Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt - Teil 19

Autor: Anna :)
veröffentlicht am: 12.10.2011


Also den Teil find ich jetz nicht so gut :D
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„Was?“, hauchte sie kaum hörbar. Eine kleine Welt brach in diesem Moment für sie zusammen. Tadgh bekam davon nichts mit, er sah ihre Sprachlosigkeit als überwältigte Freude.
„Sie geht nach Poteau, oder?“, hörte Mary seine Stimme von irgendwo weit weg. Sie war unwirklich, drang kaum in ihre zerbrochene Welt ein. Und doch war dies der Moment, in dem Mary das Falscheste tat, was sie je getan hatte.
„Nein“, entgegnete sie tonlos. „Sie geht nach Idabel, an der Grenze zu Mexico.“ Dieser Satz, diese falsche Information hallte lange in ihr nach. Sie merkte nicht, wie Tadgh sie stürmisch umarmte und sich für die nächsten Tage entschuldigte, weil er seine Schwester einholen wollte. Sie merkte nicht, wie er euphorisch zu dem alten Wagen lief und eines der beiden Pferde einspannte. Sie, oder ihr besseres Ich, dachte nur daran, dass er noch nicht weg war. Noch war es nicht zu spät. Noch konnte sie ihm die Wahrheit sagen. Aber sie stand nur da und sah dem davonfahrenden Wagen mit leeren Augen nach. `Er fährt in die falsche Richtung´, sagte ihr eine Stimme. Aber sie wandte sich ab, seine Abschiedsrufe ignorierend, und ging ins Haus.

„Na du Schöne, hast du Lust auf ein… privates Spielchen?“
Der Kerl mit den gelben Zähnen und den Spielkarten in der Hand hauchte Maggie seinen stinkenden Atem ins Gesicht. Sie unterdrückte den Würgreiz. Außer Schnaps und Bier schwang darin noch irgendetwas anderes mit.
„N-nein danke“, sagte sie und wandte sich schnell ab. Der Saloon hatte wohl gerade seine Hochsaison, denn er war gefüllt mit teils laut grölenden und teils listig dreinschauenden Männern aller Altersstufen. Die einzigen Frauen arbeiteten hier als Tänzerinnen, Kellnerinnen oder sie gingen gegen Geld den- sagen wir allzu männlichen- Bedürfnissen der Herrschaften nach. Der Raum hätte dringend mal gelüftet werden müssen. Maggie konnte bereits die verschiedenen Rauchschichten riechen. Oben der frische Qualm, unten der Abgestandene. An diesen Art von Lärm waren ihre Ohren nicht gewöhnt. Trotzdem ging sie zur Bar und fragte den etwas mürrischen, kräftigeren Wirt nach einem Zimmer. Da er eine Zigarre im Mundwinkel hängen hatte, und es nicht für nötig befand sie beim Sprechen herauszunehmen, kamen seine Worte nur unklar bei der jungen Frau an.
„Lassen Se mich mal sehn“, brummelte er. Maggie schien Glück zu haben, denn der Wirt fand anscheinend noch ein freies Zimmer in dem Gewirr aus fleckigen Unterlagen.
„Zimmer neununswansig“, nuschelte er und reichte ihr einen einzelnen Schlüssel ohne Nummer oder Anhänger.
Sie nahm dankend den Schlüssel an, bezahlte für eine Nacht und ging die Holztreppe in die Oberetage. `Hier ist die Luft doch viel besser`, dachte sie und stellte zufrieden fest, dass auch nicht mehr so viel Lärm in ihre Ohren drang. Jedoch wurde sie aus der Nuschelei des Wirts nicht schlau. Hatte er jetzt neunundzwanzig oder neunzehn gesagt? Sie sah den verwinkelten Flur entlang, der irgendwann um die Ecke ging und beschloss, dass er wohl neunzehn gesagt hatte. Die Zimmertür war nämlich nicht abgeschlossen, so wie die anderen. Maggie musste sehr an sich halten, denn aus den meisten Zimmern drangen gedämpft doch sehr fragwürdige Laute zu ihr. Größtenteils hatte wohl einer der Männer seinen Spaß mit einer oder mehreren Damen, wenn man sie noch so nennen konnte.
Auf Maggies Gesicht erschien das erste Grinsen seit langem. Ihre Fantasie erschuf gerade auf nur allzu bildliche Weise eine solche Szene in ihrem Kopf. Ein Glucksen entrann ihrer Kehle. ´Der Rauch im Saloon hat wohl meine Sinne vernebelt´, dachte sie amüsiert, öffnete die Tür- und erstarrte. Vor ihr mitten im Zimmer- welches eigentlich hätte leer sein sollen!- stand ein junger Mann, nur mit einer Hose bekleidet und sah sie mindestens ebenso erstaunt an. Ansonsten war das Zimmer leer, nur ein dicker Geldbeutel lag auf dem Bett. Maggies Hirn arbeitete. Plötzlich wurde ihr klar, dass dieses Zimmer neunzehn wohl doch nicht das Richtige war! Währenddessen starrte sie den jungen Mann immer noch an.
„E-Entschuldigung“, flüsterte sie beinahe und merkte, wie sie rot anlief. „Ich hab mich- wohl im Zimmer geirrt.“ Bevor es zu noch größeren Peinlichkeiten kommen konnte, schloss sie die Tür und eilte durch den Flur zur Nummer neunundzwanzig, welche dann auch die Richtige war. Ihre Ohren brannten, sie sah immer noch das Bild des halbnackten Mannes- ein wesentlich angenehmerer Anblick als der alte Kerl mit den gelben Zähnen im Saloon- vor sich. Erschöpft und peinlich berührt lies sie sich aufs Bett sinken. Aus dem Nebenraum drangen wieder die Laute eines Liebesspieles zu ihr.

Die Sonne ging gerade auf, doch die kleine Gruppe fuhr bereits eine Stunde auf der Straße. Cillian war fest am Schlafen, Archie saß wie immer neben Winston auf dem Kutschbock und kaute auf einem Maiskolben herum. „Niedlich, der Kleine“, grinste er mit einem Blick auf den Jungen. Auf Winstons Gesicht erschien ein Lächeln, mit dem er um zehn Jahre jünger wirkte. „Ich habe mir immer Kinder gewünscht“, sagte er ein wenig wehleidig.
„Warum haben Sie und Ihre Frau keine…naja, bekommen?“
„Leider ist Nancy unfruchtbar. Sie war es schon immer“, entgegnete er traurig. Archie schüttelte den Kopf. „Das tut mir leid.“
„Ach, weißt du Junge, es- Vorsicht!“
Ein etwa genauso großer Wagen fuhr in diesem Moment mit erheblicher Geschwindigkeit von hinten an ihnen vorbei. Winston konnte ihm gerade noch ausweichen, die beiden hatten kaum etwas gehört und der Schrecken fuhr Archie in die Glieder.
„Verdammt noch mal, Junge! Pass doch auf!“, rief Winston, dem stürmischen, blonden jungen Mann entgeistert hinterher schauend. Dieser rief entschuldigend etwas zurück und spornte sein Pferd weiter an.
„Der stand ja beinahe auf dem Bock“, brummte Winston. Als Archie sich einigermaßen vom Schock erholt hatte, sah er nach seinem jungen Freund. Cillian schlief tief und fest, als wäre nichts geschehen.
„So ein Verrückter!“

„Guten Morgen!“, begrüßte Andrew Abigail, als er aus dem Haus und auf den Hof trat. Das Mädchen saß gerade auf einem Baumstamm und flickte schlecht gelaunt eins von Joans Kleidern. Es war das, welches sie bei der unglücklichen Begegnung mit Bobby getragen hatte. Viele kleine Löcher spickten nun den Stoff am Allerwertesten.
„Guten Morgen?“, entgegnete Abigail biestig. „Wenn er gut wäre, müsste ich jetzt nicht hier sitzen! Und morgens ist es schon lange nicht mehr. Der beginnt mit dem ersten Hahnenschrei, und dieser ist schon lange vorüber!“ Eigentlich hatte sie nicht so mürrisch sein wollen. Ehrlich gesagt war Andrew schon bei ihrer ersten Begegnung nachsichtig genug gewesen und ihn nochmals so zu provozieren, war schlichtweg dumm. Aber sie konnte nicht anders. Der Tag fing schon damit schlecht an, dass Bobby euphorisch die saubere Wäsche von der Leine in den Dreck geworfen hatte. Zu allem Übel war darunter auch der Lieblingsrock von Mrs. Mackenzie gewesen. Den armen Hund hatte Abigail mit einem Tritt davongejagt. Jetzt tat es ihr leid, aber geschehen war es nun mal. Zu dem Zeitpunkt war ihre Laune sowieso schon getrübt gewesen, aber dazu kam noch die Hitze! Dies war ein besonders heißer Tag aber Moses grinste bei der Arbeit natürlich wie ein Hutschpferd vor sich hin. Angeblich- hatte er ihr am frühem morgen jedenfalls erzählt- hätte ihm Sunta, eine der Sklavinnen in seinem Alter, gesagt, dass sie ihn sehr nett fände. Seitdem war dieses Grinsen nicht mehr aus seinem Gesicht zu kriegen. Und wer hatte natürlich wieder Pech? Natürlich sie, Abigail! Jetzt saß sie hier, mit einem Glas Wasser neben sich auf dem Stamm und schlechter Laune.
Bobby kam angelaufen, sah das Mädchen misstrauisch an und blieb sicherheitshalber bei seinem Herrchen stehen. Andrew lachte und streichelte den zotteligen Hund.
„Ich wusste doch, dass wir es hier mit einer ziemlich hochnäsigen Person zutun haben“, grinste er und sah Abigail dabei mit einem Blick an, den sie nicht deuten konnte. ´Wie kann er es wagen!´, begann eine Stimme in ihrem Kopf. Leider überwiegte Abigails Stolz schon wieder. Das war ja wohl die Höhe! Sie und hochnäsig. Pah!
Abigail stand ruhig auf, nahm das Wasser und schüttete es Andrew im Vorbeigehen mit einer ruckartigen Bewegung ins Gesicht. Mit schnellen, energischen Schritten verschwand sie im Haus. ´Jetzt aber!´, dachte sie ironisch. ´Jetzt werde ich sicherlich rausgeschmissen. Dann wird es wohl doch nichts mit Moses und Sunta´. So viel Geduld konnte kein Mensch haben, selbst Andrew nicht. Andrew Mackenzie… Mit seiner sanften Stimme und seinen wundervollen Aug- Abigail rief ihre Gedanken zur Ordnung. Ein eingebildeter und arroganter Mensch war er!, redete sie sich wütend ein und schleuderte den Putzlappen gegen die Wand.







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