Wunderschön !? - Teil 6

Autor: Sternchen
veröffentlicht am: 11.04.2011


Ohne jede Nervosität klopfte Sergej an Amelies Tür. Mittlerweile war es ihm regelrecht peinlich sich bei Anna so geziert zu haben. Es war schließlich nichts dabei, ein Mädchen zum Ball einzuladen.
Amelie öffnete. Scheinbar hatte sie gerade geduscht, denn ihr hellbraunes Haar war nass und sie hatte sich ein schwarzes Handtuch über die Schultern gelegt, damit ihre rote Strickjacke nicht nass wurde.
„Hallo.“, fing Sergej an. „Ich hab mich gefragt, ob du mit mir zum Ball gehen möchtest.“
Amelie sah ihn an.
„Äh- tut mir Leid, aber ich bin schon gefragt worden. Wir können ja trotzdem mal zusammen tanzen, wenn du möchtest.“, antwortete sie und wickelte eine Haarsträne um den Finger.
„Ja, klar. Kein Ding.“
Jetzt hatte Sergej wirklich ein Problem. Es blieb ihm nur noch, einfach irgendwelche Mädchen zu fragen, bis eine zusagte. Denn es gab nichts peinlicheres, als allein beim Frühlingsball aufzutauchen.
In der nächsten Woche fragte Sergej ganze fünf Mädchen, und kam sich langsam wie der letzte Trottel vor. Entweder waren sie schon vergeben, oder hatten sich den Fuß gebrochen - das störte ihn doch nicht! So wäre er wenigstens um das Tanzen herumgekommen! - oder sie hatten einen riesigen festen Freund, der Sergej böse anstarrte.

-

Aurelius saß gelangweilt im Deutschunterricht. Wenn es ein Fach gab, welches er über alles hasste, dann war es Deutsch.
“Beeep - Inkorrekt!“, korrigierte er sich selbst in Gedanken. “Sport. Sport hasse ich mehr.”
Auf jeden Fall HASSTE Aurelius den Deutschunterricht. Obwohl Deutsch sein stärkstes Fach war. Aber vielleicht war gerade das das Problem. Aurelius langweilte sich! Wenn er sich meldete, nahmen ihn die Lehrer schon gar nicht mehr dran. Im Gegenteil. War er beispielsweise der Einzige, der eine Antwort auf eine Frage wusste, rief der Lehrer in die Klasse: “Warum meldet sich denn niemand? So schwer ist die Frage ja wohl nicht!”
Mit dem Referendaren, den sie seit kurzem hatten, lief es auch nicht besser, also hatte sich Aurelius etwas zum Lesen mitgenommen.
“Du da! Was soll denn das?!”, fuhr ihn der kleine, rothaarige Lehrer an, gerade als er sein Buch aufgeschlagen hatte.
“Ich lese. Ich weiß, ich sollte eigentlich den Faust lesen, aber den kenne ich schon. Das ist so langweilig.”, Gott, wie er dieses Spiel genoss. Endlich passierte etwas.
Der Referendar wurde rot vor Wut. Die Farbe seines Gesichtes biss sich mit seiner Haarfarbe.
“Frechheit!”, brachte der junge Mann hervor. Aurelius’ Klassenkameraden sahen dem Schauspiel gebannt zu.
“Sie werden bis übermorgen den Eingangsmonolog des Faust lernen. Auswendig! Mit Betonung! Es wird benotet.”, zischte der junge Mann. Das war ganz nach Aurelius Geschmack. Er war in Topform und die Sache entwickelte sich immer besser. Endlich einmal eine willkommene Ablenkung.
“Darf ich?”, fragte Aurelius selbstsicher. Er stand auf, ging vor der Tafel hin und her und raufte sich das Haar, ganz so, wie er sich den Doktor Faust vorstellte.

“Habe nun - ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin
und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn!”

Aurelius redete und redete und genoss den überraschten und verärgerten Blick des Referendars. Er machte einige Fehler. Aber der werdende Lehrer las gar nicht erst mit und wusste es selbst nicht besser. Aurelius genoss den Augenblick, zog ihn in die Länge, sog ihn förmlich in sich auf.

“RAUS!”, wurde Aurelius angebrüllt, als er noch nicht einmal ganz am Ende war.
“Was habe ich denn jetzt für eine Note?”; konnte er sich nicht verkneifen. Ja, das war gut. Das war nach seinem Geschmack.
Leise in sich hinein lachend machte er sich auf den Weg zum Direktor, um zu melden, dass er für die Stunde herausgeflogen war.

-


„Hast du immer noch keine Tanzpartnerin?“ fragte Frederick Sergej eine Woche vor dem Ball, während des Abendessens. Er selbst hatte doch noch Antonia gefragt („Sie tanzt wie ein Profi!“, hatte er Sergej nach dem Probetanz berichtet).
„Neee.“, stöhnte Sergej genervt.
„Dann hast du ein Problem. Ich glaube, jetzt findest du auch keine mehr.“
„Na danke, dass du mir Mut machst.“, brummte Sergej.
In diesem Augenblick kam Aurelius und setzte sich zu ihnen an den Tisch.
„Hey, Sergej!“, rief er übertrieben freundlich aus.
„Was willst du?“, wollte Sergej skeptisch wissen.
„Nur ein bisschen plaudern. Hast du eigentlich schon ein Mädchen für den Ball gefragt?“
„Nein.“, antwortete Sergej genervt.
„OHHHH, da sieht es aber schlecht für dich aus.“, seufzte Aurelius. Nachdem er heute wieder einem Lehrer auf der Nase herumgetanzt hatte, war er in Topform. Zumal er vom Direktor gar keine Strafe bekommen hatte. Aurelius konnte sich einfach alles erlauben!
„Meine Rede!“, triumphierte Frederick.
„Hast du denn jemanden?“, fragte Sergej Aurelius.
„Ich habe Wilma gefragt. Bei unserem Lyrik-Projekt für Deutsch.“, erklärte Aurelius. Sergej kannte Wilma nicht näher, aber er konnte sich denken, dass sie zu Aurelius passte. Die beiden waren jedes Jahr Jahrgangsbeste. Mal war Wilma auf Platz eins, dann war Aurelius aber garantiert der Zweitbeste, mal war es andersherum.
„Kennt einer von euch ein Mädchen, das noch nicht vergeben ist?“, fragte Sergej.
„So ein Zufall, dass du fragst!“, rief Aurelius aus. „Ich habe da eine Cousine, die in bald auf unsere Schule kommen wird. Der Rektor hat vorgeschlagen, sie solle doch schon einmal zum Ball kommen um ein paar Leute kennen zu lernen. Sie hat ein Stipendium bekommen. An ihrer alten Schule wurde sie viel gehänselt und wollte darum wechseln - ich habe erzählt, wie gut es mir hier gefällt und sie hat sich beworben.“
„Wo ist der Haken?“, fragte Sergej. „Ist sie irgendwie irre, oder ist sie strohdoof?“
„Nein! Von doof kann gar keine Rede sein. Und sie ist genauso normal wie ich.“, empörte sich Aurelius.
„Na dann…“, murmelte Sergej. So normal wie Aurelius… na super. Vor seinem inneren Auge sah er ein Mädchen mit Bürstenhaarschnitt und Karohemd, welches dichtend auf dem Boden im Waschraum saß.
„Alter, du hast keine Wahl.“, brachte es Frederick auf den Punkt.
So sagte Sergej zu.


-


„Was machst du hier?“, flüsterte Aurelius und schloss die Tür des Speisesaals hinter sich. Wilma sah ihn an.
„Ich hatte gerade Lust, vor eurem Speisesaal rumzustehen und zu warten, bis du kommst.“, spöttelte sie.
„Na so was…“
„Hab gehört, du warst heute böse zu einem Referendar?“
„Hmmm“
„Tja, ich mag keine bösen Jungs.“, flüsterte sie.
Aurelius nickte, und versuchte sich ein Grinsen zu verkneifen. „Das ist gut, denn solche wie ich sind unberechenbar. Und ich mag dich übrigens auch nicht.“
„Schön weil…“, sie verlagerte das Gewicht auf das andere Bein, „Ich hasse dich.“
„Ich dich auch.“, flüsterte Aurelius und zog sie an sich heran. Sie wollte etwas darauf sagen, doch er küsste sie auf den Mund. Sie legte die Arme um ihn und erwiderte seinen Kuss.
Außer Atem stieß sie ihn irgendwann sanft weg.
„Meinst du nicht, dass es sich ein bisschen merkwürdig zwischen uns entwickelt?“, fragte sie.
Er nickte.
„Da gewöhnst du dich dran, ich bin immer so.“,

-
Ich glaube, dieser Teil ist etwas kürzer geworden als die anderen. Tut mir leid. Natrürlich freue ich mich immer über Kommentare.





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