Überlebt - Teil 7

Autor: Anna :)
veröffentlicht am: 21.03.2011


Hier kommt auch schon der siebte Teil, hoffe er gefällt euch :)

Sie bewegte sich nicht.
Ganz leise und doch hörbar erklang ein seltsames Lied auf der anderen Seite des Busches. Louisa hörte gebannt hin und erkannte die Stimme.

Backe, backe Kuchen
Louisa hat gerufen
Sie war bei mir
und jetzt geh ich zu ihr.
Er mochte dieses Lied. Und er verabscheute es, trotzdem musste er es immer wieder singen. Wie eine Sucht. Er wandte sich dem Haus zu. Hier wohnte also Louisa… seine Louisa. Aber seltsamerweise war vor dem Haus ein großes „Zu verkaufen“- Schild. Er schaute auf das Straßenschild und dann auf die Hausnummer. Duane Avenue 67. Er war hier richtig, sagte ihm jedenfalls sein Gehirn. Und auf das war sowieso kein Verlass mehr. Aber da erblickte er die Telefonnummer unter der „Zu verkaufen“- Aufschrift.
„Bingo“, sagte er leise. Er zog seinen Stift heraus und schrieb unter die Straßennummer die Telefonnummer.
„Louisa, ich komme“, murmelte er. Schon wieder lief ihm Sabber übers Kinn.
Doch da sah er den Busch vor sich. Hatte der sich gerade etwa bewegt?
Er trat einen Schritt vor und schob einige Äste zur Seite. Ein ziemlich großer Busch war das, dachte er und grinste. Aber es war nichts zu sehen. Wahrscheinlich sah er vor lauter Verrücktheit schon Gespenster.
„Ich komme, ich komme, ich komme“, sang er tonlos und schlurfte weiter.

Louisa hatte sich flach auf den Boden gelegt, als sie merkte, dass Ryan im Begriff war, sie zu entdecken. Für einen Moment glaubte sie sogar daran und wünschte sich, Jack wäre noch am Leben gewesen um sie zu retten, doch im nächsten Moment hörte sie Ryans davonschlurfende Schritte.
Sie atmete aus und merkte erst dann, dass sie die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Ihre Lungen schmerzten. Sie richtete sich langsam auf und spähte über den Rand des Busches hinweg. Ryan war nirgends mehr zu sehen. Sie seufzte und lies sich auf den Boden sinken.
Dann schreckte sie auf. Warum war Ryan auf freiem Fuß? Wurde er etwa entlassen? Sie erhob sich langsam. Nein, das konnte nicht sein. Er war ein Psychopath, verrückt. Solche Leute wurden nicht entlassen. Schon gar nicht so schnell. Louisa schnaubte. Sie musste mit Dr. Blythe reden. Ryan war zwar verwirrt, aber auch unberechenbar. Und das machte ihn so gefährlich.

„Wir müssen ihn ihm gesamten Krankenhaus suchen!“
Blythes Stimme war laut und gereizt. So hatten ihn die Schwestern noch nie erlebt und einige zuckten bei diesen lauten Worten unwillkürlich zusammen. Er stand, diesmal nirgendwo angelehnt, völlig aufgebracht und mit aufgewühlten Haaren vor ihnen und fuhr sich ständig mit einem kleinen fleckig weißen Taschentuch über die Stirn. Ihm gingen diese Verse einfach nicht aus dem Kopf. Dieses dumme Kinderlied hatte sich in seinen Kopf eingebrannt.
„Mr. Malone ist verwirrt“, sagte er etwas ruhiger. „Wir müssen unbedingt einen Kuchen backen-“ Er stockte. Was hatte er da eben gesagt?
Backe backe Kuchen
„Wie bitte“, fragte eine Schwester.
Blythe schüttelte leicht den Kopf und wischte sich mit der Hand über den Mund.
„Ähm ich meine, wir müssen ihn umgehend suchen!“
Er gestikulierte kurz mit seinen Händen in der Luft und zeigte dann auf die Gruppe Schwestern. „Sie fangen schon mal an, ihn zu suchen“, sagte er streng, was so gar nicht seine Art war. „Ich werde es umgehend über die Lautsprecher verkünden.“
Er fuhr sich zum tausendsten Mal mit dem Taschentuch über die Stirn, dann ging er ins Personalzimmer, im Hinterkopf immer wieder die gleichen Worte. Die gleichen Verse.
Er packte das Mikrofon und verkündete laut aber mit zittriger Stimme:
„Hier spricht Chefarzt Dr. Blythe. An die Mitarbeiter des Krankenhauses: Ich rufe umgehend dazu auf, den Patienten Ryan Malone zu suchen. Er war bis jetzt auf Station vier untergebracht-“ Die Verrücktenstation, dachte er. „- ist aber nun unauffindbar. Möglicherweise ist er entlaufen. Das Krankenhaus soll umgehend durchsucht werden, auch im Keller und in den Maschinenräumen, in den Badezimmern und Abstellkammern.“ Er schluckte. „Die Patienten und Besucher bitte ich, Ruhe zu bewahren. Es ist kein schlimmes Vorkommnis…“ Oh doch, das ist es, sagte eine Stimme in seinem Kopf. „…deswegen bitte ich Sie alle, nicht in Unruhe oder gar in Panik auszubrechen. Bewahren Sie Ruhe. Danke.“
Er schaltete das Mikrofon aus und seufzte. Doch bevor er zur Tat schreiten konnte, wurde die Tür aufgerissen und Louisa Simpson kam herein.
„Was ist passiert?“, fragte sie ängstlich, doch die blanke Wut flackerte in ihren Augen.
„Ich bitte Sie, Mrs. Simpson“, sagte Blythe müde. „Bitte brechen Sie nicht in Panik aus, Ryan Malone wird höchstwahrscheinlich hier im Krankenhaus sein-“
„Nein“, unterbrach ihn Louisa heftig.
„Wie bitte?“
„Ich habe ihn gesehen. Duane Avenue 67.“ Ihre Stimme klang sehr gereizt.
Blythe sah sie einen Augenblick lang entgeistert an, dann sagte er vorsichtig: „Und Sie sind sich ganz sicher, das es Mr. Malone war?“
Louisa nickte. „Ja.“
Blythe starrte sie an. „Gehen Sie nach Hause, Mrs. Simpson, und bleiben Sie dort“, sagte er eindringlich. Dann ging er zur Tür. Bevor er draußen war, drehte er sich noch einmal um.
„Er ist gefährlich und möglicherweise hinter Ihnen her.“
Die Tür fiel ins Schloss und Louisa war mit ihrer Angst alleine.
Ja, er war hinter ihr her, dachte sie. Natürlich war er hinter ihr her. Er liebte sie. Und er war verrückt.

Louisa machte sich schnell auf den Weg nach Hause. Sie nahm den Bus, das schien ihr sicherer als zu Fuß zu gehen.
Zu Hause angekommen fühlte sie sich besser. In den eigenen vier Wänden. Sie ging ins Kinderzimmer. Isabella lag in ihrer Wiege und schlief tief und fest.
Louisa lächelte. Sie wollte immer einen Jungen haben, aber jetzt wo sie ihre Tochter sah, würde sie Isabella auch nicht für hundert Jungen hergeben. Sie beugte sich zu ihr hinab und küsste sie sanft auf die Stirn.

Am nächsten Tag stand Louisa erst spät auf. Den ganzen Tag geschah nichts Außergewöhnliches und dafür war sie dankbar. Sie duschte am späten Nachmittag und aß zu Abend.
Dann ging sie die Treppe hinab und sah erst beim zweiten Vorbeigehen den grünen Zettel, der am Spiegel klebte. Es war Elizas Handschrift. Sie war bei der Arbeit und kam erst spät zurück.
Louisa nahm das Blatt und las.
„Hey ich habe gute Neuigkeiten“, stand dort. „Wir haben einen ersten Interessenten für dein Haus! Er hat zwar etwas seltsam geredet, aber ich habe ihm trotzdem unsere neue Adresse gegeben. Er wollte in den nächsten Tagen vorbeischauen und sich das Haus zeigen lassen.
Toll, was? Ich freu mich so für dich, Schwesterherz!“ Louisa wurde warm ums Herz und ein Glücksgefühl stieg in ihr auf. Endlich etwas Positives!
Sie las den letzten Satz mit einem Lächeln.
„Ach ja, hätte ich fast vergessen. Sein Name ist Ryan Malone und er scheint sehr interessiert zu sein! Also, bis dann, komme heute erst spät von der Arbeit. Kuss, Eliza.“
Louisas Lächeln war wie weggefegt. Ihr lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Das grüne Blatt verschwamm vor ihren Augen und sie musste sich hinsetzen, sonst wäre sie zusammengebrochen.
Ihr wurde schwindelig. Sie griff zum Hörer und wählte das Krankenhaus an. Beinahe hysterisch sagte sie: „Geben Sie mir Dr. Blythe, schnell!“
„Am Apparat, Mrs. Simpson“, sagte eine ruhige Stimme.
„Dr. Blythe, Ryan Malone, er-“ Da hörte sie ein Geräusch, was ihr einen weiteren Schauer über den Rücken trieb. Isabella schrie in ihrer Wiege auf.
Louisa hätte es nicht weiter gestört, das machte sie ständig, aber Isabella schrie nicht einfach so…sie schrie aus Angst. Und die dumpfen, aber gut hörbaren Schritte über ihr, die eindeutig aus dem Zimmer ihrer Tochter kamen, brachten Louisa beinahe zur Ohnmacht.
Fast augenblicklich ließ sie den Hörer fallen und rannte in die Küche.
„Hallo?“, tönte es verwirrt aus dem Hörer. „Hallo, Mrs. Simpson, sind Sie noch da? Was ist mit Ryan Malone? Hallo?“
Aber Louisa hörte nichts mehr. Sie hatte ein eindeutiges Ziel und riss eine Schublade auf. Das kleine Obstmesser steckte sie in ihren Gürtel und das große schwere Nudelholz nahm sie locker in ihre Hände. Sie atmete schwer und ging langsam auf die Treppe zu.

Kommis und Kritik bitte :D






Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz