Es könnte alles so einfach sein...

Autor: josie
veröffentlicht am: 23.06.2011


Der Regen prasselte gegen die Fensterscheibe des Busses. Ich beobachtete die Tropfen, die in langen Bahnen das Fenster hinunter schossen und konzentrierte mich auf das Geräusch des leise trommelnden Regens. Der Bus fuhr in einen Tunnel und dort, wo eben noch die Landschaft an mir vorbeizog, war nun mein Spiegelbild. Etwas ängstlich dreinblickende große braune Augen sahen mich an. Mein Blick huschte weiter zu meinen Haaren, über die ich nun schon zum gefühlten hunderten mal an diesem Morgen mit meiner Hand fuhr, um sie etwas zu glätten. Doch es war vergeblich. Die widerspenstigen hellbraunen Locken machten einfach das, was sie wollten. Normalerweise mochte ich eben diese Locken sehr, doch an Tagen wie diesen, raubten sie mir fast den letzten Nerv.
„Nächster Halt: Marktplatz.“ Die monotone Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
Schnell warf ich einen Blick auf den Haltestellen - Plan über meinem Kopf und vergewisserte mich, dass ich noch genügend Zeit hatte, bis ich aussteigen musste.
Ich ließ meine Blick wieder nach unten gleiten und blickte plötzlich in zwei Augen. Aber nicht irgendwelche Augen. So was hatte ich noch nie gesehen. Diese Augen hatten ein leuchtendes helles Blau, das von einem dunklen, fast schwarzen Ring umschlossen wurde. Und ich weiß nicht warum, aber dieser Ring hatte eine intensive Wirkung auf mich. Ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihm lösen. Wow! Das ist es also, was immer in den Büchern und Filmen beschrieben wird. Ich dachte so etwas passiert im „realen“ Leben nie, und wenn, dann nicht mir. Aber das war der Beweis. Dies war genauso ein Moment: Zwei Blicke treffen sich zufällig und können sich einfach nicht mehr voneinander lösen.
Doch irgendwann ist auch dieser Moment vorbei. In diesem Fall wurde er von einem großen, schlanken Mädchen unterbrochen, das sich seufzend auf den Platz neben „den Augen“ fallen ließ. Sie beugte sich zu ihrem Nachbar herüber und umarmte ihn. Dann sah sie die zwei Kaffeebecher in seiner Hand und griff nach einem. „Ach Tom du bist echt ein Schatz. Was würde ich nur ohne dich machen?“ „Das frag ich mich auch manchmal.“, meinte der Junge, der offenbar Tom hieß und lächelte seine Nachbarin an. Wow! Dieser Junge hat nicht nur unbeschreiblich schöne Augen und eine wunderschöne, melodische, sanfte Stimme sondern auch ein atemberaubendes Lächeln. Er hatte Grübchen an beiden Wangen und unter seinen Augen bildeten sich unglaublich süße Lachfältchen. Doch bevor ich hier noch das sabbern anfange, sollte ich mich mal auf den Boden der Tatsachen zurück hohlen.
-Wie du vielleicht bemerkt haben solltest, liebe Josefine war dieses eben beschriebene Lächeln nicht an dich gerichtet, sondern an das hübsche Mädchen neben ihm, welches vermutlich seine Freundin ist-.
Ich musste meiner inneren Stimme wohl oder übel Recht geben. Es hätte mich auch gewundert, wenn so ein Prachtexemplar nicht vergeben wäre. Denn genau das war er – ein wahres Schmuckstück. Er hatte strubbelige dunkelbraune Haare, die ihm vorne in die Stirn fielen und sich etwas kräuselten.Sein Gesicht war einfach nur schön. Anders kann man es nicht beschreiben. Vom Rest des Körpers war leider nicht viel zu erkennen, doch ich glaubte durch die Jacke hindurch einen recht muskulösen Oberkörper zu erahnen.
Bevor aber mein Blick noch von irgendjemanden bemerkt wurde, sah ich schnell wieder aus dem Fenster und hörte gezwungenermaßen der etwas zu lauten Stimme des Mädchens zu, dass neben besagten Jungen saß: „Oh Tom, es war so unbeschreiblich schön gestern. Das kannst du dir gar nicht vorstellen. Wir waren im Kino und danach noch etwas trinken. Wir haben über Gott und die Welt geredet und er hat mich dann noch nach Hause gebracht. Er ist einfach so toll! Danke übrigens, dass du gesagt hast, dass du keine Zeit hast. Ich glaube sonst hätten wir es nie geschafft, uns mal zu zweit zu treffen.“
Ok, da hat sich meine innere Stimme wohl ausnahmsweise mal geirrt. Außer dieses Mädchen fährt zweigleisig. –ja ne ist klar Jo, deshalb schwärmt sie ihm ja auch gerade von ihrem Date mit einem anderen vor. Mach ich auch immer so.-
Hatte ich schon erwähnt, dass es tierisch nervt eine innere Stimme zu haben? Vor allem weil man sie nicht abstellen kann. Da hilft nur pure Ignoranz.
„Wenn ich nur wüsste, ob es ihm auch gefallen hat…“, die Laute Stimme drang wieder an mein Ohr. „Mach dir darüber mal keine Gedanken, Marie. So wie du das erzählt hast, hat es ihm garantiert gefallen. Ich werde mir wahrscheinlich die ersten beiden Schulstunden seine Schwärmereien anhören müssen.“ Ach Ich könnte dieser Stimme einfach Stunden zu hören. So sanft, so klar. Einfach perf… -JOSEFINE TALBACH jetzt reiß dich mal zusammen. Auch wenn diese Marie offenbar nicht seine Freundin ist heißt das noch lange nicht, dass er keine hat. Und selbst wenn, bei diesem Jungen würdest du dir nur die Finger verbrennen. Der ist eine Nummer zu groß für dich-
Ich seufzte innerlich einmal auf. Ja das war er in der Tat. Aber man wird ja wohl noch träumen dürfen, oder?
„Nächster Halt: Brunnenstraße.“ Mein Kopf zuckte hoch. Wenn mich nicht alles täuschte musste ich hier aussteigen. Ich schaute aus dem Fenster und vergewisserte mich noch einmal mit einem Blick auf die Schule, dass ich hier richtig war. Ich stand auf, packte meine Tasche und versuchte zur Tür zu gelangen, was nicht einfach war, weil alle Schüler hier aussteigen wollten und demnach ein reges Gedränge in Türnähe herrschte. Ich ließ mich also einfach, eingequetscht zwischen zig Schulranzen, zur Tür treiben. Als ich sie fast erreicht hatte drehte ich mich noch einmal um und sah wieder direkt in diese Augen. Er lächelte mich an. Und ich konnte nicht anders. Meine Mundwinkel machten sich selbstständig. Ich lächelte zurück. Ich hätte ewig hier so stehen können. Ihm einfach nur in die Augen blicken und lächeln. Aber ich glaube, dass es keinen guten Eindruck machen würde wenn ich an meinem ersten Schultag zu spät kommen würde und dann auch noch mit der Begründung: „ich musste noch einem Jungen zu lächeln“. Also löste ich mich wiederwillig von seinen Augen und trat aus der Tür.






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