A cruel life with a glimmer of hope

Autor: Jessica
veröffentlicht am: 24.05.2011


1. Kapitel


Draußen prasselte der Regen auf die Scheiben und es donnerte heftig. Jedes Mal zuckte ich bei dem lauten Schlag zusammen und meine Mutter hielt mich fest in ihren Armen. Wir saßen unter dem Schreibtisch im Dunkeln. Nur der Blitz spendete uns ein wenig Licht. Sie weinte stumm und ihre Tränen flossen auf mein Gesicht. Am liebsten wollte ich mich umdrehen und sie fragen was los sei, aber ich schwieg, denn sie schüttelte den Kopf, sobald mein Kopf sich zu ihr wandte. Es gab nur eine Person der ihr so viel Angst einjagen konnte. Es war ein stämmiger und muskulöser Mann mit einem unheimlichen Tattoo auf seiner Glatze. Sein mürrisches Gesicht ließ mir jedes Mal einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen. Solange ich schon lebte, solange quälte er schon meine Mutter, sechs leidvolle Jahre. Obwohl ich schon zur Schule gehen durfte, wusste niemand dass ich überhaupt existierte. Meine Mutter bekam mich heimlich, es gab nur eine vertrauenswürdige Hebamme die mir auf die Welt half. Jedoch starb sie nach einem Monat. Der Mörder wurde nie gefasst. Mutter sprach immer von einem Zufall oder gar Unglück, aber dabei liefen ihr immer wieder Tränen die Wange hinunter. Es verging kein einziger Tag an dem sie nicht weinte. Manchmal musste ich mich im Schrank verstecken, damit der grausame Mann mich nicht fand, mein Vater. Sie sagte immer, umso leiser du bist, umso eher überlebst du. Deswegen schwieg ich, tagelang, wochenlang, sogar monatelang. Er schlug sie immer, wenn ich etwas vermieste. Sie durfte immer leiden und jedes Mal musste ich mir ihre Schreie aus dem Schlafzimmer mitanhören. Allmählich wurden sie zu meinen Albträumen. Im Schlaf wiederholten sie sich immer wieder und plagten mich jede erbärmliche Nacht. Auch mit meinen sechs Jahren wusste ich was ich für ein Leben führte, auch wenn ich ein anderes nicht kannte. Durch meine „Inexistenz“, sowie es mein Vater nannte, durfte ich weder die Außenwelt, noch Freunde oder gar zur Schule gehen. Nur meine Mutter war die einzige die mich tief in der Nacht lehrte, schreiben und lesen zu lernen. Das erste Wort das sie mir beibrachte war „Freiheit“. Ich konnte es lesen und schreiben, obwohl ich erst sechs Jahre alt war. Die Bedeutung dieses Wortes verstand ich jedoch nicht ganz. Meine Mutter meinte es sei der Weg ein sorgenloses und glückliches Leben führen zu können, der Schlüssel zum Paradies.
Meine Mutter verzerrte plötzlich ihr Gesicht und fasste sich an ihren gewölbten Bauch.
„Es kommt!“, ächzte sie. Doch da schlug jemand heftig die Tür auf und meine Mutter hielt sich den Mund zu. Die Schmerzen waren unerträglich und ihre Tränen flossen umso mehr. Große Stampfer durchschritten den Raum und stechend teuflische Augen suchten ihn ab. Ich wagte einen kurzen Blick nach oben und als der Raum kurz aufleuchtete, hatte ich das Gefühl, als ob sein Tattoo mich im Licht gesehen hätte. Der Drache auf seiner Stirn starrte mir direkt in die Augen und mich überkam eine Gänsehaut. Schnell drückte ich mich wieder zu meiner Mutter und sie umfasste mit der freien Hand meinen Bauch. Sorgsam streichelte sie mich und versuchte mein Herzklopfen zu beruhigen, aber die Angst war zu groß. Vater schlug mich auch schon oftmals und an meinem rechten hinteren Oberschenkel trug ich eine heftige tiefe Narbe mit mir. Ich schnitt mich am Glas, als ich tollpatschig durchs Fenster fiel. Jedenfalls behauptete Vater dies immer.
Die großen Stampfer kamen immer näher, bis sie schließlich vor uns standen und regungslos stehen blieben. Meine Mutter wusste, dass er uns gesehen hatte und verzog schmerzhaft das Gesicht. Der Muttermund war schon weit offen und das Baby würde jeden Moment kommen, mein kleiner Bruder Nevio. Meiner Mutter ihr kleiner Bruder sollte einmal so heißen, der jedoch bei der Geburt starb und deswegen wollte sie unbedingt ihren ersten männlichen Sohn so nennen, falls es ein Junge war. Aber sie glaubte fest daran und betete jeden Tag dafür, dass mein Vater ihn nicht umbrachte. Als sie schwanger wurde, drohte er ihr das Kind umzubringen, wenn es ein Junge sein würde, denn er hatte Angst, dass er ihn eines Tages verraten könnte. Er sagte, Mädchen seien fiel zu dumm zum Fliehen und vielleicht hatte er sogar recht. Schließlich besaß er uns schon seit sechs Jahren in seiner Gewalt. Er meinte sogar wir wollten dafür dankbar sein, das er für uns arbeiten ging und uns Unterkunft gewährte.
„Herr Leiken? Ich wäre dann soweit.“, meldete sich eine schüchterne Stimme aus dem Flur.
„Ich hole sie.“, rief er zurück und kniete sich zu uns herunter. Seine finsteren Augen ließen mich erstarren und meine Mutter schrie weinend auf. Vater zog mich an meinen langen braunen Haaren unter dem Tisch heraus und schleifte mich beiseite. Dabei versuchte ich keinen Mucks von mir zu geben, obwohl meine Kopfhaut schmerzte. Er riss brutal meine Mutter unter dem Tisch hervor und schlug ihr auf die Wange.
„Elendes Miststück, glaub ja nicht ich wäre so dumm und wüsste nicht wo du wärst.“, brüllte er und schleifte sie an den Haaren in den Flur. Die Tür wurde zugeknallt und wieder hörte ich die verzweifelten Schreie meiner Mutter. Mir liefen die Tränen hinunter und ich musste selbst weinen. Was ist das für ein Leben? Auch wenn ich darin hineingeboren wurde und sonst nichts anderes kannte, wusste ich dennoch, dass dies, ein Albtraum war, die reine Hölle. Nach einigen Minuten verstummten ihre Schreie und ich hörte einen Babyschrei. Jedoch war nichts von meiner Mutter zu hören. Hatte sie denn die zweite Geburt überlebt? Die Angst stieg noch mehr in mir und langsam schlich ich zur Tür. An der Wand sah ich Schatten und konnte Stimmen vernehmen.
„Ein Junge? Ein Bastard! Es muss sterben.“, brüllte mein Vater.
„Nein Edgar, bitte, tu das nicht. Ich werde ihn so erziehen, dass er auf mich hören wird. Nimm mir Nevio nicht weg! Ich flehe dich an.“, flehte meine Mutter, jedoch bekam sie als Antwort nur einen kräftigen Schlag, worauf das Baby wieder anfing zu weinen. Mein Vater drückte der Hebamme das Kind in die Hand und sie wusch es erstmals. Danach verließ er grübelnd den Raum und schloss sich in sein Arbeitszimmer ein.
„Serah!“, rief meine Mutter wehklagend und ich sprang ins Zimmer hinein. Leise schlich ich mich zu ihr und die Hebamme drückte ihr das Baby in den Arm. Schnell stillte sie es genügend und gab es in meine Hände.
„Lauf! Du musst von hier verschwinden mit Lea. Er wird euch noch umbringen und besonders Nevio. Ihr müsst fliehen, nutzt den Geheimgang hinter dem Schrank im Schlafzimmer.“, ächzte meine Mutter und ich merkte wie ihre Kraft schwand. Ihre Stirn glühte und die Schweißperlen kullerten ihr an den Seiten hinunter. Auf dem engen Bett mit einer billigen zerrissenen Matratze konnte sie kaum ihre Beine auseinander machen und überhaupt ihren Arm irgendwo unterbringen. Sie schloss die Augen und einzelnen Tränen entglitten mir. Lea griff nach dem Baby und nahm meine Hand. Wir schlichen leise die Treppe hinauf, voller Angst und schoben den Schrank beiseite. Wir mussten durch eine enge Luke in der Ecke krabbeln und wir hatten solches Glück das Nevio still blieb. Sie schob so gut es ging den Schrank wieder vor den Geheimgang und schloss die Luke. Vorsichtig kamen wir unten an der alten Scheune heraus und rannten panisch davon. Da wir abgelegen von der Stadt wohnten, in einer alten Hütte mit einer leeren Scheune, suchte auch niemand nach uns, beziehungsweise nach meiner Mutter. Der Regen verwischte unsere Spuren und wir versteckten uns im Wald. Nach einigen Minuten konnte ich einen quälenden und sehr lauten Schrei hören, der mir sagte, dass es der letzte gewesen sei. Doch dann ließ der Regen nach und ich konnte von weitem ein riesiges Feuer entdecken. Die Hütte brannte. Mutter! Ich würde sie nie wieder sehen und weinte erneut los. Lea nahm mich in den Arm und versuchte gleichzeitig Nevio zu beruhigen, der aufschrie. Aber das Plätschern war so laut, das uns niemand hören konnte. Als ich noch zusah wie die Hütte immer weiter brannte und ein alter Jeep wegfuhr, nahm sie meine Hand und wir gingen durch den Wald weiter. Es war kalt und Nevio schlief nach einigen Minuten ein. Durch in der Dunkelheit sahen wir kaum etwas und dann entdeckten wir Lichter. Erschrocken schmiss sich Lea mit uns hinter einen Busch. Ihre Hände zitterten und Nevio begann aufzuwachen. Das Licht kam immer näher und mein Körper bebte. Bitte, lass es nicht meinen Vater sein!






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