Die Stille der Nacht - Teil 11

Autor: chanti95
veröffentlicht am: 01.05.2011


So, dann kommt mal wieder ein Teil. Hoffe, er gefällt euch. ;)

Erleichtert atmete ich aus. Ich kannte diese Hände gut genug, um zu wissen, dass sie Tom gehörten. Ich wollte mich umkehren und ihm einen guten Morgen wünschen, doch er hielt mich immer noch umklammert. Ich hatte ein flaues Gefühl in der Magengegend, war mir jedoch sicher, dass das wirklich Tom war, der mich da festhielt.
Im nächsten Moment nahm er die Hand von meinem Mund und flüsterte mir ins Ohr:
„Hallo, mein Schatz. Weißt du eigentlich, dass du echt laut sein kannst?“
Mit einem Ruck drehte er mich um und drückte mich fest an sich, so dass unsere Gesichter richtig nahe waren. Ich musste hinauf sehen, um Tom jetzt in die Augen zu sehen, war mir nicht sonderlich gefiel, denn so fühlte Tom sich überlegen. Und das zeigte er auch, denn er packte meine beiden Handgelenke und hielt sie hinter meinem Rücken mit einer Hand. Mit der anderen fuhr er zärtlich um mein Gesicht, um einige Strähnen wegzuwischen. Ich hoffte darauf, dass er mich noch einmal küssen würde, doch meine Hoffnungen blieben unerfüllt. Ich bekam lediglich ein kleines Küsschen auf die Stirn, doch dabei blieb es auch. Sein Griff lockerte sich und wir schlenderten zum See hinüber. Wir setzten uns auf einen grossen Stein und liessen unsere Füsse ins Wasser hängen, während uns die Sonne ins Gesicht schien. Ich schaute Tom an.
Seine blauen, unergründlichen Augen wirkten verträumt, dennoch dachte man, diesen Augen entginge nichts. Toms Nase war wohlgeformt, es war keine Knollennase oder Hakennase, nein, eine ziemlich gerade Nase, an der man nichts auszusetzen hatte. Sein Kinn war sehr maskulin, es war breit, jedoch nicht klumpig. Ich konnte Bartstoppeln erkennen. Er hatte sich heute nicht rasiert, und ich musste sagen, es stand ihm sehr gut. Ich musterte seine Hand, die mich sorgend an der Hüfte festhielt. Sie war grösser als meine eigene, waren rau, allerdings waren diese Hände sehr beweglich und feinfühlig.
Als ich in Toms Augen sah, erwiderte er meinen Blick und ich war wieder einfach nur glücklich. Ich hatte ein warmes Gefühl im Bauch und mir wurde schlagartig klar, dass ich in diesen Mann verliebt war.
Ich musste ihn einfach küssen und er erwiderte den Kuss. Noch während dem Kuss zog er seine Mundwinkel nach oben und musste grinsen.
„Was?“, fragte ich erstaunt. „Bin ich so schlecht?“
Er musste auflachen. „Nein, natürlich nicht. Ich habe nur gerade daran gedacht, was für ein Glück ich habe.“
„Wieso denn das?“
„Weil ich dich gefunden habe.“
Ich schaute ihn an. Ja, ich war verliebt, jetzt wusste ich es mit Sicherheit. Er kam näher und flüsterte in mein Ohr: „Ich liebe dich!“
Eine Glückswelle erfasste mich und schwemmte meine Zweifel weg. Ich blickte ihm in die Augen und strahlte. Dieses Gefühl konnte man gar nicht in Worte fassen, so überwältigend, wie es war.
Tom verlor den Halt und kippte plötzlich ins Wasser. Eine Hand hielt mich immer noch fest, so dass er mich gleich mitzog. Ich fiel mit dem Kopf voran ins Wasser und stiess mit Tom zusammen. Mit zwei schnellen Bewegungen schoss mein Kopf aus dem Wasser und ich schaute mich um. Tom schwamm glucksend neben mir und lachte sich kaputt. Ich stimmte fröhlich in das Lachen ein und schwamm auf ihn zu. Er sah mich nicht kommen, und so hatte ich die perfekte Möglichkeit und drückte seinen Kopf kurz unter Wasser. Doch er tauchte nicht auf, sondern schwamm weg. Ich sah ihn nirgends und suchte das Wasser aufmerksam ab, als mich eine Hand am Fussgelenk packte. Ich hatte gerade noch genug Zeit um Luft zu schnappen und schon war ich vollends von dem blauen Wasser umgeben und versuchte, etwas zu erkennen.
Ich war schon immer eine gute Schwimmerin gewesen und hatte auch Übung darin, die Luft lange genug anzuhalten. Ich öffnete die Augen und sah die verschwommenen Umrisse von Toms Gesicht. Seine Augen strahlten selbst im Wasser und man konnte sein Grinsen ohne weiteres erkennen. Die blonden Haare bewegten sich sanft im Wasser hin und her. Ich starrte ihn an, bis ich einen Schmerz in der Lunge spürte und auftauchte. Ich atmete tief ein, so dass es schon fast weh tat und kletterte dann wieder auf den Felsen, um meine Kleidung zu trocknen. Tom setzte sich neben mich und ich schloss die Augen.
„Warum liebst du mich?“, fragte ich ihn. Die Antwort kam nach kurzem Überlegen.
„Weil du einzigartig bist.“
Ich beliess es dabei und genoss die warmen Sonnenstrahlen, hörte das Gezwitscher der Vögel und das Summen der Bienen. Die Pferde schnaubten und die Grillen zirpten. Einfach perfekt.

Im Laufe des Tages beschlossen wir, dass ich in ein nicht weit entferntes Dorf reiten würde, um mich umzuhören.
Ich zog die Kleidung des verstorbenen Reiters an, band meine Haare zusammen und setzte eine Mütze auf. Nachdem ich mich ein bisschen dreckig gemacht hatte, wurde mein Aussehen von Tom als ausreichend verändert akzeptiert. Ich sah aus wie ein Junge und würde mich auch so benehmen. Nachdem ich Maliks Satteltaschen ausgeleert hatte, drückte mir Tom noch ein paar Scheine in die Hand. Ich ging mit den leeren Taschen, Maliks Sattel und Zaumzeug zu seiner Koppel hinüber und putze ihn. Tom putzte währenddessen Jalisa, damit sie nicht zu kurz kam. Ich sattelte den Hengst und zäumte ihn auf, wobei er recht widerspenstig war. Gerade hatte ich die Satteltaschen angemacht, als Tom zu mir kam und mir einen Kuss auf die Wange gab.
„Bis bald“, sagte er zärtlich und brachte dann einen dicken Ast, der zuvor als Zaun gedient hatte, aus dem Weg. Ich schwang mich auf das Pferd und ritt im Schritt hinaus. Nach einem Blick zurück liess ich Malik traben und er konnte es kaum erwarten, loszurennen. Ich ritt in die Richtung, die Tom mir gewiesen hatte und gab Malik bald einmal die Zügel hin, denn er war zappelig geworden. Wir preschten zusammen über Stock und Stein, folgten einem kleinen Bach von Baumgruppe zu Baumgruppe, bis wir von weitem ein kleines Dorf erblickten. Ich ritt zu einer Baumgruppe, von welcher man das Dorf nicht sehen konnte und band Malik im Schatten an. Er fing gleich an zu grasen, während ich mich in Richtung Dorf aufmachte. Ich wollte nicht, dass jemand den Hengst erkannte, also hatte ich mich dazu entschlossen, ihn hier zu lassen. Ich überquerte den Hügel, den die Baumgruppe vor ungewünschten Blicken schützte und war nach einer gefühlten Ewigkeit bei den ersten Häusern angekommen. In der Mitte des Dorfes war, wie Tom gesagt hatte, der Markt. Ich feilschte hier und handelte da, bis ich alles hatte, was ich wollte. Am Schluss hatte ich drei grosse Tüten mit Äpfeln, einem Laib Brot, Karotten, zwei Dosen Erbsen, Trockenobst, Dörrfleisch, einen Sack Reis und Pferdefutter. Ausserdem hatte ich noch zwei lange Seile besorgt, um Malik und Jalisa eine bessere Koppel zu bauen. So vollbepackt ging ich nun wieder gegen das Wäldchen zu, in dem ich Malik angebunden hatte. Bevor ich allerdings aus dem Dorf draussen war, kam mir ein Sheriff entgegen.
„Junge, hast du hier irgendwo diese beiden Verbrecher gesehen?“, fragte er mich und zeigte mir zwei Bilder. Auf dem einen Bild war ein Phantombild von einem jungen, blonden Mann und auf dem anderen war eine junge Frau abgebildet. Ich erkannte Tom und mich.
„Nein. Wieso, was haben sie denn getan?“, erkundigte ich mich.
„Sie werden gesucht wegen Diebstahl, Körperverletzung und Mordes.“
Mir stockte der Atem. Damian, Charlie und Chris hatten Tom und mir den Mord angehängt. Ich wurde wütend, wusste mich aber zu beherrschen.
„Zwei ganz schlimme Verbrecher also?“, fragte ich kopfschüttelnd und verabschiedete mich. Ich ging in die andere Richtung davon und entfernte mich von dem Wäldchen, denn ich wollte nicht, dass mir jemand folgte. Über Umwege kam ich endlich bei Malik an, der schon unruhig wartete. Hastig stopfte ich alle Lebensmittel in die Satteltaschen und stellte freudig fest, dass es in den Taschen noch mehr Platz gehabt hätte. Plötzlich knackte hinter mir ein Zweig und ich wirbelte herum. Vor mir stand eine junge Frau, etwa fünf Jahre älter als ich, mit feuerrotem Haar.
„Sei still“, zischte sie mir zu. Ich wusste, dass ich mich sofort verraten würde, wenn ich schreien würde, deshalb befolgte ich widerwillig ihren Befehl.
„Ich weiss, wer du bist. Du bist dieses gesuchte Mädchen.“






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