A cruel life with a glimmer of hope - Teil 4

Autor: Jessica
veröffentlicht am: 12.07.2011


Kapitel 4

Nach dem Klingen ertönte ein lautes Klopfen gegen die Tür. Mein Herz zog sich zusammen und ich ging einige Schritte von der Tür weg. Nevio kam erschrocken aus dem Zimmer gelaufen und stellte sich hinter mich.
„Wer ist da?“, fragte er ängstlich.
Ich schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung.“
Nevio konnte niemals wissen, das vielleicht sein Vater vor der Tür stehen würde. Wie sollte ich es ihm bloß erklären? All die Jahre hatte ich es vor ihm geheim gehalten und gebetet, dass er es auch nie herausfinden würde. Wenn dieser Mann tatsächlich vor der Tür stand, dann war es vielleicht die Hölle oder der Tod der mich erwartete.
„Komm schon! Serah! Bitte, mach doch endlich auf. Ich weiß das du da bist.“, rief eine bekannte männliche Stimme, die mich jedoch erschöpft auf den Boden fallen ließ. Ich fasste mir an den Kopf und wischte meine Schweißperlen von der Stirn weg. Nevio machte langsam die Tür auf und Tom sprang in die Wohnung hinein. Als er mich zitternd und schockiert auf dem Boden wieder fand, half er mir schnell auf. Wir setzten uns in die Küche hin und er fragte mich ständig ob alles in Ordnung wäre. Aber mein sanfter Nicker ließ ihn zweifeln. Nach ein paar Minuten fing ich mich wieder und er erklärte mir, warum er hier sei.
„Durch den kleinen Zwischenfall jetzt, hab ich komplett vergessen, warum ich eigentlich hierher kam.“
Er fasste sich an den Kopf und seufzte verzweifelt. „Mein Auto wurde gestohlen!“
Ich fuhr hoch und blickte ihn fassungslos an.
„Wie? Wann? Wo?“
„Gerade eben. Ich wollte in die Videothek springen um ein paar Filme zu holen und als ich wieder einsteigen wollte, spürte ich nur wie jemand mir auf den Hinterkopf schlug. Danach belebte mich der Angestellte aus der Videothek wieder. Als ich auf die Uhr schaute, war über eine halbe Stunde vergangen. Mein Handy war weg, mein Geld, meine Haustürschlüssel, sowie mein Autoschlüssel. Ich bin ein toter Mann wenn ich nach Hause komme.“
„Aber wie hast du hierher gefunden?“, fragte ich.
„Ich habe dir doch dein Auto gebracht und du wohnst ganz in der Nähe. Deswegen lief ich schnell zu dir, nachdem ich meinen Vater anrief und über den Überfall berichtete. Sie werden mich an der Videothek abholen. Die Polizei wird auch gleich dort sein.“
„Ich komme mit dir.“
Im Schlafzimmer zog ich mich schnell um und ging mit Tom aus der Wohnung. Ich hatte ein wenig Bammel, als Nevio sich weigerte mit mir zu kommen.
„Komm, bitte, Nevio, ich hab Angst dich zu Hause allein zu lassen.“, bettelte ich.
„Wieso denn? Ich will aber nicht mitkommen und du bist nicht meine Mutter. Lea würde mich bestimmt zu Hause lassen.“
„Lea ist aber nicht hier und ich hab jetzt die Verantwortung über dich. Also zieh dich an und komm mit.“, befahl ich ihm.
Er seufzte genervt und zog sich rasch um.
An der Videothek standen schon die Polizei und sein Vater. Zuerst blieb ich erschrocken stehen, da die Gesichtszüge mich an eine sehr vertraute Person erinnerten. Wenn er mich anschaute, durchfuhr mich eine eiskalte Gänsehaut. Doch da bot er mir seine Hand an und ich griff zu. Als er mein Zittern bemerkte, zog er die Augenbrauen zusammen und ich senkte meinen Blick.
„Ich kläre noch einiges mit der Polizei und dann wirst du mit nach Hause kommen, junger Mann.“, sprach er mit ernster Stimme. Als sein Vater hinter den Polizeiwagen verschwand, stellte sich Tom wieder zu mir.
„Ich hasse diesen Kerl!“, motzte er.
„Er ist dein Vater.“, sagte ich.
„Nein, eigentlich nur mein Stiefvater. Susanne ist seine einzige Tochter. Als Oliver und ich erst sechs waren, heiratete meine Mutter ihn. Wir nennen ihn nie Dad. Sondern nur bei seinem Namen.“
„Wo ist dein richtiger Vater?“, fragte ich neugierig.
„An der Walddorfstraße 15.“, murmelte er.
Dort war ein Friedhof. „Das tut mir leid, Tom.“
Er schüttelte den Kopf, als wolle er den Gedanken schnell abschütteln. Zwischen uns herrschte eine unangenehme Stille und ständig fragte ich mich warum alle beim Tatort dabei waren, bis auf seinen Bruder.
„Wo ist Oliver?“, fragte ich und riss ihn aus seinen Gedanken.
„Frage ich mich auch. Vielleicht schläft er und bekam es überhaupt nicht mit. Trotzdem werde ich zu Hause nach ihm fragen.“
Noch einmal suchte ich den ganzen Tatort ab und drehte mich dabei um meine eigene Achse. Aber die einzige vertraute Person war sein Vater.
„Wie heißt eigentlich dein Vater, wenn ich fragen darf?“
„Morris Leiken.“
Mein kompletter Körper spannte sich an und eine eiskalte Gänsehaut durchfuhr mich. Wieso hatte er den gleichen Nachnamen wie ich? Das muss Zufall sein. Er würde doch niemals verwandt mit meinem Vater sein, oder? Das kann nicht sein. Die damaligen Geschehnisse sind weit weg von hier passiert. Es muss ein anderer Leiken sein.
Tom wedelte vor meinen Augen mit der Hand hin und her. Für eine kurze Zeit war ich in eine Art Trance gefesselt.
„Was für ein Zufall, mein Nachname ist auch Leiken.“, stotterte ich.
„Wirklich?“, wunderte er sich und starrte mich noch etwas länger an. Er bemerkte meinen Schweiß auf der Stirn und die Blässe in meinem Gesicht. „Geht’s dir gut?“
Ich blickte ihn an und lächelte kurz auf, aber mein Pochen wurde dadurch nicht ruhiger.
„Das ist bestimmt nur die Müdigkeit. Es ist besser wenn ich mich schlafen lege. Gute Nacht, Tom.“, verabschiedete ich mich rasch, schnappte mir Nevio und kehrte nach Hause zurück. Die Nacht war einfach unerträglich für mich. Tausende Gedanken sprangen mir im Kopf herum und ständig wiederholte sich der Name „Morris Leiken“. Ob er wohl einen Bruder gehabt hatte? Ich wusch mir von der Stirn den Schweiß weg und lief ins Bad, um mir kaltes Wasser ins Gesicht zu schütten. Meine Hände zitterten, als stünde ich seit Stunden unter Schock. Wie in den meisten Nächten nahm ich erneut aus dem Schrank eine Beruhigungstablette.
„Die zweite leere Dose in diesem Monat.“, murmelte ich und warf die in den Müll. Selbst bei der Arbeit musste ich sie meistens schlucken und nachts hörten die Albträume einfach nicht mehr auf. Ich erzählte Lea immer mir ginge es wieder gut und mein Vater würde längst der Vergangenheit angehören, doch das war alles gelogen. Ich wollte sie nur nicht beunruhigen. Er quälte mich jede einzelne Nacht, selbst wenn so viele Jahre vergingen. Die Bilder und Erinnerungen brannten sich für immer in mein Gedächtnis und selbst ein Psychotherapeut konnte mir nicht helfen.
Am nächsten Morgen lief ich in die Küche und Nevio stand mit der leeren Tablettendose in der Hand vor mir. Sein Blick war wütend.
„Du hast versprochen keine mehr zu nehmen!“, brüllte er und ich durchfuhr genervt meine Haare. Ich erzählte ihm er läge an einer Krankheit, aber das war eindeutig lächerlich. „Denkst du ich bin so doof und glaube dir auch noch? Was ist nur los mit dir? Willst du süchtig von diesen Tabletten werden? Du nimmst sie mehrmals am Tag und gestern Nacht schon wieder. Ich werde das Mama erzählen.“
Ich riss die Augen auf, entnahm ihm die Dose und stellte mich vor die Tür.
„Das wirst du nicht!“, brüllte ich.
Nevio blickte mich verblüfft an und wusste, dass es mir damit absolut ernst war. Ich verschwieg ihm etwas.
„Was hast du angestellt?“, fragte er.
Ich schüttelte den Kopf. „Überhaupt nichts. Außerdem fahr ich dich jetzt zur Schule.“
Die Dose warf ich erneut in den Mülleimer und zog mich um. Danach fuhr ich ihn zur Schule und kehrte nach Hause zurück. Heute hatte ich frei und konnte deshalb mich wieder ins Bett legen. Aber jetzt beschäftigte es mich, das Nevio wusste, dass ich etwas verheimlichte. Er durfte nie die Wahrheit erfahren, das wäre furchtbar für ihn.
Am Nachmittag rief ich bei Tom zu Hause an. Eine nette und sanfte Stimme meldete sich.
„Ist Tom da?“, fragte ich.
„Einen Moment, bitte.“
Nach wenigen Minuten kam er ans Telefon und er hörte sich leicht verschlafen an.
„Hey Tom, ich bin’s, Serah. Ich hoffe ich störe gerade nicht.“
„Oh, Serah, freut mich das du anrufst. Was gibt’s?“, fragte er und klang überraschend fröhlicher.
„Wegen gestern, wollte wissen ob alles in Ordnung ist und ob die Polizei schon etwas weiß.“
„Nein, leider noch nichts. Man weiß nur dass es mehrere Täter waren und es sich wohl um eine Bande von Jugendlichen handelt. Das dumme ist nun, das sie mein Handy und all meine Wertsachen haben.“
„Hast du das Handy wenigstens aus gehabt.“
„Leider nicht.“
„Wir können nur noch hoffen, dass sie dein Auto wieder finden, aber Hauptsache dir ist nichts passiert. Wo war denn Oliver gestern?“
„Er meinte er sei auf einer Party gewesen und kam gestern gegen drei Uhr nachts heim.“, erklärte er mir.
„Nun ja, ich muss auflegen, ich werde Nevio abholen müssen von der Schule.“
„Alles klar, man sieht sich auf der Anlage, denn seit Neustem trainiere ich nun mit euch.“, lachte er und ich musste auch grinsen.
„Ciao.“, rief ich und legte auf.
Gerade als ich die Wohnung verlassen wollte, klingelte mein Handy. Auf dem Display stand „Unbekannt“. Eine Gänsehaut durchfuhr mich. Als ich annahm, konnte ich einen kratzendes und lautes Atmen hören. All meine Nackenhaare stellten sich und es bildete sich Angstschweiß auf meiner Stirn.






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