aus: Romeo und Julia unter'm Weserbogen - Teil 2

Autor: Bernd Bernard
veröffentlicht am: 12.08.2011


4. Akt/3. Szene

(Julia und die Amme in Julias Zimmer.)

Julia: Ja, dieses Kleid gefällt mir. - Doch, liebe Amme, in mir brennt keine Flamme. Drum bitt ich dich, mich heute nacht allein zu lassen: Ich muss noch Kraft und Glauben fassen.
>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>< (Frau Capulet kommt herein.)

Frau Capulet: Kommt ihr zurecht? - Ah, das Kleid ist schon gewählt, in dem mein Julchen sich vermählt!

Julia: Es liegt alles bereit, Mutter! Drum nimm die Amme zu deinen Händen nun: Bestimmt hast du mehr als ich zu tun!

Frau Capulet: Dann ruhe süß, mein Kind! Du kannst es brauchen, - ach, morgen wird dein Tanzbein rauchen!
>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> (Frau Capulet und Amme ab.)

Julia: Lebt nicht wohl, ihr Ungnädigen! Gott weiß, wann wir uns wiedersehn, - ich bet, ihr werdet mich dann verstehn.
>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>< (schluchzt.)

Soll ich etwa Abschied nehmen? - Nein, ich ruf euch nicht zurück: Ihr denkt doch bloß an's eigene Glück! - Ja, lasst mich nur allein, die ihr mich zu eurem Glanz benutzt: mit Angst und Schrecken mein Herz beschmutzt. - Komm zu mir, sünd'ger Kelch, kühl du die Glut: erkalte, ermatte mein hitziges Blut! -
Aber, was - o Himmel! - wenn der Trunk nicht lindert, die schändliche Ehe nicht verhindert?! - Er, der Prinz, soll meine Liebe wecken? - Niemals wird er Süßes von meinen Lippen schmecken! Nein! nie und nimmer beug ich mich! Denn weiß ich nicht mehr weiter, bist du, Dolch, mein Begleiter!
>>>>>>>>>>>>>>>>>>> (Sie legt einen Dolch neben sich.)

Was, jedoch, falls der Mönch, damit die Schand ihn nicht entehrt, durch gedung'ne List die Bigamie verwehrt? - O weichet! vergiftete Gedanken! Er war uns immer in Liebe zugeneigt, hat stets als wahrer Vater sich gezeigt. - Doch, wie, wenn ich in die Gruft gelegt, erwache vor der Zeit, als Romeo mich befreit? - Müsst ich ersticken, gewürgt von der Luft, die faulig ist von Leichenduft? - Und ständ ich auf, wär es nicht, dass meine Seele erschrickt, wenn Gedanke sich mit Spuk verstrickt? - Erkennen's die Ahnen, zersetzen den Plan: stürzen sie mich in ewigen Wahn? - Müsst ich fortleben, bebildert mit Ingrimm von Tod und Nacht, der in dem Gewölbe mein Tun hat bedacht? - O mein Bruder Tybalt, vergib deine Rache, und halte mir Lebender Totenwache!
Behüt deine Schwester, wenn sie in Irrsinn verfällt, - die knackenden Knochen in Händen hält! - Oder wandelt dein Geist und wähnt mit dem Degen, den Gatten zu mir ins Grab zu legen? - Ihm hab ich geschworen: kein and'rer sein mein, - drum will ich das Grab nun als Brautbett entweihn! - Ich komme, Romeo! Vergiss mich nicht: Erlöse mein Blut, und rette mich!
>>>>>>>>>>>> (Sie trinkt und sinkt auf dem Bett nieder.)

* Und dann geht es auf zur Gruft: "Die Stadt durchweht der Leichenduft!" - "Und Romeo bei der Braut im Sarge, - nein, das war keine Frage!"

Geistiges Eigentum, lg Fleder.







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