Es könnte alles so einfach sein... - Teil 9

Autor: josie
veröffentlicht am: 30.08.2011


So, diesmal ging es etwas schneller :) Ich hoffe der Teil gefällt euch, Rückmeldung ist wie immer erwünscht :)


Ich sah auf die Anzeige über der Tür, die die Stockwerke anzeigte. Demnach waren wir irgendwo zwischen dem 3. und 4. Stock stecken geblieben. Ich drückte probehalber auf irgendeinen Knopf. Dann auf noch einen. Nichts tat sich. Ich hatte es auch nicht erwartet. Der unbekannte Mann kam zu mir und drückte beherzt auf die Notruftaste. Es tutete. Einmal. Zweimal. Dreimal. Dann ein knacken und eine Männerstimme mit ausländischem Akzent meldete sich. „Hallo? Ist da jemand? Sie brauchen Hilfe?“
Der Fremde schaute mich einen Moment an, bevor er antwortete: „Ja, hallo. Der Aufzug ist stecken geblieben.“ „Aufzug? Bleiben stecken? Das unmöglich! Aufzug bleiben noch nie stecken.“ Es war ein grollendes Lachen zu hören. „Glauben sie mir, es ist aber so. Der Aufzug steht offenbar irgendwo zwischen dem 3. und 4. Stockwerk, die Türen lassen sich nicht öffnen. Sprich: der Aufzug ist stecken geblieben.“
„Ah. O.k. und jetzt?“ „Jetzt rufen sie einen Elektriker“, meinte der unbekannte etwas ungeduldig. „Ah ja ich weiß wen ich rufen. Meinen Freund Hassen. Der kennen sich mit so etwas aus. Wartet. Ich rufen an und dann er kommen her und ihr könnt nicht glauben, wie schnell ihr seid dann draußen. Also bis gleich.“
„Nein…Halt…Warten sie…Hallo…? Hallo…?“ Der Unbekannte drehte sich zu mir um und sah mich etwas entschuldigend an. Na toll. Jetzt ruft der seinen Kumpel, der wahrscheinlich keine Ahnung von Fahrstühlen hat. Na das kann noch eine Weile dauern, bis wir hier raus sind. Das dachte sich mein gegenüber wahrscheinlich auch, denn er setzte sich gerade auf den Boden, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, die Beine ausgestreckt. Ich schaute ihn einen Moment unschlüssig an, dann seufzte ich und tat es ihm gleich. Nur an der gegenüberliegenden Wand, sodass unsere Beine nebeneinander lagen.
„Ich glaube das kann noch eine Weile dauern. Ich bin übrigens Nick.“ Er lächelte mich leicht an. Und da war wieder so ein Moment. Genau wie im Bus. Ich schaute ihm in die Augen, in diese klaren grünen Augen, konnte mich nicht lösen und lächelte zurück. Einfach so. Weil ich froh war, dass ich das hier nicht alleine durchstehen musste. Weil ich das Glück hatte mit einem wirklich netten, jungen und gutaussehenden Mann im Fahrstuhl zu stecken. Weil dieses Lächeln einfach bezaubernd war. Weil… -O.k. Jo. Jetzt reicht es langsam. Wir haben es alle kapiert. Du bist diesen Augen mal wieder verfallen. Aber bitte, ich flehe dich an, bewahre um Himmels Willen einen kühlen Kopf und mach dich bloß nicht zum Affen. Was willst du jetzt überhaupt schon wieder von einem Typen? Hast du die Sache mit Tom schon vergessen? Ich jedenfalls nicht. Und ich werde dich gegebenenfalls gerne immer daran erinnern. Also hör auf ihn anzustarren und reiß dich zusammen. Und außerdem hast du nicht gerade von einem netten, gutaussehenden und JUNGEN Mann geredet? Schau ihn dir doch mal an. Der ist bestimmt Mitte 20. Also mindestens 8 Jahre älter als du. Und du glaubst der würde sich für so ein kleines Mädchen wie dich interessieren? Der lacht doch nur über dich…-
Ich wandte endlich den Blick ab. Das letzte Argument hatte mich überzeugt. Er sah wirklich aus wie 25. Was kann da ein 17 jähriges Mädchen schon ausrichten? So einer konnte jede haben. Und selbst wenn er was von mir wöllte. Sobald er hören würde, dass ich Null Erfahrungen habe, bin ich doch sowieso unten durch. Er würde sich totlachen über das kleine, durchschnittliche, unerfahrene,… -O.k. O.k. Ist ja gut. So hab ich das jetzt auch wieder nicht gemeint. Ich wollte dich nur auf den Boden der Tatsachen zurückholen, bevor du noch unsanft auf der Nase landest.-
Ich beschloss meine innere Stimme jetzt einfach zu ignorieren und mich meinem gegenüber zuzuwenden. Nick. Dieser schaute mich mit einer Mischung aus Belustigung, Verwirrung und Besorgnis an. Ups. Es waren wohl einige Minuten vergangen, in denen ich mich mit meiner inneren Stimme unterhalten hatte. Gott, wie peinlich.
„Also, wenn du mir deinen Namen nicht verraten willst ist das auch in Ordnung.“ Nun überwog die Belustigung in seinem Gesicht. Eindeutig. Na toll. Nicht mal 5 Minuten sind vergangen und ich hatte es mal wieder geschafft mich zum Gespött zu machen. Super, Jo. Ich gratuliere dir. „Eh, tut mir Leid. Ich war wohl etwas in Gedanken versunken“, versuchte ich die Situation etwas zu retten. „Ja, das habe ich gemerkt. Darf ich auch fragen, worüber du so angestrengt nachgedacht hast? Das sah nämlich wirklich faszinieren aus, ich habe es hinter deiner zarten Stirn förmlich rattern hören.“ Er lachte mich an. Ein schönes Lachen hatte er. Es strahlte dabei sein ganzes Gesicht. Angefangen bei den Augen, die aussahen, als ob sie gleich Funken sprühen würden, über die Nase, die sich leicht kräuselte, bis hin zum Mund, der sich zu einem breiten Lächeln verzog bis sich rechts ein kleines Grübchen bildete. Nur rechts.
-Jo…- Meine innere Stimme zog meinen Namen bedrohlich lang, was mich dazu brachte mich aus meinen Gedanken zu reißen. O.k. Was war die Frage? Ach ja.
„Ach, über nichts Besonderes.“ Das wurde in letzter Zeit meine Standardantwort.
„Und darf ich nun deinen Namen erfahren?“ „Oh, ja natürlich. Ich bin Jo. Also eigentlich Josefine, aber alle nennen mich Jo.“
„Freut mich dich kennen zu lernen Jo.“ Er beugte sich zu mir rüber und reichte mir seine Hand. Ich nahm sie in meine und spürte einen festen Händedruck, den ich erwiderte. Dabei war er mir plötzlich sehr nahe. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Ich konnte seinen Atem auf meiner Wange spüren. Und ich konnte nicht anders, aber ich musste seine Narbe ansehen, die vor meinen Augen schwebte. Sie zog sich von der Mitte der rechten Wange hinunter bis fast zum Kinn. In diesem grellen Licht des Fahrstuhls erschien sie mir unnatürlich hell. Sie stach regelrecht hervor. Ich spürte seinen Blick auf mir und riss meine Augen von der Narbe los. Unsere Blicke trafen sich. Braune Augen trafen auf grüne Augen. Irgendwann, ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, löste er sich von mir, ließ meine Hand wieder frei und setzte sich wieder an seinen Platz an der gegenüberliegenden Wand. Ich hoffte inständig, dass er nicht bemerkt hatte, dass ich seine Narbe angestarrt hatte. Was sollte er denn dann von mir halten? Mich interessierte wirklich, woher er diese Narbe hatte. Doch ich war natürlich mal wieder zu feige, um ihn danach zu fragen. Vielleicht ein anderes Mal.
„Da das hier wahrscheinlich noch ein Weilchen dauern wird können wir uns ja die Zeit vertreiben, in dem wir uns ein bisschen unterhalten. Also wie kommt es zum Beispiel, dass du hier in diesem Fahrstuhl sitzt? Also ich meine, wo wolltest du eigentlich hin?“
Ich holte einmal tief Luft, riss mich zusammen und erzählte ihm die Geschichte vom vergessenen Impfpass, und dann vom vergessenen Schirm. Und, oh Wunder, ich schaffte es sogar, ohne mich auch nur ein einziges Mal zu verhaspeln, oder zu stottern, oder sonst irgendetwas Peinliches zu machen.
„Das nächste Mal werde ich glaube ich nicht noch mal zu faul zum Treppen steigen sein.“
Das nächste mal. Dafür musste ich aber erst noch dieses Mal überstehen. Und das ging nur, wenn endlich mal dieser Hassan die Güte hätte aufzutauchen. Andererseits sitzt man nicht alle Tage im Aufzug fest. Ist doch eigentlich ganz witzig die Situation. –Witzig. Ja Ich lach mich tot. Haha.- Sei doch nicht so ironisch. Ich versuch doch nur das Beste aus dem ganzen rauszuholen. –Ja. Und das Beste wäre, etwas Konversation zu treiben, und ich meine nicht mit mir!-
Ich blickte auf. Nick sah mich wieder mit dieser Mischung an, wobei diesmal die Faszination überwog. Na immerhin besser als vorhin. Vielleicht gab es ja doch noch Hoffnung, dass ich seine Meinung über mich noch ändern konnte. Es war zwar nur ein kleiner Schimmer, aber sie stirb ja bekanntlich zuletzt.
„Und wie sieht’s bei dir aus? Warum steckst du hier fest?“
Nick wollte gerade antworten, als ein knacken zu hören war und sich die bekannte Stimme wieder meldete. Und ich hoffte, dass sie gute Nachrichten brachte.
Doch ich sollte enttäuscht werden.





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