Meeresrauschen

Autor: Anonym01
veröffentlicht am: 12.01.2011


Die glänzenden Strahlen der Sonne schweiften über mein Gesicht. Ich wachte auf, streckte mich und als ich mich in meinem Zimmer umsah, viel mein Blick auf einen Zettel, der neben meiner Nachttischlampe lag. „Guten Morgen, Liebling. Frische Brötchen und ein gedeckter Tisch warten auf dich + eine kleine Überraschung!“, stand dort drauf.
Noch vor einem Monat dachte ich, es würde immer nur ein Traum bleiben. Dass es Wirklichkeit werden würde, habe ich nie in Erwägung gezogen. „So etwas kommt doch nur in Märchen oder Filmen vor“, dachte ich. Auf jeden Fall weiß ich jetzt, dass es immer, überall und zu jeder Zeit passieren kann. Der Richtige kann dir zufällig über den Weg laufen, wo auch immer du bist. Du musst nur deine Augen aufhalten und aufmerksam sein. Sonst könnte es sein, dass du ihn verpasst. Doch wenn es das Schicksal so will, wird es mehrere Wege geben, auf denen du ihm begegnest, bis du ihn bemerkst.
Es war ein gewöhnlicher Freitagnachmittag, als ich gerade mit einer großen bunten Tasche, wo ich mein Portemonnaie, ein Roman meines Lieblingsautors, eine Decke, meine neue Sonnenbrille, Sonnencreme und mein Badetuch verstaute, und mit Max, meinem Beaglewelpen, zum Strand ging. Max ist erst drei Monate alt und deshalb noch nicht ganz stubenrein. Deswegen braucht er viel Auslauf, damit die Wohnung sauber bleibt. Außerdem möchte er auch ganz viel Aufmerksamkeit, denn wenn er die einmal nicht bekommt, fängt er an irgendwelchen Unsinn zu machen. Neulich hat er vor lauter Langeweile auf Mamas neuen Schuhen herumgekaut. Natürlich fand das meine Mutter überhaupt nicht toll, immerhin haben sie 49,95€ gekostet, aber Max war das total egal und versuchte immer wieder ihr zu entkommen, während sie ihn vergebens durch das ganze Haus scheuchte, um ihre Schuhe zu erhaschen. Danach konnte sie die Treter wegwerfen und war im ersten Moment richtig wütend. Ihre geliebten neuen Schuhe waren völlig hinüber. Auch wenn Max manchmal ziemlich viel Blödsinn und Ärger macht bin ich froh das ich ihn behalten durfte. Als ich ihn völlig abgemagert und ganz alleine in einem großen Papierkarton beim joggen am Waldrand fand, hatte ich sofort Mitleid. Ohne eine Sekunde zu zögern und drüber nachzudenken nahm ich ihn mit und päppelte ihn wieder auf. Am Anfang waren meine Eltern gar nicht begeistert von der Idee ihn zu behalten. Sie wollten ihn an ein Tierheim in der Nähe abgeben. Doch irgendwie konnten sie den kleinen Racker nicht weggeben. Er schaute immer so niedlich mit seinen großen, braunen Knopfaugen. Denen war man total ausgeliefert und konnte ihnen nicht widerstehen. Auf den grandiosen Einfall ihn Max zu nennen kam ich gleich nachdem er wieder gesund und munter in der Wohnung herumtollte. Der Name Max passte zu seinem frechen, abenteuerlichen aber auch lieben Charakter.
Da es so warm war, beschloss ich mir ein Eis zu kaufen. An einer Eisdiele an der Promenade hielt ich an, um mir ein Erdbeereis zu holen. In Gedanken versunken genoss ich mein Eis und schlenderte zum Strand. Erdbeereis schmeckte immer so herrlich erfrischend und fruchtig. Das löste bei mir jedes mal gute Laune aus. Am Strand waren schon viele Badegäste, die meisten waren allerdings Urlauber. Mehrere Familien mit kleinen Kindern mieteten sich einen Strandkorb, damit die Kleinen nicht die ganze Zeit über in der prallen Mittagssonne im Sand spielten. Einige Eltern bauten mit ihren Kindern große Sandburgen. Wegen den hohen Wellen, die durch den starken Wind verursacht werden, halten die Burgen aber meistens nicht lange. Denn die Wellen erreichen schon fast die Strandkörbe. Wenn sie bedrohlich näher rücken und die Winde stärker werden, wird der Strand für ein paar Tage aus Sicherheitsgründen gesperrt. Für Urlauber wäre das bestimmt ziemlich schade, da sie meistens nur ein bis zwei Wochen bleiben. Dadurch könnten sie den Strand nicht mehr nutzen und müssen etwas anderes planen. Aber es gibt noch eine menge anderer Dinge die man an der See machen kann. Am häufigsten gehen welche in ein schönes Restaurant essen oder erkunden die Umgebung. Es gibt genug Museen oder Freizeitparks die man besuchen könnte. Kinder und Jugendliche werden ebenfalls beschäftigt, da es hier viel zu bieten gibt, wie z.b. Kino, Spielplätze, ein Internetcafé oder Hallenbäder. Und wer gerne Wandern möchte, der kann an der Steilküste entlangwandern. Zusammengefasst: Es ist für jeden etwas dabei.
Gemütlich ging ich hinüber zu einem freien Platz in den Dünen. Von dort aus hatte ich einen super Ausblick auf den gesamten Strand. Da ich nun beide Hände frei hatte, weil das Eis bereits in meinem Magen verdaut wird, breitete ich die Decke aus, setzte mich hin und beobachtete Max, wie er im weichen, geschmeidigen Sand buddelte. Der Sand ist von der Sonne schön erwärmt worden. Ich atmete die frische Meeresluft ein und blickte träumerisch über das Meer, zum Horizont, in die weite Ferne. „Wie weit das Meer wohl reicht und wie tief es wohl sein mag?“, fragte ich mich in Gedanken. Darauf werde ich wahrscheinlich nie eine Antwort finden.
Am nächsten Morgen werde ich durch ein schrilles, nervtötendes „Piiiiiep“ geweckt. Mein Wecker! Schnell rieb ich mir die Augen, um einigermaßen klare Sicht zu haben und etwas sehen zu können, griff nach dem Wecker, versuchte verzweifelt ihn auszustellen, damit dieses Piepen aufhört und schaffte es tatsächlich nach 2 Minuten. Es ist erst 6 Uhr. Schlaftrunken drehte ich mich auf die andere Seite und war schon wieder in meiner Traumwelt. Doch irgendetwas zerrte meine Decke weg. Wütend schaute ich hinunter auf den Boden. Max! Auch das noch. Kriegt man hier etwa nie seine Ruhe? Mit meiner Bettdecke im Mund lief er aus meinem Zimmer. Na super, jetzt bin ich wirklich wach. Hätte er das nicht eine Stunde später machen können? Völlig unausgeschlafen stand ich auf und torkelte die Treppe hinunter. Jetzt sah ich meine Decke auf dem Boden vor der Küche liegen. Doch wo ist Max? Darum machte ich mir in dem Moment aber keinen Kopf. Ich wollte nur meine Decke und wieder ins Bett verschwinden. Allerdings kam ich dazu leider nicht. Wie aus dem Nichts tauchte mein kleiner Beaglewelpe mit einer Leine im Maul auf. Er weiß wann ich normalerweise immer joggen gehe, denn ich nehme ihn dabei jedes Mal mit, um zu sehen, wie lange er es durchhält. Aber diesen Morgen hatte ich irgendwie überhaupt keine Lust zu laufen. Ich war doch noch so müde und lustlos. Na ja, ich will mal nicht so sein. Ich lief in mein Zimmer, um mir meine grüne Jogginghose, das lila Top mit dem rosa Herz, die ebenfalls lila Sneakersocken und meine neuen, weißen Turnschuhe anzuziehen. Wenig später stand ich dann mit Max vor der Haustür, schloss sie und joggte mit ihm Richtung Wald. Nach fünf Minuten kamen wir an die Stelle an der ich ihn vor zwei Monaten und einer Woche fand. Ich verlangsamte das Tempo und blieb nun stehen. Ich wollte mir nicht ausmalen was geschehen wäre, wenn ich ihn nicht gefunden hätte. Mitsicherheit würde er jetzt vielleicht nicht mehr leben. Ganz viele Fragen drehten sich in meinem Kopf. Bevor ich noch tiefer in meine Gedanken eindringen konnte joggte ich weiter. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Max heute besonders viel Power hat als sonst. Er lief mir immer vor die Füße anstatt neben mir herzulaufen.
Ungefähr eine Stunde verging. Erstaunlicherweise war Max immer noch nicht erschöpft, aber ich. Also beschloss ich mir ein Erfrischungsgetränk an der Promenade zu kaufen. Dazu musste ich nur den kleinen Waldweg entlang und dann nach rechts abbiegen, von dort aus die Straße hinunter gehen und schon war ich da. Bevor ich mich an die Warteschlange des Kiosk stellte kratzte ich meine letzten Cents zusammen, zählte nach ob es für einen erfrischenden Orangensaft reichte und nahm dann einen Platz in der Warteschlange ein. Es war noch nicht viel los am Kiosk. Die große Menschenmenge kam erst immer so gegen acht um Brötchen zu holen und gemütlich zu Frühstücken. Vor mir hatte ich nur einen älteren Mann, eine junge Frau, die so wie es aussah auch joggen gewesen ist und sich gerade ein Wasser bestellte und ein kleines Mädchen, dass sich eine Süßigkeit kaufte. Ob draußen noch welche an den Tischen und Bänken saßen wusste ich nicht. Darauf achtete ich in dem Moment nicht. Endlich kam ich dran, bestellte meinen Orangensaft, bezahlte, nahm hastig einen Schluck und eilte nach draußen, da Max die ganze Zeit über als ich warten musste ungeduldig an der Leine zog. Es war ziemlich schwierig das Getränk in der Hand zu halten und aufzupassen das es nicht überschwabbte, während ein Hund wie verrückt an der Leine zieht, die man in der Hand hält und auch noch gleichzeitig versucht das Portemonnaie wieder in der Hose zu verstauen. Das kann ja nur schiefgehen! Prompt stieß ich mit jemandem zusammen. Durch den Zusammenprall verlor ich das Gleichgewicht. Allerdings landete ich weich. Ich blickte demjenigen tief in die Augen auf den ich gefallen war. So blau wie das Meer waren seine Augen. Und seine Haare, so blond wie Engelshaar. Sein Blick war hypnotisierend. „Ich...es tut mir leid“, mehr konnte ich nicht von mir geben, weil ich von seinem Blick immer noch so fasziniert war. „Halb so wild“, gab er lächelnd zurück und half mir wieder auf. „Aber dein T-shirt, es ist...nass“. Es ist nass!? Etwas dümmeres konnte mir wohl nicht einfallen! Was soll der denn jetzt von mir denken? Das beste wäre glaube ich wenn ich sofort verschwinde und nie wieder darüber nachdenke welcher Satz besser gewesen wäre. Das tat ich allerdings nicht, denn ich wollte wissen wie er auf das was ich gerade sagte reagierte. Und wie war es anders zu erwarten: Er lachte. Nach längerem zögern lachte ich schließlich mit ihm. Anscheinend fand er es wirklich nicht so schlimm das ich sein T-shirt mit meinem Orangensaft begossen hatte. Er machte sogar noch so einen Witz wie: „Jetzt rieche ich wenigstens angenehm, nämlich nach frischen Orangen.“ „Wonach riechst du denn normalerweise?“, kam meine Antwort gleich nachdem er das von sich gegeben hat. „Finde es heraus“, sagte er zwinkernd. „Ich bin übrigens Jayden. Darf ich auch deinen Namen erfahren?“, fragte er lächelnd. „Emma, ich heiße Emma.“, antworte ich und schaute ihm dabei tief in seine strahlend blauen Augen, in denen ich mich fast verlor. Am liebsten hätte ich ihn den ganzen Tag angeschaut. Kann die Zeit nicht für einen Moment so stehen bleiben? Plötzlich zog Max ruckartig an der Leine und schlenderte an meinen Beinen entlang. „Ich muss jetzt leider wieder los. Max wird schon langsam ungeduldig.“ „Schade. Hast du morgen Zeit?“ „Ja, morgen ist gut. Wann und wo wollen wir uns treffen?“ „Wie wäre es in der Pizzeria von Francesco um 18 Uhr“, fragte er mich mit einem bezauberndem lächeln, so dass ich nicht nein sagen konnte. Ich kannte diesen Jungen gerade mal 5 Minuten lang und schon habe ich das Gefühl, dass ich ihn schon ewig kenne. Er hat so eine liebenswürdige Art. Komisch, dass ich ihm noch nie begegnet bin. Vielleicht macht er hier Urlaub mit seiner Familie. Um Max nicht länger warten zu lassen nickte ich Jayden lächelnd zu und verabschiedete mich.
Zu Hause gab ich Max erst einmal seine Schale mit Wasser, die er hastig austrank. Danach lief ich in mein Zimmer, stellte mich vor den Spiegel, überlegte was ich morgen anziehen könnte und probierte einige Teile an. Nach einer dreiviertel Stunde gab ich verzweifelt auf. Der Boden war mit Klamotten bedeckt. Doch ich dachte immer nur: „Wieso finde ich für morgen nichts passendes zum anziehen?“ Ich eilte die Treppe herunter, schnappte mir das Telefon, rannte wieder hinauf in mein Zimmer, schloss die Tür und wählte die Nummer von meiner besten Freundin Cady. Sie war meine letzte Rettung. Meistens wenn wir zusammen shoppen gehen findet sie das perfekte Outfit für mich. Auf ihr Hilfe kann ich immer zählen. Wir sind schon seit dem Kindergarten befreundet und unzertrennlich. In der Schule sitzen wir selbstverständlich auch jedes Mal nebeneinander, auch wenn die Lehrer es lieber hätten wenn wir getrennt voneinander sitzen, weil wir durch unser Quatschen den Unterricht stören. Das meinen jedenfalls die Lehrer. Solange wir gute Noten schreiben macht uns das aber nichts aus. Okay, mal ist eine 4 oder sogar eine 5 dabei, aber in letzter Zeit ist das wieder seltener.
„Cady McLane“, meldete sich eine Stimme aus dem Apparat. „Hey, hier ist Emma. Ich wollte fragen, ob du heute Zeit hast.“ „Für dich doch immer“, antwortete sie. „Danke, ich brauch unbedingt neue Klamotten und es wäre echt cool wenn du mich beraten würdest.“ „Ich habe das Gefühl, dass du irgendetwas besonderes vorhast. Was ist es denn diesmal?“, fragte Cady neugierig. „Das sage ich dir nachher. Treffpunkt um zwei beim großen Brunnen. Also dann bis nachher.“ „Okay, bis dann.“ Ich legte auf. Nun brauchte ich nur noch Geld. Wo hab ich mein Portemonnaie nur gelassen? Durch die Unordnung in meinem Zimmer habe ich ganz vergessen wo ich meine Jogginghose hingelegt habe. Ich verschaffte mir einen Gesamtüberblick von meinem Zimmer, durchsuchte alles ganz gründlich, bis ich sie endlich unter dem Klamottenhaufen fand und das Portemonnaie aus der Hosentasche herausholte. Oh nein, auch das noch! Ich habe viel zu wenig Geld! Ich schaute auf die meine Armbanduhr. Es war schon 11 Uhr! Die Zeit verging wie im Flug. Eilig huschte ich ins Bad um zu duschen, danach meine Haare zu föhnen und schließlich mein gelb geblümtes Kleid anzuziehen. Nun war es bereits 12:30. „In einer halben Stunde gibt es Mittagessen“, rief meine Mum aus der Küche. Ich ging zu ihr in die Küche, um nachzuschauen was es zum Essen gab. Brokkoli! „Schon wieder Gemüse“, seufzte ich in Gedanken. Meine Mutter wollte unbedingt abnehmen. Sie meint sie wiegt zu viel. Dabei finde ich, dass sie ein ideales Gewicht hat. Nun ja, wegen ihrer Diät bekommen mein Dad und ich seit einem Monat nichts anderes mehr als frisches Obst und Gemüse. Ich kann nur hoffen, dass das bald aufhört. Es ist ewig her, als es bei uns Pommes oder Pizza gab. Dafür gehe ich manchmal heimlich mit Cady oder Tessa in ein Restaurant, um meinen Heißhunger zu stillen. Tessa war auch eine gute Freundin von mir, aber leider wohnt sie zwei Dörfer weiter und Cady nur eine Straße von mir entfernt. Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Emma, deck doch bitte schon mal den Tisch“, sagte meine Mutter. Ohne Widersprüche tat ich was sie von mir verlangte. Nach dem Essen, jetzt war es halb zwei, schminkte ich meine Kastanienbraunen Augen. Zu Fuß brauchte ich ca. 10 Minuten bis zum großen Brunnen. Und jetzt war es gerade mal halb zwei. „Aber besser überpünktlich als zu spät“, dachte ich. Also zog ich mir meine braunen Sandaletten an und stürmte hinaus. Halt! Das Geld. Mein mein Handy. Und der Schlüssel! Ich klingelte. Mein Vater machte auf. „Ich hab\' etwas vergessen. Ach und Dad, kannst du mir vielleicht ein bisschen Geld leihen?“, fragte ich mit einem Hundeblick, dem mein Vater noch nie widerstehen konnte. „Na gut, wie viel brauchst du denn?“ „Ähm, so 30 wären nicht schlecht.“ Widerwillig gab er mir das Geld. Ich suchte noch schnell meine wichtigsten Sachen zusammen und verschwand. Ich wagte einen kurzen Blick auf meine braune Armbanduhr, ich hatte noch genau 15 Minuten, bis es zwei war. Gemütlich schlenderte ich die Straße entlang. Alles wirkte friedlich und ruhig. Eine Menge kleiner Vögel saßen auf den Ästen einer Eiche. Vereinzelt flogen ein paar Möwen am strahlend blauen Himmel durch die Lüfte. Heute waren es angenehme 25°C. Und das schönste war, dass es endlich mal wieder windstill war. Je näher man dem Meer aber kommt, desto windiger wird es. Das ist aber völlig normal wenn man an der See wohnt. Daran gewöhnt man sich auch relativ schnell. Langsam näherte ich mich dem plätschernden Brunnen. Suchend schaute ich mich nach meiner Freundin um. Sie war anscheinend noch nicht da. Dann heißt es wohl warten. Um mir die Zeit zu vertreiben setzte ich mich an den Rand des Brunnens, legte meine dunkelgrüne Handtasche ab und fuhr mit meiner einen Hand durch das seichte, glasklare Wasser.
Ich konnte Emma schon von weitem erkennen. Sie fiel wegen ihrer Vorliebe für bunte Sachen auf. Aber das passte zu ihrer netten, aufgeschlossenen Art. Emma ist einfach einmalig und nicht zu ersetzen. Vorsichtig schlich ich mich von hinten an sie heran. „Hey, da bin ich“, rief ich und erschreckte sie. „Cady, da bist du ja endlich“, sagte sie. Man merkte ihr an wie erfreut sie war, mich endlich wieder zu sehen. Wir haben nämlich lange nichts mehr gemeinsam unternommen. Neugierig war ich allerdings schon, weil ich keine Ahnung hatte was sie vor hat. Sonst habe ich ja eigentlich immer so eine Vorahnung, aber jetzt? Wenn sie es mir noch länger verschweigt dreh ich durch. Also fragte ich sie noch ein mal. Doch ihre Antwort war nur: „Lass dich überraschen.“ Sie grinste mich an. „Sag mal willst du mich ärgern?“, fragte ich und streckte ihr die Zunge heraus. „Du weißt doch genau wie neugierig ich bin.“ „Na gut. Ich verrate es dir. Also, ich war heute morgen nach dem joggen beim Kiosk, um mir etwas zu trinken zu holen. Ich hatte es eilig und als ich dann heraus ging stieß ich mit einem Kerl zusammen. Na ja, am liebsten wäre ich sofort im Erdboden versunken, weil ich mein Getränk über sein T-shirt geschüttet hatte. Aber Jayden, also so heißt er, war total locker drauf und meinte, dass es ihm nichts ausmache. Wir haben uns einander vorgestellt und dann hat er mich gefragt, ob ich morgen Zeit hätte, um mit ihm Pizza essen zu gehen.“ „Ein Date? Oh süße, ich freue mich für dich“, antwortete ich und umarmte sie. „Na dann, worauf warten wir noch? Lass uns in den Laden da vorne gehen, der hat wunderhübsches Kleidung zum günstigen Preis“, ich zeigte auf den Laden und wir gingen hinein. Dieser Laden hatte vor ein paar Tagen Neueröffnung und ich war mir sicher, dass dies der perfekte Laden für Emma war. Mir fiel nämlich als erstes auf, dass es hier überwiegend farbige Kleidung gab. An Emmas Gesichtsausdruck bemerkte ich, das ihr der Laden sofort gefiel. Genau wie ich es erwartet hatte. „Kann ich euch zwei behilflich sein?“, fragte eine Verkäuferin. „Nein, nein, wir schauen uns erst einmal um“, antwortete ich. Besonders groß war dieser Laden zwar nicht, aber das war eigentlich egal. Hauptsache wir finden hier etwas für Emma. Ein Date hatte sie seit ihr damaliger Freund, jetzt Ex-Freund, Jan weggezogen ist nicht mehr gehabt, obwohl einige Jungs Emma fragten, lehnte sie immer wieder ab. Deswegen freute ich mich nun umso mehr für sie, weil sie endlich begriffen hat, dass es sinnlos ist, Jan hinterher zu trauern. Jan musste nur wegziehen, weil sein Vater seine Arbeit verloren hatte und einen Job in der Firma von Jans Großvater bekam. Um dort arbeiten zu können, musste seine Familie umziehen. Beide haben versucht eine Fernbeziehung zu führen, schrieben sich häufig SMS, doch bereits nach ein paar Wochen wurde auch das immer weniger, bis sie sich auseinander lebten und der Kontakt zwischen den beiden ganz aufgelöst war.
Ich ging geradewegs auf die Damenabteilung zu, dicht gefolgt von Emma. Ruckartig blieb ich stehen. Das war es. Vor meinen Augen hing an einem Bügel ein aprikotfarbenes Oberteil. „Probier das mal an. Das würde dir bestimmt gut stehen.“ Emma nahm es und ging damit in die Umkleidekabine. Solange schlenderte ich durch die Gänge und hielt Ausschau nach weiteren Oberteilen, die gut zu ihr passen würden. Ich entdeckte noch ein türkisfarbenes mit einem V-Ausschnitt und eins in Lila. Da ich Emma schon lange kenne, wusste ich was ihr gefällt und welche Größe sie hat. An der Kabine angelangt machte sich ein lächeln über meinem Gesicht breit. Das Oberteil stand ihr wirklich sehr gut. Es passte sich förmlich ihrem schlanken Körper an. „Wundervoll. Es ist perfekt“, gab ich zu. „Wenn du möchtest kannst du diese hier auch noch mal anprobieren.“ Ich zeigte auf den Stapel, den ich in den Händen hielt. „Sicher“, sagte sie, schnappte sich die Teile und verschwand wieder in der Kabine. Währenddessen nahm ich auf einem kleinen Hocker platz, der eigentlich für Kunden diente, die Schuhe anprobieren wollten. Aber das war ja nicht der einzige Sitzplatz. Mein Blick schweifte quer durch den Laden. An der Wand hing eine Uhr, erstaunlicherweise verging erst eine halbe Stunde. Als Emma das dritte mal aus der Umkleidekabine kam, konnte sie sich nicht für eins entscheiden. Am liebsten hätte sie gerne alle gekauft, aber dazu reichte ihr Geld nicht aus. Nach dem sie zum neunten Mal die Kabine betrat und wieder verließ fragte sie mich welches am besten war. Nachdenklich und etwas unentschlossen schaute ich mir alle Oberteile noch einmal genau an und entschied mich schließlich für das erste, das aprikotfarbene. „Wie spät ist es?“, fragte sie. Ich antwortete: „Gleich halb fünf.“ „Okay, dann lass uns zur Kasse gehen“, sagte sie und ging voran. Zum Glück war es nicht so voll und wir kamen gleich dran, ohne lange zu warten. Auf dem Namensschild der Verkäuferin stand „M. McLarren.“ Es war dieselbe Frau, die uns am Anfang angesprochen hatte. Sie hatte langes schwarzes Haar und sah so aus, als ob sie nicht von hier kommt. „Das soll es also sein? Da habt ihr aber ein hübsches ausgewählt“, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln und mit einer zarten Stimme. Emma und ich bedankten uns mit einem lächeln. Nachdem Emma bezahlte verließen wir den Laden. Draußen war es bereits dunkel. Außer die Laternen, die Beleuchtung des Brunnens, der Geschäfte und der Imbissbuden oder Restaurants war es finster. Selbst die eigenen Hände waren nicht mehr erkennbar in der Dunkelheit der Nacht. „Wollen wir noch irgendwo anders hin?“, fragte ich. „Wie wäre es mit einer Portion Pommes? Wir können ja teilen“, meinte Emma. „Hmm hört sich gut an.“ Wir mussten nicht weit gehen, denn es gab hier an der Promenade mehrere Pommesbuden. Da kein Platz mehr an den Tischen war, beschlossen wir die Pommes auf dem Heimweg zu essen. Als wir am Tennisplatz ankamen trennten sich unsere Wege. Emma musste nur noch die Straße entlang. Ich dagegen bin immer erst 5 Minuten später zu Hause, da ich eine Straße weiter wohne. Das machte mir aber nichts aus, denn das ist mir lieber, als wenn ich in einem anderen Dorf wohnen würde oder noch schlimmer, in der nächst gelegenen Stadt. Die ist nämlich noch weiter weg. Um dort hin zu kommen muss man anderthalb Stunden mit dem Auto fahren.
„Also, dann wünsche ich dir morgen viel Spaß und einen tollen Tag.“ „Danke, dir auch“, antwortete ich und verabschiedete mich von Cady. Sie hat mir heute sehr geholfen. Ich wüsste nicht was ich ohne sie machen sollte. Außerdem war es ein schöner Tag. Ich sah Cady hinterher, bis ich sie nicht mehr erkennen konnte und die schwarze Nacht sie umhüllte. Nun begann auch ich mich in Bewegung zu setzen, um nicht zu spät zu Hause zu sein. Cady gab mir immer gute Ratschläge, besonders wenn es darum geht, ein Outfit für ein Date zu finden. Normalerweise kleide ich mich zu Dates wie ich auch sonst immer herumlaufe. Aber irgendwie war es mir wichtig, dass Jayden mich in tollen Klamotten sah und nicht in durchgeschwitzten Jogginganzügen. So komisch es auch klingen mag, es war mir wichtig was er von mir hält. Seit Jahren hatte ich nicht mehr dieses Gefühl von Zärtlichkeit, Nähe und Geborgenheit von einem Jungen. In den letzten Jahren dachte ich immer nur an Jan. Einen anderen gab es nicht in meinem Gedächtnis. Ich blendete alle anderen Jungs aus. Aber heute war alles vollkommen anders. Ich fühlte mich praktisch von Jayden angezogen.

Vor Aufregung konnte ich nicht einschlafen. Seit meiner ersten Begegnung mit ihr ist es so als wenn sie mich mit ihrer wundervollen Art verzaubert hat. Bislang kenne ich leider nur ihren Namen. Hoffentlich wird sich das morgen ändern. Denn morgen sehe ich sie endlich wieder. Ich kann es kaum erwarten. Es ist irgendwie seltsam. Sie geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Meine ganzen Gedanken drehen sich nur noch um sie. Jede Sekunde denke ich an sie. Emma. Am liebsten wäre ich jetzt bei ihr.





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