aus: Romeo und Julia unter'm Weserbogen (Balkonszene)

Autor: Bernd Bernard
veröffentlicht am: 17.05.2011


3. Akt/5. Szene

(Romeo und Julia oben am Fenster bei Capulets Garten.)

Julia: Du fliehst schon fort,
lässt mich allein:
so fern ist noch der Morgenschein! -
Horch! es ist nicht die Lerche!
Es schlägt die Nachtigall
uns uns'rer Liebe Widerhall.

Romeo: Doch, die Lerche ist's,
die den Tag besingt,
derer Lied in uns're Seelen dringt. -
Gleich wird Aurora, die Göttin,
die Nacht mit Farben mischen
und unser Schild vom Himmel wischen.

Julia: Drum halt mich fest!
Lass uns hier am Fenster stehn,
bis wir die ersten Flammen sehn.
Sie leuchten dir nach Porta-Westfalica! -
Ja, purpur-roter Fackelschein
soll Bote uns'rer Liebe sein.

Romeo: Ach, du bist mein Glanz,
du wirst mich umfließen:
mich jeden Morgen neu besprießen. -
Und hängt man mich;
ich weiß, du bist mein:
Wirst noch im Tod mein Lichtlein sein.

Julia: O Liebster! ich weine!
Ich weine um dich
und ängstige mich! -
Denn stirbst mir du,
so sterb auch ich, -
du bist mein Mann: Ich liebe dich!

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> (Sie küssen sich; Amme tritt herein.)

Amme (räuspert sich): Entschuldigt, dass ich stör.
Die Frau Mutter kommt gleich rauf:
lauft, Herr Romeo, lauf!

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> (ab.)

Julia: So wird uns der Abschied vergällt!
Und die Nacht, die uns behütet,
weicht dem Tag, der uns umwütet.

Romeo: Good-bye, mein Engel, ade!

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> (Er küsst sie.)

Nach bitt'rer Süße schmeckt dein Kuss,
weil ich jetzt scheiden muss.

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> (Er steigt aus dem Fenster.)

Julia: Ach, mein Gebieter, Mann, Geliebter!
Warum bloß verlässt du mich:
Ich liebe dich, ich liebe dich!

Romeo: Ich gehe fort;
doch es geht nur ein Teil von mir:
mein Geist, meine Seele bleibt hier bei dir!

Julia: Wo dein Leib auch ist:
Wird er an mich denken,
mir ewig Treue schenken?! -
Und spürt er den Schmerz,
den ich fühle,
wenn ich die Wange ins Kissen mir wühle?

Romeo: Wo ich auch bin,
werd ich zum Herrgott flehn,
damit wir vereint uns wiedersehn. -
Und wenn du weinst,
schickt mir der Himmel deine Tränen:
ich werd ihr Salz auf meinen Lippen wähnen.

Julia: Was glaubst du,
wann kehrst du zurück:
Ach, finden wir je unser Glück?!

Romeo: O Liebste! zweifel nicht!
Der Gott, an den wir glauben,
wird uns die Lieb nicht rauben!

Julia: Mich schaudern Furcht und Schrecken!
Ich schau auf dich hinab,
als blickt' ich in ein Grab. -
Du bist so bleich,
deine Wangen zittern:
o mir will das Herz verbittern!

Romeo: Wie ich dir schau,
blickst mir auch du:
Die Sehnsucht lässt uns keine Ruh. -
Ein letzter Gruß!
Der Abschied tut so weh:
good-bye my love, ade!

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> (geht fort.)
...

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