einfach bloß sagte, wenn ich mich an die aufbrausenden Gefühle erinnere, die Verwirrungen in meinem Inneren gestiftet haben und gegen die ich mich einerseits wehren wollte und denen ich mich andererseits hingeben wollte, da wird mir mit einem Mal wieder schmerzlich bewusst, dass wir uns verloren haben - dass ich ihn verloren habe und nur die Zeit meine Wunde heilen kann. Doch meine Erinnerungen würden bleiben bis zu jenem Tag an dem ich zum letzten Mal Luft einatme und aus meinen Lungen die verbrauchte Luft wieder ausatme…

Alles Begann also diesen Sommer. Wie erklärt man die Sehnsucht die man fühlt, wenn man daran zurückdenkt? Versuchen sollte ich es am Besten gar nicht. Nein. Sein Name war - eigentlich: ist Elvis. Nicht Elvis Presley wie meine Freundinnen ihn gerne nannten, nein, er war mein Elvis. Kein Rock'n'Roller, sondern einfach nur Elvis. Der Mann den ich liebte, vielleicht mehr liebte als ich meine Familie liebte, vielleicht hätten wir füreinander unsre Leben gegeben, vielleicht… Es waren unsere Sommerferien, demnach fuhren wir wieder mit dem Auto acht stundenlang nach Kroatien um unsere Verwandten zu besuchen. Um unseren Urlaub bei unseren Lieben zu verbringen. Ich konnte mich nicht unbedingt freuen. Es war nicht immer die 'Heile Welt' die uns unten in unserer Heimat erwartete. Ganz im Gegenteil. Doch da ich nicht darauf erpicht bin die tragische Familiengeschichte auf den Tisch zu bringen, bleibe ich wohl besser bei der Sache. Wie wir endlich bei meiner Großmutter ankamen streckten wir uns alle als wir aus dem Wagen stiegen und den ersten Tag, verbrachten wir alle, erschöpft von der Autofahrt und dem Kilometer langen Stau und der prallen Nachmittagssonne, im Bett. Am nächsten Tag jedoch, war alles lebendiger. Strahlte wohl mehr Freude aus, oder vielleicht strahlt es mehr Freude aus, da ich an diesem Tag bereits am Morgen ihm begegnete. Dazu muss man wissen, dass in der Vorgeschichte Elvis auf mich aufgepasst hatte. Er kennt mich von Klein auf, war mein Babysitter eine zeitlang und trotz der 9 Jahre Altersunterschied, mein bester und einziger Freund in Kroatien. An diesem Morgen saßen wir auf der Veranda des Hauses und frühstückten genüsslich. Wir waren, so weit ich mich erinnere, am Verhungern. Da wir von unserer Veranda aus einen guten Blick auf die Straße unseres Viertels haben und ich gelangweilt das Geschehen auf der Straße verfolgte, wundert es bestimmt niemanden, dass genau er vorbei ging. Und, ich denke, einer Gewohnheit von ihm folgend, blickte er zu unserem Haus. Ich weiß nicht wie ich diesen Moment beschreiben soll? Wie ich die Vorstellung erwecken soll, wie alles ablief? Um es nicht nach einem Schnulzenroman aussehen zu lassen, sollte ich wohl meinen Wortschatz auf einige wenige Wort reduzieren, aber dann wäre es ja nicht mehr der Rede wert. Ich muss übertreiben um das Schauspiel zu erläutern. Um die Vorstellungskraft anderer anzuregen, hm? Am frühen Morgen schien die Sonne nicht mit derselben Stärke wie am Nachmittag, aber an diesem Tag, dem dreiundzwanzigsten Juli, schienen die Sonnenstrahlen wett zu eifern und einige dieser gleißenden hellen Strahlen spielten sich, wie auch der Wind, der ab und zu blies und nur einen Lufthauch aufwirbelte, ebenfalls in den schwarzen, bis zur Schulter langen, Locken meines Freundes. Es war ein Spektakel, wahrscheinlich eine Illusion meiner trügerischen Phantasie, da ich anscheinend bereits in ihn verliebt war, aber ohne es zu wissen, die, diesen Moment, in meinen Gedächtnis derart aufregend verewigt oder eingeprägt hat.

Fortsetzung folgt….









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