Es könnte alles so einfach sein... - Teil 8

Autor: josie
veröffentlicht am: 24.08.2011


Jetzt sind schon wieder 2 Wochen vergangen, in denen ich nicht weiter geschrieben habe. Tut mir Leid! Ich hatte viel um die Ohren...
Es freut mich, dass meine Geschichte offenbar gut ankommt. Das motiviert :) Ich hoffe das bleibt so ;)
So und nun viel Spaß beim Lesen, Anmerkungen jeglicher Art sind wie immer erwünscht.

Lieben Gruß Anna



Mein Wecker klingelte mich am nächsten Morgen erbarmungslos aus dem Schlaf. Es war
10.00 Uhr. Ich hatte noch eine Stunde, bevor Tom mich abholen würde.
Tom. Sofort holte mich der gestrige Tag wieder ein. Doch ich wollte jetzt nicht daran denken. Das würde ich den ganzen Tag schon zur Genüge tun müssen. Ich ging ins Badezimmer und stellte mich unter die Dusche. Das warme Wasser prasselte auf meinen Körper und ich hatte das Gefühl, dass es all meine Sorgen mit in den Abfluss nahm. Ich fühlte mich befreit. Ich meine, was soll schon großartiges passieren? Ich werde einfach einen Tag mit drei sehr netten Leuten verbringen und eine Menge Spaß haben. Ich werde mir doch jetzt nicht durch so ein läppisches Comingout den Tag vermiesen lassen. Da muss man(n) schon früher aufstehen.
Eine halbe Stunde später stand ich fertig angezogen im Flur und wartete ungeduldig, dass es endlich klingelte. Ich wollte nicht länger warten. Ich wollte es jetzt hinter mich bringen.
-Äh, Jo. Hast du nicht eben noch gesagt, dass du dich auf den Tag freust, eine Menge Spaß haben wirst und dir NICHT den Tag vermiesen lässt?- Ja, Herrgott. Dann hab ich meine Meinung eben geändert. Ich werde mich ja auch bemühen. Aber das Problem ist, dass ich absolut nicht weiß, wie ich mich jetzt ihm gegenüber verhalten soll. So wie vorher? Ich bezweifle, dass ich das kann. Aber wenn ich ihn irgendwie anders behandle, dann denkt er, dass ich was dagegen hätte, dass er schwul ist. Und das darf er nicht denken. Denn wenn er das denkt, dann denkt er entweder, dass ich was gegen schwule habe oder, dass ich was dagegen habe, dass ER schwul ist. Beides wäre nicht von Vorteil für mich, denn wenn er denkt, dass… -JOSEFINE! Ich glaube DU denkst hier gerade eindeutig zu viel!
Ich weiß, aber ich warte nun mal nicht gerne. –Das musst du jetzt auch nicht mehr, denn es hat soeben geklingelt.-
Ich blickte erschrocken zur Tür. O.k. Jo. Du schaffst das. Einfach Augen zu und durch. Ich öffnete langsam die Tür und das erste was ich wahrnahm war: Blau. Er hatte ein blaues
T-Shirt an. Gott im Himmel ich bin dir was schuldig!
Ich blickte ihm vorsichtig in die Augen und sah, dass er mich ebenso vorsichtig ansah.
„Äh…Hi.“, ich versuchte ein Lächeln. „Hey.“ Tom lächelte ebenfalls, trat einen Schritt auf mich zu und umarmte mich kurz. Ups, damit hatte ich jetzt nicht gerechnet. Aber es war nicht so schlimm, wie ich gedacht hatte. Es war…angenehm. Nicht mehr und nicht weniger.
Als er mich wieder losgelassen hatte, zog ich die Haustür hinter mir zu und wir liefen los. Wir schwiegen beide. Ich wagte es nicht ihn anzusehen und schaute stattdessen meinen Füßen beim Laufen zu. Eine wirklich interessante Beschäftigung. Ehrlich, macht das mal. Es ist echt faszinierend und… -Das ist jetzt nicht dein Ernst! Du denkst nicht ernsthaft über deine Füße nach!-
Ich riss meinen Blick von meinen Füßen los und wandte mich Tom zu, der in diesem Augenblick zu mir schaute, unsere Blicke begegneten sich kurz. Tom sah jedoch sofort wieder zu Boden und lachte verlegen. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte ich ihn. „Mhm? Ja, ja. Es ist nur… naja mich beschäftigt eben noch die Sache von gestern, aber lass uns bitte über was anderes reden, O.k.? Freust du dich denn schon darauf endlich mal was von der Stadt zu sehen?“
Ich war für den Themenwechsel nur allzu dankbar und so unterhielten wir uns den ganzen Weg über, bis wir irgendwann vor Marie und Jan standen, die schon auf uns warteten.

Vollkommen Erschöpft ließen wir uns auf die Sitze im Bus fallen. Wir waren den ganzen Tag durch München gewuselt, haben uns alles, wirklich alles angeschaut, was es zu sehen gab und fuhren nun alle zusammen zu Marie. Wir wollten noch einen Filmeabend machen. Ich saß am Fenster und schaute hinaus. Die anderen unterhielten sich, doch ich blendete es aus. Ich wollte nachdenken.
Alles in allem war es ein wirklich schöner Tag gewesen. Ich war selbst total überrascht. Ich konnte mit Tom wieder ganz normal umgehen. Es war nicht, wie vor dem Comingout. Nein, es war besser. Wir haben uns richtig gut verstanden, auf einer rein freundschaftlichen Ebene. Nach anfänglicher Zurückhaltung waren wir beide mehr und mehr aufgetaut und ich durfte feststellen, dass Tom nichts Geringeres als ein wahrer und treuer Freund ist. Na gut, ein wahrer, treuer und schwuler Freund. Es war nicht so, dass mir das nichts mehr ausmachte. Ich habe mich nur entschlossen, für meine Dummheit nicht Tom verantwortlich zu machen. Er konnte schließlich nichts dafür. Und es hat ja auch Vorteile, mit einem Schwulen befreundet zu sein. Zum Beispiel hat Tom hat einen exzellenten Modegeschmack, wobei seine Farbwahl etwas zu wünsche übrig lässt. Außerdem sind schwule Männer die einzigen die RICHTIG zuhören können. Also was will Frau mehr?
„Jo? Wir müssen aussteigen.“ Ich schreckte auf und folgte den anderen aus dem Bus. Bei Marie angekommen machten wir uns sogleich auf den Weg ins Wohnzimmer und starteten den Filmabend. Ich war jedoch so müde, dass ich irgendwann vor dem Fernseher eingeschlafen bin und da auch die anderen sehr erschöpft waren machten wir uns auf den Weg nach Hause. Von Marie aus, war es nicht mehr weit. Deshalb beschlossen Tom und ich den Weg zu laufen. Wir schwiegen beide. Wenn wir alleine waren, war es immer noch etwas seltsam. Ich weiß nicht woran es lag, doch wenn ich allein mit ihm war, wollte ich immer einen guten Eindruck auf ihn machen. Ich konnte nicht wirklich abschalten und einfach so sein, wie ich bin. Doch darüber wollte ich mir jetzt nicht mehr den Kopf zerbrechen. Es war ein wundervoller Tag gewesen und ich war einfach nur froh, als ich mich 5 Minuten später in mein Bett fallen ließ und glücklicherweise sofort einschlafen konnte.

Am Sonntag Morgen tat ich nichts außer schlafen und essen. Zu mehr war ich nicht in der Lage und zum Überleben reichte es.
Gegen Mittag, ich saß gerade in meinem Zimmer, klingelte es an der Tür. Ich fühlte mich nicht verantwortlich aufzumachen, da ich niemanden erwartete. Als es jedoch ein zweites mal klingelte, stand ich notgedrungen auf und öffnete die Tür. Mir stand eine freudestrahlende Marie gegenüber, die sofort auf mich zugerannt kam und mich stürmend umarmte. „Wir sind zusammen, Jo! Wir sind wahrhaftig zusammen. Ich kann es gar nicht glauben. Wir sind zusammen!“
Und so kam es, dass wir bis zum Abend zusammen saßen und über diese Neuigkeiten redeten. Wahrscheinlich brauch ich es nicht mehr zu erwähnen, aber die Rede war von Jan. Er hatte sich endlich getraut und den ersten Schritt gemacht. Und nun waren sie ein frischgebackenes, glücklich verliebtes Pärchen. Ich freute mich für Marie. Auch wenn ich ein klitzekleines Bisschen neidisch war, freute ich mich wahnsinnig für die beiden.

Am Montag fiel die erste Stunde aus und so konnte ich glücklicherweise etwas länger schlafen. Der Schultag verlief ohne weiteren Zwischenfälle, außer, dass Marie und Jan nur noch aneinander hingen wie zwei Kletten was mir irgendwie etwas peinlich war. Tom schien das nichts auszumachen. Ich weiß nicht, aber vielleicht denken Schwule da anders darüber.
-Wow. Ich bin stolz auf dich. Du konntest das Wort denken ohne auch nur ansatzweiße in eine depressive Stimmung zu fallen. - Da hatte meine innere Stimme recht. So erstaunlich es auch klingen mag, ich war über die Sache hinweg. Ich weiß auch nicht, wie das so schnell gehen konnte, aber ich war einfach nur froh darüber. Aber was ich durch die ganze Sache gemerkt hatte war, dass ich nicht mehr single sein wollte. Ich wollte endlich mal so richtig verliebt sein. Mit allem drum und dran. Doch das geht leider nicht so leicht. Ich kann schließlich nicht mit dem Finger schnipsen und schon stehen die Männer reihenweiße Schlange. Wie sollte ich das also anstellen?

Nach der Schule musste ich noch bei Lenas Kinderarzt vorbei, weil Vera dort Lenas Impfpass vergessen hatte. Ich ging also in die Praxis, die glücklicherweise nicht weit von der Schule entfernt lag und holte den Pass. Ich trat gerade aus der Tür, als es zu regnen anfing. Ich suchte in meiner Tasche nach dem Schirm, den ich mir heute Morgen eingesteckt hatte, konnte ihn jedoch nicht finden. Da fiel mir ein, dass ich ihn oben in der Praxis kurz auf den Empfangsschalter gelegt hatte. Wahrscheinlich hatte ich ihn dort vergessen. Also drehte ich wieder um und betrat die Praxis erneut. Diesmal nahm ich jedoch den Aufzug, da ich zu faul zum Treppen steigen war. Die Fahrstuhltüren schlossen sich langsam vor meinen Augen. Doch im letzten Moment schob sich noch ein weißer Turnschuh dazwischen, der die Türen aufhielt. Dem Schuh folgte ein großgewachsener, braunhaariger junger Mann, der sich lächelnd neben mich stellte. Ich sah ihn verstohlen von der Seite an und musste feststelle, dass er verdammt gut aussah. Er war nicht so klassisch schön wie manch anderer, dennoch gefiel er mir auf anhieb. Er machte einen leicht verwegenen Eindruck. Er hatte auf der linken Wange eine dünne Narbe, die sich fast bis zu seinem Mundwinkel zog. Und ich weiß nicht warum, aber diese Narbe machte diesen Mann für mich zu etwas besonderen. Ich kannte ihn nicht und doch wirkte er auf mich perfekt. Ich fühlte mich einfach nur wohl.
Ich hing so meinen Gedanken nach, als es plötzlich einen Ruck gab und der Fahrstuhl anhielt. Wir waren jedoch noch nicht am richtigen Stockwerk angekommen und die Türen öffneten sich auch nicht. Ich musste kräftig schlucken. Wir waren stecken geblieben!





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