Clyde Cannaghan - Teil 3

Autor: Kim
veröffentlicht am: 12.04.2011


Das Wochenende verlief, wie immer, langweilig. Der einzige Unterschied zu den bisherigen Wochenenden war die Anwesenheit der Cannaghans. Meine Mutter schwebte in Euphorie, was ich wirklich alles andere als gewohnt von ihr war. Es war das erste Mal, dass meine Mutter nicht so falsch war sondern unsere Nachbarn wirklich zu mögen schien. Was für ein Wunder ob die Cannaghans ihr wohl einen Stein auf den Kopf geworfen hatten?
Ich bekam Clyde noch einige Male zu sehen und jedes Mal wenn er mich sah hielt er es für nötig irgendwelche dummen Sprüche abzulassen.
Von wegen, wann wir uns endlich verloben würden, oder ob wir doch nicht gleich am Montag heiraten sollten. Es schien ihm Spaß zu machen eine desinteressierte Person wie mich mit überflüssigem Zeugs zuzutexten.
Am Sonntag drehte ich wie immer meine Runde um den See und lief dann etwas erschöpft zurück nach Hause.
In unserer Straße traf ich dann auf Clyde. Er brachte gerade zwei riesige Mülltüten aus dem Haus. Als er mich entdeckte rief er viel zu gut gelaunt: „Hey Nelly-Darling! You are waked up?“ „Morgen“ sagte ich nur, was er wahrscheinlich eh nicht gehört hatte. „Hey, wait a minute… Wo warst du denn so früh am Morgen?“ Ich blickte ihn wie immer desinteressiert an, einfach weil ich so fühlte: „Das geht dich nichts an.“ „Oooh da ist aber jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden oder traust du dich mehr, wenn deine Mom nicht dabei ist?“ Was zum Henker… Was bildet sich dieser selbstverliebte Kerl überhaupt ein? Seine Worte hatten allerdings etwas Wahres. Clyde und ich waren zum zweiten Mal allein und ja ich traute mich mehr durch die Abwesenheit meiner Mutter. „Glaubst du, ich verfalle dir genauso wie alle anderen. Solche Typen wie du sind doch total egoistisch. Lachen einem ins Gesicht und lästern bei der erstbesten Gelegenheit hinter dem Rücken. Hauptsache du hast deinen Spaß, was mit den Gedanken und Gefühlen anderer ist, interessiert dich doch nicht!“ antwortete ich nur bissig.
So was hatte man in der Schule öfters mit mir gemacht. Vor allem in den letzten sechs Monaten. Meine Klassenkameraden sind nur zu mir gekommen, wenn sie etwas brauchten.
Einmal hat sogar ein Junge aus meiner Klasse meinen nicht gerade billigen Füller geliehen, na ja zumindest wollte ich ihn ihm nur während der Klausur leihen, die wir im Anschluss geschrieben hätten.
Dieser Junge allerdings hat mir meinen Füller genommen und ihn dann nach der Arbeit einfach eingesteckt. Und ich hab nichts gesagt… Der Füller war mir nicht sonderlich wichtig. Die Tatsache dass ich für einen Moment so blöd und naiv war, wir könnten dann ins Gespräch kommen und selbst wenn wir keine Freunde werden würden, könnten wir immerhin hin und wieder miteinander quatschen, machte mich traurig. Aber na da…
Daher bin ich immer so negativ eingestellt und wenn ich dann auf solche Menschen wie Clyde treffe die übermäßig gut gelaunt und gleichzeitig beliebt sind neigte ich leicht oder vielleicht doch etwas stärker zu Vorurteilen.
Ich blickte daher etwas wütend zu Clyde, der wieder einmal grinste: „Und so jemanden willst du heiraten.“
Mir blieb der Mund auf. Ich versuche diesen Typen gerade zu beleidigen und der erlaubt sich weiterhin seine Späße. Wie unglaublich selbst verliebt. Der denkt wohl er könne jede haben. Am liebsten wollte ich auf dem Absatz kehrt machen und verschwinden. Doch davor wollte ich ihm sein Grinsen vergehen lassen: „Anscheinend bist du geistig beschränkt. Dann sollte ich es mal vielleicht auf Englisch versuchen. You and me, no future! Hast du das jetzt endlich verstanden.“ Statt wie erhofft war er mir nicht ansatzweise böse. Er bildete einen Schmollmund mit Dackelblick und spielte vergnügt einen auf beleidigt: „ Really not? Aber du bist doch meine Traumfrau… Wir wollten alt werden und fünf Kinder kriegen.“ Zum Schluss grinste er wieder sein Weltmeistergrinsen.
Ich wusste nicht wieso ich mich mit diesem Ami rumschlug. Was ärgerte ich mich über sein überflüssiges Geschwätz.
So wie oft gab ich seufzend auf. Ich blickte erschöpft und traurig drein. Clyde schien meine Stimmungsschwankung bemerkt zu haben, denn er wurde sofort ernst: „Nala, alles klar?“ Ich blickte in sein besorgtes Gesicht.
Irgendwie war es süß, dass er sich um mich sorgte. Dieses Gefühl jemanden wenigstens ansatzweise wichtig zu sein zauberte mir ein kleines Lächeln auf die Lippen und mir wurde leicht warm ums Herz. „Wenn es dich so sehr ärgert, dann sag ich es nicht mehr,“ meinte Clyde und lächelte sein wunderschönes Lächeln.
Es stand ihm. Auch diese längeren blonden Haare die ihm zum Teil in die Augen fielen, dazu diese strahlenden haselnussbraunen Augen. Man merkte dass er 18 war, wenn auch nicht im Kopf, denn er hatte ein markantes, kantiges Gesicht. Seine perfekten Zähne, die er ohne Scheu jedem zeigen konnte. Er war schlank und gut gebaut. Noch dazu war er groß, ich schätzte ihn um die 1,80 -1,83 m groß. Heute trug er ein gelbes, eng anliegendes T-Shirt mit einem Headphones-Aufdruck, dazu noch eine braune Bermudahose und unpassende Pantoffeln. Das Wetter war heute angenehmer wie in den letzten beiden Tagen.
Ich betrachtete ihn noch kurz und musste feststellen, dass er ein Ami war… ein verdammt gut aussehender Ami… ein absoluter Herzensbrecher…Ich fragte mich ob er nur mit mir sprach weil er hier sonst niemanden kannte oder ob ich als ein Durchschnittsmädel in seinem Interessenfeld lag.
In Gedanken versunken vergaß ich völlig seine Frage zu beantworten und trottete nach einem knappen „Tschüss“ nach Hause und ging rein.
Meine Mutter wollte die Cannaghans heute zum Essen einladen. Daher kochte sie und ich half ihr beim Tisch decken, was nicht so einfach war, da meine Mutter eine Symmetriekrankheit besaß. Nach mehrmaligem Geschimpfe seitens meiner Mutter, war der Tisch irgendwann ´perfekt´ gedeckt. Meine Mutter befahl mir danach mich hübsch anzuziehen. Es kam mir vor, als wäre Weihnachten. Hübscher Tisch, hübsch anzuziehen, Stress pur.
Ich hatte das Gefühl, dass meine Mutter diesen ganzen Stress nicht einfach so unternehmen würde. Ich glaube sie stand auf Cyldes Vater. Sie benahm sich so seltsam in seiner Nähe.
Jedoch verwarf ich diesen Gedanken wieder schnell und ging auf mein Zimmer.
Hübsch anziehen?
Meine blaue Röhrenjeans, mit meiner blauen enganliegenden kurzärmeligen Bluse. Obwohl das Wetter heute recht angenehm war ist es jetzt zur Abendstunde doch recht kalt. Daher zog ich mir noch meine weiße Strickjacke drüber. Ein bisschen Make-up, Mascara, die Nägel erneut lackieren… Meine Haare wollte ich aber weiterhin verbunden halten, doch meine Mutter mischte sich erneut ein und forderte mich auf etwas Gescheites daraus zu machen. Aber daraus war nichts zu machen. Dafür müsste ich jetzt in die Dusche und wenn ich ehrlich war hatte ich keine Lust mich allzu sehr aufzubrezeln. Außerdem war die Zeit zu knapp.
Um sechs Uhr klingelte es auch schon pünktlich an der Türe. Ich ging hin um sie auf zu öffnen.
Wow, war das erste was ich dachte…






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