Leben ist ein Luxus, aber Lieben ist ein Genuss - Teil 15

Autor: Noa
veröffentlicht am: 31.03.2011


Kapitel 16 – Ist es das alles wert?

Jack schaute ihn fassungslos an und teilweise auch wütend. Er musste sich sogar zügeln ihm an die Kehle zu springen. Max hob mich vom Boden auf und brachte mich ins Zimmer. Als er sah, dass auf meinem Auge ein Veilchen war, gab er mir ein nasses kühles Tuch in die Hand. Ich drückte es auf mein Auge und zuckte, als der Schmerz eintrat. Aus dem anderen Auge floss eine Träne hinunter und ich hatte es mir teilweise schon angewöhnt, leise zu weinen. Erst gestern kam ich aus dem Krankenhaus und dachte hier wäre mein zu Hause, aber mittlerweile glaubte ich daran nicht mehr und wurde völlig misstrauisch. Vor lauter Angst und Furcht vor einem weiteren Hieb schwieg ich und kühlte mein Auge. Max merkte dass mein Rücken schmerzte, da ich unregelmäßig atmete und jedes Mal seufzte. Ohne zu fragen zog er mein T-Shirt vorsichtig hoch und fuhr über meinen Rücken.
„Das sieht übel aus.“, murmelte er mitleidend.
„Wieso tust du das?“, schniefte ich und senkte den Kopf.
„Ich kann es nicht mit ansehen, wenn ein wehrloses Mädchen, von zwei hirnlosen gewalttätigen Männern verprügelt wird.“
„Aber du gehörst doch zu ihnen.“
„Nicht wirklich.“, meinte er nur und fuhr langsam über eine Stelle die besonders wehtat. Ich zuckte heftig zurück und unterdrückte wieder den Schmerz durch das Kneifen meiner Augen.
„Ruh dich erstmals aus.“, sagte er und wollte aus dem Zimmer verschwinden.
„Sie werden mich aus dem Bett prügeln, wenn ich nicht arbeite.“, rief ich panisch und versuchte aufzustehen, fiel jedoch wieder auf das Bett.
„Das werden sie nicht.“
Später konnte ich nur verstummte und dämpfende Stimmen hören. Schließlich kam Max ins Zimmer und setzte sich wieder neben mich. Er seufzte erfolglos.
„Sie werden nicht aufhören dich zu schlagen, wenn du nicht tust was sie verlangen.“
„Das ist definitiv nicht meine Familie in der ich aufwuchs, das muss eine Verwechslung sein.“
Max schwieg und zog erneut sein T-Shirt aus um sich fertig fürs Bett zu machen. Er legte sich hin und drehte seinen Rücken zu mir. Noch immer stand ich ein wenig unter Schock und versuchte mich hinzulegen, aber mein Rücken schmerzte enorm. Ich legte mich auf die Seite und starrte auf Max Rücken. Mir kam ein Déjà-Vu hoch und schon einmal sah ich dieses Bild. Aber an ein früheres Leben erinnerte ich mich leider nicht. Vielleicht hatte ich ja eine Familie, die mich in diesem Moment suchte und ein anderes Mädchen, das mir ähnlich sieht eigentlich hier hin gehörte. Jedenfalls benahm sich Max noch als einziger vernünftig.
„Max, ich kann nicht schlafen. Mein Rücken schmerzt.“, stöhnte ich und mir fiel wieder eine Träne hinunter, da die Schmerzen wirklich unerträglich waren. Ohne ein Medikament das sie lindern könnte, würde ich noch daran zu Grunde gehen. Er drehte sich zu mir und blickte mich an.
„Warte, ich bin gleich wieder da.“
Er stieg aus dem Bett und verschwand im dunklen Flur. Dort ging das Licht in der gegenüberliegenden Küche an und er nahm eine Schmerztablette heraus. Leise schlich er sich an dem Schlafzimmer der beiden vorbei und gab sie mir in die Hand. Neben dem Nachtschränkchen war eine kleine Wasserflasche und ich spülte sie schnell hinunter. Danach musste ich noch ein wenig die Schmerzen aushalten, aber nach und nach, spürte ich nichts mehr.
„Max, wieso erinnere ich mich an nichts. Wo bin ich? Wer bin ich? Seit ihr wirklich meine Familie?“, fragte ich und wieder musste ich leise weinen. Das war kein Leben, das war ein einziger Albtraum.
„Wenn ich es wüsste, würde ich es dir gerne sagen. Aber leider verriet mir Jack nichts.“
„Heißt er denn wirklich so?“
„Nein, sein wahrer Name ist Eduard Stetschel. Er versprach mir meinen kleinen Bruder aus dem Gefängnis zu holen.“
Als ich den Namen hörte stach etwas in meinen Kopf und kurz erlitt ich an einem qualvollen Schmerz. Der Name war mir so bekannt.
„Wie heißt dein Bruder und wieso ist er im Gefängnis?“
„Sein Name ist Mike. Er hat meinem Onkel, also Eduard, geholfen jemanden zu ermorden. Es war ein Mädchen und ein Junge, aber wie sie genau hießen, das weiß ich nicht mehr.“
„Er ist dein Onkel?“
„Ja.“
Eine Weile schauten wir uns nur an und konnten unsere Gedanken teilweise erraten. Er hatte den gleichen Respekt vor Derek und Jack wie ich. Trotz dessen, das ich nicht wusste wer und wo ich war, musste ich hier raus. Am Tage wäre das wahrscheinlich unmöglich, deswegen müsste es ein Fluchtplan für die Nacht sein. Alle Fenster und Türen sind verschlossen, außer im Schlafzimmer von Derek und Jack.
„Wir müssen hier raus, Max.“, flüsterte ich.
„Was? Wie willst du das anstellen? Die werden uns so lange jagen, bis wir nicht mehr können und dann sind wir geliefert. Wir werden fürs Krankenhaus reif geprügelt. Willst du wieder dein Gedächtnis verlieren?“, entgegnete er mir unsicher.
„Aber willst du denn für immer die Drecksarbeit für die erledigen? Wir sind in ihren Augen doch nur nutzlose Sklaven. Irgendwann arbeiten wir uns zu Tode. Gibt es jemanden dem du absolut vertraust und wovon Jack und Derek nichts wissen?“, fragte ich.
„Nein, das heißt schon, aber es wäre ein weiter Weg.“
„Wie weit?“
„Mindestens zwanzig Kilometer.“
„Die werden wir schaffen.“
„Dir ist schon klar, dass du überhaupt keine Ahnung hast wo du dich befindest. Wir sind in Baden-Württemberg in der Nähe vom Neckar. Bis in die nächste Stadt sind es auch einige Kilometer. Außerdem käme dann mein Bruder nicht frei. Er hat zwar meinem Onkel geholfen, aber er musste. Er zwang ihn, sonst wäre er wie du zu Grunde gegangen.“
„Aber wenn dein Bruder wieder frei käme, dann würde ihn dein Onkel erneut unter Druck setzen. Vielleicht müsste wieder ihm helfen und er käme erneut ins Gefängnis. Dort ist er wenigstens sicher von ihm.“
Max überlegte kurz. Allein der Gedanke rüttelte ihn wieder wach. Dann nickte er einverstanden.
„Also gut. Aber wie wollen wir hier ausbrechen. Ich muss meistens arbeiten.“
„Wir teilen uns die Arbeit. Du versuchst Geld aufzutreiben, falls wir ein Taxi benötigen und absolut andere Kleidung, sodass die sie nicht zu Gesicht bekommen. Außerdem brauchen wir ein Seil, um uns im Schlafzimmer nachts hinauszuschleichen.“
„Aber ein Seil wird sofort auffallen, wenn ich das nach Hause bringe. Für die Kleidung hätte ich eine Ausrede und das Geld kann ich in meiner Hosentasche verstecken. Der Vorteil ist, das sie mir ein wenig vertrauen, da er mein Onkel und Derek sein Bruder ist.“
„Das klingt jetzt vielleicht etwas seltsam, aber hast du lange Leinentücher?“, fragte ich und konnte auch aus simplen Gegenständen ein Seil bauen.
„Ja, einige Bettlaken und Bezüge, dort im Schrank.“
Leise stand ich auf und tastete im Dunkeln nach dem Schrank. Durch das Fenster schien ein wenig Laternenlicht und das erhellte den Kontrast im Zimmer. Ich zog einige Bettlaken heraus und versuchte sie zu zuknoten. Max half mir dabei und durch seinen muskulösen Körper, konnte er fester zudrücken. Es dauerte einige Minuten, aber dann hatten wir schon ein richtiges langes Seil zusammengestellt.
„Wo willst du es verstecken?“, flüsterte er und ich schaute mich im Zimmer nach einem geeigneten Platz um. Unter dem Bett standen einige Kisten und ich suchte leise eine leere heraus. In einem Karton befanden sich nur stinkende und alte Kleider, die ich heraus warf, die zusammengeknoteten Bettlaken hineinwarf und sicherheitshalber noch die alte Kleidung drüber legte. Wir legten uns wieder ins Bett und schliefen müde ein. Am nächsten Morgen war Max schon weg und Derek schmiss mich erneut gewaltsam aus dem Bett.
„Mach Frühstück!“, rief er und setzte sich wie gestern an den Tisch. Mit genervtem Blick unterwarf ich mich seinen Befehlen und briet ihm ein Spiegelei. Den Salzstreuer und den Pfeffer stellte ich vor seine Nase, sowie wieder frisches Brot und die verschiedenen Aufstrich Arten. Er schlang alles in sich hinein und ich durfte wieder nur ein halbes Brot mit Marmelade zu mir nehmen. Den Tisch räumte ich fix auf und putzte danach den Herd und den Kühlschrak. Dort standen nur Bierflaschen und Eier drinnen. Derek bereitete mir einen Eimer mit Spülmittel zu und stellte einen Wischmopp daneben. Er zeigte mit dem Finger darauf und blickte dann auf den Boden. Faul und undankbar setzte er sich ins Wohnzimmer hin, um Fernsehen zu schauen. Ich räumte die Stühle aus dem Zimmer und wischte dann den Boden. Heute Abend laufen wir hier weg, dachte ich ständig. Heute ist es vorbei mit der Putzerei. Den Rest des Tages verbrachte ich mit Mittagessen kochen, das Wohnzimmer aufzuräumen und dann durfte ich tatsächlich noch bevor Jack nach Hause kam, in ihrem Schlafzimmer aufräumen. Als ich die Tür öffnete kam eine furchtbar stickende Welle auf mich zu. Ich musste kurz die Luft anhalten und wollte das Fenster öffnen.
„Derek! Ich muss mal wirklich das Fenster öffnen.“, rief ich und es kam nur ein schweres Grunzen rüber. Das war wohl ein Ja und ich machte die Fenstern auf. Schnell räumte ich alle Sachen beiseite und legte ihre noch teilweise frischen Sachen in den halbzerbrochenen Schrank. Dadurch dass die Tablette nicht mehr wirkte, machte es mir das Arbeiten zur Hölle. Ich fühlte mich jetzt schon wie ein abgenutzter Sklave. Der Rücken war beim Bücken und Anspannen am schlimmsten. Das Veilchen am Auge spürte ich kaum, nur wenn ich Druck darauf ausübte. Als das Zimmer sauber war und ich leise schaute, ob Derek noch Fernsehen guckte, suchte ich in den Schubladen nach einigen Hinweisen. Aber ich fand nichts, nur weitere Kleidungsstücke und ein paar Reißbrettstifte. Es waren genau sechs und ich prüfte die Wand genau. Sie war stabil und wenn ich die mit dem Bettlaken in den Verbindung bringe, dann könnten wir problemlos aus dem Fenster steigen. Bevor ich das Fenster schloss, schaute ich die zwei Stockwerke hinunter. So tief war es gar nicht.
Später kamen Jack und Max nach Hause. Ich bereitete das Abendessen zu und wir aßen alle zusammen. Wie immer bekam ich ihre Rester, das hieß so viel wie, wenn noch etwas übrig geblieben war, dann bekam ich es. Wenn nicht, musste ich hungrig ins Bett gehen. Am Abend war es wieder still geworden und ich wollte schon aus dem Bett steigen, um mich fertig zu machen, aber Max hielt mich auf.
„Es fehlt etwas, Luna.“, flüsterte er und ich ging wieder zurück ins Bett.
„Wie meinst du das?“, fragte ich enttäuscht.
„Ich habe die Kleidung nicht bekommen, aber Morgen bekomme ich sie ganz bestimmt. Es tut mir leid.“, entschuldigte er sich und ich konnte es ihm einfach nicht übel nehmen. Ich seufzte und nahm seine Hand.
„Schon ok.“, lächelte ich aufmunternd. Er packte meine Hand fest, als wollte er auch mir einen sicheren Halt geben und das ich ihm vertrauen konnte.
„Morgen muss ich erst um neun arbeiten gehen.“, sagte er und ich freute mich teilweise dafür, dann nicht alleine seien zu müssen. Derek würde uns sowieso um sieben erst wach machen und dann müsste ich auch seine Blicke nicht länger ertragen. Schließlich schliefen wir ein und Derek machte mich wie immer um sieben wach. Doch dieses Mal zerrte er mich nicht aus dem Bett, sondern kam ins Zimmer geschossen und rüttelte mich heftig wach.
„Aufstehen und zwar zackig! Ich will Frühstücken.“, rief er mürrisch und lief in die Küche. Max wollte noch weiter schlafen und ich deckte ihn wieder sorgsam zu. Ich musste lächeln, als ich ihn schlafen sah. Im Schlaf sah jeder Mensch unbesorgt, friedlich und zufrieden aus. Aber sobald man aufwacht, geht der Ernst des Lebens los. Doch bei mir war es kein Ernst, sondern purer Horror. Bevor Derek wieder meckerte briet ich schnell ein Rührei mit Sahne. Das Brot war auch schnell genschnitten und die Aufstrich Arten, wie Marmelade oder Honig, standen schon auf dem Tisch. Er schlang alles in sich hinein. Die Reste und den dreckigen Tisch durfte ich wieder säubern und hatte bis jetzt alles aufgeräumt. Die Wohnung war wie geleckt und trotzdem hatte Derek einige Einwände.
„Der Herd ist wieder dreckig, im Schlafzimmer liegen einige Sachen auf dem Boden und in eurem Zimmer würde ich mal ganz schnell Staub wischen. Das wirst du ja wohl noch hinbekommen und beeil dich, Jack kommt heute schon um sechs heim.“, befahl er und ich nickte zögernd. Also packte ich meinen mit schon bekannten Schwamm aus und wischte den Herd sauber. Dass das Schlafzimmer wieder in einem unmöglichen Zustand war, war bei den beiden nicht anders zu denken. Das Wort „Sauberkeit“ oder „Ordnung“ war ihnen völlig fremd, genau wie das behandeln von Mitmenschen. Seit vier Tagen ist es her, das ich entlassen wurde und mir fiel nichts aus meiner Vergangenheit ein. Falls ich wirklich Eltern hatte, dann würde sie sich in diesem Moment bestimmt riesige Sorgen machen. Aber was sollte ich der Polizei sagen? Ich weiß ja nicht einmal, ob Luna mein richtiger Name war. Max glaubte daran nicht. Nur Derek und Jack wussten meinen richtigen Namen. Aber den würden sie mir niemals Preis geben, da ich vielleicht sonst meine wahre Identität kennen würde, geschweige denn mich an meine Vergangenheit zurück erinnere. Dadurch wären mehr Möglichkeiten offen. Max stand schließlich auf und ich stellte ihm einen neuen Teller hin.
„Du musst mich nicht bedienen. Ich kann das auch selbst tun.“
Ich schüttelte den Kopf heftig.
„Ich muss. Wenn ich nicht arbeite muss ich wahrscheinlich anfangen im Treppenhaus die Treppen zu polieren und das wäre der reinste Horror.“, keuchte ich und es war schon anstrengend den Boden zu wischen. Erst gestern hatte ich ihn auf Hochglanz gebracht und nun trampelte der Straßenköter Derek mit seinen dreckigen Schuhen über den frisch gewischten Boden.
„Ich wische doch oder siehst du das nicht?“, meckerte ich und da griff er nach meinen Haaren und zog sie nach hinten.
„Noch ein freches Wort und deine schönen Haare landen…“
Er roch an mir intensiver und musste mich dann loslassen. Er wedelte mit seiner Hand vor seiner Nase und verzog einen verzerrtes Gesicht.
„Geh dich sofort duschen oder du brauchst nicht mehr aus dem Badzimmer zu kommen.“, befahl er mir und schmiss mich in das enge Zimmer hinein. Um eine kleine Ecke befand sich die Badewanne mit dem Duschkopf. Links direkt neben der Tür war das Wachbecken und eins weiter die Toilette. Also lief ich um die Ecke und versuchte den Wasserhahn anzudrehen. Aus dem Duschkopf lief aber kein Wasser, da der Schlauch ein Leck hatte. Seufzend legte ich den Kopf weg und ließ mir Badewasser ein. Es dauerte einige Minuten, aber dann zog ich meine Kleidung aus. Sie stank fürchterlich und deswegen hatte ich wieder Wäsche zum Waschen. Im Spiegel schaute ich mir meine dicken und geschwollenen blauen Flecke an. Es sah grauenvoll aus, als wäre ich richtig übel misshandelt worden, was ich auch war. Das Veilchen am Auge war immer noch strak blau und meine Kopfhaut war gereizt, da Derek mir ständig an den Haaren zog. Schon bald saß ich entspannt in der Badewanne und konnte es nicht fassen einen Moment für mich zu haben. Vielleicht fielen mir auch die Erinnerungen nicht ein, weil ich ständig unter Angst und Druck stand. Trotzdem kehrte selbst in einer warmen Badewanne keine Erinnerung wieder.
Am Abend jedoch kehrte Max wieder zurück und er brachte die Kleidung mit. Der Rest verlief wie geplant. Wir schlichen uns leise und vorsichtig ins Zimmer. Derek schnarchte laut, sodass wir nicht allzu still bleiben mussten. Jack hatte den Rücken zur Wand gedreht und langsam öffnete ich das Fenster. Zum Glück übertönte das Schnarchen von Derek das Klirren und Quietschen des Fensters. Wir banden den Anfang des Leinentuches um dicken Mast des Bettes um und Max stieg zuerst nach draußen. Als er unten ankam, gab er mir ein winkendes Zeichen mit der Hand und ich stieg hinab. Alles lief wie geschmiert und dann rannten wir so schnell es ging die Straße runter, aus den Blockreihen heraus und in die anderen Straßen hinein. Auch wenn es mitten in der Nacht war, zogen wir uns die andere Kleidung um. Wir trugen eine dunkelblaue Fließweste und schwarze Jeanshosen. Trotzdem zogen wir sicherheitshalber noch die Kapuzen tief in unser Gesicht. Schließlich fühlte ich mich zum ersten Mal frei. Es war als könnte ich ein neues Leben spüren, sehen und riechen. Das Gefühl wurde ich einfach nicht los, endlich aus der Gewalt dieser Barbaren draußen zu sein. Aber trotzdem erinnerte mich Max an jemand ganz besonderen. Es lag mir auf der Zunge, dank meines Gedächtnisverluste fiel es mir nicht ein. Auf einer Parkbank ruhten wir uns aus und müde lehnte ich mich an Max‘ Schulter.
„Bist du müde?“, fragte er und legte seinen Arm um mich.
„Ja. Was machen wir jetzt? Wir müssen doch zu deinem Freund.“
„Erstmals ruhen wir uns aus. Auch wenn es warm ist, da wir Sommer haben,…“, ich stand schnell auf und starrte auf den Boden. „Was hast du?“
„Wir haben Sommer? Nein, das stimmt nicht. Da waren doch die goldenen Gersten und Roggenfelder und die bunten Ahornblätter die von den Bäumen hinunter fielen.“
„Von was redest du?“, fragte er verwirrt.
„Ich glaube, ich kann mich an jemanden erinnern. Es ist so merkwürdig.“
„Das ist schon ok, wenn man sein Gedächtnis verloren hat.“
„Nein, warte, da war etwas anderes. Ich muss mich wieder erinnern.“
Doch dann spürte ich wie ein kühler, aber dennoch erfrischender Luftzug an mir vorbeizog, obwohl es windstill war, blies er mir ins Gesicht. Er kam mir so bekannt vor und als ich mich dann umdrehte sah ich dieses silberne große Auto, das vor einem kleinen blauen Haus stand. Es war ein Geländewagen. Erschrocken ging ich zu ihm hin und berührte seine Felgen, sie waren absolut identisch mit denen, die mir ständig im Kopf herumschwirrten.
„Dieser Wagen! Den kenne ich.“, rief ich aufgeregt und war teilweise selbst verwirrt. Wieso stand er vor mir? Alle anderen Fahrzeuge unterschieden sich von ihm und er war auch noch Funkel nagelneu. Ich fuhr über die Fensterscheiben und dann spürte ich ein vibrieren in meiner Hosentasche, jedoch war dort nichts. Es kribbelte und wollte nicht aufhören. Deswegen sprang ich hin und her, damit es vielleicht stoppte, aber dann stand Max vor mir, unter Tränen. Schockiert schaute ich ihn an, aber es war zu dunkel auf einmal, die Laternen gingen aus und das Glänzen des silbernen Fahrzeugs verblasste.
„Max, was hast du?“, rief ich panisch, aber er weinte nur noch mehr. Ich rüttelte an seiner Jacke, aber er rührte sich nicht. Verzweifelt versuchte ich ihn auf die Bank zu ziehen, jedoch wehrte er sich. Wie ein kalter Fels blieb er stehen und starrte zu Boden. Erneut riss ich an seiner Jacke hin und her, aber wieder zeigte sich keine Reaktion. Was war hier los? Etwas stimmte nicht. Ängstlich lief ich weg von ihm, drehte mich aber jedes Mal zu ihm um. Plötzlich verschwand er und ich lief gegen ihn. Wie kam er so schnell von einem Ort zum anderen? Mit zitternden Händen drückte ich ihn von mir weg. Aber dann griff er nach meinen Handgelenken und schaute mir tief in die Augen. Was er jetzt wohl tun würde? Ich hatte Angst.






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