Leben ist ein Luxus, aber Lieben ist ein Genuss - Teil 7

Autor: Noa
veröffentlicht am: 15.03.2011


Kapitel 8 – Hinausgescheucht


Er griff nach meinem Arm und fuhr vorsichtig über meine Wunden. Als er den blauen Fleck berührte, zuckte ich kurz zusammen und zog dabei den anderen Ärmel auch noch hoch.
„Wer hat dir das angetan?“, fragte er und biss wütend auf die Zähne. Ich drehte mich mit tränengefüllten Augen zu ihm um und umschlang seinen muskulösen Körper.
„Bitte, Roxas, halte dich da raus!“, schluchzte ich.
„Ganz bestimmt nicht.“, entgegnete er mir und löste sich von mir. „Ich frage noch einmal, wer hat dir das angetan? War es dieser Franzose?“, hob sich seine Stimme.
Ich nickte zögernd und setzte mich aufs Bett. Roxas ballte die Fäuste und rannte aus dem Zimmer. Sogleich wusste ich was er vor hatte und ich musste ihn aufhalten.
„Nein, Roxas, nicht!“, schrie ich und Phoebe riss die Zimmertür auf. Sie sah nur wie ich ihm nachrannte und versuchte ihn zurück zu zerren. Aber die Tür war jedoch schon geöffnet und Roxas riss sich immer wieder los.
„Bitte, wenn du es tust wird er meiner Oma sonst etwas antun. Du kannst nichts machen, Roxas!“, rief ich.
„Ich werde ihm so sehr wehtun, dass er bettelt zur Polizei zu gehen. Er wird noch sein blaues Wunder erleben.“
„Er ist auch stark. Was ist wenn er dir etwas antut, das könnte ich nicht ertragen, bitte, hab Vernunft.“
Wir waren schon auf der Straße und müssten sie nur noch überqueren, aber da stellte ich mich vor ihn. Mit beiden Armen drückte ich gegen seine Brust.
„Wenn du zu ihm willst, musst du erst an mir vorbei.“, sagte ich mit ernster Stimme und er wollte an mir einfach vorbeigehen, aber wieder stellte ich mich vor ihn.
„Das bringt nichts, Jessy. Er wird dich wieder schlagen und das will ich einfach nicht riskieren.“
„Ich verspreche dir den Typen fest zunehmen, aber bitte hör mich erst an.“
Er blieb endlich stehen und schaute mich aufmerksam an.
„Ich bin mir sicher dass dieser Typ noch einen Kumpanen hat und wenn er ins Gefängnis käme, würde er vielleicht seine Tat weiter führen und wir wissen nicht wer es ist. Meine Oma wäre in Gefahr und sogar du wärst in Gefahr. Ich möchte dieses Schwein auch aus dem Haus haben, aber Gewalt bringt nichts.“
Er seufzte und kehrte um. Phoebe kam uns entgegengelaufen und fragte verwundert was los sei.
„Nichts. Alles in bester Ordnung.“, grinste ich falsch und wir gingen gemütlich wieder ins Haus. Am liebsten hätte ich bei Roxas übernachtete, aber wenn ich nicht mehr nach Hause komme, schöpfte der Franzose einen Verdacht und das kann ich nicht riskieren. Deshalb blieb ich solange wie möglich und dann, eines Abends, gegen halb eins, klingelte mein Handy und meine Augen weiteten sich. Es war Jacque und ich hatte Angst abzuheben. Ich zeigte Roxas den Bildschirm und er wollte mir schon das Handy aus der Hand reißen, aber ich zog es zurück. Trotzdem schaffte er es, es mir aus der Hand zu nehmen. Er drückte ab und schaltete den Lautsprecher ein.
„Ja?“, meldete er sich.
„Hallo? Wer ist da?“, fragte Jacque.
„Roxas, ihr Freund. Was wollen Sie von ihr?“
„Sie soll sofort nach Hause kommen.“, rief er mit erregter Stimme.
„Seit wann sorgen sie sich denn um Jessy? Sie ist doch überhaupt nicht Ihre Tochter.“
„Befehl von ihrer Oma.“
„Wieso ruft dann nicht ihre Oma sie an?“
Jacque räusperte sich und hielt kurz inne um richtig antworten zu können.
„Ihre Oma räumt gerade den Keller auf und hat mich gebeten Jessy anzurufen.“
„So, so. Übrigens war ich letztens in Koblenz bei einer Person die sie kannte, sie meinte Sie hätten…etwas angestellt. Deswegen war ich so nett und habe ihr ihren Aufenthalt gesagt.“
Ich musste leise kichern und Roxas grinste jubelnd. Zuerst kam keine Antwort zurück, aber dann sprach er.
„Ach ja? In Koblenz? Wie können sie fremden Menschen einfach meinen derzeitigen Standort sagen? Sind sie verrückt?“, regte er sich auf.
„Warum denn nicht? Die Person meinte sie würden sich kennen, da wäre es ja nicht schlimm gewesen.“
„Vielleicht verwechseln Sie mich auch mit Jemanden, Monsieur. Wie gesagt, Jessy soll nach Hause kommen.“, beendete er schnell das Gespräch und legte auf.
„Den haben wir an der Angel.“, grinste Roxas und ich musste ihn dafür umarmen. Gleich nach dem Abschied kehrte ich nach Hause und Jacque biss auf die Zähne, als er mich sah.
„Da bist du ja! Es ist halb eins!“, schrie meine Oma wütend und ich ging hinauf aufs Zimmer. Dort zog ich mich um und legte mich schlafen.
Der nächste Morgen war völlig Unerwartet. Ich kam hinunter und meine Oma hielt traurig einen Brief in der Hand. Sie gab ihn mir in die Hand und ich las ihn.

Chère Brigitta,

leider musste ich meine sieben Sachen zusammen packen und fort gehen. Nimm es nicht zu schwer, aber wir werden uns wahrscheinlich nie wieder sehen, da ich nun in Frankreich bleibe. Deine Enkelin hat mir den Aufenthalt ein wenig schwer gemacht, aber so sind nun eben immer Kinder, misstrauisch. Wenn wir uns jemals wieder begegnen werde ich dir von meinen anderen Reisen erzählen.
Es tut mir so leid, ma Chérie. Au revoir.

Je t’aime.

Jacque Jaquet

Es war ein Abschiedsbrief. Wahrscheinlich hatte er gestern weiche Knie bekommen und Roxas Geschichte geglaubt oder er hatte etwas anderes vor. Der Brief war trotzdem die reinste Lüge, aber meine Oma war so sehr darüber frustriert, das ich ihr einfach nicht die Wahrheit über den Kerl sagen konnte, zumindest nicht in diesem Moment.
Ich ließ sie für einige Stunden allein und am Abend musste ich es ihr einfach sagen. Sie würde sonst immer noch glauben, Jacque sei ihre Liebe gewesen und kein Verbrecher, der in Koblenz die Gegend unsicher machte. Schließlich klopfte ich an ihre Schlafzimmertür und sie bat mich herein. Sie las in ihrem Bett ein Liebesbuch und verzog eine frustrierte Mimik. Seufzend setzte ich mich neben sie und legte meine Hand auf ihre alte verschrumpelte Haut.
„Du solltest vielleicht etwas wissen, über Jacque.“, fing ich ruhig an und musste ständig tief einatmen. Gespannt schaute sie zu mir und setzte ihre Brille richtig auf die Nase. „Er ist nicht derjenige, für den du ihn hältst, Oma.“
„Was meinst du?“
Aus meiner hinteren Hosentasche zog ich die Zeitung heraus und schlug die Seite auf, wo Jacque zu sehen war. Sie nahm die Zeitung und las den Artikel durch.
„Er ist eigentlich ein Verbrecher und hat uns ausgenutzt, damit er einen Unterschlupf hatte.“, erklärte ich ihr.
Doch dann knüllte wütend die Zeitung zusammen und schmiss sie gegen die Wand.
„Das ist Quatsch, Jessy! Jacque würde niemals jemanden verletzen.“, schrie sie.
„Ach ja?“, rief ich und zog meine Augenbrauen zusammen. Eigentlich wollte ich nicht das es so weit kommt, aber da es keinen anderen Weg gab es ihr zu erklären, hob ich meine Ärmel hoch und zeigte ihr die Wunden. Zuerst weiteten sich ihre Augen und schaute sich das alles genauer an.
„Willst du etwa sagen, das Jacque dich verletzt hatte? Wann? Und wie?“, fragte sie aufgeregt und bedauerte ihr Misstrauen an mir. Sie hielt sich die Hände ins Gesicht und fing dann an leise zu weinen.
„Wie konnte ich nur so blind sein. Ich bin eine schlechte Oma, Jessy. Ich habe meiner eigenen Enkelin nicht getraut.“, schniefte sie. Böse war ich ihr noch nie. Immerhin hatte die Trauer von meinem Opa sie sehr getroffen und als Jacque kam, setzte er ihr falsche Hoffnungen auf und das machte sie wahrscheinlich blind.
„Wir werden diesen elenden Verbrecher anzeigen.“, sagte sie wütend und wusch sich die Tränen aus den Augen.
„Das können wir machen, aber dann hätte ich zu viel Angst, dass er wieder käme. Weißt du, ich hatte dir die ganze Zeit nichts gesagt, weil er mir gedroht hatte, dir etwas anzutun, wenn ich nicht meinen Mund hielt. Roxas hatte es dann doch nach einigen Tagen aus mir herausbekommen und durch einen Trick hatten wir ihn aus dem Haus bekommen. Aber leider läuft er immer noch da draußen herum.“
„Ich werde dafür sorgen, dass er nie wieder hierher kommt. Du kannst dich auf mich verlassen. Denn wenn jemand meiner einzigen Enkelin etwas antun, dann muss er damit rechnen, dass es bereuen wird.“, ich lächelte ihr kurz und wünschte ihr noch eine gute Nacht, bevor ich in mein Zimmer verschwand. In der Nacht wollte ich eigentlich ruhig schlafen, da Jacque aus dem Haus war, aber dabei träumte ich etwas Grauenhaftes. Es waren merkwürdige Bilder, ich sah ständig Jacques Gesicht und helles Licht das in meine Augen schien, von einem Auto oder einem Scheinwerfer. Doch dann spürte ich einen enormen Schmerz am Kopf und im Bein, als würde ihn etwas durchbohren, schließlich wachte ich völlig verschwitzt auf und es war genau drei Uhr nachts. Ich keuchte und meine Beine waren taub. Mein Körper zitterte und mein T-Shirt war durchnässt. Um mich wieder zu beruhigen lief ich ins Bad und wusch mein Gesicht. Nach einer halben Stunde fiel ich erneut in den Schlaf, aber dieses Mal kamen keine Bilder mehr, ich träumte – was ungewöhnlich für mich war – nichts.
Am nächsten Morgen stopfte ich alles in mich hinein, als wäre ich drei Tage lang ohne Essen gewesen. Schließlich schlenderte ich mit vollen Magen auf die Couch und machte das Fernsehen an.
„Bist du eigentlich letzte Nacht auf gewesen?“, fragte meine Großmutter.
„Ja, ich musste mal auf die Toilette.“, log ich.
„Ach so.“, murmelte sie und lief wieder in die Küche. Die Bilder verschwanden nicht aus meinem Kopf, sondern quälten mich den ganzen Tag mit Fragen. Warum träumte ich ausgerechnet von Jacque? Vielleicht wollte mir mein Unterbewusstsein etwas damit sagen, zum Beispiel das Jacque zurückkommen wird. Aber trotzdem viel es mir schwer zu glauben, dass ein alter Mann zu solchen Taten fähig wäre.
Nach einigen Minuten klingelte es an der Tür und ich öffnete sie. Phoebe stand mit einem breiten Grinsen vor mir.
„Hey!“, grüßte sie mich und ich bat sie hinein. „Ich dachte wir könnten zusammen nach Koblenz fahren und was unternehmen.“, lud sie mich ein. Es war merkwürdig von Phoebe solch einen Vorschlag zu hören, da ich dachte sie frägt nur ihre Geldgeier-Freunde. Aber als sie einmal zu mir sagte, ich hätte ihr die Augen geöffnet, da meinte sie etwas ganz bestimmtes.
„Wirklich?“, fragte ich verblüfft.
„Klar, seitdem du mir verziehen hast, habe ich an deine Worte gedacht und mir ist klar geworden, dass ich keine Lust mehr habe mit meinen falschen Freunden abzuhängen, da sie sowieso nur auf mein Geld scharf sind. Wenn ich mit dir rede, dann rede ich mit einer…Freundin und nicht mit einer Puppe.“, erklärte sie.
Ich dachte kurz nach und willigte dann doch ein mit ihr den Tag in Koblenz zu verbringen. Seit langem hatte ich wieder richtigen Spaß beim Einkaufen von Kleidern. Phoebe war doch ein ganz anderer Mensch, als ich dachte. Wir hatten einiges Gemeinsam und sie erinnerte mich ein wenig an meine beste Freundin Josy in Saarbrücken. Dank ihr fühlte ich mich nicht allein gelassen und musste nicht ständig an Roxas hängen.
Am nächsten Morgen erhielt ich eine SMS von Roxas in der stand ob ich übermorgen mit ihm und seinen Freunden an die Nordsee fahren möchte. Natürlich wollte ich das, aber was war wenn meine Eltern etwas davon mitbekamen? Brigitta würde nichts verraten, da war ich mir sicher und außerdem war es ja auch nur übers Wochenende. Hoffentlich mochten mich seine Freunde, immerhin war nur Phoebe die einzige, die ich richtig kannte. Jennifer und Vanessa kamen auch mit, aber die waren auch nur Bekannte.
Nach dieser erfreulichen Nachricht rannte ich zu meiner Großmutter nach unten und fragte sie mit einem schmollenden Blick, ob ich mit ihm gehen darf. Selbst meine Oma zögerte zuerst, willigte jedoch ein, weil sie mir den Spaß nicht verderben wollte. Ich schrieb Roxas zurück und wieder flatterte mein Herz aufgeregt. Endlich allein in den Urlaub, ohne meine Eltern nur mit Roxas und seinen Freunden. Als Roxas mir zurückschrieb, verging schließlich meine Vorfreude. Das darf wirklich nicht wahr sein! Will der mir das Wochenende verderben?






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