~Stille Post~

Autor: Scinagirl
veröffentlicht am: 19.05.2011


Schlafe ich? Bin ich wach? Halbwach? Ich wusste es nicht. Ich lag im Bett schaute zur Decke meines viel zu kleinen Zimmers und wusste es nicht. Ich fühlte mich komisch. Warum aber fühlte ich mich komisch? Ich war verwirrt. Ich setzte mich auf und schaute einmal durch mein viel zu kleines Zimmer. Es war wirklich klein, nicht sehr viele Möbel drin. Ein Bücherregal, Ein Schminkschrank, Ein Bett, ein Fernseher und an den Wänden ein paar Bilder. Mehr nicht. Das reichte, um das Zimmer voll wirken zu lassen. „Alida, bist du immer noch nicht wach?!!“ hörte ich meine Mutter nach mir rufen. >Ok. Anscheinend bin ich wach.< Ich schmiss mich zurück in mein Bett und versuchte wieder einzuschlafen. Ich versuchte es jeden verdammten morgen. Meine Mutter rief nach mir und ich drehte mich wieder um und versuchte weiter zu schlafen. Vielleicht aus Trotz? Oder um meine Mutter zu provozieren? Ich weiß es nicht. Aber ich hatte keine Lust auf die Schule. Welches 17 Jährige Mädchen hat denn schon Lust auf Schule?! Ich jedenfalls nicht. Aber ein paar Streber aus meiner Klasse sicherlich. Als hätten sie kein Leben außerhalb der Schule oder so. Manchmal komme ich nicht einmal dazu alles was ich vorhabe in einen 24 Stunden-Tag zu packen und diese Streber, die aus der 1. Reihe, die tun nichts anderes als für die Schule zu lernen. Ich bin keine gute Schülerin. Das war ich noch nie. Ich weiß zwar, dass es meine Mutter traurig macht, aber ich interessiere mich halt für andere Dinge im Leben, ich pflege zum Beispiel meine Freundschaften, und.., und....., ......, ok Freundschaften pflegen ist ja mal wohl das wichtigste im Leben oder nicht? Ja wohl! Wie schwer die Welt doch wäre ohne Freundschaften! Niemand wäre da um zu reden, keiner da um etwas zu unternehmen, und vor allem wäre ich ganz alleine, wenn ich traurig bin. Versteht mich nicht falsch, auch ich bin lieber für meine Freunde da, anstatt sie für mich zu beanspruchen. Generell nehme ich auch nicht viel Hilfe von irgend jemanden an. So bin ich halt. „ALIDA!! Es ist jetzt schon kurz nach 7! Steh endlich auf!“ hörte ich meine Mutter ein zweites mal aus der Küche rufen. Grimmig Stand ich auf, sah in den Spiegel über meinem Schminktisch und war wie immer enttäuscht. Warum konnten meine Haare nicht genauso liegen wie bei den ganzen Frauen in Filmen, sie gehen Wunderschön schlafen und wachen dann am nächsten Morgen in einem Atemberaubenden Zustand wieder auf. Oh wie sehr ich es mir wünschte, das ein einziges mal so erleben zu dürfen. Aber nein, stattdessen sah ich meinen Spiegelbild: vom Sturm >Ja, in meinem Zimmer Stürmt es Nachts!< verknotete lange blonde Haare, müde, langweilige, braune Augen >Mit wunderschönen hervorstechenden Augenrändern, versteht sich<, das T-shirt total zerknittert und die Hose: ein Bein hoch, das andere runter. Genervt schaute ich noch ein letztes mal in den Spiegel und ging endlich ins Bad wo ich mich wusch, meine Zähne putzte und mich anschließend sehr langsam auf den Weg zur Küche machte. Dort angekommen, drehte sich meine Mutter teils genervt, teils froh darüber mich geweckt haben zu können zu mir und sagte mit ein wenig euphorischer Stimme „Guten Morgen, Fräulein Prinzessin, schön dass auch sie sich dazu entschlossen haben uns Gesellschaft zu leisten!“ Ich grinste sie ein wenig grimmig an. Ich hasste Gute-Laune Menschen am frühen Morgen. Meine Mutter war der Geborene Gute-Laune Mensch. Ich schaute mich um und vermisste jemanden am Tisch. „Wo ist denn das Michellin Männchen?!“ fragte ich meine Mutter und griff nach einem frischen Vollkornbrötchen und fing es an mit Butter zu beschmieren. „Ach Alida! Red´doch nicht so über deinen Bruder, er wird schon noch wachsen, er hat nur kräftige Knochen, das weißt du doch! Er ist eben zur Klassenfahrt gefahren. Hast also 3 Tage deine Ruhe. Und ich von euren Streitereien!“ Sie lächelte ein wenig. Diese Nachricht schaffte es mir sogar so früh am Morgen Freude zu bereiten. Ich hasste dieses kleine nervtötende Michellin Männchen. Wenn ich jemanden ernsthaft verfluchen wollen würde, würde ich ihm einen 10 Jährigen Bruder wünschen. Es kann nichts schlimmeres auf der Welt geben. „Ich frage mich wie lange du noch brauchst um es runter zu schlucken.“ Meine Mutter riss mich aus meinen Gedanken und ich schluckte mein mit Käse belegtes Brötchen runter auf dem ich schon eine weile zu kauen schien. Ich schaute ganz nebenbei auf die Uhr und erschrak, stopfte mir das restliche Brötchen in den Mund und spülte es mit Orangensaft runter. „Ich komm´ zu spät!“ rief ich während ich hoch in mein Zimmer lief. Ich hörte meine Mutter noch etwas sagen, jedoch konnte ich sie nicht verstehen. Ich setzte mich schnell vor meinen Schminktisch und begann meine Haare zu entknoten. Das gehörte auch zu den Dingen die ich hasste. Nachdem es einigermaßen ging, bund ich es zu einem Pferdeschwanz zusammen, wie des Öfteren wenn ich keine Lust hatte. Ich nahm den Kajalstift und zog damit einen Strich auf meinem unteren Augenrand entlang. Anschließend etwas Wimperntusche - und fertig! Ich schaute noch ein letztes mal in den Spiegel. „Nicht perfekt, aber akzeptabel“ Bewertete ich meinen Spiegelbild. Ich stand auf und ging zu unserem Ankleidezimmer. >Ja, Hauptsache ich hab´ ein winziges Zimmer aber wir haben dafür ein Ankleidezimmer< Ich stellte mich vor meine „Kleiderstange“ und nahm mir das erstbeste was mir gefiel. Eine helle Jeans und ein Olivgrünes T-shirt. Ich zog beides sehr eilig an und hörte die Tür klingeln. Kurz darauf die Stimme meiner Mutter: „Alidaaa! Elias ist da und wartet auf dich!“ Ich rannte wieder zurück in mein Zimmer und stopfte alles nötige in meine Schultasche. Ich lief die Treppen runter, warf meiner Mutter einen Luftkuss zu und ging aus dem Haus. „Guten Morgen, Prinzessin. Denkst du, du schaffst es mal pünktlich vor der Haustüre zu stehen, so dass wir ein einziges mal nicht zu spät zur Schule kommen?“ begrüßte mich Elias „Woah danke, welch eine nette Begrüßung!“ gab ich zickig zurück. Elias war schon seit der 5. Klasse mein bester Freund. Anfang der 5. Klasse war er noch mein Erzfeind. Ich hasste ihn, weil er mir immer so neunmal klug vorkam und mich ständig verbesserte, wenn ich etwas falsch aussprach oder so. Aber er verbesserte es nicht in einer normalen Art und Weise sondern auf so eine Lustig-machende Art und Weise. Jedenfalls ging er mir ständig auf die nerven damit. Bis ich angefangen habe, ihn auch zu nerven indem ich seine Bemerkungen einfach nachäffte. Genau das wurde dann unser Ritual. Er verbesserte, ich äffte ihn nach. Das ging dann etwa ein halbes Jahr lang so, dann aber wurde Elias für eine ganze Weile krank. Ich merkte in dieser Zeit wie sehr ich ihn und seine Art vermisste. Als er dann endlich nach 2 Wochen wieder zur Schule kam, sagte ich ihm das ganz beiläufig. Er wurde daraufhin ein wenig rot im Gesicht, lächelte verlegen und versicherte mir, dass er genauso empfand. Ab dem Tag an waren wir unzertrennlich, wir teilten alles und wir unternahmen viel gemeinsam. Wir saßen auch seitdem in der Schule immer nebeneinander. Unser Ritual änderte sich auch bis heute nicht. „Sei doch nicht direkt so zickig“ neckte mich Elias und stieß leicht mit seiner Schulter gegen meine. Ich ordnete meine Gedanken wieder im Kopf und fragte um das Thema zu wechseln: „Was ist eigentlich aus deiner Tussi geworden?“, „Tanja!“ berichtigte er mich, „T-A-N-J-A!“ äffte ich nach. „Und?“ bohrte ich weiter nach. „Nichts und!“ „Du gehst mir heute tierisch auf die nerven Elias! Weißt du das?“ gab ich leicht schnippisch zurück. „Och man Alida, es war nichts besonderes. Wir waren was trinken, war ganz nett und so weiter, anschließend habe ich sie dann nach Hause gebracht, SIE gab mir einen Gute-Nacht-Kuss und ich bin anschließend nach Hause gegangen. Mehr war nicht.“ „Mehr wahr nicht?!“ fragte ich sehr irritiert „Du gehst mit ihr nett einen trinken, kriegst einen Gute-Nacht-Kuss und willst dann behaupten es sei NICHTS?“ Ich kam immer noch nicht klar darüber und sprach ohne auf seine Antwort zu warten weiter „Hallo? Erde an Elias, Erde an Elias! Wer ist da? Und was habt ihr mit meinem Freund gemacht?“ Doch Elias schien ein wenig genervt zu sein. „Es ist nichts besonderes gewesen, weil ich nichts wirklich gar nichts für sie empfinde. Hätte ich etwas für sie empfunden, hätte sie mich nicht einmal küssen brauchen. Ich hätte sie schon geküsst. Aber wie schon erwähnt es war nichts besonderes.“ Er unterstreichte die Wörter „nichts besonderes“ buchstäblich. „Ok, wenn du also nicht drüber reden willst, dann eben nicht. Ich habe es dir angeboten <Mr. Nichts-Besonderes> Mit diesen Worten erreichten wir auch die Eingangstüre der Schule. „Wir sehen uns dann nach Chemie, viel Spaß“ fügte ich meinem Satz noch hinzu. Er hob seine Hand und verabschiedete sich mit einem kurzen „Bye!“ Chemie und Deutsch waren die einzigen Fächer die wir nicht zusammen hatten. Er <Mr.Brain> wählte natürlich als Leistungsfach Chemie und ich Deutsch. Chemie, Bio, Naturwissenschaften, waren nie so wirklich meine Fächer. Naja Deutsch und Mathe und Geschichte auch nicht wirklich. Dennoch eher und lieber als das Naturwissenschaftliche. Natürlich, wie immer kam ich ein paar Minuten zu spät, die Lehrer hatten sich schon gewöhnt. Die fragten erst gar nicht nach warum ich zu spät war, sie trugen mich einfach nur noch ins Klassenbuch ein. Ich klopfte leise an die Tür, machte sie leise auf, sagte kurz „Tschuldigung“ und begab mich ohne den Lehrer anzusehn´ auf meinen üblichen Platz in der hintersten Reihe. Der Lehrer räusperte sich ein wenig, so dass ich gezwungen war, ihm meine Aufmerksamkeit schenken. Das tat ich indem ich mich zu ihm drehte und wieder zurück nach vorne ging. Als ich bei ihm ankam verlange er von mir eine Erklärung, warum ich zu spät kam. Ich schaute ihn ein wenig genervt an und antwortete mit meiner Standardausrede „Verschlafen.“ Als ich mich gerade wieder auf den Weg zu meinem Platz machen wollte, hinderte er mich mit dem dummen Spruch: „Na? War das jetzt so schwer zu sagen Frau Weber?“ daran. Er nervte mich wirklich. Dennoch hatte ich keine Lust mich auf eine Diskussion einzulassen. Deswegen antwortete ich mit einer knappen „Nein, Tschuldigung!“ und ging entschlossen auf meinen Platz und sagte den Rest der Stunde nichts mehr. Eigentlich verging der restliche Tag genauso Stillschweigend wie die Chemiestunde. Nach jeweils einer Doppelstunde Chemie, Deutsch, Mathe und Sport machte ich mich dann wieder mit Elias gemeinsam auf den Weg nach Hause. „Wie nervig doch heute mal wieder Schule war!“ beklagte ich mich bei ihm. „Wenn du nicht so Lustlos wärst wie immer, hättest du vielleicht ein wenig mehr Bock drauf und würdest vielleicht gefallen an Schule finden“ gab er zurück. Ich konnte nicht anders als mit den Augen zu rollen. „Du glaubst wohl nicht ernsthaft dass mich nach 11 verdammten Jahren die Schule immer noch faszinieren könnte, oder?“, „Nein, leider nicht. Aber wenn du später einen halbwegs guten Job haben willst, dann solltest du dich ein wenig mehr anstrengen, ernsthaft. Außerdem dachte ich, wir würden anschließend gemeinsam studieren gehen. Aber so wie ich das sehe, können wir das vergessen.“ konterte er sehr ernst und enttäuscht. Dies führte dazu dass ich ein schlechtes Gewissen bekam. Nicht mir gegenüber, auch nicht Elias gegenüber, >vielleicht ein bisschen auch ihm gegenüber< aber gegenüber meiner Mutter. Es machte sie wirklich traurig, dass ich so schlecht in der Schule war. Gerade weil sie ganz genau wusste, dass ich nicht dumm war sondern einfach nur Lustlos machte es sie noch trauriger. „Ich weiß....“ antwortete ich knapp und lies das Thema so stehen. Wir gingen den Rest des Weges schweigend nebenher.
Als wir fast bei mir zu Hause ankamen sah ich aus der ferne etwas schwarzes auf den Treppen liegen. Ich versuchte zu erkennen was es ist, konnte es aber nicht. Als wir näher kamen registrierte ich, dass es ein Brief war. „Ja, ist ja auch sehr überflüssig so ein Briefkasten!“ sagte ich mehr zu mir selbst als zu Elias. Es lag mitten auf der ersten Stufe, jedoch verkehrt herum. Ich hob den Brief auf und wendete es in meiner Hand. Auf der Vorderseite des ansonsten komplett schwarzen Briefes stand mit goldenem Schriftzug <ALIDA>.





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