Clyde Cannaghan - Teil 2

Autor: Kim
veröffentlicht am: 29.03.2011


Er hielt gerade einen Karton in der Hand und wir schauten uns sicherlich ungefähr fünf Sekunden in die Augen ohne uns zu bewegen, bis der Himmel auf einmal laut donnerte und der Regen in Strömen schüttete. „Shit happenend!“ fluchte der Junge und stellte seinen Karton wieder zurück in den Umzugswagen.

Ich weiß nicht wieso, aber ich half ihm die restlichen 3-4 Kartons, die noch auf der Straße standen, ebenfalls in den Wagen zu verfrachten. Der Junge bedankte sich mit einem wunderschönen Lächeln dafür. Den letzten Karton nahmen wir dann zu zweit. Er war ziemlich schwer. Nachdem wir alles weg gepackt hatten, schloss der Junge den Wagen. Inzwischen waren wir klatschnass. Ich hielt mir meine flachen Hände über meinen Kopf. Schließlich ist das schlimmste, was einer lockighaarigen Person passieren kann, Regen. Obwohl mein Fall eh nicht mehr zu retten war. Ich blickte kurz in den grauen Himmel. Wieder grollte der Himmel.

„Hey“ rief der Unbekannte „komm mit!“ Damit packte er mein Handgelenk und zog mich hinter sich mit. Völlig überrumpelt von dieser Aktion, hatte ich keine Möglichkeit zu widersprechen. Er rannte mit mir durch den kleinen Vorgarten ins Haus rein.
Drinnen schenkte er mir wieder ein Lächeln und meinte: „Warte, ich komme gleich!“ Er lief in eines der Zimmer, während ich wie ein begossener Pudel im Flur wartete. Ich fror und zitterte. Wieso war ich überhaupt mit ihm mit? Ich hätte auch einfach weitergehen können, nachdem ich ihm geholfen hatte. Dann wäre ich immerhin in einem warmen Zimmer. Die Heizung musste hier wohl aus sein. Überall lagen Kartons und sonstige Gegenstände. Bis zum vollständigen Einrichten mussten sie noch einiges tun. Nach ungefähr 2-3 Minuten kam der Junge auch schon mit zwei Handtüchern her. „Hier bitte“ Er reichte mir das eine Handtuch. „Danke“ sagte ich schlicht. Ich wischte mir damit mein Gesicht, meine Hände und versuchte vorsichtig meine Haare etwas zu trocknen. Der blonde Junge hingegen rubbelte sich wild die Haare, bis er bemerkte, dass ich ihn beobachtete. Er lachte: „What? Oh I, ah ich meine... Warum guckst du mich so an?“ Ich lief etwas rot an. Zum einen weil der Junge , der in meinem Alter sein müsste, unverschämt gut aussah, aber auch weil man nicht einfach auf Personen starrt. Wo blieben nur meine Manieren?

Mir fiel auf, dass er gemischt sprach. Mal Englisch, mal Deutsch. Ich wollte ihn gerade fragen warum, als ein Mann, ungefähr Mitte 40, dazu kam. „Hallo...“ grüßte mich der Mann freundlich und reichte mir seine Hand. „...Danke für deine Hilfe.“
Er wusste Bescheid? Dann muss der Sohn es gleich erzählt haben. „Bitte“ sagte ich nur etwas überrascht und bemerkte, dass der Mann einen englischen Akzent in der Stimme hatte. Der Mann lächelte und erschrak kurz: „Oh entschuldige. Mein Name ist Mike Cannaghan und das ist mein Sohn Clyde.“ Er zeigte auf den Jungen neben ihm. Wusst ichs doch. Engländer oder Amerikaner. Auch dieser Clyde reichte mir seine Hand. „Ich heiße Kiesbrunn. Nala Kiesbrunn.“ Mike schien überrascht. „Nala? Die Nachbarstochter Nala?“ hakte er weiter nach. Diesmal war ich die Überraschte und bejahte seine Frage. „Erinnerst du dich nicht an uns...“ Ich war verwirrt. Sollte ich die Beiden denn kennen? „...Wir haben hier früher gewohnt. Vor 11 Jahren. Dann sind wir in die USA gezogen und jetzt sind wir wieder zurück nach Deutschland.“ Stimmt früher, vor einer halben Ewigkeit haben hier wirklich Mal welche gewohnt. Aber das lag so lange zurück...

„Nala?“ meinte diesmal Clyde. Er schien nachzudenken. Er hielt sich demonstrativ seinen Daumen an sein Kinn. „Nala? Meine zukünftige Ehefrau Nala...“ Ich blickte ihn entsetzt an. Wie bitte!? Clyde lachte amüsiert. Sein Vater blickte ihn verwirrt an. „...Oh Nelly wie kannst du nur deinen Heiratsantrag an mich vergessen?“ Ich blickte ihn noch entsetzter an.
Er lachte wieder und meinte: „ Ich weiß es noch genau. Am letzten Tag als wir noch in Deutschland waren, bist du weinend zu mir gekommen. Damals hattest du noch diese Puppe mit den roten Haaren. Jedenfalls hast du mich dann gefragt, ob ich bald wieder kommen werde und ich meinte wahrheitsgetreu: Weiß ich nicht. Ja und danach hättest du fast wieder geweint. Deswegen hab ich gesagt; wenn ich groß bin, bestimmt. Dann hast du wieder gelacht und mir einfach so einen Heiratsantrag gemacht....“

Er grinste amüsiert „...und weil ich ein Gentleman bin, hab ich natürlich ja gesagt.“ Jetzt lachte er aus vollem Halse und sein Vater mit ihm.
Ich fand das Ganze gar nicht komisch. Und als die Cannaghans meinen verärgerten Blick sahen verstummten sie.

Mike meinte nur: „Entschuldige meinen Sohn Nala! Er redet manchmal gerne solchen Unsinn.“ „Das ist kein Unsinn. Sie hat mir diesen Antrag wirklich gemacht.“ protestierte der Sohn.

Oh man was für komische Leute. Ich wollte hier nur noch weg, also sagte ich: „Ich muss nach Hause“
Die Cannaghans schauten mich etwas überrascht an. Mike nickte nur, während Cylde schon wieder etwas zu meckern hatte. Doch sein Vater hob seine Hand vor Clydes Gesicht und deutete mit seinem Blick still zu sein. Daraufhin meinte der Sohn nur: „Bye“ und verschränkte beleidigt die Arme. Auch ich verabschiedete mich formalitätsgerecht und rannte schnell zu unserem Haus. Zwar regnete es deutlich schwächer, aber immer noch genug.
Als ich mir daheim die Schuhe auszog dachte ich über diese komische Familie und vor allem über Clydes Worte nach. So ganz konnte ich all diesem keinen Glauben schenken, aber woher wusste er dann von meiner rot haarigen Puppe? Hatte ich Clyde wirklich einen Heiratsantrag gemacht? Selbst wenn, damals waren wir noch Kinder. Vor elf Jahren, da war ich gerade Mal fünf. Was will bloß dieser komische Typ. Dass er sich allerdings daran erinnern konnte wunderte mich. Sehr viel älter als ich ist er auch nicht.

Meine Eltern arbeiteten noch und waren nicht zu Hause. Mein Bruder allerdings schon. Ich blickte ihn nur kurz an, als ich im Flur an ihm vorbei lief.

„Hey hast du schon unsere Nachbarn gesehen. Clyde ist zurück.“ Ich stoppte und ich war mir sicher, dass meine Überraschung unübersehbar war. Jedoch stand ich mit dem Rücken zu Tim, weswegen er mein Gesicht nicht sehen konnte. Tim sprach mit mir, ohne irgendetwas von mir zu verlangen oder wissen zu wollen, wann unsere Eltern nach Hause kämen. Ich drehte mich um und stotterte leicht: „J-Ja hab ich.“ „Witzig, die Amis sind zurück,“ damit drehte er sich um und ging weiter.
Eigentlich war das Ganze ja kein Gespräch, aber dass Tim mit mir einfach so sprach kam selten vor.

Am Abend wusste meine ganze Familie über die Ankunft der Cannaghans Bescheid. Man konnte sie schließlich schlecht übersehen. Sie saßen (man bemerke, nur Mike und Clyde, also keine Ehefrau und Mutter) in unserem Wohnzimmer.
Meine Familie und unsere Nachbarn unterhielten sich miteinander. Sie hatten sich viel zu erzählen. Sogar Tim, saß mit uns. Eigentlich sind solche Besuche empfangen nicht seine Art, aber er war heute eh etwas seltsam drauf.
Es stellte sich heraus, dass Mike ein Arzt war.
Er hat ja früher hier gewohnt, aber die Verhältnisse, welche er nicht nannte, hätten sich geändert und er sei wieder zurück.

Ich vermute Mal die Scheidung mit seiner Frau trug hierzu einen wesentlichen Teil bei. Seine Frau ist in den USA geblieben.
Jetzt wird Mike wieder hier arbeiten und sein 18-jähriger Sohn wird hier zur Schule gehen, da er sehr gut deutsch spricht, werde er damit keine Probleme haben.
Ja und das schlimme war, auf meine Schule.

Zwar nicht in die gleiche Klasse, zum Glück, aber auf die gleiche Schule.

Meine Eltern freuten sich wirklich sehr, was bei ihnen eigentlich eher selten vorkam, aber aus irgendeinem Grund verstanden sie sich sehr gut mit Herr Cannaghan, ja und sogar mit Clyde.

Clyde musste natürlich allen erzählen, dass ich ihm einmal einen Heiratsantrag gemacht hatte.
Als ich das Ganze verneinte, meinte meine Mutter sich zu 100% daran erinnern zu können, dass ich das wirklich getan hatte. Ich solle hin und her gesprungen sein und mich gefreut haben, dass wenn ich groß wäre Clyde heiraten würde. Ich schüttelte nur verärgert den Kopf.
Alle hatten gute Laune. Sie verstanden sich perfekt, nur ich war die Spaßverderberin und konnte nicht wirklich lachen.

Nach einer Weile wurde mir das alles aber zu viel. Ich stand auf und wollte auf mein Zimmer. „Wohin?“ fragte meine Mutter sofort. „Ich bin müde. Ich werde noch etwas lernen und dann gehe ins Bett. Euch allen noch eine gute Nacht.“ antwortete ich und im selben Augenblick wusste ich, dass es meiner Mutter gar nicht passte. Schließlich gehört zu einer perfekten Familie jedes Familienmitglied. Doch bevor sie etwas erwidern konnte, mischte sich Clyde ein: „Honey, es ist Freitag Abend. It´s time to party. Wohin bringst du mich?“ Er lachte los und meine Mutter und alle anderen ebenso. Was ist das für ein selbst verliebter Mensch. Ich hatte die Schnauze voll und wollte nur noch allein sein, also drehte ich mich um und wünschte nur noch eine gute Nacht und ging.
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Falls Fortsetzung bitte Kommis





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