Du bist mein Retter! - Teil 2

Autor: Calandra
veröffentlicht am: 23.01.2011


Ein lautes, dröhnendes Geräusch holte Laura am nächsten Morgen aus dem Schlaf. Ihre tastende Hand schaffte es endlich dieses nervige Ding namens Wecker auszuschalten. Stöhnend schlug sie die Decke zurück, liess ihre Beine aus dem Bett gleiten, erhob sich müde und schlurfte in Richtung Badezimmer. Unter der Dusche hatte sie das Gefühl weiterzuschlafen. Erst der kalte Schauer am Ende der Dusche holte sie endlich aus ihrem Halbschlaf. Mit einem Badetuch bedeckt ging sie zurück in ihr Zimmer, das gerade neben dem Badezimmer lag. Sie zog sich an, eine ausgewaschene Jeans, ein schwarzes Top und eine schwarze Sweatjacke.

Laura kam wieder als letzte in den Klassenraum, doch heute war sie vor der Klingel auf ihrem Platz. „Fortschritt, Laura!“, sagte Herr Onka, ihr Mathelehrer und sah sie durchdringend an. Laura beachtete den Lehrer gar nicht und schaute Linda, die neben ihr sass, fragend an. Diese nickte und schob ihr ihre Agenda zu. ‚Buch 1 Seite 58 Nr. 2 bis 5, Buch 2 Seite 122 alle Nr.’, stand beim heutigen Datum. Laura verzog ihre Mundwinkel und schob die Agenda zurück. Als ihre Schulkameraden die Hausaufgaben korrigierten, dachte Laura nochmals an den gestrigen Tag und das Vorgefallene auf dem Spielplatz. Ja, wahrscheinlich hatte sie überreagiert. Dave war eigentlich nicht der Kinderschänder-Typ. Aber als sie diese drei Jungs da so stehen sah, da kamen ihr einfach diese Erinnerungen und sie konnte sich nicht zurückhalten. Sie schüttelte ihren Kopf darüber und wollte es so schnell wie möglich vergessen.

„Hausaufgaben mal wieder nicht gemacht“, stellte Herr Onka kopfschüttelnd fest und trug etwas in seiner Agenda ein. Er begann Blätter zu verteilen und sagte an Laura gewandt: „Die nächsten Prüfungen werden darüber entscheiden, ob du die Klasse schaffst oder nicht. Ich bete für dich, dass du in diesem Blitztest auch ohne Lernen eine ausreichende Note schaffst.“ Laura drehte ihr Blatt um und sah sich die Zahlen und Buchstaben an, ohne auch nur ein Wort zu verstehen. In ihrem Kopf begann es zu Rattern und dann waren die Gedanken plötzlich alle verschwunden. Laura nahm ihr Bleistift in die Hand und begann ihr Blatt zu präparieren. Ihr Kopf war leer und mit jedem Strich ging es ihr besser. Als sie mit der ‚Prüfung’ fertig war, fühlte sie sich richtig gut. Sie ging zum Lehrerpult und gab das Blatt glücklich ab. Herr Onka war sichtlich erstaunt über das entspannte Gesicht seiner Problemschülerin. Hatte sie es etwa doch geschafft und ohne zu lernen eine akzeptable Prüfung geschrieben? Er drehte das Blatt neugierig um und was er sah, haute ihn beinahe vom Stuhl. Die Zahlen und Buchstaben der Prüfung schimmerten nur ganz leicht durch die Zeichnung. Herr Onka konnte es nicht fassen, was ging nur in diesem Kopf vor. „Laura, wir müssen uns kurz sprechen. Lars, du als Klassensprecher übernimmst die Verantwortung, dass Ruhe herrscht“, presste der Mathelehrer zwischen seinen zusammen gepressten Zähnen hervor. Laura verliess den Raum und wartete vor der Tür. Sie wusste, was nun kam, doch es war ihr egal, denn sie hatte das getan, was sie für richtig hielt. „Darf ich dich fragen, was das soll?“, fragte Herr Onka bemüht ruhig zu bleiben, als sie in einem leeren Raum standen. „Ja“, antwortete Laura. Herr Onka wartete auf eine Antwort. „Also?“, sagte Herr Onka und atmete tief ein und aus. „Was also?“, fragte Laura zurück. „Hör sofort damit auf!“, rief nun ihr Mathelehrer zornig. Laura spürte, dass sie Herr Onka’s Fass schon beinahe zum Überlaufen gebracht hatte. „Womit denn?“, fragte sie teilnahmslos. „Ich schwöre dir, dass dies dein letzter Schultag an dieser Schule war!“, drohte Herr Onka und fügte hinzu: „Du wartest hier. Ich hole den Direktor.“ Mit erhobenem Kopf schritt er zur Tür hinaus.

Laura wartete also. Plötzlich ging die Tür auf und sie wusste, es war der Direktor, der sie nun der Schule verwies. „Hey!“, ertönte es allerdings plötzlich von der Tür her. Laura erstarrte einen Moment. ‚Egal wer es ist, du lässt dich nicht aus der Ruhe bringen. Du kannst boxen!’, sagte Laura sich und drehte sich schliesslich um. Es war Dave, der Typ, dem sie am Tag zuvor auf dem Spielplatz den Ellbogen in den Magen gerammt hatte. Sie sagte nichts, sondern schaute ihn nur kühl an. „Ich dachte, es interessiert dich vielleicht, wie es meinem Magen geht“, sagte Dave mit seiner rauen Stimme. „Falsch gedacht!“, antwortete Laura nur und als Dave näher kam, blieb sie standhaft stehen, damit er ja nicht dachte, sie hätte Angst vor ihm. „Hab gehört, du fliegst von der Schule“, sagte Dave und grinste. „Was willst du?“, fragte Laura ihn genervt. „Na ja, sagen wir mal, wir könnten ein Abkommen treffen. Du gibst mir, was ich will, dafür fliegst du nicht von der Schule“, schlug der grosse, breite Junge vor. Laura lachte nur trocken. „Ich dachte eigentlich, dass die Lektion gestern dir gezeigt hat, dass du mir nicht mehr in die Nähe kommen solltest.“ „Vielleicht lass ich dich ja in Ruhe. Sagen wir mal, wir zwei gehen einmal aus, du gibst mir deine Nummer, wir vögeln mal kurz und du bist raus aus dieser Nummer.“, sagte er und fuhr sich mit der Zunge über die Lippe. „Und das ist alles?“, fragte Laura, als wäre das ein überaus akzeptabler Deal. „Siehst du, ist doch ganz einfach. Ein Date mit Dessert und du bist mich los, für immer“, lächelte Dave überzeugt von seiner bombastischen Idee. „Ach so. Und was wäre denn das Dessert?“, fragte Laura übertrieben freundlich. „Das Dessert? Das heisst, wir schieben eine kurze Nummer. Na ja, wenn du willst können wir auch eine längere Nummer schieben“, erklärte Dave ihr grinsend das Wort ‚Dessert’. Langsam schritt Laura auf Dave zu und legte ihm ihre Arme um die Schultern. „Das ist eine gute Idee, aber ich glaube, ich habe da eine noch bessere Idee“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Dave war einen Kopf grösser als sie und sie hatte Herzklopfen, als sie da so stand. Nein, nicht weil sie etwa etwas für Dave empfand, sondern weil er ein Mann war und weil ihre Angst den Männern galt. Langsam holte sie ihr Knie aus und einen Moment dachte sie, ob sie es tatsächlich tun sollte. Aber dann sagte sie sich, er war ein Mann wie jeder andere auch. Dave stöhnte laut auf, als Laura ihm ihr Knie zwischen die Beine stiess. Er tat ihr fast ein bisschen Leid, aber er war nun mal ein Mann. Und nun würde er sie wenigstens in Ruhe lassen, dachte sie sich. Schnell verschwand das Mädchen aus dem Schulgebäude und ging nach Hause. Der Direktor war ihr im Moment egal, sie würde morgen zur Schule gehen wie immer und wenn er wollte, konnte er sie dann raus schmeissen. Doch sie wusste noch nicht, dass sie in der Schule etwas verloren hatte und was dies für Folgen haben würde.






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